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Ausgabe:

1952 Nr. 12

Spalte:

738-739

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dörries, Hermann

Titel/Untertitel:

Die Vita Antonii als Geschichtsquelle 1952

Rezensent:

Völker, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 12

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nische Theologumenon wurde eben die soziale Schichtung des
politischen Bereichs in den kirchlichen Bereich einbezogen, zunächst
für Fürsten, Grafen, Barone, Patrone, Magistrate. Johannes
Heckel (Cura religionis. Jus in sacra. Jus circa sacra.
Festschrift Ulrich Stutz 224—298, 1938 S. 245) verweist darauf,
daß mit dieser theologischen Formulierung ein alter deutscher
Rechtsgedanke für das kirchliche Leben fruchtbar gemacht
wurde. Es kam aber zu dieser Formulierung, weil die „Obrigkeit
" im Reformationswerk kräftig mitgeholfen hatte und diese
„Hilfe" nun von Melanchthon theologico-politice eingestuft
wurde. (Vgl. Heckel a.a.O. S. 226 f.) In Schweden lag es etwas
anders als in Deutschland — aber auch dort hatte der König
die Reformation aufgerichtet, und am König hing sein Gefolge
und die ganze politisch-soziale Schichtung. Daß sie in die Kirche
eindrang, muß an einem theologischen Grundsatz gehangen
haben. Und ihn zu erforschen, das erst machte Gustafssons
Buch zu einem kirchengeschichtlich-soziologischen.Damit
wird nicht übertheologischen Tendenzen das Wort geredet,
sondern der bewährten Unterscheidung der theologischen von
der außertheologischen Forschung.

Augsburg Leonhard Fendt

Baucrrelss, Romuald (O.S.B.): Klrchengeschlchle Bayerns.3.Bd.: Das

XII. Jahrhundert. St. Ottilien: Eos Verlag [1951]. X, 205 S., I Taf. gr. 8°.
Kart. DM9.70; Lw. DM 11.70; Hldr. DM 13.50.

Nach kurzer Zeitspanne kann der Verf. den dritten Band
seiner Kirchengeschichte Bayerns der Öffentlichkeit unterbreiten
. Er umfaßt das 12. Jahrhundert. Es war nach ihm eines
der „fruchtbarsten der bayrischen Kirchen- und Kulturgeschichte
". Das Wormser Konkordat hatte der Kirche die Freiheit
gebracht. Ungehindert konnte sie sich entfalten. Die vordersten
Kämpfer ernteten nun die Früchte ihres Sieges: die
Hirsauer und Admonter Reform. Aber auch, als sich verschiedene
Auffassungen des mönchischen Ideals bemerkbar machten
und neue Orden entstanden: Augustiner Chorherren, Prä-
monstratenser, Eremiten; Wilhclmiten konnten sich diese
ungestört in Bayern niederlassen. Ritterorden wie Templer
und Johanniter und alte Orden wie Iroschotten konnten ihre
Tätigkeit entfalten. Das neue geistige Leben zeigt sich auch
im Aufleben der missionarischen Tätigkeit. Aber die Beteiligung
an den Kreuzzügen und an der Bekehrung der Tschechen
hatte wenig zu bedeuten im Vergleich mit der Wendenmission
Ottos von Bamberg. Die Reform bringt es zum Abschluß der
kirchlichen Organisation; die Klöster streben allerdings danach
, sich der kirchlichen Ordnung zu entziehen und direkt
dem päpstlichen Stuhl sich zu unterstellen. Im Kultus hält
man am alten fest. Die Verehrung des alten Christusbildes behauptet
sich. Infolge der Kreuzzüge sind Kreuzpartikel und
heiliges Blut von großer Bedeutung. Die Verehrung der Gottesmutter
, die bisher sehr zurückgetreten war, wird besonders
Pflege der Zisterzienser, wenn es auch noch nicht zu Marienwallfahrten
und Mariengnadenbildern kommt. Dagegen führt
die Berührung mit dem Orient orler die Pilgerreisen zu einem
lebhaften Aufkommen neuer Heiliger (Nicolaus, Katharina,
Kgidius); daneben wird der Kult der Ordensmänner und lokaler
Persönlichkeiten stark gefördert. Heilige Gräber spielen
eine große Rolle. Das Spitalwesen wird ausgebaut. Den Pilgern
wendet man besondere Fürsorge zu. Die Theologie verschließt
sich noch der ratio, der Scholastik. Gerhart von Polling lehnt
sie ab. Mehr macht es sich bei dem bedeutendsten Geschichtsschreiber
jener Zeit, Otto von Freising, bemerkbar. Er brach
mit der alten Annalistik. Er schlug allerdings andere Wege ein
als die Vertreter der romanischen Frömmigkeit. Langsam
macht sich das Eindringen fies Laientums bemerkbar; die
Dichtung tritt an profane Stoffe heran. Anders in der darstellenden
Kunst. Sie blieb in der Obhut der Kirche. Der Verf.
schließt sich zwar nicht der Leugnung des Hirsauers „Stils"
an, erkennt aber an, daß viele Kennzeichen desselben durch
andere, z.B. örtliche Faktoren bestimmt waren. Die Bauweise
bestimmen aber vor allem die Zisterzienser. Zum erstenmal
J^nkt der Verf. das Licht auf Bauten der Templer. Östliche
Einflüsse zeigen die heiligen Grabkirchen. Zum erstenmal
zeigen sich Karner und Pilgerkirchen. Die Steinplastik erlebt
trotz des Widerstandes der Zisterzienser einen Aufschwung.
BesondereAufmerksamkeit verdient das,, Forstenrieder Kreuz".
Die Hirsauer übten auch die Kirchenmalerei, wovon doch noch
Manches wie Prüfening erhalten ist. Vom Kunsthandwerk hat
Weh nur wenig erhalten.

Der Verf. ist seinem alten Grundsatz treu geblieben. Er
stellt nuch dieses Jahrhundert unter eine leitende Idee. Dabei
01 ag ihm zugute gekommen sein, daß er von den sozialen Spannungen
, die anderswo schon bedeutsame Wirkungen im Ge-
to'ge halten, in Bayern noch nichts zu merken war. Aber gerade
dieses, was der Verf. am Schlüsse bemerkt, S. 198, läßt

einen Gedanken rege werden, der sich auch sonst immer wieder
erhebt. Ist das, was geboten wird, wirklich die Zusammenfassung
des ganzen Inhalts der bayrischen Kirchengeschichte ?
So sehr sich der Verf. bemüht, die Bistümer außerhalb
Altbayerns heranzuziehen, es sind doch nur Einzelheiten. Vom
Bistum Augsburg, Würzburg, Konstanz z.B. erfahren wir
kaum etwas. Das mag ja zum Teil davon kommen, daß sich
die Reformbewegung hier nicht so geltend machte. Aber ist
das nicht ein Fingerzeig, daß eben unter dem einen Gesichtspunkt
sich nicht alles zusammenfassen läßt? Das Verhältnis
zum Staat hat hier vielleicht eine ganz andre Bedeutung gehabt
als die hier gegebenen Ausführungen. Hauck hat wohl
nicht ohne Bedacht auch diese Periode mit der Stellung zum
Reich begonnen.

Man staunt über die umfassende Kenntnis; es ist manches bisher ganz
Unbekanntes ans Licht gezogen. Doch sind vielleicht etliche Nachträge gestattet
. Mit guten Gründen hat Clauß, Beiträge zur bayr. Kirchengeschichte
XXXII (1925), Mischelbach hei Weißenburg als Heimat Ottos von Bamberg in
Anspruch genommen (S.5). — S.27. Langhelm liegt B. A. Kulmbach. Ein B. A.
Roth gab es nie. — S. 45. Wenn es sich um die Palatina handelt, gibt vielleicht
Stevenson, Katalog der Palatina, Auskunft. — S.53. Über das Kloster St. Egi-
dien In Nürnberg s. Gerhard Pfeiffer, Die Anfänge der EgidienWirche in Nürnberg
. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 37, 253—308
(1940). — S. 119. Zu Ortegels Ausführungen über Rosstall s, H. H. Hofmann,
Herzogenaurach 1950, Nürnberg, S.32. — Zu S. 183. Altenfurt S.Zeitschrift für
bayer. Kirchengeschichte. 8, S.192. Die Pfarrfamilie III N.29. 30—31. 1951.

Nürnberg K. Schornbaum

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Malone, Edward E., o.s.B.: The Monk and the Martyr. The Monk as

the Successor of the Martyr. Washington: The Catholic Univcrsity of
America Press 1950. XXI, 159S. = The Catholic University of America
Studies in Christian Antiquity, ed. by J. Quasten, Nr. 12.

Die vorliegende theologische Dissertation behandelt ein
in den Problemkreis der Geschichte der christlichen Frömmigkeit
und Askese gehörendes Thema, von dem Teilfragen unter
verschiedenen verwandten Gesichtspunkten schon untersucht
wurden. Wenn ich die in 6 Kapiteln entwickelten, quellenmäßig
erarbeiteten Grundgedanken kurz andeute, so soll damit
die Entwicklungslinie aufgezeigt werden, auf der sich die allmähliche
Ablösung der altchristlichen Idee des Martyriums
durch das Ideal des klösterlich asketischen Mönchsideales vollzogen
hat. r.Kap. (S. 1—26): das Vollkommenheitsideal in der
nachapostolischen Zeit unter besonderer Berücksichtigung der
Anschauungen des Klemens von Alexandrien und vor allem
des Origenes: 2.Kap. (S. 27—43): über den Begriff des Martyriums
bei Tertnllian, Cvprian und Komniodian; 3.Kap. (S.44
bis 63}: das Mönchsleben als geistliches Martyrium bei Antonius
, Pachomius, Macarius, Sulpicius Severus u.a.; 4.Kap.
(S. 64—90): die Mönche und Märtvrer als Kämpfer für Christus
auf Grund des Schrifttums, angefangen mit Ignatius von Antiochien
bis auf Basilius, Johannes Chrvsostomus und Kassian;
5.Kap. (S.91—111): Martyrium und Mönchsleben als militia
sniritualis; 6.Kap. (S. 112—143): das Martyrium und die
Mönchsprofeß als zweite Taufe.

Da der Verf. für seine lose aneinander gefügten Gedankenreihen
das Material aus dem ganzen altchristlichen Schrifttum
heranzuziehen bemüht ist, wird niemand erwarten können,
daß die jeweils behandelten Teilfragen erschöpfend erörtert
werden. Als Materialsammlung wird die Arbeit von allen, die
sich mit den hier einschlägigen Fragen beschäftigen, dankbar
benützt werden.

Erklärlicherweise konnte auch die weit zerstreute Spezialliteratur nicht
vollständig herangezogen werden. Merkwürdigerwelse wurde im l.Kap. auf
die seiner Zeit so lebhaft geführte Diskussion über die Entwicklungsgeschichte
des Begriffs „Märtyrer" gar nicht Bezug genommen; vgl. die Literatur bei
Rauschen-Altaner, Patrologle 1931, 160 und Chr. Mohrmann, Vigiliae Christi-
anae 1952, 127 A. 1. —Sonst weise Ich noch auf einige neuere Veröffentlichungen
hin, die nicht herangezogen wurden: A. J. Phytrakis, MdgrvQiov xal
Hfoay_fK ßloQ, Athen, 1948 (30S ); B.Capelle,Demoastieke professleals tweede
doopsel in: Horae Monasticae I, Tielt 1947, 33—44; B. Botte, Confessor in:
Archivum Latlnitatis Medii aevi 16, 1942, 137ff.; T. Bettencourt, Doctrina as-
cetica Origenis, Diss. Romae 1945. — Zu S. 121, wo von der Mönchsprofeß als
der zweiten Taufe die Rede Ist, verweise ich noch auf Hieronymus, Ep. 39, 3.

Würzburg Bcrthold Altaner

Dörrles, Hermann: Die Vita Antonli als Geschichtsquelle. Oöttingen:

Vandenhoeck* Ruprecht [1949]. ■= Nachrichtender Akademie der Wissenschaften
in Göttingen. Philologisch-hlst. Kl. Jg. 1949 Nr. 14. S. 359 —410,
gr. 8°. DM 5.—.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die Forschung verschiedenartige
Fragen an die Vita Antonii des Athanasius ge-