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Ausgabe:

1952 Nr. 6

Spalte:

341-343

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Ancient Near Eastern texts 1952

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 6

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genden Aussage über das Geistbekenntnis zu Jesus als dem Herrn. P. Benoit
setzt sich bei Rom. 8, 23 für den „westlichen" Text ein und streicht danach
viofrcotav als einen verkehrten Zusatz: die Kindschaft ist ein Gut, das für
Paulus nicht mehr wie „des Leibes Erlösung" noch in der Zukunft liegt. Nach
L. Bouyer ist der vielumstrittene äp7iay/u6i von Phil. 2 in der Tat als „res
rapienda" (oder: rapta retinenda) zu verstehen, hat aber den Fall Adams im
Auge, dem Christus nicht nachfolgte. Man entgeht so den bekannten dogmatischen
Schwierigkeiten hinsichtlich seiner präexistenten Gottheit. C. Spicq
sieht die Eigenart des Hebräerbriefes darin „de mettre l'accent sur le progres
intellectuel comme condition du perfectionnement moral; ... seule 1'Epltre
aux Hebreux considere l'etude et la meditation de l'Ecriture comme le re-
mede approprie ä la negligence et ä l'inertie spirituelle, eile definit le progres
de la vie chretienne en fonction de la contemplation theologale et theologique,
eile affirme la necessite de la reflexion rationelle sur le donne revele". S. Lyonnet
bringt eine einleuchtende Neugliederung des dogmatischen Teils und im
Zusammenhang damit des ganzen Römerbriefs nach den Stichworten dixat-
oaivr] (1, 17—3, 31) und dydxr] &eov (5—8). P.Oaltier verteidigt erneut
und, wie ich glaube, mit vollem Recht die Beziehung der Handauflegung
I.Tim. 5,22 auf die Wiederaufnahme von Büßern, nicht auf die Ordination.

P.-Th. Camelot gibt einen kenntnisreichen Überblick über den gegenwärtigen
Stand der Apostolicum-Forschung mit kritischen Abgrenzungen (auch
gegenüber Cullmann) und theologischen Reflexionen. J. Danielou macht es
wahrscheinlich, daß der christologisch verstandene Text Klagel. Jer. 4, 20 seit
ältester Zeit in die christlichen Testimoniensammlungen aufgenommen war
und möchte sogar schon bei Lukas (2, 11 Xgiorös xtgios) deren Benutzung
voraussetzen. A. Dain bringt eine ingeniöse Konjektur zu einem vielverhandelten
Text des I. Klemensbriefes: Kap.6 ist statt *Jara(Sesviemehrvtavt'Sei
und statt xai _//pxac xatSioxai zu lesen. Es werden hier einfach die Heldentaten
des schwachen Geschlechtes in durchaus typischer Weise gerühmt.
G. Jouassard stellt an einen nicht minder berühmten Text des ignatianischen
Römerbriefes leichthin einige Fragen, die nur auf Grund religions- und begriffsgeschichtlicher
Kenntnis richtig beantwortet werden könnten. L. Froide-
vaux erörtert Übersetzungsprobleme der syrisch überlieferten Demonstratio
des Irenaus. L. Maries zeigt, daß die spätjüdische Vorstellung eines Messias
aus dem Stamme Levi noch bei Hippolyt zu finden und durch ihn auch zu
Ambrosius und wohl noch anderen Kirchenvätern gelangt ist. M. Bevenot
möchte in seinem Beitrag „A Bishop is responsible to God alone" diesen für
das cyprianische Denken zentralen Gedanken, wunderlich genug, auf eine
wenig betonte Wendung in dem römischen Klerikerschreiben Novatians zurückführen
und behauptet, daß Cyprian selbst ihn niemals, auch nicht im
Ketzertaufstreit in aggressivem Sinne gegen Rom gewandt habe. Die Äußerungen
Firmilians, deren Übersetzung und Verbreitung doch zweifellos auf
Cyprian zurückzuführen sind, sollen insoweit doch über ihn hinausgehen. Solche
Gelehrsamkeit wird peinlich. E. Smothers weist nach, daß die Handschriften
einer Chrysostomos-Predigt Act. 20, 13 für „Assos" die auch sonst gelegentlich
begegnende, falsche Lesart „Thasos" geboten haben. P. Courcelles bespricht
die Abhängigkeiten, Mißverständnisse und Ergänzungen des Possidius
im Verhältnis zu Augustins Confessionen. Das etwas übertriebene Lob, das
Harnack gespendet hatte, wird dabei mit Recht gedämpft. F. Cayre nennt
Augustins Frömmigkeit in der bekannten, erweiterten Redeweise „mystisch"
und zeigt das in einer Besprechung der Confessionen, besonders des 9., 10. und
13. Buches, Spanisch geschrieben ist ein Beitrag von J. Madoz: Cultura hu-
manistica de San Vicente de Lerins. H.Rondet bringt zwei reizvolle Notizen
zur augustinischen Exegese: die Allegorisierung des „Kreuzes" und Simson
als Typus Christi.

Einige weitere patristische Beiträge und die Aufsätze zur
späteren Kirchengeschichte folgen im zweiten Band der Me-
langes.

Heidelberg H. v. Campenhausen

ALTER ORIENT

Pritchard, James B.: Ancient Near Eastern Texts relating to the

Old Testament ed. Princeton: Princeton Univ. Press 1950. XXI, 525 S.
4°. Lw. t 15.—.

„Zweck dieses Werkes ist es, den Freunden des Alten Vorderen
Orients — wirkliche Freunde des Alten Testaments
müssen das unseres Erachtens notwendigerweise sein — die
wichtigsten außerbihlischen Texte in Ubersetzungen erreichbar
zu machen, die ganz auf der Höhe der gegenwärtigen Forschung
stehen. Manche der hierher gehörigen Texte sind nur
in unbekannten Fachzeitschriften zugänglich. Andere haben
ziemlich weite Verbreitung gefunden in Übersetzungen, die
einem jetzt glücklicherweise durch gründlichere Forschung
überwundenem Stadium entsprechen. Von manchen der hier
aufgenommenen Texte aber liegen Ubersetzungen in eine
moderne Sprache überhaupt noch nicht vor", heißt es in der
„Einleitung" auf S. XIII, und S. XIVf. wird dort mitgeteilt,

daß für die Auswahl der Texte diese beiden Gesichtspunkte
maßgebend gewesen sind: „Zunächst ist man darauf bedacht
gewesen, die Texte aufzunehmen, die in anerkannten Kommentaren
immer wieder als Parallelen zu bestimmten Stellen
des Alten Testaments oder als Erläuterungen zu ihnen angeführt
worden sind. . . Sodann ist man bei der Auswahl der
Texte für den vorliegenden Band darauf bedacht gewesen, aus
jedem Sprach- und Kulturbereich des Alten Vorderen Orients
charakteristische Beispiele der Literaturformen zu bieten.
Diese Norm ist aus dem Wunsche, den Parallelen eine möglichst
umfassende Erklärung zu geben, entsprungen. Beziehungen
derlsraeliten zu ihren Nachbarn können zureichend nur
dann erkannt werden, wenn von den Nachbarn ein wenigstens
einigermaßen umfassendes Bild geboten wird. . . Diese großzügige
Auswahl des Stoffes dient indessen noch einem anderen
Zweck: sie macht die Sammlung wertvoll auch für Freunde
anderer Abschnitte der Geschichte des Alten Vorderen
Orients". In der Tat leistet der vorliegende Band den doppelten
Dienst, den er sich vorgenommen hat, üi hervorragendem
Maße. Er gibt den Freunden des Alten Testamentes, alten wie
jungen, lehrenden wie lernenden, ein zu dessen besserem Verständnis
hochwillkommenes und unentbehrliches Mittel in die
Hand und ermöglicht zugleich den für andere Bereiche des
Alten Vorderen Orients besonders Aufgeschlossenen, etwa den
Agyptologen oder den Assyriologen oder den Hethitologen,
die sich bei der Fülle des ihnen zur Verfügung stehenden Stoffes
notwendigerweise spezialisieren müssen und so in Gefahr
stehen, eng und einseitig zu werden, einen lehrreichen Uberblick
über den ganzen Bereich ihrer Wissenschaft, der ihnen
ohnedies vielleicht versagt bleiben würde.

Der Herausgeber hat die ihm von seinen elf Mitarbeitern
— W. F. Albright (Mari- und Amarna-Briefe einschließlich
der Briefe von Teil el-Hesi, Sichern und Taanach, Hebräische
Inschriften), H. L. Ginsberg (Ugaritische Mythen, Epen und
Legenden; Aramäische Papyrus und Ostraka), Albrecht
Goetze (Die — akkadischen — Gesetze von Eschnunna; He-
thitische Texte), S. N. Kramer (Sumerische Texte, soweit
nicht sogleich für sie andere Bearbeiter namhaft gemacht werden
), Theophil J. Meek (Sumerische Dokumente aus der
Rechtspraxis sowie an akkadischen Texten den Hammurabi-
Codex, die mittelassyrischen Gesetze, die neubabylonischen
Gesetze und Dokumente aus der Rechtspraxis), A. Leo Oppenheim
(Die sumerischen und die akkadischen historischen
Texte), Robert H. Pfeiffer (Akkadische Lehr- und Weisheitsliteratur
), A. Sachs (Akkadische Ritualtexte), E. A.
Speiser (Akkadische Mythen und Epen), Ferris J. Stephens
(Sumero-akkadische Hymnen und Gebete), John A.
Wilson (Ägyptische Texte) — gelieferten Übersetzungen samt
Anmerkungen nach dem literarischen Gattungsprinzip in diese
zehn Gruppen geordnet: I. Mythen, Epen und Legenden; II.
Gesetzestexte; III. Historische Texte; IV. Rituale, Beschwörungen
und Festbeschreibungen; V. Hymnen und Gebete; VI.
Lehr- und Weisheitsliteratur; VII. Klagelieder; VIII. Weltliche
Lieder und Dichtungen; IX. Briefe; X. Verschiedene
Texte, und führt, soweit aus den einzelnen Sprach- und Kulturbereichen
Texte für diese Gruppen vorliegen, sie in ihnen
hintereinander — ägyptische, sumerische, akkadische usw. —
an, so daß die gleichsprachigen Texte, soweit sie verschiedenen
Gattungen angehören, nicht beieinander stehen, sondern über
das ganze Buch hin verstreut sind. Da aber in Ergänzung des
am Anfang des Bandes (S. V—XII) stehenden Inhaltsverzeichnisses
, das die hier mitgeteilten Texte in jene zehn nach ihrer
Gattungszugehörigkeit gebildeten Gruppen eingeteilt vorführt
, am Schluß (S. 501—503) ein Inhaltsverzeichnis gebracht
wird, das — sie in die fünf Gruppen; I. Ägyptische Texte, II.
Sumerische Texte, III. Akkadische Texte, IV. Hethitische
Texte, V. Nordwestsemitische Texte einteilend — die gleichsprachigen
Texte zusammenstellt, ist der Überblick über die
aus den einzelnen Sprachbereichen mitgeteilten Texte ganz
leicht zu gewinnen.

Bei der Lage der Dinge ist es selbstverständlich, daß jeder,
der mit dem einen oder anderen der hier in Betracht kommenden
Sprach- und Kulturbereiche etwas genauer vertraut ist,
an den Ubersetzungen und Erklärungen der aus ihnen stammenden
Texte gelegentliche Kritik üben und die in ihnen gemachten
Vorschläge durch andere ersetzen könnte. Eine Buchanzeige
, wie sie hier zu erstatten ist, wäre indes nicht der Ort
dafür. Zudem müßte solche Kritik, die wenigstens in den
meisten Fällen auch ihrerseits nur wieder Anfechtbares vorbringen
könnte, der ganz großen Leistung, wie sie der vorliegende
Band darstellt, gegenüber als kleinlich, ja anmaßend
erscheinen. Das würde auch von einer Beanstandung der hier
getroffenen Auswahl gelten. Denn bei der erdrückenden Fülle