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Ausgabe:

1951

Spalte:

1

Autor/Hrsg.:

Jannasch, Wilhelm

Titel/Untertitel:

- 16 Karl Barth und die Praktische Theologie Leipzig, 1951

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Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. KURT ALAND, HALLE-BERLIN

NUMMER 1 76. JAHRGANG JANUAR 1951

Spalte

Karl Barth und diePraktischeTheologie.

Von Wilhelm Jan nasch............... 1

„... Daß ihr nicht tut, was ihr wollt"

Von Paul Althaus.................... 15

Speners Wiedergeburtslehre, von Martin

Schmidt............................ 17

Barth: Auslegung von Matthäus 28, 16—20

(Jannasch).......................... 3

— Christengemeinde und Bürgergemeinde
(Jannasch).......................... 3

— Christliche Ethik (Jannasch) .......... 3

— Die lebendige Gemeinde und die freie
Onade (Jannasch).................... 3

— Gemeinschaft in der Kirche (Jannasch) 3

— Rechtfertigung und Recht. 2. Aufl.
(Jannasch).......................... 3

— Die christliche Verkündigung im heutigen
Europa (Jannasch)................... 3

Bauer: Kausalität und Schöpfung (Köhler) 50

Benz: Wittenberg und Byzanz (Delius) ... 45
[Bultmann]: Festschrift Rudolf Bultmann

zum 65. Geburtstag (Michel)............ 29

Spalte

Camfield: Reformation old and new (Karl
Barth zum 60. Geburtstag) (Schrey)..... 34

Dölger: Das Kaiserjahr der Byzantiner
(Irmscher) ........................... 43

Fries: Die Religionsphilosophie Newmans
(Hessen) ............................ 50

Guardini: Anfang. Eine Auslegung der
ersten 5 Kapitel von Augustins Bekenntnissen
(v. Loewenich).................. 44

— Deutscher Psalter (Allgeier)........... 40

Herntrich: Der Prophet Jesaja (Osterloh) 38

Krabbel: Caritas Pirckheimer. 3.u.4. Aufl.

(v. Tiling)........................... 48

Kreyssig: Gerechtigkeit für David
(Hertzberg) .......................... 40

Lexicon Athanasianum, dig. et III. G.Müller.
2.—5. Lfg. (v. Campenhausen).......... 43

Luther Deutsch. Bd. 3: Der neue Glaube.
Bd.4: Der Kampf um d.reine Lehre (Althaus) 48

Meecham: The Epistle to Diognetus

(W. A. Schmidt) ...................... 42

Spalte

Raschke: Der innere Logos im antiken und

deutschen Idealismus (Schultz)......... 51

Rickert: Von den Engeln und St. Michael

(Buhre).............................. 52

[Ritter]: Festschrift für Gerhard Ritter zu
seinem 60. Geburtstag. Hrsg. v. R. Nürnberger
(Härtung)...................... 31

Schaeffer: Ugaritica II. (Eißfeldt) ...... 34

Schneider: Einführung in die praktische

Bibelkunde (Schlunk)................. 41

Weber: Grundriß der Bibelkundc(Schlunk) 41
Weinberger: Die Wirtschaftsphilosophie

des Alten Testaments (Noth)............ 38

Wendel: Calvin (Casalis) ............... 44

Zumkeller: Das Mönchtum des heiligen
Augustinus (Altaner).................. 41

Berichte und Mitteilungen:

Gotteswort in Mari und Israel (Schmökel) 53

Theologische Dissertationen
in Maschinenschrift................. 57

Zum vorliegenden Heft ............... 63

Karl Barth und die Praktische Theologie

Von Wilhelm Jannasch, Mainz

Die Situation des Predigers auf der Kanzel hat einst
Karl Barth zu seinem theologischen Neuansatz geführt; denn
die Notwendigkeit, eben dieser Situation gerecht zu werden,
war es, die ihn die Unzulänglichkeit seiner bisherigen Theologie
erkennen ließ und die so der Anstoß zu einer Dogmatik
wurde, die kritisch auf die Verkündigung der Kirche bezogen
ist. Daß die Theologie um der Kirche willen da sei, war zwar
den Reformatoren eine volle Selbstverständlichkeit gewesen;
Schleiermacher hatte es schon nachdrücklich unterstreichen
müssen und doch nicht erreichen können, daß gerade diese
Seite seines Theologietreibens wirklich ernst genommen worden
wäre und auf die Dauer Nachfolge gefunden hätte. Wenn
nun durch die theologische Wende der zwanziger Jahre die
alte Erkenntnis — damals mit neuen Worten gesagt und darum
auf viele wie etwas völlig Neues wirkend — fast theologisches
Allgemeingut geworden zu sein scheint, so wird gerade die
Praktische Theologie, die an dieser Erkenntnis besonders interessiert
ist, neben anderen auch dem Systematiker Karl
Barth als einem der „Hauptschuldigen" besonderen Dank
wissen. Denn die Neuordnung der Theologie kam der Praktischen
Theologie in besonderer Weise zugute. Sie befreite sie
als Sonderdisziplin eines größeren Wissenschaftsbereiches aus
emer höchst unklaren und unerfreulichen Lage, insofern sie
vor dem theologischen Umschwung die einzige nun einmal unleugbar
kirchenbezogene Disziplin unter ihren Schwesterdis/.i-
pliuen gewesen war, die sich wirklich nicht darum bemühen
konnte, die volle Voraussetzungslosigkeit und reine Wissen-
sehaftlichkeit ihrer Arbeit nachzuweisen. Der theologische Historiker
, der heut einem Studenten von der Systematik abrät,
weil sie sich, etwa als Folgerung aus der ueutestamentlichen Exegese
, von selbst ergäbe, oder von der Praktischen Theologie,
weil mau sie im geistlichen Amte sich ganz von selbst aneigne,
mutet uns als atavistische Gestalt an. Weshalb? Nun, wir
sitzen — man weiß es wieder — alle im gleichen Schiff, einer
auf den anderen angewiesen, alle voneinander abhängig und
alle auf der Fahrt zum gleichen Ziele; und die Praktische
Theologie wird daher die Art, wie Barth in seiner Kirchlichen
Dogmatik (I. i g„ ^) die Aufgabenbereiche der einzelnen theologischen
Disziplinen gegeneinander abgrenzt und sie zugleich
um den einen Mittelpunkt des göttlichen Wortes herum ver-
1

sammelt, auch im Blick auf ihre eigenen Pflichten nur begrüßen
können, wobei sie freilich zugesteht und dessen eingedenk
bleibt, wie groß angesichts ihrer Sonderaufgabe gerade bei ihr
die Gefahr ist, vom harten, aber rechten Wege abzuschweifen
und sich auf „sanften Auen" zu ergehen (Barth, Römerbrief2,
S. XVI), statt in voller Verantwortung rechtschaffene theologische
Arbeit, hingewandt zu den Lebensäußerungen und
Lebensbehinderungen der christlichen Gemeinde, zu treiben
oder, wo es die Lage fordert, um der Bedrohung der Gemeinde
willen sich ernsthaftem Kampfe zu stellen. Tut sie das, dann
kann gerade sie unter ihren Schwesterdisziplinen die besondere
Aufgabe erfüllen, die anderen fortgehend daran zu erinnern,
daß eine theologische Fakultät, die sich — unbeschadet ihrer
rechtlichen Stellung! — nicht als Organ der Kirche weiß, und
eine wissenschaftliche Theologie, die ihren Dienst nicht als
kritischen Dienst an Schriftauslegung, Lehre und Leben der
Gemeinde tut, ihren Sinn verfehlt hat. Man wird also vom
Arbeitsplatz der Praktischen Theologie aus gesehen die eigentliche
Entscheidung über die Qualität emer theologischen Fakultät
nicht so sehr auf Grund der Zahl und des Wertes der von
ihr angenommenen Doktorarbeiten fällen — so wichtig sie auch
sind! —, als vielmehr der Festigkeit und Klarheit, mit der die
von ihr aus ins Amt gehende junge Theologenschaft auf die
Dauer in „der schwierigsten, der entscheidenden theologischen
Situation, der Situation, in der der Theologe in ganzer Unge-
sichertheit nur als Theologe sich bewähren muß", besteht,
nämlich in der des Mannes auf der Kanzel. Die Praktische
Theologie wird mithin dem Dogmatiker Karl Barth besonders
dankbar dafür sein, wie eindeutig eben er diese „theologische
Situation" gekennzeichnet hat, selbst da, wo er als Historiker
spricht und Geschichte der protestantischen Theologie vorträgt
(„Die protestantische Theologie im 19. Jhdt.", 1947,
S- 383). Eindrücklicher kann es — jedenfalls im Rahmen emer
geschichtlichen Darstellung — auch die Praktische Theologie
dem künftigen Prediger nicht sagen, was Predigt und Predigen
überhaupt, was der Beruf zur Predigt und die Treue im Predigen
insbesondere innerhalb der evangelischen Kirche bedeutet,
als es hier Karl Barth — unter Einschluß aller notwendigen
Vorbehalte — an dem Beispiele Schleiermachers getan hat. Er
ist selber, seit er hauptberuflich die Kanzel mit dem Katheder

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