Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1952 Nr. 1

Spalte:

45

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Tyciak, Julius

Titel/Untertitel:

Magd und Königin 1952

Rezensent:

Kolping, Adolph

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. i

46

möglichkeiten hinzuweisen. Der Ratschlag aber soll nicht
unterdrückt werden, daß man sich für Ubersetzungen liturgischer
Stücke der Heiligen Schrift, beispielsweise aus den Psalmen
oder dem Propheten Jesaja, nach Möglichkeit an Martin
Luthers Verdeutschung halten möge, der in den dichterischen
Teilen des Alten Testaments unübertroffen ist und in den
Herzen der Mehrzahl der kirchlichen Deutschen Wurzel gefaßt
hat. Im übrigen möge man außer Maltzew die z.T. besseren
Übertragungen der orthodoxen Liturgie von Rajewski,
Hornykewitsch und besonders von Storf in der Bibliothek
der Kirchenväter heranziehen. Ob man aber — wie auch dort
vielfach geschehen — gut tut, orthodoxe Bezeichnungen durch
typisch römisch-katholische (z.B. Messe, Stola) zu ersetzen,
möchte ich in Frage stellen. Ein Abschnitt über das Wirken
des Satans in der westeuropäischen Kirchengeschichte ist auf
Anordnung der Kirchenleitung in den späteren Auslieferungen
getilgt worden. Es besteht begründete Hoffnung, daß die
näheren zwischenkirchlichen Begegnungen zu weiterer, besserer
Verständigung über solche Fragen führen werden. Das
Buch — das in seinem liturgischen Teil einstweilen unersetzlich
ist — sei dem kritischen Leser empfohlen. Für die theoretischen
Fragen aber sei er hingewiesen auf die inzwischen erschienene
gediegene Gemeinschaftsarbeit mehrerer orthodoxer
Theologen, erschienen unter dem Titel: Metropolit Seraphim.
Die Ostkirche, W. Spemann Verlag Stuttgart. 1950. 339 S.

Frankfurt/M. Hildegard Schaeder

Tyciak, Julius: Magd und Königin. Gedanken zur Teilnahme Mariens
am Heilswerk Christi. 2. Aufl. I'reiburg: Herder 1950. 124 S. 8°. Lw.
DM 3.80.

Tyciak, in einer Reihe von Schriften für die Bekanntmachung
mit dem Gedankengut morgenländischer Theologie
und Liturgie eifrig bemüht, legt uns in 2. Auflage sein bereits
1940 erschienenes Marienbüchlein vor. Das Schriftchen stellt
sich keine wissenschaftlichen Aufgaben, sondern will „Marienlob
" sein. Daher ist es in einer den Gegenstand mehr meditierenden
und hymnisch preisenden Diktion geschrieben. Das
Gotteskind, Braut und Mutter, die Taube, Mutter des Heiles,
Mutter des Lebens, Immaculata, Magdtum froher Botschaft,
die Gottesträgerin, die Gottesgeburt, heilige Begegnung,
Königin zur Rechten, so lauten die Uberschritten der kleineu
Kapitel. Wer eine solch mystisch empfundene Darstellung
sucht, dem wird die Schrift in ihrer gewählten Sprache und
in der großen Vertrautheit mit der Liturgie und den Vätern
des Ostens gute Dienste leisten. Auch die Kunst und ihre
Deutung weiß T. ungezwungen in seine Darstellung einzu-
flechten.

Für evangelische Leser dürfte besonders instruktiv das
Bekanntwerden mit der griechischen Mariologie sein, die der
Verf. öfter in überraschenden Formulierungen heranzieht.
Unter dem Einfluß von Ephesus zollt diese Sicht Maria angesichts
der ontischen Berührung Märiens mit der Gottheit —
Maria ist in der Sprache orientalischer Liturgie des „unbegrenzten
Gottes Begrenzung" (S. 40) —hohe Verehrung, dabei aber
Maria stets im Zusammenhang des Christus-Geheimnisses
sehend. Dies macht T. besonders fruchtbar für den in heutiger
katholischer Mariologie wieder ernsthaft angegangenen Gedanken
, daß Maria der Typus der Kirche ist. Einen sachlichen
Zugang zu diesen Überlegungen findet man nur, wenn man
mit T. der Uberzeugung ist: „Die wenigen sparsamen Worte
der Heiligen Schrift über Maria offenbaren bei ihrer zarten
Zurückhaltung eine erstaunliche Tiefe, eine Weite der Sicht
und Ausrichtung, die uns die großen Zusammenhänge des
Heilsgeschehens in ein neues Licht stellen" (S. 71).

Münster/Westf. Adolf Kolping

Hackel, Alexej A.: Ikonen. Zeugen ostkirchlicher Kunst und Frömmigkeit.
Freiburg: Herder 1951. 31 S., 16Taf. gr. 8°. Pp. DM5.80.

Dieses schöne Bändchen hat einen ganz bestimmten Vorzug,
um deswillen ihm mehr Verbreitung gewünscht werden mag,
als manchen neueren prachtvoll ausgestatteten Erscheinungen
auf diesem Gebiet: es führt uns endlich einmal auch in
den Verkündigungsgehalt der Ikonen ein. Das ist weit
besser, als den Beschauer mit metaphysischen Tiefsinnigkeiten
zu überschütten. Der Verf., bekannt geworden durch sein
Buch: Das altrussische Heiligenbild, die Ikone. Nijmwegen
1936 und manche Beiträge in katholischen Sammelbänden
und Arbeitsbüchern zur Ostkirche, demonstriert den Verkündigungsinhalt
an einigen Ikonen des sog. Festzyklus. Ich be-
daure, daß er nicht den Festzyklus alleine vorgeführt hat, aus
dem sich eine ganze Theologie der Ikone entwickeln lassen
könnte. Ebenso ist es schade, daß der Verf. nicht ausführlicher

sich über die Farbensymbolik hat auslassen können, über die
mancherlei geschwätzt und wenig Handgreifliches berichtet
wird. In der Kürze des zur Verfügung stellenden Raumes hat
der Verf. jedenfalls zu jedem Bild das Wesentliche geboten.
Durch die Konzentration auf den Verkündigungsinhalt des
Großen Festzyklus ist eine allzu billige Faszination des Beschauers
durch die fremde Welt der Ikonen verhindert worden
— wenngleich nach meiner Auffassung hier ruhig noch etwas
mehr getan werden könnte.

Das Verdienst des Verlages ist es, dieses Büchlein schlicht,
aber geschmackvoll ausgestattet zu haben. Alle Ikonen erscheinen
im Buntfarbendruck! Dafür fehlen aber manche
Kostbarkeiten, deren Vorlage bisher nur im Zweifarbdruck
vorhanden ist, z. B. die Verkündigung von Ustjug.

Halle/Saale Konrad Onasch

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Wölber, Hans-Otto: Dogma und Ethos. Christentum und Humanismus
von Ritsehl bis Troeltsch. Gütersloh: Bertelsmann 1950. 114 S. gr. 8°. =
Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Begr. v. A. Schlatter, hrsg.
v. P. Althaus u. J. Jeremias. 44. Bd. 4. H. DM 10.—.

Eine ethische Dogmengeschichte, so wichtig sie wäre, liegt
noch im weiten Felde. Erwünscht sind heute Monographien,
die das Ethos einer theologischen Gruppe und Bewegung
untersuchen, wodurch zugleich ihre Theologie, ihr Offenbarungsverständnis
Licht empfängt.

Die hier anzuzeigende Studie widmet sich einem solchen
umgrenzten Kreis, Ritsehl und seinen Anhängern, und weiß
ihre ethische Eigenart wie ihre Schranke eindrucksvoll darzulegen
. Mit strenger auf den Grund gehender kritischer
Durchleuchtung verbindet sie eine echte Sachlichkeit und Gerechtigkeit
, so daß auch gelegentliche würdigende Worte nicht
fehlen. Indem der Ton auf das Gemeinsame der Gruppe fällt,
wird doch die selbständige Individualität einzelner Glieder
berücksichtigt, etwa W. Herrmanns oder J. Kaftans, vollends
Troeltschs, bis zu dem die Linien gezogen werden, da sein
ethisches Denken auf den gleichen Voraussetzungen beruht.
Als maßgebende Züge stellt Verf. bei dieser Gruppe den „Religionismus
", die Uberordnung der Religion über die Einzelerscheinung
des Christentums, und den Ethizismus, die Vorordnung
des Ethischen, fest. Das zweite ist ohne weiteres anzuerkennen
. Das erste bezeichnet doch wohl bloß die eine
Seite des Sachverhalts, übersieht eine andere. Gewiß tritt für
Schleiermacher der allgemeine Religionsbegriff voran, während
die höheren Religionen auf diesem Hintergrund als besondere
Arten gelten (wie die innerchristlichen Konfessionen
gegenüber der Gesamtgröße Christentum). Doch selbst bei ihm
erscheint der christliche Glaube genau besehen als die reine
Verkörperung des Religionsbegriffs: das ist das Strukturprinzip
der Glaubenslehre, die esoterische Betrachtung.
Ritsehl wieder lehnt gerade den konstitutiven Gebrauch des
allgemeinen Begriffs der Religion ab, um seinen nur regulativen
Gebrauch einzuräumen: verglichen mit den anderen
Religionen stellt das Christentum die Erfüllung dessen dar,
was sonst in der Religionsgeschichte gesucht wird, die vollkommene
Gestalt der Religion, die eben nur der Gottesoffenbarung
in Christus zu verdanken ist. Das heißt: schon Schleier-
macher, erst recht Ritsehl kennt nicht bloß die „Besonderheit
" der Offenbarung innerhalb des religiös-sittlichen Phänomens
, sie vertreten zugleich ihre ,,Andersheit", wodurch das
Christentum auch nach ihrem Urteil erst richtig aufgefaßt
wird (zu S. 32). Immerhin verstehen die Ritschlianer die
Offenbarung als Verwirklichung des religiössittlichen Geistes,
dessen Wesen aus allgemeinen idealistischen Voraussetzungen
von Kaut und Schleiermacher her im voraus feststeht. Das ist
der Rahmen, in den das überlieferte christliche Ethos hineingezeichnet
wird, was zu Anpassungen und Verkürzungen führt
(einseitige ethische Fassung des Reiches Gottes, mangelnde
eschatologische Bestimmtheit des Ethos, das Wirken des hl.
Geistes nicht recht in Anschlag gebracht usw.). Hier ist in
der Tat das christliche Ethos verbürgerlicht, doch auch — was
Verf. nicht gering anschlägt — das bürgerliche Ethos ver-
christlicht. Heute, wo andere Risse aufgebrochen sind, kommen
wir gewiß nicht ohne ein eschatologisches Ethos und, nicht
ohne uns vom hl. Geist weisen und tragen zu lassen, aus.

Verf. meint, das Ritschlsche Ethos sei in sozialethischer
Hinsicht überraschend unfruchtbar geblieben. Er hat wohl