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Ausgabe:

1952 Nr. 10

Spalte:

615

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lindhagen, Curt

Titel/Untertitel:

Ergazesthai 1952

Rezensent:

Debrunner, Albert

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615

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 10

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tives of Christian Ethics in the New Testament S. 25—45),
wobei Dodd vier Faktoren hervorhebt: die Eschatologie, die
der ethischen Forderung den absoluten Anspruch verleiht; die
Zugehörigkeit zum Corpus Christi, die alle menschlichen Beziehungen
(z.B. die Ehe, Eph. 5) umgestaltet; die imitatio
Christi und den Primat der Liebe. — Außerdem wird die Di-
dache geprägt durch die ethischen Weisungen Jesu. (3. The
Ethical Teaching of the Gospels S. 46—63). Beispielsweise ist
die ganze Diskussion in Rom. 14 nichts anderes als die Anwendung
von drei Jesusworteu (V. 10: Matth. 7,1 f.; V. 13 : Matth.
18,6f.; V. 14: Mark. 7,15) auf eine konkrete Situation. — Paulus
nennt die ethische Weisung Jesu: das Christusgesetz (4.The
LawofChrist S.64—83). Wodurch unterscheidet sich das Christusgesetz
vom alten Gesetz ? Es vermittelt durch das Liebesgebot
,,a Standard of moral judgment" (S.77) und bejaht die
Grundsätze, nach denen Gottes Welt geschaffen ist (,,the law
of man's creation" S.82, vgl. Mark. 10,2ff.).

Wir verdanken Dodd's früheren Arbeiten (besonders: The
Apostolic Preaching and its Development, London 1936) wesentliche
Erkenntnisse über das älteste Kerygma und sind
dankbar, daß er sie in der vorliegenden Arbeit durch Herausarbeitung
der ältesten Didache ergänzt. Aber wir müssen zwei
ernste Bedenken anmelden: 1. Die Didache der ältesten Kirche
ist keineswegs nur ,,a course of Instruction in morals" (S.io),
„ethical instruction" (S.12), sondern ihre inhaltliche Reichweite
ist viel größer. Die Didache umfaßt u.a. auch den Inhalt
des Kerygma. Während das Kerygma den Außenstehenden
die großen Heilstaten Gottes verkündigt, belehrt die Didache
die Gemeinde über diese selben Heilstaten Gottes und
— zusätzlich — über die „Wege Christi", ferner (wie Hebr. 6, 2
zeigt) über die Sakramente und die Eschata usw. Die Didache
ist also keineswegs nur ethische Belehrung. 2. Dem entspricht,
daß die Verbindung von Glauben und Ethik enger ist, als bei
Dodd sichtbar wird. Das Neue an der christlichen Ethik ist
nämlich nicht (wie Dodd immer wieder sagt) die Qualität und
das Ziel, sondern das Motiv: die Dankbarkeit für die empfangene
Gnade. Mit anderen Worten: das Neue an der christlichen
Ethik ist das Evangelium. Sie ist gelebter Glaube.

Göttingen Joachim Jeremias

Lindhagen, Curt: EPrAZEI&AI. Apc. 18: n. Hes.48:i8.19. Die Wurzel
27.4/7 im NT Und AT. Zwei Beiträge zur Lexikographie der griechischen
Bibel. Uppsala: Lundequist; Leipzig: Harrassowitz [1950],69 S.gr.8° = Upp-
salaUniversitets Arsskrift 1950:5. — Acta Universitatis Upsaliensis.kr. 3.25.

Die erste der zwei in diesem Heft vereinigten Abhandlungen
„beabsichtigt zweierlei. Sie will einerseits Wetsteins Materialsammlung
mit Hilfe der neueren Textausgaben und unter
Heranziehung weiteren Materials vervollständigen und bearbeiten
und auf Grund des gewonnenen Resultates die Bedeutung
von Apc. 18, 17 festlegen; und andererseits auf Grund dieser
Untersuchung die Bedeutung von rfjv nöXw i^yd'gtoSai Hes. 48,
18. 19 zu erklären versuchen" (S. 5). Das Ergebnis ist auf S. 26
zusammengefaßt: T^v&dkaaaav coyd^ca&ai ist im Profangriechi-
scheu in mehreren Bedeutungen gut belegt; in der Stelle der
Apokalypse bedeutet es allgemein „Seeleute". Der Akk. rt)v
&dlaaaav bezeichnet das Tätigkeitsgebiet wie in 01 rtjv xetqdymvov
iqyat,6fievoi zweier delischer Inschriften = ol kv rJJ ietpayd>vq>
(otoft oder ayogä) Igyatyfievoi; vgl. Demostheues 37, 38 xolq
t(>ya£,ofitvoii ra /liraXXa („in den Bergwerken") mit 42, 3 toig
epya^ofievois iv loZs egyois (ähnlich 42, 31). Ol egya^dficvoi Irjv

nohv LXX Hesekiel 48, 18. 19 bedeutet „die Stadtbewohner
"; die Apokalypsestelle gibt nicht diese Septuagintastelle
wieder, sondern ist eine freie Wiedergabe des dortigen hebr.
Textes.

Die zweite Abhandlung (S. 27—53) sammelt und bespricht
alle Stellen für orjjuo ocuipos usw. im AT und NT unter Ver-
gleichung des sonstigen Gebrauchs dieser Wortsippe. Von der
Bedeutung „faul, vergänglich" aus ist die Wortsippe in die dua-
listisch-eschatologische Geschichtsbetrachtung des NT und der
apost. Väter eingefügt; im AT ist sie häufiger und hat auch
den Sinn von Vernichtung.

Die Absicht beider Abhandlungen liegt nicht in weitgehenden
allgemeinen Erkenntnissen, sondern in der möglichst vollständigen
Sammlung der Profanbelege und in der Scheidung
der Bedeutungsfärbungen durch genaue Einzelexegese, und
dieses Ziel wird durch musterhafte, methodische Durchführung
in überzeugender Weise erreicht. Für die Methode der Septua-
gintaforschung vorbildlich ist besonders die allseitige Beleuchtung
des Problems von oanpia Jes. 28, 2 1 B (cett. itixpia).

Ausführliche Beigaben (Verzeichnisse der Abkürzungen,
der Literatur und der Stellen; S. 54—67) erleichtern die Benutzung
des ausgezeichneten Heftes.

Bern A. Debrunner

Dey, Joseph, Dr. theol. Lic. bibl.: Schola Verbi. Lehrbuch des neutestament-
lichen Griechisch. Münster/Westf.: Aschendorff 1951. XII, 163 S. 8° - Veröffentlichung
des Arbeitskreises „Philologia Sacra" im katholischen Bildungswerk
, Dortmund. Kart. DM 6.60; geb. DM 7.70.

Dieses Lehrbuch stellt einen neuartigen, aus der Notlage der Zeit geborenen
Versuch einer Einführung in das Griechisch des NT dar. Zunehmend mehrt
sich ja bei den Theologiestudierenden — nicht nur im katholischen Bereich, ,,an
den Universitäten, Seminarien und Ordenshochschulen" (S. III), sondern auch
an den evangelischen Fakultäten — die Zahl derer, die das Griechisch erstnach-
lernen müssen und denen dies in einem gegenüber dem Schulunterricht kürzeren
Lehrgang möglich gemacht werden sollte. Die üblichen Schulbücher des Griechischen
haben für diese Studenten in der Tat den Nachteil, daß sie, gerade in
ihrem Übungsteil, zu ausschließlich das klassische Griechisch berücksichtigen
bzw. — so gesehen erhält diese Beobachtung erst ihr volles Gewicht — viel zu
wenig auf das Griechisch des NT eingehen können. Die ideale Lösung dieser
Schwierigkeit wäre es nun wohl gewesen, ein Lehrbuch zu schaffen, das zwar
auch vom klassischen Griechisch ausgehen, sich im übrigen aber durch größere
Berücksichtigung des NT-Griechisch auszeichnen würde. Diesen Weg hat der
Verf. jedoch nicht eingeschlagen, sondern eine radikalere, allerdings stärker als
Notbehelf wirkende Lösung bevorzugt, indem er dem Benutzerden Umweg über
das klassische Griechisch überhaupt erspart und ihn vielmehr von Anfang an in
das NT-Griechisch hineinführt. Zwar wird seine Versicherung zu Recht bestehen,
daß dem Theologen auch von dem vorliegenden Übungsbuch aus der Zugang zu
den klassischen Texten durchaus möglich sei (S. VI);doch bleibt abzuwarten,ob
sich die Fernhaltung der klassischen Texte wirklich als Ermunterung, diesen
Zugang selber zu suchen, auswirken wird. Daher wird „Schola verbi" zwar für
„Laien, die das NT gern im Urtext kennenlernen möchten" (S. IV) und die begreiflicherweise
an einem möglichst raschen Vertrautwerden mit dem NT-Grle-
chisch interessiert sind, das gegebene Lehrmittel sein; dagegen für Theologen,
die erst während ihres Studiums Griechisch lernen, dürfte eine stärkere Einbeziehung
des klassischen Griechisch, auch in den Übungsstücken, doch wünschbar
bleiben.

Nachdem diese grundsätzlichen Überlegungen vorangeschickt sind, ist
freilich anzuerkennen, daß im engeren Rahmen der besonderen Aufgabe, die der
Verf. sich gestellt hat, ein ganz vorzügliches Werk entstanden ist. Dies gilt nicht
nur von der äußeren Gestaltung und drucktechnischen Ausführung, sondern
auch von der ganzen Anlage und den einzelnen Materialien. Auf Leseübungen
mit Angaben über Schreibung und Aussprache sowie mit den wichtigsten Lautregeln
(S.l—5) folgen als Hauptteil des Buches 41 Übungsstücke (S. 6—118).
Jedes Übungsstück enthält griechische Sätze, die im Anfang auch aus LXX und
altchristlichem Schrifttum ausgewählt, von der 11. Lektion an aber fast nur
noch dem NT entnommen sind (in manchen Fällen sind der Raumersparnis
halber nur die NT-Stellen ohne ihren Wortlaut genannt), sodann auch (in geringerer
Zahl) deutsche Sätze zum Übersetzen ins Griechische, ferner die dazu
gehörenden grammatischen Angaben und endlich jeweils ein Vokabelverzeichnis
. Auf S. 118—124 werden insgesamt 43 zusammenhängende Abschnitte des
NT angeführt mit Angabe, zu welchem Übungsstück sie heranzuziehen sind,
und mit Erklärung bestimmter Einzelheiten. Die Brauchbarkeit des Ganzen
wird erhöht durch ein alphabetisches Verzeichnis der griechischen Vokabeln
(S. 125—134; etwa 1600), ein entsprechendes Verzeichnis der deutschen Wörter
(S. 135 — 137; etwa 400), ein Verzeichnis der Eigennamen (S. 138 f.; etwa 170),
ein Stichwortverzeichnis zu den grammatischen Regeln (S. 140) sowie umfängliche
, sehr übersichtlich angeordnete Tabellen zur Formenlehre (S. 141—163). Man
bekommt den Eindruck, alles sei in der Planung wohl überlegt und in der Durchführung
recht geschickt in Angriff genommen; das rein Philologische dürfte
(vgl. auch das Urteil eines Kenners wie A. Debrunner in Theol. Zschr. 8. Jahrg.
1952, S. 61 f.) überall in Ordnung sein. So ist zu hoffen, daß dies Lehrbuch
sich auch in der Praxis, nicht nur bei katholischen Benutzern, bewähren
wird. Dem Verf. selber (dieser Wunsch sei zum Schluß doch nicht unterdrückt)
möchte man, nachdem er sich mit seiner 1937 erschienenen Arbeit über Palinge-
nesia gut eingeführt hatte (vgl. auch diese Zeitschrift 64. Jahrg. 1939, Sp. 368bis
370), auch auf dem Gebiet der theologischen oder religionswissenschaftlichen
Arbeit gern wieder begegnen.

Bern Wilhelm .Michaelis

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Koch, Josef, Prof. Dr. theol. et phll.: Piatonismus im Mittelalter. Akad.
Festrede, gehalten am 26. Mai 1948 zur Univ.-Gründungsfeier. Krefeld:
Scherpe-Verlag 0. J. 45S. 8° = Kölner Universitätsreden 4. Kart. DM 2.—.

Diese akademische Festrede, als Druckschrift dem inzwischen
leider schon heimgegangenen Heidelberger Ordinarius
Ernst Hoffmann zum 70. Geburtstag (13. 1. 50) gewidmet
und mit Anmerkungen ausgestattet, die auch noch die
Literatur bis 1949 berücksichtigen, stellt sich durch ihr Thema
hi Parallele zu der Festrede, die der unvergeßliche Cl. Baeum-
ker 1916 in Straßburg gehalten hat. Ein Vergleich zeigt, welch
große Fortschritte die Erforschung der mittelalterlichen Philosophie
inzwischen gemacht hat. Der Verf. war auf Grund seiner
umfassenden Kenntnis des Gegenstandes und seiner bedeutenden
Spezialarbeiten über Meister Eckehart und Nikolaus Cu-
sanus befähigt, nicht bloß ein Gesamtbild vom Piatonismus