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Ausgabe:

1952 Nr. 1

Spalte:

31-32

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Abraham, père des croyants 1952

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 1

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eigenartigen Ubergang von einer tiefkulturell-pflanzerischen
Phase zu einer frühen, .barbarischen' Herrenkultur repräsentieren
" (S. 14). Beweis dafür ist ihm die dort feststellbare, für
den präanimistischen „Glauben an die Einheit allen Lebens"
bezeichnende Vorstellung vom „lebenden Leichnam", der im
Grabe weiterlebt. Wenn sich daneben Vorstellungen vom
Weiterleben des Toten in Tiergestalt oder in einem Totenreich
finden, so können sie ebenso animistisch wie nichtanimistisch
sein; zweifellos animistisch aber ist die Feuerbestattung und
der Gedanke der Wiedergeburt, die sich im Caucatal auch,
wenn auch nur vereinzelt, belegen lassen und fremde Einflüsse
verraten. Es geht dem Verf. darum, den Totenglauben neben
der Staatsidee und von ihr befruchtet als die Kraft zu zeigen,
die „die verschiedensten Bereiche des menschlichen Lebens
und Handelns erfaßte und damit zu der künstlerischen und gewerblichen
Hochblüte der früheren Herrenkulturen" in Amerika
„wesentlich beigetragen hat" (S. 56). Es findet sich aber

in seiner in erster Linie für die Völkerkunde und Kulturgeschichte
bestimmten Arbeit auch eine Äußerung, die in
weiterem Sinne die Beachtung der Mission verdient. Sie steht
dort, wo E. vom „Gleichmut gegenüber dem Tode" spricht,
„der so viele Eingeborenenvölker auszeichnet" und „immer
wieder die tiefste Verwunderung europäischer Beobachter hervorgerufen
und die verschiedensten Erklärungen gefunden
hat", und lautet: „In den präanimistischen Kulturen ist diese
Haltung zutiefst aus dem Totenglauben zu verstehen; hier bedeutet
der Tod nichts weiter als einen Ubergang in eine andersartige
, der diesseitigen auf das engste verwandte Daseinsform,
das Tor zu einem schöneren Land, in dem der Tote sein altgewohntes
Leben im Kreise seiner Angehörigen fortsetzt"
(S. 52). Auch durch geschichtliche Untersuchungen vermag
die Völkerkunde der Mission eine Helferin bei ihrer Stellungnahme
zu religiösen Phänomenen zu sein, die ihr noch heute
auf weiten Gebieten ihrer Arbeit begegnen.

ALTES TESTAMENT

Abraham, Pere desCroyantS. Paris (VI«, rue Notre-Dame des Champs 68)
1951. 104 S. 8° = Cahiers Sioniens. Revue Trimestrielle, V° Armee, Nr. 2,
Juin 1951.

Zehn katholische Theologen haben sich hier zu einer Würdigung
Abrahams als Vaters der Gläubigen zusammengefunden
. Kardinal Tisserant eröffnet das Büchlein mit
einem lesenswerten Vorwort (S. 1—4), das so schließt: „In der
Stunde, da das materialistische Neuheidentum sich anschickt
, die spirituellen Werte zu erschüttern und zu zerstören,
könnte das Beispiel des Glaubens Abrahams Mut geben allen
— Juden, Christen und Muhammedanern —, die ihn zu bewundern
gelernt haben, indem es ihnen ein unbesiegliches Zutrauen
einflößt zu der Allmacht dessen, der nichts anderes
will, als die erhören, die ihn bitten!" Daran schließt zunächst
an „Die Abrahams-Geschichte (Ubersetzung und Noten)" von
R. de Vaux (S. 5—16), eine Ubersetzung von Gen. 12, 1—9
13, 14—18 15, 1—2r 17, 1—22 18, 1—33 22, 1—18 25, 7—11
mit Anmerkungen, die sich auf die literarische Analyse dieser
Stücke und auf ihre sachliche Erklärung beziehen, sodann
„Abraham und die Geschichte" von Jean Starcky (S. 17—30),
eine lehrreiche Zusammenstellung der sozialen und religiösen
Phänomene in den Abrahams-Erzählungen, die auf die An-
setzung Abrahams im 18. Jahrhundert v. Chr. und auf seine
Herleitung aus der Welt der „Amoriter" schließen lassen.
Während diese beiden Beiträge es mit Abraham als historischer
Persönlichkeit zu tun haben, also darstellen, wann und
wo er gelebt, was und wie er gewesen ist, gehen die übrigen
sieben mehr oder weniger ausgesprochen dem nach, was Abraham
dem jeweiligen Bereich bedeutet hat und bedeutet.
Jacques Guillet behandelt „Die Gestalt Abrahams im Alten
Testament" (S. 31—43), Paul Demann „Die Bedeutung
Abrahams in der Sicht des Neuen Testaments" (S. 44—67),
wobei er dort einmal als „der Vater", sodann als „der Gottesmann
" gewürdigt, hier aber aufgezeigt wird, daß das Neue
Testament Abrahams menschliche Art ganz zurücktreten läßt
hinter seiner religiösen Bedeutung. Davon, wie die christliche
Tradition Abraham wertet, handeln — unter ausgiebiger Heranziehung
der hier in Betracht kommenden Quellen und Beibringung
vieler Zitate aus ihnen — Jean Danielou, „Abraham
in der christlichen Tradition" (S. 68—87) und B- Botte,
„Abraham in der Liturgie" (S. 88—95). Enger zusammen gehören
auch die beiden folgenden Beiträge: „Jüdische Überlieferungen
über Abraham" von P.-J. de Menasce (S. 96 bis
103) und „Abraham im Islam" von Youakim Moubarac
(S. 104—120), weil die islamischen Aussagen über Abraham
weithin eine Ausspinnung jüdischer Uberlieferungen über ihn
darstellen. Den Schluß bildet Pierre Mesnard, „Kierkegaard
und die existentielle Auswertung der Gestalt Abrahams"
(S. 121—140), eine, vor allem seine Schrift „Furcht und
Zittern" von 1843 heranziehende, Analyse des Innenlebens
Kierkegaards.

Das reichhaltige Büchlein liest sich sehr angenehm, und
es stört gar nicht, wenn sich — was ganz unvermeidlich war —
die Beiträge hier und da etwas überschneiden. Obwohl der
katholische Standpunkt der Autoren keineswegs verleugnet
und einmal (S. 73) die Auffassung des Glaubens Abrahams,
wie ihn Luther, Kierkegaard und Karl Barth vertreten haben,

als „Übertreibungen einer spezifisch christlichen Abraham
Theologie" bezeichnet wird, ist das Büchlein doch überall in
sehr sympathischer Weise von dem Geist der Weitherzigkeit
getragen, dem der vorhin angeführte Schluß seines Vorworts
Ausdruck gibt.

Halle/Saale OttoEißfeldt

Fohrer, Georg: Das Buch Hiob. Übertr. u. hrsg. Krefeld: Scherpe-Verl.
1948. 90 S. 8°. Pp. DM4.40.

Das Buch Hiob hat auch nach diesem Krieg gesteigerte Anteilnahme und
darum wiederholte Bearbeitungen in Übersetzung und Auslegung erfahren
(Paulsen, Hölscher, Hertzberg, Junker, Weiser). Während des ersten Weltkrieges
und nach ihm waren es die Übersetzungen von Schlögl (1916), Rießler
(1924), Thilo (1925), L. Schubert (1927), Hans Schmidt (1927), um nur einige
zu nennen. Soweit ich sehen kann, ist keine dieser gesonderten Übersetzungen
in zweiter Auflage erschienen. Das kann die verschiedensten Ursachen haben,
ein Werturteil soll durch diese Feststellung nicht ausgesprochen werden. Nur
zu verständlich ist es, wenn Seelen in Zeiten schwerster Erschütterung nach
dem Hiobbuch fragen und aus seinem Suchen und Ringen Trost und Aufrichtung
erfahren oder doch selbst zum Fragen nach Gott geführt werden. Jede
Hilfe, jede Hinführung zum Buch Hiob ist daher zu begrüßen. Auch die von
Fohrer vorgelegte Übersetzung will eine solche Hilfe sein, das Buch Hiob den
im Leiden fragenden Seelen aufzuschließen. Die Forderung, die an jeden Übersetzer
gestellt werden muß, beide Sprachen zu beherrschen, die Ursprache und
die Übersetzungssprache, darf als erfüllt gelten. Es ist dem Übersetzer gelungen
, die große erregende Spannung, von der die Reden des Buches Hiob
erfüllt sind, in seiner Übersetzung zum Ausdruck zu bringen. Wer seine Übersetzung
zu lesen begonnen hat, hört nicht ohne Not wieder auf, bevor er die
Lektüre vollendet hat. Dabei ist die Sprache der Übersetzung durchaus
modern, ohne Künstelei oder Gekrampftheit. Daß bisweilen freier gegenüber
dem Urtext übersetzt wird, ist selbstverständlich, auch daß schwer verständliche
Stellen unübersetzt bleiben, ist klug und berechtigt, denn eine Übersetzung
soll das Lesen des Buches ermöglichen, ohne lange Auseinandersetzungen
über Möglichkeiten der Übersetzung — etwa in Anmerkungen — zu
bieten. Die Übersetzung wahrt die Verschiedenheit zwischen Prosa und Poesie
entsprechend dem hebräischen Text, ohne den Endreim einzuführen, auf den
einige frühere Übersetzer nicht immer zum Vorteil der Übersetzungsgestalt
Wert legen.

Nach dem Vorbild von Bickell (1894) und Schlögl hat der Übersetzer das
Buch in der nach seiner Meinung ursprünglichen Form dargeboten ohne
Kap. 28 und die Elihureden, die er neben anderen kleineren Stücken unter geschickten
und zutreffenden Überschriften in einen Anhang verweist. Das ist
eine auf literarkritischen und theologischen Erwägungen ruhende Entscheidung
, über die man selbstverständlich anders denken kann als der Übersetzer.
Nur muß man fragen, was der moderne Leser mit dieser Sammlung ausgeschiedener
Stücke machen soll. Er kann sie kaum in den Zusammenhang
einfügen, da sie nicht nach der biblischen Kapitelzählung aufgeführt werden,
und der Übersetzer gibt auch keinen Aufschluß, aus welchem Grund, in welcher
theologischen oder sonstigen Absicht die Stücke einst in das ursprüngliche
Hiobbuch zur heutigen Endgestalt eingefügt worden sind. Lediglich die
Elihureden sind einer kurzen Einleitung gewürdigt worden. Ratsamer wäre es
gewesen, diese Stücke an ihrer Stelle zu belassen, eventuell mit einer Markierung
, daß es sich um spätere Stücke handeln könnte, wie es beispielsweise die
Übersetzung Hölschers getan hat. Dann hätte der Übersetzer zugleich dem
Leser den Anschluß an das heute in den Lutherübersetzungen stehende Buch
Hiob ermöglicht und einer Hinführung zur Bibel gedient. Aber das lag offenbar
nicht in seiner Absicht, denn er hat auch auf die Angabe der Kapitelzahlen
in dem von ihm herausgestellten ursprünglichen Hiobbuch verzichtet, ebenso
fehlen die Verszahlen. Auf letztere könnte selbstverständlich verzichtet werden