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Ausgabe:

1952 Nr. 2

Spalte:

87-88

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Peeters, Paul

Titel/Untertitel:

L' oeuvre des Bollandistes 1952

Rezensent:

Altaner, Berthold

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87

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 2

88

Kürzer ist das 10. Kap., von den himmlischen Schatzkammern
, in dem auch 2. Kor. 5, iff. kurz behandelt ist.

Die Ausführungen des 11. Kap., „Die himmlischen Bücher
und Tafeln", „betreffen natürlich das viel umfangreichere
Problem der Offenbarung nach Form und Inhalt"
(S. 250 A. 1) (im Anschluß an die himmlischen Tafeln). Mit
Jesus ist auch ein neues Moment in die Lehre von der Offenbarung
gekommen: „Jesus stellte sich dem offenbarungs-
mächtigen Traditionsprinzip und der Exegese der Rabbinen
entgegen, indem er sein Wort, seine Taten, sein Leiden, seine
Person als gültige Offenbarung Gottes hinstellte" (250) und
diese Offenbarung kommt vom Himmel auf die Erde, die
Himmelfahrten der Rabbinen und Apok«lyptiker verlaufen
von der Erde zum Himmel. Darum ist im NT nicht der Himmel
an sich oder als Ort wichtig, sondern Gott, der von da aus
regiert und sein Heil bringt.

Das 12. Kap. endlich bringt die Zusammenfassung. Bei
den Apokalyptikern gehört die Kosmologie zum Kerygma,
bei den Rabbinen wird sie zur Geheimlehre gerechnet, im NT
gehört sie nicht zur Botschaft (256). Das Weltbild der Bibel
ist von ihrer Verkündigung grundsätzlich ablösbar. Die geschichtliche
Heilstatsache Jesus Christus bildet den letzten
und feinsten Unterschied zwischen dem Weltbild des Juden
und dem des Christen. „Das Kreuz ist die Uberwindung des
kosmologischenKerygmas der Apokalyptik und des Rabbinats,
es ist die Befreiung der christlichen Botschaft von der Bindung
an ein bestimmtes Weltbild" 263. —

B.s Schrift hat in dankenswerter Weise die jüdischen Vorstellungen
monographisch darzustellen unternommen und gezeigt
, wie das NT auf dem Boden dieses Weltbildes steht,
wie dieses aber eine andere, sekundärere, Stellung im Ganzen
der Botschaft einnimmt und wie das Christusereignis auch das
Weltbild umformt. Seine These freilich, daß die Kosmologie
für die Apokalyptik zum „Kerygma" gehört, halte ich für zu
weitgehend. Der Satz S. 263, daß dem Judentum eine solche
Zentralvorstellung (wie das Kreuz für das NT) fehle, verhüllt,
daß das Judentum in der Thora wohl eine Zentralvorstellung
hat. Was nicht mit ihr notwendig verbunden ist, darüber
schwanken allerdings die rabbinischen Aussagen hin und her.
Von da aus gesehen ist auch das Judentum nicht an ein bestimmtes
Weltbild gebunden. Darin freilich hat B. recht: wo
Gott in Christus in der Geschichte gehandelt hat, sind alle
apokalyptischen Versuche, Gott zu schauen, Ablenkung von
der Hauptsache. Daß Gott in der Gegenwart für das Judentum
untätig ist, führt zu den Himmelsreisen, zur Apokalyptik, zum
Versuch, Gott, seine Welt und seine Wunder zu schauen.

Ein Mangel des Buches ist das Fehlen einer straff durchgeführten Gliederung
, wie oben angedeutet; er wiegt um so schwerer, als die Überschriften
nicht immer erkennen lassen, was in den einzelnen Abschnitten behandelt ist.
Dankenswert ist die Heranziehung auch jüngerer Traditionen (nach Wünsches
„Lehrhallen"). Das Alter einer jüdischen Tradition ist, wo möglich, angegeben,
freilich ist nicht immer der älteste Beleg geboten. Der Gedanke, daß die
Schöpfung täglich erneuert werde (S. 20), begegnet auch in dem Gebet "HN "IS1P
(Moore I 384). Bei der Fülle des Materials und der Mannigfaltigkeit der zur
Erörterung gestellten Fragen wird man über manche Einzelheiten streiten
können; manches hätte man gerne noch näher ausgeführt gesehen: über die
vier „Wesen" in der-Apk. kann wohl mehr gesagt werden, als B. es tut, man
kann fragen, ob nicht das Vordringen des Sing, ovgarös gegenüber dem Plur.
Zeichen einer auf der Veränderung der Weltanschauung beruhenden Änderung
des Weltbildes ist; die Besonderheit von Apk. 4 gegenüber den jüdischen
Parallelen wäre noch weiter auszuführen gewesen; nicht immer scheint mir
das Wesen des Judentums präzise erfaßt zu sein. — Druckfehler: S. 219:
bBB16a, nicht 15b; S. 234: Pirqe Ab. 31S, nicht 319, der von B. dort gelesene
Text ist umstritten.

Allen Einzelfragen und -beanstandungen gegenüber muß
aber der Dank für das Gebotene überwiegen; hier ist mit guter
Beurteilung ein reiches Material für ein Thema geboten, das
schon lange der Behandlung harrte.

Hornheide bei Münster/W. W. Foerster

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES UND
TERRITORIAI KIRCHENGESCHICHTE

Peeters, P„ S. J., Bollandiste: L'ffiuvre des Bollandistes. Brüssel: Palais
des Academies 1942. 129 S. gr. 8° = Academie Royale de Belgique, Classe
des Lettres, etc. Memoires, Tome XXXIX, Fase. 4 et dernier. fr. 30.—.

Peeters, Paul, s. j., Bollandiste: Figures Bollandiennes contemporaines.
Brüssel: Ed. Durendal, Paris: Ed. P. Lethielieux 1948. 120 S. 8° = Collec-
tion Durendal Nr.73.

Le R. P. Hippolyte Delehaye. [Extrait des Analecta Bollandiana, t. LX,
1942.] LII S., 1 Taf. gr. 8°.

Peeters, Paul: Notice sur la vie et les travaux du R. P. Hippolyte Delehaye
. Brüssel: Palais des Academies 1943. 35 S., 1 Titelb. 8° = Extrait
de l'Annuaire de l'Academie royale de Belgique. 109. Jg. 1943.

Gelehrte Gesellschaften sorgen, wie sich dies eigentlich
von selbst versteht, dafür, daß ihre Geschichte und die Leistungen
ihrer Mitglieder in gewissen Zeitabschnitten oder anläßlich
von Jubiläen dargestellt und gewürdigt werden. Zu den
ältesten wissenschaftlichen Institutionen Europas gehört die
Societe belgischer Jesuiten, die sich 1643 mit der Herausgabe
des 1. Bandes der gewaltigen Quellensammlung der Acta
Sanctorum der wissenschaftlichen Welt vorgestellt und ihr bis
heute 64 Folio-Bände, dazu 69 Bände von ergänzenden Untersuchungen
in ihrer Zeitschrift Analecta Bollandiana und eine
lange Reihe anderer für den Forscher unentbehrlicher Hilfsmittel
und Nachschlagewerke, die Subsidia hagiographica, geschenkt
hat. Nachdem bereits H. Delahaye, einer der bedeutendsten
Gelehrten der Gesellschaft, 1920 eine kurze Geschichte
der Societe veröffentlicht hatte, trat der ihm als
Forscher ebenbürtige im Jahre 1950 verstorbene Präsident der
Gesellschaft Paul Peeters, berühmt als Spezialist der orientalischen
Hagiographie, mit zwei Schriften hervor, die sich mit
der Geschichte seiner Societe beschäftigen.

Die zuerst genannte Akademieabhandlung bietet einen
mit viel Geist und Temperament geschriebenen Abriß der Geschichte
der Gesellschaft, die zumal in den ersten Jahrzehnten
ihres Bestehens im katholischen Raum wegen ihrer kritischen
Einstellung schwer angefeindet wurde; sie beginnt mit der
Würdigung der vorbereitenden Tätigkeit des H. Rosweyde
(t 1629) und führt die Geschichte der Gesellschaft bis zum
Tode von Ch. Smedt (f 1911), des bedeutenden Theoretikers
der historischen Methode. In der zweiten Schrift werden sechs
Lebensbilder von ausgezeichneten Bollandisten der letzten
Jahrzehnte entworfen, an deren Seite der Verf. gearbeitet
hat. Neben dem schon genannten Ch. de Smedt finden wir
hier die Portraits von A. Poncelet, Fr. van Ortroy und die
Würdigung des großen H. Delehaye (f 1941), dessen Nachfolger
in der Präsidentschaft P. Peeters wurde. Der Verf. widmete
diesem großen Meister noch an zwei anderen Stellen
einen ehrenden Nachruf: in den Analecta Bollandiana
1942, p. I—LII (mit beigegebenem Schriftenverzeichnis) und
eine auch als Sonderdruck erschienene Notice sur la vie et
les travaux du R. P. H. Delehaye aus dem Annuaire de
l'Academie Royale de Belgique 1943, 55—89.

P. Peeters ist wenige Monate, nachdem ihm zu seinem
80. Geburtstage zahlreiche Gelehrte aus aller Herren Länder
in einer großen zweibändigen Festschrift gehuldigt hatten
(vgl. ThLZ 1950, 6o6ff.), verstorben. Im 1. Heft der Analecta
Bollandiana von 1 95 1 finden wir bereits p. I—LIX
eine vom Bollandisten P. Devos verfaßte Biographie des Verewigten
, die auch ein Schriftenverzeichnis bringt. Spätere Geschichtsschreiber
der historischen Theologie werden für alle
diese biographischen und bibliographischen Beiträge dankbar
sein.

Würzburg Berthold Altaner

Seppelt, Franz Xaver: Papstgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart
. (5., verb. u. erg. Aufl.) München: Kösel-Verlag [1949], XV, 450 S.,
96 Taf. m. 210 Abb., 165 Textzeichng. u. Ktn. gr. 8". Lw DM 18.—.

An einbändigen, populären Papstgeschichten ist kein Mangel
. Verlegervermerke und Verfasserberichte geben über die
Entstellung dieses schönen Buches Auskunft: es ist die fünfte,
verbesserte und ergänzte Auflage (die vierte erschien 1940) der
in die Sammlung Kösel eingereihten Papstgeschichte in drei
Bändchen von Seppelt und Clemens Löffler (f 1933). Seppelt,
dessen zweibändige Darstellung von den Anfängen bis zur französischen
Revolution führte, hat in dieser neuen Ausgabe auch
die Neuzeit des Papsttums behandelt. Er hat sich auch hier als
ein hervorragender Kenner und sorgfältiger Darsteller des Themas
wie in seiner ursprünglich auf sechs Bände berechneten
Geschichte der Päpste erwiesen. Von dieser großen Geschichte
des Papsttums haben wir die bisher erschienenen vier Bände
in dieser Zeitschrift gern und ausführlich angezeigt (ThLZ
1935, Nr. 17, Sp. 30911. und 1941, Nr. 11/12, Sp. 34off.). An
der neuen Darbietung der ganzen Papstgeschichte von Seppelt
ist hervorzuheben die besonders reichhaltige und geschickte
Ausstattung mit Bildern, wie überhaupt das ganze Buch einen
freundlichen und peniblen Eindruck macht.

Die ursprünglich dreibändige Geschichte der Päpste von
Leopold von Ranke umfaßt leider nur einen verhältnismäßig
kleinen Zeitraum dieser weltgeschichtlichen Institution. Hier
wird die ganze Geschichte vom heiligen Petrus bis zu Pius XII.
behandelt.

Berlin Otto Lerche