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Ausgabe:

1952 Nr. 4

Spalte:

219

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Sacris Erudiri, Jaarboek voor Godsdienstwetenschappen

Titel/Untertitel:

II 1952

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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219

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 4

220

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES

Sacris Erudiri. Jaarboek voor Godsdienstwetenschappen. II. 1949. Uitgave
van de Sint Pietersabdij, Steenbrugge. Brügge: Beyaert; Den Haag: Nij-
hoff. 420 S. 8°. hfr. 320.-.

Auch dieser II. Band des „Jahrbuchs" wird die gelehrte
Welt in Deutschland mehr als vorübergehend interessieren,
vor allem die Theologen und die Historiker. Verheul untersucht
die Kapitel io—13 des II. Korintherbriefes des Paulus
und kommt zu dem Resultat: Die Gegner des Paulus in Ko-
rinth waren keine Judaisten, gar aus Jerusalem, sondern falsche
Pneumatiker, die in Korinth eingedrungen waren. —
Andri essen beweist, daß die Frage, ob der Apologet Quadra-
tus (Eusebius KG IV3) in Kleinasien gewesen sei, weder mit
ja noch mit nein beantwortet werden kann. — Peters zeigt,
daß der Traktat des Serapion von Thmuis gegen die Maniehäer
nicht den Manichäismus, sondern den Dualismus behandelt. —
Von dem verstorbenen Callewaert bringt das Jahrbuch
einen Aufsatz über die Herkunft des römischen Kanons und
die Frage nach einer römischen Epiklese. Callewaert ist für
Rom als den Entstehungsort des Kanons, Ambrosius habe ihn
nach Mailand geholt (Klauser sieht es umgekehrt an!) — von
einer eigentlichen Epiklese kann im römischen Ritus nicht die
Rede sein: hier stimmt Callewaert mit Jungmann überein.
(Vgl. zum Kanon ThLZ 1951, Nr. 6, Sp. 328). Botte prüft die
Eigenart des armenischen Lektionars, welches Conybeare 1905
herausgab, und kommt zu dem Schluß, daß dieses Lektionar
das von Jerusalem im 5. Jahrhundert ist. Das Fest der Theo-
tokos am 15. August ist das in Jerusalem nach dem Konzil von
Ephesus eingeführte. — Brou legt den 1. Teil einer größeren
Abhandlung über die Meß-Orationen der Sonntage nach
Pfingsten vor, mit Tabellen nach den Sakramentaren. Dieser
Aufsatz ist auch für den evangelischen Liturgiker von Bedeutung
— nur muß Brous eigene Korrektur S. 173 stark beachtet
und ThLZ 1951, Nr. 6, Sp. 327, Anm. 1 immerhin in
Betracht gezogen werden. — Huijben (f) verteidigt (gegen
die scharfe Kritik Oppermanns) die Zuverlässigkeit der „Vita
I. Sancti Alberti", d.i. des Diakons Adalbert aus der Schar
Willibrords, des nachmaligen Bischofs von Utrecht. — Parmen
tier beschreibt ein für die Frömmigkeit der Vorreformationszeit
interessantes Andachtsbuch (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts
), das im Besitze des Barons Raphael Gilles de Pelichy
auf Schloß Rijkevelde ist. Es gehört dem westlichen Teil der
alten Diözese Utrecht an. — Huyghebaert veröffentlicht
und bespricht unveröffentlichte Literalien zur Entstehungszeit
der „Bursfelder Reformation", die die Benediktinerinnen-
Abtei Gistel und die Benediktiner-Abtei Oostbroek (Utrecht)
betreffen. — Roets rettet die katholisch-theologische Ehre
des Libertus Fromondus (Libert Froidmont 1587—1653): er
war Nachfolger des Jansenius in der Professur zu Löwen, und
erster Herausgeber und Befürworter des „Augustinus"! —
Flasche (Bonn) zeigt, wie die „raisons du coeur" der Fragmente
277 und 278 Pascals in die von Le Maitre de Sacy vertretene
Tradition gehören („Herzerfahrung"). — Im Anhang
(„Speculum eruditionis") bringt das „Jahrbuch" zwei wichtige
Anliegen vor: 1. den sachlich gut gefüllten Aufruf zur Herstellung
eines Lexikons der Sprache Tertullians; 2. die außerordentlich
lehrreiche Besprechung der Dissertation „Mamix
als Theolog", deren Verfasser Dr. Can. W. A. Nollet (Amsterdam
1948) ist, während die Besprechung J. G. Sterck leistet.
Es geht hauptsächlich um des Mamix „Bienenkorb". — Mit
einem Namenverzeichnis („Onomasticon") schließt das „Jahrbuch
".

Bad Liebenzell Leonhard Fendt

Cheney, Sheldon: Vom mystischen Leben. Geschichte der Mystik in den
verschiedenen Zeitaltern. Wiesbaden: Limes Verlag [1949]. 459 S., 16 Tat.
8°. Geb. DM 17.80.

„Dieses Buch handelt von einigen Malern und Dichtern
und religiösen Propheten, die Gott auf dem mystischen Wege
nahegekommen sind" (S.5). Mit diesen Worten umreißt Verf.
den Inhalt semes umf angreichen Werkes, das recht anspruchsvoll
den Untertitel führt:,, Geschichte der Mystik in den verschiedenen
Zeitaltern". Dabei ist sich Verf. deutlich der Grenzen
seiner Arbeit bewußt, die nichts weiter bieten will, als „eine
allgemeine Einführung für den Durchschnittsleser" (S.8, cf.
S.454: „Elementarstudie"), eine „Brücke von völliger Unwissenheit
zu den schwierigen Werken der Spezialisten" (S.8).

So wird man von vornherein keine allzu hochgespannten
Erwartungen an diese Schrift stellen, aber selbst dann wird
man noch enttäuscht werden. Im Vorwort (S.5—12) und im
Nachwort (S. 446—453) äußert sich Verf. über das Wesen der

Mystik. Ich muß gestehen, daß ich selten etwas Oberflächlicheres
und Verworreneres gelesen habe als diese Seiten. Die Mystik
ist der „Kern des religiösen Lebens" (S.446), sie ist „das Einssein
der Seele mit allem Göttlichen" (S.446), aber zugleich
„das ruhige Gefühl seines Einsseins mit dem Ich anderer Dinge
— des Universums" (S.447), das „allumfassende Gefühl"
(S.448). Mystik ist „das Reich des geistigen Ich" (S.451), wo
sich das Ich „in der göttlichen Gegenwart" verliert (8.451),
es gibt daher eine „ekstatische Wirklichkeit der mystischen
Erfahrung" (S.7)! Diese Erfahrung besitzt in allen Religionen
eine gewisse Ähnlichkeit, weshalb auch allen eine „mystische
Philosophie" zugrundeliegt (S.7), ja jede einzelne Seele hat
diese „Philosophie", die im gleichen Atemzuge „das ekstatische
Erlebnis der Vereinigung" heißt (S.12). Uberhaupt
scheint für den Verf. die Ekstase im Gegensatz zur herrschenden
Ansicht (cf. H. Jaegen: Das mystische Gnadenleben, 19494,
S.51 u. ö.) ein wesentliches Moment zu sein, und es liegt ganz
auf dieser Linie, wenn er urteilt: „Das mystische Leben ist eine
Kette von Visionen und Wundern" (S.9)!

Aber jedes Gefühl für die Besonderheit des mystischen
Lebens fehlt völlig. Kann es doch sein, daß man „unter dem
Eindruck einer Symphonie, eines Gedichtes oder Dramas.. .
an jene Küste gespült wird" (S.450), die man sogar im Schlafe
erreichen kann (ebda.)! Daher kann Verf. auch „Poesie, Mystik
und Idealismus" zusammenstellen, weil sie alle auf der
Intuition beruhen (S.6), und die Mystik als einen ganz einfachen
und normalen Weg bezeichnen (ebda.). Dagegen verkennt
Verf. völlig die Notwendigkeit der via purgativa, und
die Bedeutung der Anfechtung wird überhaupt nicht gewürdigt
, was man aus dem abschätzigen Urteil über die hl. Theresia
und den hl. Johann v. Kreuz erkennt (S. 10).

Bei dieser erstaunlichen Unklarheit über das Wesen christlicher
Mystik wird man auch keine Aufschlüsse über die Einzelgestalten
erwarten. Verf. will überhaupt keine „Geschichte"
der Mystik bieten, er greift vielmehr wahllos und ohne inneren
Zusammenhang einige Gestalten heraus, über die er jeweils
eine kleine, recht anspruchslose und nur primitiven Bedürfnissen
genügende Abhandlung schreibt (Lao-Tse, Buddha, Py-
thagoras und Plato, Plotin, Eckhart und die Gottesfreunde,
Fra Angelico, Jacob Böhme, Bruder Lorenz, William Blake).
Für die Mystik der Väterzeit bis zur hochmittelalterlichen des
14. Jahrhunderts genügen dem Verf. etwa 30 Seiten, deren Lektüre
geradezu erheiternd wirkt. Statt vieler Worte möchte ich
nur eine Probe anführen: „Im Jahre 312 nach Christo hatte
Konstantin eine Vision und pflanzte daraufhin die christlichen
Zeichen auf die Schilde seiner Soldaten. Nachdem er in seinen
Unternehmungen erfolgreich gewesen war, erklärte er das
Christentum zur Staatsreligion. Als Kaiser hatte er im Jahre
325 den Vorsitz über das Konzil von Nicaea, eine Versammlung
von historischer Bedeutung, bei der Kirchenführer aus
Ost und West. . .den Glauben klärten und die christliche
Kirche auf ihren welterschütternden Weg brachten"(S. 193).
Daß Verf. auch nicht einen Blick in die Areopagitica getan
hat, zeigt bereits sein Urteil, daß diese Schriften „die christliche
Geschichte und Lehre" behandeln (S.198). Eckhart wird
als „Volksführer" gepriesen (S. 224), er ist der „Vater der deutschen
Theologie" (S.228), die „Quelle der mittelalterlichen
Mystik, aus der nacheinander die Führer der Reformation und
der Gegenreformation schöpften" (S.241)! Doch es verlohnt
sich wirklich nicht, hier in weitere Einzelheiten einzugehen.

Das Buch mag in Amerika seine Mission haben (ein Jahr
nach Erscheinen lag bereits die 6. Auflage vor), wir in Deutschland
besitzen eine Fülle gelehrter und gediegener populärer
Schriften zur außerchristlichen wie christlichen Mystik, so daß
wir solcher Machwerke, mögen sie an sich noch so gut gemeint
sein, nicht bedürfen.

Mainz Walther Völker

Witte, Margot: Das große Wagnis. Erinnerungen an Eva v. Tiele-Winckler.
Stuttgart: Steinkopf [1949] (Lizenzaufl. d. Verl. H. G. Wallmann, Leipzig).
211 S., 1 Tat. 8°. Hlw. DM 6.—.
Kist, Johannes, Dr.: Charitas Pirckheimer. Ein Frauenleben im Zeitalter
des Humanismus und der Reformation. Bamberg: Bamberger Verlagshaus
Meisenbach & Co. 1948. 118 S. kl. 8° = Kleine Allgemeine Schriften zur
Philosophie, Theologie und Geschichte, hrsg. v. B. Kraft. Geschichtl. Reihe
H. 2/3. Kart. DM 2.—.

Die beiden Lebensbilder der Oberin des Diakonissenhauses
Friedenshort am Anfang des 20. und der Äbtissin
von St. Clara in Nürnberg am Anfang des 16. Jahrhunderts
fordern geradezu zu einem Vergleich heraus. Fast genau
400 Jahre liegen Geburts- und Todesjahr dieser beiden
Frauen auseinander (1467—1532; 1866—1930). Beide
aus vornehmen deutschen Geschlechtern, Caritas aus dem
Nürnberger Patriziat, Mutter Eva aus dem Landadel