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Ausgabe:

1952 Nr. 9

Spalte:

533-536

Autor/Hrsg.:

Braun, Herbert

Titel/Untertitel:

Zur Terminologie der Acta von der Auferstehung Jesu 1952

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533

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 9

534

Zur Terminologie der Acta von der Auferstehung Jesu

Von Herbert Braun, Berlin

Hermann Strathmann zum 70.Geburtstag

Der adoptianische, subordinatianische Charakter der
Cliristologie in den Acta ist öfter1 beobachtet worden. Genaueres
Nachgehen gegenüber der Terminologie vermag die
Einzelheiten noch stärker herauszuarbeiten und die erkannte
Gesamtlinie zu bekräftigen:

Daß Gott an Jesus das dvtardvai geübt hat, ist eine nur
den Acta eigene Ausdrucksweise2, die sonst im NT fehlt; vgl.
das typische dvearrjaev eavTÖv Ign. Smyr. 2. Das gemeinchristliche3
dvaarfjvai Jesu wird dagegen in den Acta selten4
verwendet. Ihre Vorliebe für das eyeigeiv Gottes gegenüber
Jesus5 teilen die Acta zwar mit Paulus6, der die Formel von
Gott als dem eyeigaq schon übernommen haben wird und sie
dann an die von ihm abhängige Literatur7 weitergibt. Es ist
aber wieder sehr bezeichnend, daß das gemeinchristlich ganz
breit verwendete8 tyeg&fjvai Jesu in den Acta völlig vermieden
wird; um so auffälliger, als dies eyeo&rjvai gerade in
der für Paulus weithin notwendigen passivischen Übersetzung
die Aktivität Gottes und Jesu Subordiniertsein ja durchaus
unterstreicht; gleichwohl vermeiden die Acta das „Auf-
erwecktwerden Jesu". Inder gleichen Linie liegt die einmalig9
begegnende Beschreibung des Ostergeschehens als des vxpovv
Gottes gegenüber Jesus10, die wohl auch frühchristlicher Tradition
entstammt11. Auch die einmalige Bezeichnung der
Himmelfahrt als des vtparfHjvai Jesu12 macht durch rrj öe£iä
tov &eov Gottes Initiative dabei deutlich. Der subordinatianische
Tenor dieser Christologie ist unübersehbar; zumal die
Acta das Substantiv ävaarnaiq, mit dem im gemeinchristlichen
Sprachgebrauch die Auferstehung der Menschen13 wie
die Jesu14 bezeichnet wird, ebenfalls in dieser doppelten Beziehung15
verwenden. Im gezielten Gebrauch der Verben liegt
die subordinatianisch gefüllte Explikation der dvdazaan;. Daß
Gott durch dieses sein ävurtävai und iyelgeiv Jesus zum
Messias gemacht hat, ist oft betont worden16 und reiht sich
dem eben festgestellten archaischen Charakter der Acta-Chri-
stologie ein. Diese Christologie begegnet gleichermaßen in den
Reden des Petrus wie des Paulus17; der Verfasser hat sie also
nicht bloß bestimmten Persönlichkeiten der älteren Geschichte
der Urgemeinde archaisierend in den Mund gelegt, er hat sie
vielmehr sich selber angeeignet und benutzt sie für alle
Reden seines Werkes.

Daß solche Christologie und speziell solche Auferstehungsterminologie
selber vorpaulinisch und alt ist, darf ich als
zugestanden voraussetzen. Ob sie aber in einem ähnlich alten
Rahmen innerhalb der Acta erscheint, das soll jetzt zur Frage
stehen.

Zunächst fällt auf, wie sich der Verfasser die Auferstehung
Jesu vermittelt denkt. Eine dem Paulus schon vorliegende und

') Zuletzt Ph. Vielhauer: Der Paulinismus der Apostelgeschichte Ev. Th.
10 (1950/51) S. 10—12.

J) Act 2, 24. 32; 13, 33. 34; 17, 31; 3, 26 gehört wohl nicht hierher.

3) Mark 8, 31; 9,9.31; 10,34 (= Luk 18, 33); 16,9; Luk 24,7.46;
Joh. 20 9; ITh 4, 14.

*) Act 10, 41; 17, 3.

5) Act 3, 15; 4, 10; 5, 30; 10, 40; 13, 30. 37.

") R 4, 24; 8, 11. 11; 10, 9; I K 6, 14; 15, 15. 15; II K 1, 9; 4, 14; G 1, 1;
ITh 1, 10.

') E 1, 20; Kl 2, 12; IPe 1, 21.

8)R4,25; 6,4,9; 7,4; 8,34; I K 15, 4. 12. 13. 14. 16. 17. 20; 11 K 5,
15; II Ti 2,8; Mark 14,28( = Matth 26,32); 16,6. 14; Matth 16, 21 (=Luk9,
22); 17, 9. 23; 20. 19; 27, 63. 64; 28, 6. 7; Luk 24, 6. 34; Joh 21, 14.

») Act 5, 31.

10) Von dem bewußt doppeldeutigen vxpovv des vierten Evangeliums sehe
ich hier ab.

") ijztpvyovv Ph 2, 9.
•«) Act 2, 33.

13) IK 15, 12. 13.21.42; I I Ti 2, 18; Hebr6,2; 11,35.35; Mark 12, 18
(= Matth 22, 23; Luk 20,27); Mark 12, 23 (- Matth 22,28; Luk 20, 33);
Matth 22, 30 (= Luk 20, 35); Matth 22, 31 ; Luk 14, 14; 20, 36; Joh 5, 29;
11, 24. 25; Apk 20, 5. 6.

M) R 1,4; 6, 5; Ph. 3, 10; IPe I, 3; 3, 21.

15) dvdoraois der Menschen: Act 4,2; 17,18.32; 23,6.8; 24,15.21-
- ävdotaois Jesu: Act I, 22; 2, 31; 4, 33; 26, 23.

") S. etwa R. Bultmann, Theologie des NT 1948 S. 43f.
") Vgl. die Fundorte der angeführten Acta-Belege.

dann ausgebaute Tradition redet vom äxp&rj1 des Auferstandenen
, von ögäv2 und irnyivcoaxeiv3 ihm gegenüber. Diese,
einzelne Erscheinungen autzählende, Tradition ist dem Verfasser
der Acta nicht mehr wichtig: das äy&r)4 und das hellenistische5
ififpavrj yeveo&at6 kommt beim Verfasser, trotz des
breiten Osterkerygmas der Reden,7 für Ostern nur je einmal8,
das ögäv gegenüber dem Auferstandenen direkt9 überhaupt
nicht zur Verwendung.

Das ögäv des einzelnen gegenüber der Auferstehung Jesu
kann in den Acta so fast völlig fehlen, weil hier die Gesamtheit
der Apostel als der udgrugec;10 im Zentrum steht. Nur ein Auferstehungszeuge
kann Apostel sein11. So sehr die [tdgrvgtg
gleichzeitig auch die Bedeutsamkeit des Bezeugten verkünden,
so wenig darf verkannt werden: sie sagen gut für die Tatsächlichkeit
des Bezeugten12. Zwar nicht an den Verben (ftagrv-
gea&ai13, diauagrvgeo&aili, /xagrvgelv15), wohl aber an fjagrvgiov16
und vor allem an ptagns17 hängt die enge Verbindung mit der
Auferstehung Jesu. Altere, bei Paulus wahrnehmbare Ansätze18
sind hier zum Programm erhoben worden: der, nun
zahlenmäßig beschränkte, Kreis derer, die die Tatsache der
Auferstehung sozusagen rechtlich19 verbürgen. Paulus, obwohl
im Besitz einer detaillierenden Auferstehungs-Tradition20, läßt
die Tendenz nach Sicherung des Faktischen nur mitanklingen21
; die Acta, obwohl nicht mehr solche Tradition verwertend22
, stellen den Gesichtspunkt einer historisch korrekten

') wy^ij vorpaulinisch IK 15, 5—8; nachpaulinisch ITi 3, 16; Luk
24, 34.

i) ögäv paulinisch IK 9, 1; nachpaulinisch Mark 16, 7; Matth 28, 7. 10.
17; Luk 24, 39. 39; Joh. 20, 8. 18. 25. 27. 29.
s) iinyivatoxeiv Luk 24, 16. 31.

*) ä<p&t) Act 13, 31; das aHp&rj der Damaskusvision wird unten Sp. 536,
Anm.5, bedacht.

5) Vgl. Oxyrh.-Pap. Nr. 655 (Apocrypha III Klostermann2 S. 23 Z. 20f.).

6) ifupavij yeveo&ai Act 10, 40.

7) S. Sp.533, Anm. 2.4.5.

8) Act 1, 3ff. mit dem Ttageottjosv eavröv ^öjvra und dem öntavöfiEVoi
halte ich, mit E.Norden (Agnostos Theos 1923, 311—313) und E. Meyer (Ursprung
und Anfänge I 1921, 35ff.), nicht für den ursprünglichen, vom Verfasser
stammenden Text.

») Indirekt etwa Act 4, 20.

10) Vgl. H. Strathmann fidgrvs Kittel IV 495—498.
,») Act 1, 22.

12) Vgl. Act 1,21.22; 10,41 und die Vorordnung des Sehens vor dem
Hören in den Act 4, 20; 22, 15; das Sehen allein in Act 26, 16.

13) fiagrvgea9ai ist in Act 20, 26 nicht mit JesuAuferstehung verbunden;
in Act 26, 22 nur indirekt.

'*) Auch das 9malige diafiagrvgco&ai erscheint in Act nicht in Verbindung
mit Jesu Auferstehung; am nächsten kommen sich beide Begriffe in
Act 10, 42.

15) Auch das 11 malige ftagTvgclp der Act inkludiert nur in 23, 11 die
Auferstehung Jesu, und zwar ohne ausdrückliche Bezugnahme.

16) To {lagrijoiov — tov xvgiov 'Irjoov tqs draotdoeats Act 4, 33.
") Von den 13 itaprus-Stellen der Act entfallen für unseren Gesichtspunkt

von vornherein die falschen Zeugen und die Hinrichtungszeugen im Stephanus-
Martyrium (6,13; 7,58), Stephanus als Blutzeuge (22,20) und Paulus als
Zeuge des vor Damaskus Geschauten (22, 15; 26, 16). An den übrigen 8 Stellen
bezeugen die ftdgtvges Einmal die Taten des irdischen Jesus (10, 39), dagegen
6mal expressis verbis (1, 22; 2, 32; 3, 15; 5, 32; 10, 41; 13, 31) und Einmal
unausdrücklich (1, 8) die Auferstehung Jesu.

18) fxaotvgeod'ai und 6iafia(>Tvgeo9cu werden bei Paulus fast nur par-
änetisch verwendet; sie haben jedenfalls, ebenso wie fiägtvglov, nie die Auferstehung
Jesu zum Inhalt. Paulus nennt sich selber nie einen fidgtvs. Aber das
ipeuöo/idgtvges in I K 15, 15 inkludiert die Prediger der Auferstehung Jesu als
fidoxvofs; allerdings als fidgtvgis nicht für ein Faktum wie in Act 1, 22 (rijs
dvaordoe(os), 2, 32 und 3, 15 (neutrisches ov) und 5, 32 (tmv qr^idxmv tov-
taiv), sondern als ftdgtvges tov freovl Dem entspricht das Predigen von
der Auferstehung Jesu in IK 15, 15 als fiagtvgclv (die 4 anderen fiagtvgeZv-
Stellen bei Paulus haben diese Verbindung nicht).

19) Zum juristischen Hintergrund der Wortgruppe s. Strathmann a.a.O.
479ff. Der Verfasser der Act argumentiert: Auferstehung ist theologisch möglich
(26, 8); ihre Wirklichkeit verbürgen die ftdgtvges.

20) S. oben Anm. 1.

21) Vgl. H. Braun, Exegetische Randglossen zum 1. Korintherbrief S. 45
bis 48 in Theologia viatorum 1948/9.

!!) S. oben Anm. 4. 6. 8. 9. 18.