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Ausgabe:

1952 Nr. 6

Spalte:

339-341

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Mélanges Jules Lebreton I 1952

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 6

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gegen die Beurteilung des Hs.-Fundes durch Engnell zu verstehen
, der behauptet, die masoretische Tradition sei schon in
diesen Texten fest, heilig und unantastbar (S. 26, 28, 43). K.
erkennt den Wunsch als den Vater dieses „messerscharfen"
Schlusses und bezeichnet ihn als „natürlich vollkommen verkehrt
".

Erwähnt sei schließlich K.s mehrfach geäußerte Skepsis
hinsichtlich einer einigermaßen genauen Datierung der Hss.
auf Grund paläographischer Indizien (S. 14, 22).

Jeder Interessierte wird dankbar dafür sein, daß die Äußerungen
des ersten Masora-Experten über den Hs.-Fund hier
zusammengestellt und mit wertvollen Abbildungen versehen
veröffentlicht werden. Die Uneinheitlichkeit des Buches ist
allerdings störend; nicht nur im Formalen (die Addenda haben
zum Teil andere Voraussetzungen als der Hauptteil; ausführliche
Wiederholungen sind nicht selten), sondern auch im Inhaltlichen
(das Votum über einige Probleme fällt nicht immer
gleich aus, vgl. besonders S. 43 o. mit S. 74 u.; S. 24 und 61
mit S. 72).

Die Arbeit ist nicht nur durch die profunden textge-
schichtlichen Einblicke so anregend und weiterführend, sondern
besonders durch das Verdienst des Verf.s, von bestimmten
festen Punkten aus aufschlußreiche, solide Hypothesen-Gebäude
errichtet zu haben. Die neue Schau von der Entstehung
der LXX und die Konsequenzen für die Eüiordnung der
Qumran-Hss., die Markierung einer 1000jährigen Geschichte
der Vokalbezeichnung oder der Aussprache des Hebräischen
und ihrer Andeutung und andere Thesen sind geeignet,
schmerzliche Vakuen zu füllen und dürften kaum widerlegbar
sein; die hier ausgeführte Theorie über den Anlaß der Hss.-
Bergung ist allerdings zu schwach begründet und von K.
scheinbar fallen gelassen worden (Vet. Test. 1951/1, S. 38t.).
Aber auch die späte Ansetzung der Anlage des Depots ist
nicht zuletzt in Anbetracht wiederholter Besuche der Höhle in
Altertum und Mittelalter recht ungesichert.

Berlin F. Maaß

FESTSCHRIFTEN

[Niemöller-Festschrift:] Bekennende Kirche. Martin Niemöller zum

60. Geburtstag. München: Kaiser 1952. 328 S., 1 Titelb. gr. 8°. DM 10.50;
Lw. DM 13.50.

Die Rezension einer Festschrift ist nicht immer eine befriedigende
und dankbare Aufgabe, besonders dann, wenn eine
einheitliche Linie fehlt. In der vorliegenden ist trotz der Verschiedenartigkeit
der Beiträge die einheitliche Linie erkennbar
, die in dem Titel zum Ausdruck kommt. Auf 325 Seiten
kommen 38 Freunde und Mitarbeiter Niemöllers zu Wort, und
die Vielfalt der Anliegen und Aufträge der B. K. wird offenbar
. Die systematische Grundlage der Arbeit der B.K. bringen
u. a. Aufsätze von Karl Barth: „Barmen", Ernst Wolf: „Theologie
am Scheidewege", Heinrich Vogel: „Wesen und Auftrag
der. Kirche", Iwand: „Kirche und Gesellschaft". Von
dem organisatorischen Aufbau der B. K. handeln Beiträge von
Scharf, Niesei, Wilhelm Niemöller, Mochalski, Albertz, Kloppenburg
, Böhm u. a. Die Beiträge der Brüder aus der Oeku-
mene (Berkhoff-Niederlande, Bell-Chichester England, Berg-
grav-Norwegen, Högsbro-Dänemark) sowie die persönlichen
Worte von Bartning-Dahlem, Turnes-Amerika, Frau Sturm
d'Esprise-Schweiz, lassen uns einen Blick tun in die Bruderschaft
, die Gott zur Zeit des Kirchenkampfes schenkte. Das
Buch gehört in die Hände aller derer, die die Kämpfe in irgendeiner
Form miterlebt haben. Es gehört aber vor allem der
jungen Theologengeneration, denn Bekennende Kirche ist
kein „perfectum", kehl abgeschlossenes Kapitel der Geschichte
oder der Kirchengeschichte. Wenn Kirchengeschichte
das Handeln des Herrn Christus an seiner Kirche ist und durch
sie an der Welt, dann ist es eben der stets gegenwärtige Christus
, der hier handelt und der seine Kirche jeweils in die Entscheidung
bringt. Die Fragen und Probleme sind heute im
wesentlichen dieselben wie vor 20 Jahren, sie haben sich nur
etwas verlagert.

Da die Anschaffung des Buches die Kaufkraft mancher
Studenten und Pfarrer in der DDR überschreitet, so würde
die Herausgabe von Sonderdrucken zu empfehlen sein, vor
allem von Vogel: „Wesen und Auftrag der Kirche", Gollwitzer
: „Wollen wir heute lutherisch oder reformiert sein",
Iwand: „Kirche und Gesellschaft", Diem: „Die Predigt der
Kirche", wie ja der Beitrag von Wilhelm Niemöller: „Martin
Niemöller, ein Lebensbild" als Sonderdruck erschienen ist.

Berlin Heinrich Grüber

[Lebreton:] Melanges Jules Lebreton I. Paris: Bureaux de la Revue
„Recherches de Science Religieuse" 1951. 480 S., 1 Titelb. gr. 8° =
Recherches de Science Religieuse. Tome XXXIX, No. 2—4.

Soll das immer etwas problematische Unternehmen einer
Festschrift für die darhi enthaltenen Arbeiten nicht zu einem
Leichenbegängnis erster Klasse werden, so empfiehlt es sich,
sie in einer Zeitschrift zu versammeln. Im vorliegenden Fall
konnte das um so passender geschehen, als der Jubilar selbst
lange Jahre (1928—45) als ihr Herausgeber gewirkt hat. Das
Bild seines edlen Gelehrtenkopfes schmückt den ersten, heute

allein zur Besprechung stehenden Band der Festschrift. Er
enthält Beiträge zur biblischen und patristischen Theologie.
Sie entstammen großen Teils, aber nicht ausschließlich dem
weiten Kreis semer jesuitischen Ordensgenossen und bewegen
sich fast durchweg auf einem sehr hohen Niveau —
eine würdige Ehrung für den hochverdienten Forscher und
Theologen, dem sie geweiht sind. Der Ree. bedauert, in vielen
Fällen nicht über die zur näheren Beurteilung erforderliche
Sachkenntnis zu verfügen, und muß sich, um nicht zu sehr ins
einzelne zu geraten, überhaupt damit begnügen, den reichen
Inhalt des Gebotenen kurz aufzuzählen.

Den Anfang machen zwei Beiträge aus dem Gebiet der klassischen Philologie
. G. Dumezil deutet eine uralte, stark zerstörte Inschrift des Forum
(CIL I1, 1) mit Hilfe von Cicero De divin. 2, 36 als Augurenregel. Festugiere
vergleicht das Herrscherideal in den Inschriften des indischen Königs Asoka
mit dem des Hellenismus, wobei Analogien und Unterschiede, besonders auf
religiösem Gebiet, deutlich hervortreten.

Ein merkwürdiges Beispiel exegetischer Kunst oder Künstelei bietet A.-M.
Dubarle mit seiner Untersuchung über die vermeintlichen biblischen Grundlagen
des marianischen Titels einer „neuen Eva". Sie führt über den paulini-
schen Begriff der Kirche rückwärts zur Frau des ersten Adam im Alten Testament
. A. Robert erklärt den 2. Psalm als eine nachexilische Dichtung von
streng messianisch-eschatologischem Charakter. D. Buzy zeigt an Hand eines
Einzelbeispiels, daß im Hohenlied nur mit parabolischen Beziehungen, aber
nicht mit durchgeführter Allegorese zu rechnen ist. R. Pautrel bespricht die
Raphael-Aussagen im Tobit-Buch als wichtige Zeugnisse für die Geschichte
des Engelglaubens, auch in terminologischer Hinsicht. Interessant sind die Erörterungen
von H. Cazelles über die Achior-Gestalt der Judith-Geschichte,
ihre möglichen Beziehungen zu Achikar und ihrem eventuell geschichtlichen
Kern.

A. Vaccari erklärt das Gleichnis vom großen Abendmahl, nur nach
Matthäus, mit volkskundlichen Erläuterungen. E. Osty stellt die Johannismen
des lukanischen Passionsberichtes zusammen und deutet sie als Abhängigkeiten
, während umgekehrt die Lukanismen bei Johannes auf eine naiv
biographische Weise erklärt werden. X. Leon-Dufour untersucht die
Tempelreinigung nach ihrer ursprünglichen und ihrer johanneischen Bedeutung
als „Zeichen" für Jesus. J. Bonsirven möchte die Gesamtdeutung
des Johannesevangeliums dadurch vertiefen, daß er zwischen den historischen
Gegebenheiten und der symbolischen Deutung des Evangelisten unterscheidet
und beides theologisch verbindet. J. Starcky setzt die Auslegung
von Joh. 17, 11 f. bei den alten und mittelalterlichen Theologen mit der modernen
wissenschaftlichen Kommentierung in einen lehrreichen Vergleich.
St. Giet vertritt den abenteuerlichen, an Chrysostomos angelehnten Gedanken
, der Act. 15, 14 genannte Symeon sei nicht mit Petrus identisch. Lukas
habe in seinem Bericht zwei Gesandtschaften zusammengezogen. Die erste
war von Paulus und Barnabas, die zweite von einem Symeon (Niger?) aus
Antiochien geführt, und erst diese habe das sog. Aposteldekret veranlaßt. So
gelangt man glücklich wieder zu einer leidlichen Harmonie zwischen Act. 15
und Gal. 2. L. Cerfaux entwickelt mit großer Klarheit die Antinomie der
apostolischen und christlichen Existenz bei Paulus und betont ihre Eigenart
gegenüber verwandten stoischen und prophetischen Gedanken. J. Le vie macht
im Blick auf Paulus klar, wie historisch-kritische und theologische Exegese,
das Ineinander von menschlichem Bewußtsein und übergreifendem göttlichen
Plan methodisch zu handhaben und zu verstehen seien. Die Encyclica Humani
generis gibt die Richtung an; auch die moderne protestantische Diskussion
wird berücksichtigt. G. de Broglie versteht das ärdtfefia 'Irjaovi von I. Kor.
12, 3 wie schon Holtzmann als „une pure comparaison antithetique" zur fol-