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Ausgabe:

1952 Nr. 4

Spalte:

211-212

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Haight, Elizabeth H.

Titel/Untertitel:

The symbolism of the house door in classical poetry 1952

Rezensent:

Herter, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 4

212

negativ gehalten, also nach dem Schema von „Alles nun, das
ihr wollt, daß euch die Leute tun, das tut ihr ihnen auch"
(Matth. 7, 12) oder nach dem von „Was du nicht willst, daß
man dir tu, das füg auch keinem anderen zu", gestaltet sei,
ankomme als vielmehr auf den Gehalt, der ihnen nach Ausweis
ihres Zusammenhanges eigne, die hierher gehörigen Aussprüche
des Lao-tze, des Confucius und des Mo-tze vor und
erklärt, daß die Maxime bei Lao-tze geistiger Selbstsucht entspringe
und jedes altruistischen Motives bar sei, daß sie bei
Confucius ethische Tiefe habe und daß sie bei Mo-tze dazu
noch religiös verwurzelt sei. Weil ganz eng mit der Gewißheit
von der Gemeinschaft mit einem persönlichen Gott verbunden
, ist die Goldene Regel des Neuen Testaments eine
Größe besonderer Art.

Die dritte Vorlesung „Der chinesische Philosoph Mo-tze"
gilt ausschließlich diesem — in den beiden ersten Vorlesungen
schon des öfteren ausführlich berücksichtigten — Denker, für
den Rowley 1926 durch eine bei R. H. Williamson in Tsi-
nanfu gehörte Vorlesung erwärmt worden ist. Da Mo-tze
merkwürdig schnell von seinen Landsleuten vergessen worden
ist und erst neuerdings wieder nach Gebühr gewürdigt zu
werden beginnt, ist von seinem Leben wenig bekannt, und
hinsichtlich seiner Schriften herrscht noch vielfach Unklarheit
über Echtheit und Unechtheit. Immerhin dürfen die
„Sieben Kapitel" und die „Analekten" doch als zuverlässige
Quelle für die Ermittlung seiner Lehre betrachtet werden.
Aus ihnen ergibt sich dann etwa, daß Mo-tze von den Menschen
eine die ganze Welt umspannende Liebesgesinnung gefordert
und sich so seitens seiner Zeitgenossen den Vorwurf, er vernachlässige
über dem Fernen das Nächstliegende, zugezogen
hat; weiter, daß er wie die alttestamentlichen Propheten den
kultischen Formen verhältnismäßig gleichgültig gegenübergestanden
und für wichtiger als sie die fromme Gesinnung erklärt
hat, die sich in Gott gehorsamer Erfüllung der alltäglichen
Pflichten bewährt. Vielleicht ist es zutiefst dieser dem
Mo-tze und den alttestamentlichen Propheten gemeinsame
Zug, der Rowley für die Verkündigung Mo-tzes empfänglich
gemacht und ihn befähigt hat, von ihm ein lebendiges und die
Gewähr der Echtheit in sich tragendes Bild zu zeichnen.

Halle/Saale Otto Eißfeldt

Haight, Elizabeth Hazeiton: The Symbolism of the House Door in Clas-

sical Poetry. New York u. Toronto: Longmans, Green & Co. 1950. XI,

158 S. 8°. Lw. t 3.—.

Haight verfolgt die Rolle der Haus- (oder Tempel-) Tür
vornehmlich bei den drei griechischen Tragikern, bei Aristo-
phanes, Plautus, Theokrit, in ausgewählten Stücken der Pfälzer
Anthologie und dann bei Catull, Horaz, Tibull, Properz und
Ovid und wirft auch noch einige Blicke auf die bildende Kunst.
Bezeichnend für die Anschauung der Verfasserin ist der Nachdruck
, mit dem sie betont, daß die Einrichtung des Szenengebäudes
im athenischen Theater nicht die Ursache, sondern
die Folge der Rolle der Tür im Drama gewesen sei: die Tür hat
für Haight in der Tat nicht eine technische, sondern eine funktionale
, ja symbolische Bedeutung als eine Art Archetypmotiv
in mannigfachen Variationen. So soll sie z. B. bei Aristophanes
die Flucht ins Reich der Phantasie, die Rückkehr des Aischylos
auf die Oberwelt und gar den — geöffneten oder verteidigten —
Zugang zum Frauentum und der häuslichen, staatlichen und
internationalen Harmonie bezeichnen. Obwohl in der Einleitung
eine allgemeine Aufklärung über den Symbolismus erfolgt
, hätte man m der Durchführung mehr differenzierende
Klarheit gewünscht, zumal da die Verfasserin mit Rücksicht
auf einen größeren Leserkreis oft zu einfacher Inhaltsangabe
übergeht und was für ihren Zweck wichtig wäre, nur eben anrührt
; zudem behandelt sie nicht nur die ausdrücklichen Erwähnungen
einer Tür samt denjenigen eines Hauses, sondern
auch jedes Drama, das eine Tür auf der Bühne voraussetzt, ja
den „Oidipus auf Kolonos" deshalb, weil ihn die unsichtbare
Tür des Todes beherrsche. Ich meine, die Tür ist in vielen
Fällen nichts weiter wie eben eine Tür; aber gewiß kann sie
auch irgendwie den Bereich repräsentieren, in den sie hineinführt
, wie man etwa von den ßaadecog dvgai, der „Hohen
Pforte", redete und Plat. Phaidr. 245 A ähnlich von den
noirpcvxai fivgai spricht. Natürlich kann die Tür auch Gefühlswert
gewinnen: das ist im einzelnen aufzuzeigen und dabei zu
scheiden, wo dieses Gefühl dem ganzen Hause gilt und wo auch
ihr selbst als Ein- oder Ausgang. Solche emotionale Bedeutung
ist besonders leicht zu erkennen, wenn die Tür, wie schon im
Gilgamesch-Epos, apostrophiert wird. Bei den Lateinern kann
sie sich bekanntlich geradezu als eine Persönlichkeit eigener
Art ausprägen (Lit. s. Burs. Jahresb. CCLV 1937 I. 78*-)-
Schließlich ist es auch durchaus möglich, daß die Tür, wie sie
eine sprachliche Metapher anbietet, auch Symbolcharakter annimmt
, aber da ist Vorsicht am Platze. Jedenfalls würde man
gerne Näheres z.B. darüber hören, warum in einer erzählenden
Sarkophagdarstellung der Geburt und Auferstehung Christi
mit der selten abgebildeten Geschichte vom ungläubigen
Thomas in der Mitte (Wilpert, Sarcofagi crist. ant. Taf.
CCXXXXIII 6) das offene Tor des Grabmals „the open door
of death as the Symbol of resurrection and of life everlasting"
bedeuten soll (S. 152), wenigstens in einer Weise, die über den
Gehalt der Szene als solcher irgendwie hinausginge, übrigens
hat das schöne Thema auch noch seine religionsgeschichtliche
und volkskundliche Seite.

Bonn Hans Herter

Karrer, Otto: Das Religiöse in der Menschheit und das Christentum.

(4.Aufl.). Frankfurt/M.: Verl. Knecht-Carolusdruckerei [1949], XVI, 311 S.
8°. Lw. DM 8.50.

Da das vorliegende Werk gegenüber der letzten Auflage unverändert
blieb, beschränken wir uns darauf, kurz auf den Wert des Buches hinzuweisen
Dieser Wert besteht in der weitherzig verstehenden Haltung gegenüber den'
außerchristlichen Religionen und in der toleranten Einstellung des katho-
lichen Verfassers dem evangelischen Christentum gegenüber. So heißt es z.B.
auf S.7 des Vorwortes: „Wer als Christ nicht nur das organisierte Christentum,
sondern auch das unbewußt Christliche, das Religiöse, Heilige in der Menschheit
überhaupt mit einiger Kenntnis überschaut, wird erst der ganzen Idee des
.Gottesreiches' inne werden, der universalen .Gemeinschaft der Erlösung',
der .Kirche' nach ihrer unsichtbaren wie nach ihrer sichtbaren Seite." Der
Verfasser wendet sich daher mit scharfen Worten gegen eine radikale Abwertung
außerchristlicher Religion, die ihm ein Zeichen von Beschränktheit
zu sein scheint: „Allerdings gibt es auch heute noch unter aufrichtig Frommen
beschränkte Geister genug, die alles Außerchristliche von vornherein als
Teufelswerk betrachten. Aber diese Beschränktheit ist nicht die Folge des
Christentums, sondern ihr so gefaßtes Christentum ist die Folge ihrer Beschränktheit
" (S. 6).

Das Buch ist in 5 Abschnitte gegliedert, in denen die Verbreitung (S. 10

— 115), die Entstehung (S. 115—148), die Entfaltung des Religiösen in der
Menschheit (S. 148—185) behandelt werden. Der vierte Abschnitt bringt eine
Vergleichung der Religionen (S.186—238), die etwas dürftig und unsystematisch
ausgefallen ist. Bemerkenswert ist dabei aber, daß der theologische
Verfasser ganz ausdrücklich die Vergleichbarkeit der Religionen einschließlich
des Christentums betont und sogar als notwendig zu erweisen sucht
(S.188). Das geschieht mit Hilfe der Idee der allgemeinen Offenbarung, von
der die Religionswissenschaft freilich nicht zu reden vermag, da historische
Religionsforschung keine Offenbarung feststellen kann, sondern nur die empirische
Tatsache universaler Struktur und sonstiger Verwandtschaften, die
religiös und theologisch als Offenbarung gedeutet werden. Das Werk schließt
mit einer theologischen Würdigung des Religiösen in der Menschheit (S.239

— 293).

Bedauerlich ist, daß der Verfasser, da er das Buch unverändert neu
erscheinen ließ, auch die religionswissenschaftliche Literatur seit 1934 unberücksichtigt
ließ.

Bonn Gustav Mensching

ALTES TESTAMENT

Stevenson, William Barron: The Poem Of Job. A Literary Study with
a New Translation. London: Oxford University Press 1947. VIII, 123S.
8° = The Schweich Lectures of the British Academy, 1943.

Stevenson, William Barron: Critical Notes on the Hebrew Text of the

Poem of Job. Aberdeen: Publ. for The Glasgow University Oriental Society
by The Aberdeen Univ. Press 1951. VIII, 170S. 8°.

Diese beiden Bücher, das von 1947 und das von 1951, gehören
zusammen. Das erste, das zwar eine auf zum Teil tief einschneidenden
Korrekturen des hebräischen Textes beruhende
neue englische Ubersetzung der Hiob-Dichtung bietet, aber —
offenbar mit Rücksicht auf einen weiteren Leserkreis — von
textkritisch-philologischer Begründung dieser Korrekturen so
gut wie ganz absieht, bedarf, wenn es ganz verstanden und zureichend
gewürdigt sein will, unbedingt der Ergänzung durch
das zweite, das die von dem ersten vorausgesetzten Änderungen
des überlieferten Hiob-Textes eingehend begründet und
dazu eine Fülle aufschlußreicher Bemerkungen über die von
den alten Ubersetzungen und von den neueren Erklärern vertretenen
Auffassungen schwieriger Stellen der Hiob-Dichtung
darbietet. Das Vorwort des Buches von 1951 stellt denn in
seinem ersten Absatz diese enge Zusammengehörigkeit der
beiden Bücher auch ausdrücklich fest und faßt da zugleich
ihren Hauptinhalt eindrucksvoll zusammen: „Diese Noten und
des Verf. Schweich-Vorlesungen ergänzen einander und bieten
dieselben Ergebnisse dar, nämlich 1. Der Hiob der im hebräischen
Hiob-Buch enthaltenen Dichtung und der Hiob der
Volkserzählung desselben Buches sind üi Charakter und Haltung
grundverschieden; 2. die H^schä'im der Dichtung, die im