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Ausgabe:

1951 Nr. 2

Spalte:

106-107

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Hofmeister, Philipp

Titel/Untertitel:

Die heiligen Öle in der morgen- und abendländischen Kirche 1951

Rezensent:

Spuler, Bertold

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Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 2

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beurteilt. Statt den Gegner auf seinem eigenen Felde, etwa
dem der Wissenschaft und der sozialen Reform, anzugreifen,
hat sie in Konservativismus und Ängstlichkeit verharrt. Sie
hätte von Kritikern und Feinden lernen sollen und „jedes
neue Feld der Wissenschaft im Namen Jesu Christi in Beschlag
nehmen und die Bedeutsamkeit jeder neuen Wahrheit in bezug
auf die unveränderliche Wahrheit der Offenbarung zeigen"
(S.48). Allerdings dürfte dies mehr der katholisch-apologetische
und theokratische Weg und nicht der evangelische
sein. Dem negativen Bild von der Kirche im 19. Jahrhundert
stellt der Verf. nun das positive gegenüber, einmal in der ungeheueren
missionarischen Ausbreitung des Christentums in der
ganzen Welt, die heute sogar zur Entstehimg junger selbständiger
Kirchen in den Missionsgebieten führt, und dann in der
ökumenischen Bewegung seit 1910, die auf eine auch organisatorisch
zusammengeschlossene Weltkirche hinstrebt. Die
Möglichkeiten dazu werden ausführlich erörtert. Der Verf. ist
sich darüber klar, daß diese Weltemheit der christlichen
Kirchen nicht auf der Basis einer bestehenden Kirche und
ihrer religiösen, kultischen und kulturellen Tradition aufgebaut
werden kann, sondern die ganze Struktur des Christentums
in der Welt berücksichtigen muß. Diesem Ziel könne
heute durch Milderung der Uneinigkeit der Kirchen m persönlicher
Achtung und Zuneigung gedient werden.

Aus dieser negativen und positiven Gegenwartsdiagnose
ergeben sich für den Verf. zwei unvollendete Aufgaben: 1. die
Christliche Mission au alle Welt: die Hälfte der Erdbevölkerung
hat noch nicht das Evangelium so gehört, daß sie es verstehen
kann. Ip manchen Ländern ist die Mission staatlich gehindert.

die Wiederchristianisierung des Lebens, und zwar a) in der
industrialisierten Gesellschaft, b) in der internationalen Ord-
"nn;» in bezug auf Krieg und Frieden, c) im modernen Kulturleben
, daß die Loslösung der Kultur von ihrem christlichen
Ursprung einerseits und die Lebensfremdheit der Religion
anderseits überwunden und Religion und Kultur wieder zu
einer echten Einheit gelangen. Dazu müssen Christen in allen
Gebieten der Kultur und modernen Wissenschaft wirklich zu
«ause sein. Die Aufgabe jedes Christen aber ist es, in der
Situation, in die Gott ihn gestellt hat, ganz Christ zu sein.

Ein letztes Kapitel über den Evangelismus in der modernen
Welt erörtert die Bereiche und Möglichkeiten der
kirchlichen Evangelisationsaufgabe. Die Kirche hat einmal
«ch selbst zu evangelisieren, besonders auch in der religiösen
Erziehung der Kinder im Gegensatz zur Säkularisation der
Erziehung und Auflösung der Familie. Ferner hat sie sich der
am Rande der Kirche stehenden Halbchristen anzunehmen
""d sie zur Fülle christlichen Lebens zu führen, weiterhin hat
sie sich an die zu wenden, die einer nichtchnstlichen Religion
angehören und von daher noch ein Vorurteil gegen das Evangelium
haben, und schließlich an den modernen säkularisierten
Menschen. Neben manchen ungünstigen Momenten bestehen
uir die Evangelisation doch auch folgende günstige: 1. Der
säkulare Mensch ist heute weithin verzweifelt. 2. In vielen
preisen wächst die Erkenntnis, daß das Leben eine geistige
.•r"ndlaKe haben muß, allerdings darf dies nicht im christ-
ichen Sinne überschätzt werden. 3. Der moderne Mensch
leidet an dem Mangel an Gemeinschaft. Alles dies könnte ihn
i"r Evangelium und Kirche offen werden lassen. 4. Der Krieg
nat gezeigt, daß der moderne Mensch durchaus zur absoluten
"ii?gabe und Aufopferung fähig ist, wenn auch am verkehrten
YDJ«kt. 5. Die Verbreitung der Bildung in der Welt kommt
J** Evangelium sehr zu Gute (?). 6. Die junge Generation ist
«otz aller Fehler im Ganzen docli ernstgesinnt, hochherzig
"nd edeldenkend. Sie mag kein bloß traditionelles oder gefühlvolles
christliches Reden, aber sie verlangt nach Wahrheit und
nach einer Forderung, die den ganzen Menschen beansprucht.
7. Uiristus selbst ist dabei, sich denen zu offenbaren, die der
Erlösung so bitter bedürfen.

Das Buch entspricht weithin der auf der Amsterdamer

Das Buch entspricht weithin der auf d<
weltkirchenkonferenz behandelten Problemste hing und verrät
ein echtes Verantwortungsgefühl für die kirchliche und
missionarische Aufgabe sowie einen nüchternen Tatsacnen-
siii". Es fragt sich allerdings, ob seine Betrachtungsweise nicht
zu vordergründig ist und ob hier - man achte nur aut das
Nebeneinander der letzten sechs Punkte mit dem siebenten
~ menschlicher Optimismus und Glaubeuszuversicht aut OK
Kraft Christi klar genug voneinander unterschieden sma.
Mainz Werner Wiesner

Briem, Efraim: Kommunismus und Religion in der Sowjetunion. Ein

Ideenkampf. Einzig berechtigte Übers, a. d. Schwed. von Edzar Schaper.
Basel: F. Reinhardt o. J. 434 S. 8». Lw. sfr. 18.50.

Das Buch des schwedischen Professors für theologische
Enzyklopädie Efraim Briem, der vor kurzem verstorb

zeichnet sich dadurch aus, daß es einmal ein reiches Quellenmaterial
bietet und so ein großes Gesamtbild der Vorgänge in
Rußland gibt, dann dadurch, daß es sich äußerster Sachlichkeit
befleißigt. Offenbar spricht Briem nicht aus eigener Anschauung
, sondern muß sich auf schriftliche Quellen verlassen
, doch sind diese so sorgfältig ausgewählt und oft auch
selten zugängliche Stücke dokumeutarischen^Charakters veröffentlicht
, daß ein objektiveres Bild entsteht, als wenn ein
Emigrant ein Urteil über die Vorgänge in Rußland wagt.
Vieles in der Haltung sowohl der Kirche wie des Staates in
Rußland wird nach der Lektüre dieses Buches besser verständlich
. Insgesamt wird der Leser das Buch aus der Hand
legen mit dem tröstlichen Gefühl, daß die russische Kirche heute
keineswegs verschwunden oder vernichtet ist, sondern eine
notwendige und heilsame Läuterung durchgemacht hat, wie
sie der Kirche in den angeblich so kirchenf reundlichen Ländern
des Westens sehr fehlt, wo die Restauration alter kirchen-
politischer Machtpositionen die innere Erneuerung ersetzt.
Könnte uns eine derartige Darstellung nicht darauf hinführen,
daß wir die Zeichen der Zeit recht erkennen und uns dort stark
machen, wo es dem Geist des Evangeliums entspricht und
nicht, wo wir die Stärkung unserer Macht erwarten ?

Das Nachwort eines unbekannten Autors ist von wesentlich
anderem Schlag. Es ist schade, daß dieses Nachwort die
saubere, vorurteilsfreie Einstellung des Verfassers des Hauptteils
verläßt, und es uns dadurch erschwert, aus der jüngsten
russischen Kirchengeschichte die für uns fruchtbaren Konsequenzen
zu ziehen. Zur Beurteilung der Dinge in Rußland
kann man dieses Buch geradezu für unentbehrlich halten, und
wenn es auch nicht alle Rätsel löst, so bringt es doch viel Licht
in die Sache. In einer Neuauflage könnten zwei Druckfehler
verbessert werden, die mir bei der Lektüre als störend aufgefallen
sind: auf S. 103 muß es „Katechumenen" statt
„Katechumen" und auf S. 116 ,,contradictio in adjecto" statt
,,. . . in adjectum" heißen.

Tübingen H. H. Schrey

Hofmeister, Philipp, o. s. B.: Die heiligen öle in der morgen- und

abendländischen Kirche. Eine kirchenrechtiich-llturgische Abhandlung.
Würzburg: Augustinus-Verlag 1948. 242 S. 8°= Das östliche Christentum
. Abhandl. im Auftr. d. „Arbeitsgemeinschaft der deutschen Augustinerordensprovinz
zum Studium der Ostkirche" hrsg. v. O. Wunderle. N. F.
H. 6/7. Kart. DM 17.50.

Es ist ein außerordentlich verwickeltes Gebiet mit einer
reichen kultischen Entwicklung, das sich der Verf. mit der
Beschreibung von der Herstellung, der Weihe und der Anwendung
der heiligen Ole für die Taufe, die Firmung und die
Krankenölung herausgesucht hat. Auf Grund langer und umfänglicher
Studien hat er die geschichtliche Entwicklung und
den gegenwärtigen Brauch im abendländischen (römisch-
katholischen, gelegentlich auch mozarabischeu usw.) Ritus
und in den Ost- und morgenläiidischen Kirchen (meist den
unierten) dargestellt. Hier spielen bei der Frage nach der Zusammensetzung
der heiligen Ole zahlreiche gegenseitige Beeinflussungen
eine Rolle, die in vorchristlichen heidnischen
Gebräuchen ihren Ausgang nehmen und dann zuerst in den
östlichen Kirchen Aufnahme finden, um von hier aus ins
Abendland zu gelangen. Bei den Fragen nach dem Rechte zur
Weihe der heiligen Ole und der Spendung der einzelnen Sakramente
, bei denen sie verwandt werden (ob nur durch Patriarchen
oder durch Bischöfe oder auch durch Priester und
jeweils durch welche und unter welchen Umständen) spielen
außerdem zahlreiche Erörterungen hinsichtlich der tatsächlichen
Jurisdiktion oder des Ehrenvorrangs hinein, so daß des
Verf.s Arbeit weithin eine Schilderung der morgenläiidischen
kirchenrechtlichen Verhältnisse werden mußte.

Die zahlreichen Ubersetzungen morgenländischer Kir-
chenrechtsaufzeichuungen und Rituale sowie unmittelbare
Auskünfte seitens einer ganzen Reihe östlicher Kirchenfürsten
haben es dem Verf. ermöglicht, fast das ganze weite Gebiet
auch ohne slawische und morgenländische Sprachkenntnisse
zu erfassen. Freilich hätte die Benützung unübersetzter östlicher
Literatur ihn (wie er selbst einräumt) noch da und dort
weiter bringen können. Auch verschiedene Fehlschreibungeii
östlicher Namen (am hübschesten die Verwandlung des Philo-
xenos von Mabbüg in einen Philoxenos von Marburg S.37)
hätten sich neben einer Reihe sonstiger Versehen (S.8 lies
Benedikt XIV., S.66 Dair bzw. Kloster az-Za'farän, S.70
Indult) dann leicht vermeiden lassen. Auffällig ist außerdem
die Verwendung der russischen Namensform für polnische
Städte (zahlreich z.B. S.71) in einem Buche, das im übrigen
den Jurisdiktionsstand zwischen den beiden Weltkriegen (also