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Ausgabe:

1952 Nr. 8

Spalte:

469-476

Autor/Hrsg.:

Delling, Gerhard

Titel/Untertitel:

Monos Theos 1952

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 8

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setzt. Es tritt nicht ein mythisch-himmlisches Fremdweseu
„neuer Mensch" an die Stelle der geschichtlichen Person. Auch
der Pneumatiker heißt noch Paulus. Das Gebeugtsein der Person
unter die Sünde wird zerstört, aber die „neue Schöpfung"
ist der Mensch in Christus; dieser geschichtliche Mensch ist
das Ich des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung, der Beter im
Geist, der Bekenner des Kyrios. Der „neue" Mensch, der
nvev^ärixd; ist weder ein Unmensch noch ein Engel. Wir
werden „himmlische" Menschen sein und das Bild des himmlischen
, des zweiten Menschen tragen (i.Kor. 15,48t.), aber
auch diese eschatologische Seinsweise wird nicht den Menschen
als Menschen, als dieses Geschöpf des Schöpfers vernichten.
Das menschliche Herz ist es, das den Geist empfängt und in
sich aufnimmt (Gal.4,6; 2.Kor. 1,22; Rom.5,5 vgl. 8.27)1. Dadurch
wird die Heiligung der Gesamtperson möglich wie auch
der Glaube des Herzens (Rom. 10,9). Auch in der Gottesschau,
im te?.eiov bleibt die Personalität erhalten (1.Kor. 13,12). An
einigen viel verhandelten Stellen der Paulusbriefe ist es ein
Problem, wie der Gebrauch von nvevfia zu verstehen ist. Es
ist damit zu rechnen, daß die übliche Unterscheidung eines
theologischen und anthropologischen Gebrauchs gar nicht als
Alternative auf alle Aussagen zutreffen wird, wenn es sich
doch um die Vereinigung des göttlichen mit dem menschlichen
Geiste handelt. Wenn 1. Kor. 5,5 von der Rettung des Unzuchtsünders
gesprochen wird, so ist es fraglich, ob jtvev^ia „die
mit dem Pneuma Christi verbundene Seele" (H. Lietzmann)
oder nur die Person, das „eigentliche Ich" bedeutet, das „der
crdpf als dem leiblich-körperlichen Leben gegenübergestellt
wird" (R. Bultmann)2. Von om&fjvai aus gesehen, möchte man
der Annahme Bultmanns zustimmen, doch könnte vielleicht
auch an die Rettung des „neuen Ich" in Gestalt des mit dem
Menschen neu verbundenen göttlichen nvev^a gedacht sein.
Dagegen kann 5,4 die Anwesenheit „im Geiste" nur bedeuten,
daß P. „mit dem in ihm wirkenden göttlichen Geist" in
Korinth anwesend ist3. Ebenso deutlich sind die Sätze, die
von der Metamorphose des Menschen sprechen, durch welche
die „Erneuerung" des vovg bewirkt wird, wobei freilich in
Eph.4,23t. auch nvsvfia eindeutig anthropologisch gebraucht
werden kann (vgl. Rom. 12,2). Der dem Menschen gegebene
göttliche Geist ist nun „mein Geist", der Geist des Beters
(i.Kor. 14,14). Besonders lehrreich aber zeigt Gal.2,20 die
doppelte Perspektive, in der die christliche Existenz gesehen
werden muß: „Christus lebt in mir" — „ich lebe im Glauben
": ein Doppel-Ich, wie es scheint, das doch nur eines ist;
denn die Vorstellung des bloßen Gegenüber oder der Relation
könnte niemals genügen, um dieses Mysterium zu deuten, ob-

') Damit wird das Herz selbst gewandelt: das Herz des Sünders wird das
Herz des Gläubigen; „Herz" ist also nicht eine für den Empfang des Geistes
wohleingerichtete natürliche Instanz des inneren Menschen; vgl. W. Gut-
brod, Paulinische Anthropologie, Stuttgart 1934, S. 134ff., 241 ff.; Bultmann
a.a.O. S.217, 220.

*) H. Lietzmann, An die Korinther I. II. 4. Aufl. Tübingen 1949 zu
1. Kor. 5, 5 (S. 23); Bultmann a. a. O. S. 205.

3) W. G. Kümmel a. a. O. S. 173f.

wohl von Identitätsmystik, von Auslöschung des Ich im Alleinen
der Gottheit („Ich glaube!") keine Spur gefunden werden
kann. So bleibt die personale Gemeinschaft noch immer
das beste Bild, das Mysterium anzudeuten, das Paulus die
xoivcovla zov nvEVfimog ' (2.Kor. 13,13) nennt. Es ist das Geheimnis
gott-menschlicher Vereinigung, deren der Mensch
durch die Gnade Christi gewürdigt wird, und damit der Anfang
des wahren Menschseins im wahren Dienste Gottes und
geheiligter Geschöpflichkeit, die Befreiung des Ich zum Ich
des Glaubens, des menschlichen Geistes zum heiligen Geist, des
Geschöpfes unter der Sündenmacht zum Sohne Gottes, endigend
im owfia nvexiiaxix6v und der Erlösung des Leibes
(i.Kor. i5,44ff.; Rom.8,23) durch Auferstehung von den
Toten und damit endgültiger Befreiung von odg£ xal cdfia.
Diese sind freilich ein neuer, radikaler Einschnitt und Eingriff,
den eine Theologie des Pneuma nicht abschwächen darf; gerade
an diesem Punkte bedeutet i.Kor. 15 die entscheidende
Absage an die gnos tische Auslegung des gegenwärtigen Pneuma
in Korinth1. Die ganze Pneumalehre des Paulus, Rom. 8,
Gal. 5 und i.Kor. 2 muß von i.Kor. 15 aus beurteilt und begrenzt
werden (vgl. 2.Kor. 5,1 ff.).

Der Pneumatiker oder das Leben des Christen im Geiste
sind eschatologische Existenz; das „im" Menschen, „im" Herzen
bezeichnet auch und immer die Grenze der Wirkung des
Pneuma vor dem Ende dieser Weltzeit. Dieses iv macht ja
sichtbar, daß noch Fleisch ist, noch Kampf mit der Sünde,
noch gestorben werden muß. Man darf nicht vom Pneuma-
„Besitz" her sagen, die Auferstehung sei schon geschehen
(2.Tim.2,18 vgl. i.Kor. 15, i2ff.). Nur von der Eschatologie
aus wird die Pneumatologie des Paulus recht verstanden, und
damit zeigt sich auch, daß der wahre Pneumatiker in all seiner
Geistes-Erfülltheit und -Gewißheit (i.Kor.7,40; 14, i8f. 37
vgl. 2.Kor.3,4ff.) das Rühmen von sich weist, die Bindung
des Pneumas an die Schwachheit und das Leiden erkennt
(2. Kor. 11 und 12) und sich selbst versteht als auf die Zukunft
Christi hingezielt und geworfen, durch die er im letzten Sinne
erst zum Menschen Gottes werden kann. Von ihr aus gesehen,
ist das Seufzen der Geistesmenschen nach der kommenden
Erlösung und Sohnschaft das höchste Werk des Pneuma; da
erweist es sich, woher es selber stammt. Das „Pneuma im
Menschen" will über das Fleisch und den Tod hinaus. Gott
aber weiß, was das Trachten des Geistes will und ist (Rom. 8,
27). „In" den Gläubigen trachtet der Geist nach der endzeitlichen
Verwandlung, die auch das „In"-Sein aufheben wird
als die Weise des Geistes in dieser Welt. Das Leben der zukünftigen
Welt ist die Erfüllung der pneumatischen Vorwärtsrelation
. Darum ist die Phil.3,12—14 beschriebene Bewegung
auf das eschatologische Ziel hin das Kennzeichen der „Vollkommenen
", der wirklichen Pneumatiker.

J) Nach der schönen und eindrücklichen Auslegung von Jul. Schnie-
wind, Die Leugner der Auferstehung in Korinth a.a.O. S.llOff., der I.Kor.
15 über alle bisherigen Ansätze hinaus konsequent als Auseinandersetzung mit
den korinthischen Onostikern versteht, die die Auferstehung als schon geschehen
erklären, während Paulus von der Eschatologie her denkt (a.a.O.
S. 119).

M0N02 6E0I
Von Gerhard Delling, Halle

Hermann Strathmann zum 70.Geburtstag

Die MONOZ-QEOZ - Aussagen der antiken Welt können
unter drei Gesichtspunkten betrachtet werden, wenn sie sich
auch nicht durchweg auf drei diesen entsprechende Gruppen
aufteilen lassen; dabei ist wenigstens nach Möglichkeit der Ver
such zu machen, die zeitliche Zugehörigkeit der Belege zu be
achten1. Zu unterscheiden sind: 1. die superlativischen Wen

düngen der polytheistischen Frömmigkeit; 2. die Sätze der
Philosophie; 3. die Prädikationen der monotheistischen Religion
. Sind diese drei Linien in früheren Zeiten recht wohl trennbar
, so beeinflussen sie sich in den Jahrhunderten unmittelbar
vor und nach Chr. immer stärker, so daß der gefühlsmäßige oder
gar theoretische Gehalt der späteren Aussagen in der heidnischen
Religiosität mitunter nur annähernd zu bestimmen ist.

') Ed. Norden, Agnostos Theos (1913 = 1929) 245f., hat zunächst einfach
nur allerlei Material zusammengestellt; weiteres bei Karl Keyßner, Gottesvorstellung
und Lebensauffassung im griechischen Hymnus (1932), 35—39;
hierauch einige deutende Bemerkungen. ImTheol. Wörterb. z.NT fehlt fiovos
merkwürdigerweise; zur Sache (eh &eöe) vgl. Stauffer ebd. III 95—102.

I.

Es ist selbstverständlich, daß der polytheistische Fromme
den Gott, an den er sich im gegebenen Falle wendet, mit möglichst
hohen Aussagen zu ehren sucht; ebenso selbstverständlich
, daß die MONOS-Prädikation in diesen Zusammenhängen
nicht die schlechthinnige Absolutheit der Gottheit überhaupt
meint. Sie ist dann nur eine der Möglichkeiten, die Macht und
Erhabenheit einer Gottheit durch den Vergleich mit anderen
zum Ausdruck zu bringen1. Offen zutage liegt das in den Sätzen,
in denen der gepriesene oder angerufene Gott für einen bestimmten
Lebensbereich als allein zuständig erklärt wird. Das
zieht sich von den griechischen Klassikern bis hin zu den orphi-
schen Hymnen2. Hier wird Leukothea (74,6) als die einzige

') Das gilt natürlich schon für den Bereich des alten Orients, aus dem
Norden 209 einen Beleg aus dem 7. Jh. zitiert.

2) Sie mögen etwa ins 3. Jh. n. Chr. gehören, vgl. Guil. Quandt, Or-
phei Hymni (1941) 44 mindestens ist zu vermuten, daß sie mancherlei ältere
Gedanken und Wendungen enthalten; wenn sie wirklich von einem Verf.