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Ausgabe:

1952 Nr. 5

Spalte:

291

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Knudtzon, Erik J.

Titel/Untertitel:

Die Wiederbelebung der internationalen Papyrologie 1952

Rezensent:

Schubart, Wilhelm

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291

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 5

292

Foster, John, Prof. D. D.: After the Apostles. Missionary Preaching of
the first three centuries. London: SCM Press [1951]. 128 S. 8°. Lw. s 5.—.

Der Verf., Professor für Kirchengeschichte an der Universität
Glasgow und früherer Chinamissionar, bewährt auch
in diesem Büchlein wieder die ungemein fesselnde Art seiner
Darstellung, die wir aus seinen bisherigen Veröffentlichungen
an ilim schätzen. Er will auf Grund der frühchristlichen Literatur
die Frage beantworten: „Wer waren die Nachfolger der
Apostel, und wTas haben sie ausgerichtet ?" Er erkennt die Bedeutung
, die Harnacks Arbeit für eine solche Antwort gewonnen
hat, mit großer Dankbarkeit an, versucht aber eigene
Wege zu gehen. Und das ist ihm gelungen, soweit es angesichts
des Quellenmaterials, das dafür vorliegt, gelingen
kann. Im ersten Kapitel seines Buches geht er dem Lebensende
der Apostel nach; danach schildert er eingehend die
Tätigkeit der nachapostolischen berufsmäßigen Missionare
und die Bedeutung der Evangelisationsarbeit der Laien, insbesondere
der Frauen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich
mit dem Angriff der Apologeten auf den Polytheismus, das
dritte mit der Art und dem Inhalt ihrer Christuspredigt.
Das vierte Kapitel trägt die Uberschrift ,,The Approach
to the Intellectual" und gibt als Beispiele für eine solche „Annäherung
" die Wirksamkeit des Origenes und seines Schülers
Gregor Thaumaturgos, der ebenso, wie Gregor von Nyssa, als
vorbildlicher Missionar geschildert wird. Sehr wertvoll ist die
das Buch abschließende Auswahl aus Origenes' „Contra Cel-
sum", die erkennen läßt, wie Fragen von damals noch heute
fortdauern, wie aber auch Antworten, die damals gegeben
wurden, noch heute gültig sind.

S. 23 schreibt F. über die Legende von der Apostelteilung der Erde:
,,Already in the second Century there was such a tradition, which said that
the division was made, as the election of Matthias has been, by lot. A book,
The Fortunes (or Lot) of the Apostles, early put this tradition in writing,
mentioned in a list of books to be rejected as aprocryphlcal, the so-called De-
cretals of Gelasius." Hier ist eine Korrektur notwendig. Der im Decretum
Gelasianum erwähnte Liber qui appellatur Sortes apostolorum kann nicht
als Zeuge dafür genommen werden, daß die Legende bereits im 2. Jahrhundert
existierte. Bei ihm ,,an die Legende von der Apostelteilung zu denken, war
ein Mißgriff von Lipsius"; wie schon von Dobschütz festgestellt hat (Das Decretum
Gelasianum, Leipzig 1912, S. 307 Anm.). Daß die Legende schon im
2. Jahrhundert bestand, ist durchaus möglich; ihre heute nachweisbar älteste
Fixierung aber hat sie erst, wenn ich recht sehe, in den Thomasakten gefunden.
Die Sortes apostolorum waren ein Wahrsagebuch, das den Zusatz „apostolorum
" im Titel (nach v. Dobschütz) erst im Mittelalter bekommen hat.

Tübingen Gerhard Rosenkranz

Knudtzon, Erik j., Dr. phii.: Die Wiederbelebung der internationalen

Papyrologie. Berlin: Akademie-Verlag 1950. 19 S. 8° = Deutsche Akademie
der Wissenschaften zu Berlin. Vorträge und Schriften, H. 39. DM 1.50.

Der Vortrag, den Herr Knudtzon vor der Berliner Akademie
gehalten hat, bestätigt das freundliche Verhältnis, das
stets den Kreis der Papyrologen zusammengehalten hat. Seitdem
die Erforscher der griechischen Papyri, Urkunden, Briefe
und Literarischen Texte, ihrer eignen Aufgabe und ihres eignen
Verfahrens bewußt wurden, pflegten sie mit besonderem Eifer
über alle Grenzen der Völker und Sprachen hinweg ihre Verbundenheit
; wenn irgend eine so wurde die Wissenschaft der
Papyrologie eine internationale Gemeinschaft des guten Willens
, so daß einer ihrer Führer, Pierre Jouguet, das Leitwort
der „amitie papyrologique" prägen konnte. Die Verheerungen
der Weltkriege haben zwar die Arbeit der Papyrologen schwer
geschädigt, in Deutschland fast vernichtet; aber der letzte Internationale
Papyrologenkongreß in Paris und die Gründung
der „Association Internationale des Papyrologues" haben be-'
wiesen, daß nicht nur die wissenschaftliche Arbeit noch lebt
und weiter leben will, sondern daß die Fachgenossen die alten
Beziehungen nicht vergessen haben. Wir deutschen Papyrologen
sind wenig geworden und können nur eben versuchen,
auch bei uns wieder aufzubauen, so schwierig es sein mag; am
Willen soll es nicht fehlen. Knudtzon berichtet über die papy-
rologischen Veröffentlichungen der letzten Jahre und nennt
viele Schriften, von denen wir nicht einmal den Titel gehört
hatten. Insofern steuert dieser Vortrag wichtigen und sonst
kaum erreichbaren Stoff bei für diejenigen, die sich bemühen,
wissenschaftlich den Anschluß wieder zu erreichen. Beides,
die Erweiterung unserer Kenntnisse, die hier geboten wird, wie
die freundliche Gesinnung, die aus jedem Satze Knudtzons
spricht, verdient unsern Dank und weckt unsre Hoffnung auf
neue Arbeitsgemeinschaft, auf das Gedeihen der Internationalen
Papyrologie.

Halle/S. W. Schubart

Lexicon Athanasianum, digessit et illustravit Guido Müller S. J. 6.-10.
(Schluß-)Lieferung. Berlin: de Gruyter 1951/52. Sp. 801-1664. 4°. je Lfg.
DM30.—, Schlußlfg. DM45.—.

Die letzte Lieferung des Athanasios-Lexikons ist erschienen
. Damit ist ein großes, in der gesamten Patristik bis heute
einzigartiges Werk früher, als manche Pessimisten glauben
mochten, zu glücklichem Abschluß gelangt. Alle, die es angeht,
seien noch einmal auf dies unentbehrliche Hilfsmittel hingewiesen
, das die Vorzüge eines Wörterbuches und einer Konkordanz
vereinigt und dadurch in vielen Fällen auch die
Dienste eines sachlichen Kommentars erfüllt. So ist zu hoffen,
daß es auch die Athanasios-Forschung, die in den letzten
Jahrzehnten fast nur im historischen und philologischen Sinne
— hier freilich sehr erfolgreich — betrieben wurde, neu beleben
wird, über die Anlage und Bedeutung des Lexikons haben wir
in dieser Zeitschrift (i948'Sp.4if., 1951 Sp. 43) schon berichtet.
Die Schlußlieferung brmgt ein Verzeichnis der Bibelzitate und
mit der Titelei die üblichen Ubersichten über Abkürzungen
und dergleichen. Eine „praemonitio" der Kirchenväterkommission
rechtfertigt noch einmal das Unternehmen in der vorliegenden
Form, die „praefatio" des greisen Autors gibt einen
kurzen Rückblick auf die Geschichte der Arbeit, in der sich
das kriegerische Elend der vergangenen vier Jahrzehnte widerspiegelt
.

Die zur Zeit unvermeidlichen Grenzen des Werkes haben
wir früher bezeichnet. Jetzt bleibt nur die angenehme Pflicht,
dem Autor, der Kirchenväterkommission und nicht zuletzt
dem Verlage für ihre hingebende Arbeit und die ungewöhnliche
Leistung, die sie allen Schwierigkeiten zum Trotz gewagt
und zu Ende geführt haben, ohne jede Einschränkung zu danken
. Als wir das Lexikon vor vier Jahren begrüßten, gehörte es
zu den ersten wissenschaftlichen Unternehmungen von Rang,
die nach der Katastrophe wieder in Gang gebracht waren. Es
ist nun auch als erstes zum Abschluß gekommen und wird
seinen Ehrenplatz auf Generationen hinaus behalten. Es wird
gebraucht werden.

Heidelberg H. v. Campenhausen

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMA TIONSZEIT

Balnton, Roland H.: Hier stehe ich. Das Leben Martin Luthers. [Übers.

a. d. Amerik. v. Hermann Dörries.] Göttingen: Deuerlich [1952]. 368 S.

mit 87 Abb., 4Taf. gr. 8°. Geb. DM 16.80.

Die Bücher pflegen selten zu sein, die dem Rezensenten
von vorn bis hinten eine einzige Freude sind. Das Lutherbuch
des amerikanischen Quäkers H. Bainton ist jedoch von dieser
Art. Und das deshalb, weil in und mit diesem Buch nicht nur
dieser und jener Vorzug, sondern gleich eine ganze Reihe von
positiven Faktoren auf einen zukommt: es ist erstens in wissenschaftlicher
Beziehung, wie auch in der künstlerischen Ausstattung
auf beachtlicher Höhe; es füllt zweitens eine nicht
nur in der anglo-amerikanischen Literatur bestehende empfindliche
Lücke aus, sondern nimmt auch unter den deutschen
Lutherbüchern einen bisher so noch nicht besetzten
Platz ein; drittens stellt es für das Luthertum eine ökumenische
Gabe dar, die bei dem wissenschaftlichen Ansehen des
Verfassers, der u.a. Mitherausgeber des „Archivs für Reformationsgeschichte
" ist, ihre segensreiche Wirkung auf die
Dauer nicht verfehlen wird; viertens kann das anrührende
persönliche Moment nicht übersehen werden, daß hier ein
Mann, der seiner Denomination nach zu den von Luther weidlich
gescholtenen Spiritualisten gehört, ein nicht nur gerechtes
und makelloses, sondern geradezu liebevolles Bild von Luther
und seiner theologischen via media zeichnet; fünftens — und
für uns deutsche Leser last not least — ist die Leistung des
Ubersetzers zu nennen.

Dem amerikanischen Vorwort zufolge geht der Grundstock
des Buches auf Vorlesungen zurück, die der Verfasser an
verschiedenen Universitätsinstituten in den USA gehalten hat;
das 21. Kapitel über das Glaubensringen ist ein Wiederabdruck
des in der Gerhard Ritter-Festschrift veröffentlichten
Aufsatzes des Verfassers. Der Reiz dieses mit 87 trefflich ausgewählten
Abbildungen und — in der deutschen Fassung —
vier Kunstdrucktafeln geschmackvoll ausgestatteten Werkes
liegt einerseits in der fabelhaften Ausgewogenheit zwischen
Abrundung und Einläßlichkeit, andrerseits in der vornehmen
Art der positiven Gestaltung. Was die erste anlangt, sind auch
kleinere Hebel, wo sie die Dinge vorangebracht haben, auf der
ganzen Linie berücksichtigt, und die Zitate ausführlich genug
gebracht, um von Luthers Denk- und Ausdrucksweise mehr als
einen Emdruck zu vermitteln. Hinsichtlich der zweiten werden