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Ausgabe: | 1952 Nr. 9 |
Spalte: | 567-568 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Autor/Hrsg.: | Alberti, Rüdiger |
Titel/Untertitel: | Welchen Text nehme ich? 1952 |
Rezensent: | Fendt, Leonhard |
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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 9
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der Leib Christi", die Praktische Theologie als Ganzes ableitete
. Die Ordnung, welche Koppel für die Praktische Theologie
schuf, ist also eine kontingente. Aber besser eine Ordnung
überhaupt als gar keine. Und die Noppeische Anordnung
um die Hodegetik herum erweckt immerhin auch noch
die ernstliche Frage: Könnte es nicht doch sein, daß mit der
„speziellen Seelenführung" ein theologisches Zentrum für die
Praktische Theologie angerührt wurde ?
Im übrigen stehen wir also immer noch vor der jetzt mehr
als hundertjährigen (1841) Behauptung Anton Grafs: Die
Praktische Theologie muß erst gefunden werden! (Wörtlich in
der „Kritischen Darstellung" S. 8: „Die praktische Theologie
ist noch etwas Gesuchtes". Vgl. C. I. Nitzsch, Praktische
Theologie I, 1847, S. 115.) Vielleicht gibt man doch die Arbeit
daran nicht auf, die Praktische Theologie als ein theologisches
„Gebiet für sich" zu entdecken! (Aber die ständige Vermischung
mit der „Praxis", an der auch Noppel teilnimmt,
müßte erst ausgeschlossen werden.)
Die nähere Durchführung der Noppeischen Hodegetik
hat dann für evangelische Theologen hauptsächlich kon-
fessionskundliches Interesse. Pius XI.: „Es genügt nicht mehr
die Pastoraltheologie von ehedem" (1933). Nun scheint Noppeis
„Aedificatio Corporis Christi" die „neue" Pastoraltheologie
anzubahnen, wie aus der 1936 erfolgten Zustimmung
des damaligen Kardinals Pacelli und des Freiburger Erz-
bischofs Gröber hervorgeht. Das macht das Noppeische Werk
konfessionskundlich wichtig. An neueren und neuesten Tönen
vernimmt man dort: Anteilnahme der Laien am Aufbau des
Leibes Christi: — Laienhelfer, Laienapostolat, Laien-Mitopfer
in der Messe — Mündigkeit des Christen — die katholische
Aktion — die Ausstrahlung des Apostolats in den Weltraum
— die Unerreichbaren, im Glauben Getrennten (Konversion
und Konvertiten).
Bad Liebenzell Leonhard Fendt
Alberti, Rüdiger: Welchen Text nehme ich? Über 1800 Bibeltexte für
alle Gelegenheiten evangelischer Verkündigung im geistlichen Amt in der
Ordnung des Kirchenjahres bearb. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt; Lizenzausgabe
v. C. Ludwig Ungelenk, Dresden. [1948] 128 S. 8°. Geb. DM 5.—.
Für den evangelischen Prediger ist es schlechthin wesentlich
, daß er durch eigene Bibellektüre sich eine Sammlung von
Bibeltexten für seine Verkündigung erarbeite. Wenn die Gemeinde
ihm zu dieser Bibelarbeit keine Zeit mehr läßt, so verachtet
eine solche Gemeinde die eigene biblische Grundlage.
Die Gemeinde zwingt dann den Prediger, sich eine „Text-
maschine" anzuschaffen. Eine solche „Textmaschine" ist das
uns vorliegende Buch — und es besteht leider kern Zweifel, daß
viele Prediger notgedrungen dieses Buch als eine Abkürzung
der Bibellektüre für die Predigt, die Ansprache, die Kasualien
begrüßen werden. Die Schuld daran trägt nicht der von der
Gemeinde ausgepreßte Prediger, sondern die auf immer höhere
Touren gebrachte Gemeindemaschine.
Die Schuld trägt auch in gar keiner Hinsicht der Verf.
Alberti. Im Gegenteil: er hat Zeit bekommen (oder genommen)
zu eingehender Bibellektüre — und wenn er die Ernte nun auch
den Amtsbrüdern anbietet, so gebührt ihm Dank und nicht
Kritik dafür. Alberti wird zu einem Beispielfür die jedem Prediger
obliegende Bibellektüre und Textsammlung — und zur Aufforderung
an die Gemeinde, ihrem Prediger Zeit und Raum für
ebensolche Bibellektüre zu schaffen. So mag Albertis Buch
wirklich auf den Schreibtischen der Prediger und der Gemeindegrößen
eine Mission haben, wenn auch eine höhere Mission
als die der „Textmaschine", nämlich den Zuruf: Fang
beim Alberti-Text an, aber eile damit in die Bibel selbst, in
die eigene Bibelarbeit, bis der Text der deinige geworden ist!
Und: Zeit und Raum jedem Prediger für diese Bibelarbeit!
Bad Liebenzell Leonhard Fendt
Wurm, Theophil, D., Landesbischof i. R.: Lebensrätsel und Gottesglaube.
4. Aufl. Stuttgart: Quell-Verlag 1949. 86 S. 8". Hlw. DM 3.50.
Dieses Büchlein bringt keine neue Theologie, aber mit
großem theologischen Takt und seelsorgerlicher Weisheit handelt
es von der biblischen Antwort auf die Lebensrätsel. Es
ergibt sich, daß die Frage nach dem „Warum?" des Leidens
zurücktreten kann hinter die Frage nach dem „Wozu?" —
wenn man sich der Bibel überantwortet. Die Hinweise auf die
Weltliteratur und die interessanten Anmerkungen am Schlüsse
verdienen besondere Hervorhebung. Man versteht, daß das
Büchlein schon die 4. Auflage erreichte.
Bad Liebenzell Leonhard Fendt
THEOLOGISCHE ARBEITEN IN MIKROKOPIE
Kavolis, Martin: Das Problem der Wesenserkenntnis des Staates in
positivistischer und Christlicher Schau. Eine staatsphilosophische Untersuchung
unter besonderer Berücksichtigung der neueren evangelisch-theologischen
Staatsauffassung. 1951. 303 S. Mikrokopie DM 18,20.
Die Untersuchung des Phänomens „Positivismus" im Lichte christlichen
Staatsverständnisses wird auf der Voraussetzung aufgebaut, daß das Selbstverständnis
des Menschen die Grundlage des Staatsverständnisses bildet. Die
Untersuchungen der neuzeitlichen deutschen Philosophie über die Daseinserhellung
des Menschen haben ergeben, daß der Mensch von ihm selbst her sich
nicht zu erkennen vermag. Daraus folgt, daß das philosophische Selbstverständnis
nur in Arbeitsgemeinschaft mit dem theologischen Verständnis des
Menschen die Grundlage des Staatsverständnisses schaffen kann. Obwohl das
christliche Staatsverständnis im allgemeinen als eine Angelegenheit der Theologie
bezeichnet wird, wird es katholischerseits philosophisch instrumentiert,
evangelischerseits auf dem zentralen Begriff des „Christuswissens" aufgebaut.
Das christliche Menschenverständnis weist das Selbstverständnis des modernen
Menschen ab, welcher nach Gerhard Krüger atheistisch ist, auch wenn er von
Gott sprechen will. Dagegen beruht das christliche Menschenverständnis auf
dem christlichen Realismus und Personalismus. Der christliche Realismus besteht
, wie ihn Hans Asmussen feststellt, in der Schöpfungsgemäßheit der Gemeinschaft
. Aus ihr wird abgeleitet, daß jeder Staat an die ursprüngliche
Schöpfung gebunden ist, weswegen Gemeinschaft, Nationalität, Wirtschaft,
Herrschaft und Religiosität als die Grundfunktionen des Staates zu gelten
haben. Der christliche Personalismus wird in der Untersuchung auf der Feststellung
von Emil Brunner aufgebaut, daß je mehr Christus zum Personzentrum
im Menschen wird, desto weniger autonom verbleibt die menschliche Vernunft,
desto größer wird der Unterschied von positivistischer und christlicher Betrachtung
. Gerade im totalen Staat tritt am deutlichsten der Verlust des Personseins
hervor. Er ist hier die Konsequenz des positivistischen Denkens. Im positivistischen
Staatsdenken sind nach Georg Jellinek die drei Elemente des Staates
(Volk, Gebiet, Gewalt) entscheidend, welche heute aber das Sein des Staates
nicht mehr charakterisieren. Dagegen ist im christlichen Staatsdenken nach
Brunner das Ordnungsdenken entscheidend. Es äußert sich im rätselvollen
Doppelantlitz des Staates als erhaltende und zugleich zerstörende Macht. In
ihm liegt das Schöpfungsgemäße, welches hier in der Gemeinschaft, der Zuchtordnung
und der Machtausübung wirksam wird.
Im Abschnitt über die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen der
Wesenserkenntnis des Staates werden die theologischen Voraussetzungen, die
Methoden und die ontischen Grundtypen des Staates behandelt. Die Entwicklung
der Staatslehre wird als ein langer Weg vom sakralen zum profanen Staat
beleuchtet. Jedoch tritt unter den Juristen letztens immer mehr das Bewußtsein
von der theologischen Fundierung des Rechts und des Staats auf. Schon
Georg Jellinek und Hans Kelsen haben auf die große Bedeutung des Methodenproblems
hingewiesen. Dazu hat neulich auch Theodor Steinbüchel von der
Ontologie des Wesens als der Grundlage einer umfassenden Erkenntnis gesprochen
. Jedoch die Dimensionen des Denkens sind verschieden: Im Gegensatz
zu dem nihilistischen Pessimismus, der positivistischen Selbstgenügsamkeit
und dem idealistischen Optimismus steht der christliche Realismus von der
Berufung des Menschen nach Gottes Ebenbild, von seinem Fall und seiner Erlösung
, welche Tatsachen die Grenzen des Menschen und des Staates erst aufdecken
. Diese gegensätzlichen Denkrichtungen können nicht versöhnt werden
und stehen daher im ständigen Konflikt miteinander. Als die in der Staatslehre
aufgetretenen Methoden werden die von Bluntschli, Gerber-Laband, Jellinek,
Kelsen, Rudolf Smend, Günther Holstein und schließlich die eschatologische
Methode der neueren evangelisch-theologischen Staatsauffassung behandelt.
Das Kapitel über die ontischen Grundtypen des Staates behandelt den Staat
in christlich-biblischer und szientifischer Schau. Der Staat in christlichbiblischer
Schau, im Unterschied von christlich-traditioneller Schau,
wird nach Paul Althaus als Gottesordnung bezeichnet, in welcher das
Christusdenken eine zentrale Stelle einnimmt. Daraus folgt: der Staat ist
wesensgemäß ein Geschöpf Gottes; er ist eine Macht, welche selbst der Macht
der Sünde und des Todes unterliegt; er ist ein zwiespältiges Wesen. Als Typen
des Staates szientifischer Schau werden der Polisstaat, der imperiale Staat, der
integrale und der totale Staat und der Nationalstaat mit dem Weltstaat behandelt
.
Der größte Abschnitt des durchführenden Teils ist der ontischen Struktur
des Staates gewidmet. Zuerst wird das phänomenologische und das existenzial-
existenzielle Denken in der Besinnung über das Wesen des Staates behandelt.
Der Naturalismus und der Idealismus bezeichnen den Menschen als ein gewisses
Kraftwerk eigener Macht. Aber die philosophische Anthropologie vermag nicht
den Menschen zu erkennen und eine Wesenserkenntnis des Staates zu vermitteln
. Dem außerchristlichen Menschenverständnis steht das christliche