Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1951 Nr. 2

Spalte:

103

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Richard, Jean

Titel/Untertitel:

Le Comté de Tripoli sous la dynastie toulousaine (1102-1187) 1951

Rezensent:

Thomsen, Peter

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

103

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 2

104

Richard, Jean: Le Comte de Tripoli sous la dynastie Toulousaine
(1102—1187). Paris: Oeuthner 1945. VIII, 94 S., 4 Ktn. 4°. Bibliotheque
Archeologique et Historique XXXIX. Fr. 700.—.

Unter den lateinischen Kreuzfahrerstaaten nimmt die
Grafschaft Tripolis eine besondere Stellung ein, weil sie von
einer südfranzösischen Dynastie begründet worden ist, während
die anderen von Nordfrankreich oder vom normannischen
Italien ausgingen. Verf. glaubt, daß die Geschichte der Grafschaft
im 12. Jahrhundert eine spezielle Behandlung erfordert,
während im 13. Jahrhundert die Eigenart völlig verschwindet.
Auch die archäologische Seite hat er mit Verweis auf das Werk
von Deschamps 1934 beiseite gelassen. Ein Literaturverzeichnis
S. III—VIII gibt die Quellen (auch die islamischen) und
sonstige Arbeiten an, deren sich der Verfasser bedient hat.
Nach einer Schilderung der geographischen Lage der Grafschaft
und der sich daraus ergebenden Folgerungen, wie Mangel
an fruchtbaren Ebenen, Notwendigkeit der Versorgung
durch den Seeverkehr und Raubzüge nach Nordosten, gibt
der Verf. eine Darstellung der verwirrenden Ereignisse in
Kampf, Sieg und Niederlagen, deren genaue Kenntnis durch
die Widersprüche oder das Schweigen der Quellen oft erschwert
ist. Auch die Beziehungen der Grafschaft zu den
christlichen Staaten des Ostens waren stark bedingt durch die
Abhängigkeit von Byzanz, Jerusalem und Antiocheia und
deren oft einander zuwiderlaufenden Bestrebungen (Kap. II).
In Kap. III beschreibt der Verf. die innere Einrichtung der
Grafschaft, die hohen Beamten (Connetable, Marschall, Kanzler
) , die hohen Offiziere des andauernd zum Kampfe gezwungenen
Heeres, sodann in Kap. IV die kirchliche Verfassung
(Bischofssitze, Klöster) sowie die Templer und Johanniter,
deren Ansprüche oft genug sich militärisch ausdrückten.
Schließlich wird die Laienwelt (Barone, Ritter, Bürger, Eingeborene
) geschildert. Dabei wird auch die Sprache nach den
spärlichen Resten bei den lateinischen Schriftstellern untersucht
. Die Karten wollen das im Text Gebotene veranschaulichen
, müssen jedoch mit manchem Fragezeichen arbeiten,
besonders bei dem Ansatz einzelner Orte, deren Festlegung
immer noch zweifelhaft bleibt. Verf. hat auf einen kleinen Ausschnitt
jener großen Zeit viel Mühe verwendet und die Quellen
fleißig und gewissenhaft zu Rate gezogen. Nützlich wäre ein
Register der Personen- und Ortsnamen gewesen. In Druck und
Ausstattung entspricht das Buch den übrigen Bänden der
Bibliotheque.

Dresden Peter Thomsen

Wühr, Wilhelm (Prof. Dr.): Die Wiedergeburt Montecassinos unter
seinem ersten Reformabt Richer von Niederaltaich 1055). Rom:

Abbazia di San Paolo fuori le mura 1948. 85 S. gr. 8°= SA aus den Studi
Gregoriani per la storia di Gregono VII e della Riforma Gregoriana III (1948)
S. 369—450.

Von Richer von Montecassino hatten wir bisher noch
keine zusammenhängende geschichtliche Schilderung. Wühr
füllt diese Lücke mit der vorliegenden Studie aus. Die Darstellung
setzt mit der bayrischen Reformbewegung ein, die in
Gotthard von Niederaltaich gipfelt und in Wilhelm von Hirsau
einen unüberhörbaren Nachklang hat. Dann handelt Wühr
über Richer als Abt des Klosters Leno in Oberitalieu und im
Hauptabschnitt über Richer als Abt von Montecassino. Zuletzt
weilt der Blick auf den Nachfolgern Richers in Montecassino
. Ein von Anton Michel in Freiburg beigesteuerter
Exkurs (S. 83t.) erweist Humbert als Verf. dreier unter Leo IX.
für Montecassino ausgestellter Bullen. — Wühr hat uns mit
einer auf Grund der primären Quellen verfaßten exakten
Arbeit beschenkt. Der Stil ist flüssig. Allenthalben zeigen sich
sowohl der gute geschichtliche Blick des Verf.s wie seine gewissenhafte
Auswertung der vorhandenen wissenschaftlichen
Literatur. Von der geschichtlichen Gestalt Richers aus, die
nicht überragend, aber doch beachtlich ist, treten hier die an
großen Ereignissen und interessanten Personen reichen Jahrzehnte
der vorhildebrandinischen Kircheugeschichte ins Blickfeld
. Der im Istituto Grafico Tiberino di Roma in Tivoli hergestellte
, schöne und korrekte Druck verdient Anerkennung.

Jena Karl Heussi

[Lützeler, Heinrich]: Der Heilige Franziskus. Die ältesten Urkunden
(übers.) (Einführung: Alois Dempf). Kempen: Thomas-Verlag 1949. 144 S.
8°. Hlw. DM 7.50.

Wie schon die von Alois Dempf verfaßte Einführung
(S.5—12) erkennen läßt, ist dies kleine, gut ausgestattete
Buch für erbauliche Zwecke moderner, mystisch gestimmter
katholischer Kreise bestimmt. Wer das getreue geschichtliche
Bild des Poverello gewinnen möchte, darf nicht zu diesem
Bändchen greifen. Der Untertitel „Die ältesten Urkunden"

trifft nur zum Teil zu. Von Franz selbst erhalten wir hier nur
das Testament, nicht den Sonnengesang, nicht die Regeln.
Aber auch Thomas von Celano kommt bezeichnenderweise
nicht zu Wort, sondern ganz überwiegend nur das jüngere
franziskanische Schrifttum.

Jena Karl Heussl

Rohbeck, Paul: Bernhard von Clairvaux. Oestalt und Idee. Warendorf:
Schnell 1949. 103 S. 8°= „Gestalt und Werk" Bd. 3, hrsg. v. Wilhelm
Grenzmann. Pp. DM 2.80.

Rohbeck bietet, ohne Anspruch auf selbständige Forschung
zu erheben, eine gute populäre Darstellung der
Geschichte und der Persönlichkeit Bernhards von Clairvaux,
besonders bestrebt, das Nebeneinander von mystischer Versenkung
und politischer Aktivität nicht als unversöhnlichen
Gegensatz, sondern als polare Spannung zu verstehen. Benutzt
sind Vacandard, von den Steinen, Gilson, Bernhart, für
die allgemeinen Zeitverhältnisse Hampe. Zu S.81 und 87: die
Synode zu Sens war 1140, nicht 1141, wie man früher annahm
. — Im Jahre 1891 zählte Janauschek 2761 Schriften
über Bernhard; wie viele mögen es jetzt sein ?

Jena Karl Heussl

Benzing, Bonifaz: BenedictUS. Vater der Mönche. Freiburg: Herder [1949].
VIII, 148 S. 8°= Zeugen Gottes, hrsg. v. Elisabeth Gräfin Vitzthum.
Pp. DM 4.20.

Benzing will keine eigentliche Biographie Benedikts geben ;
sie sei so wenig möglich wie von Maria, der Mutter Gottes oder
Joseph, dem Nährvater Jesu, oder von Petrus, dem Haupt
der Apostel (S. VII). Angesichts der Quellenlage, über die
sich B. ganz im klaren ist, wird mau das Gesagte für Benedikt
von Nursia gelten lassen, wenn die Dinge liier auch etwas
anders liegen als bei Maria und Joseph. Was Benzing bietet,
ist ein Geschichtsbild, in das mit vollem Bewußtsein vermutlich
legendarische Züge hineingewoben sind; die Dialoge des
Papstes Gregor I. werden reichlich zitiert. Der Verf. will nicht
nur der geschichtlichen Orientierung (die keineswegs vernachlässigt
wird), sondern auch dem katholischen Erbauungs-
bedürfnis dienen. Liest man das Buch so wie es gemeint ist,
so wird man in eigenartiger Weise vom Geist des alten wie des
modernen Benediktinertums berührt. Das kleine Werk bietet
eine anziehende Lektüre. Benutzt sind vor allem Salvatorelli
und Herwegen.

Jena Karl Heus»!

KONFESSIONSKUNDE

Neill, Stephen, Bishop: Christ, his Church and hisWorld. London: Eyre
and Spottiswoode 1948. 157 S. kl. 8°. Buckram 6 s.

Dies Buch des anglikanischen Bischofs verfolgt weniger
einen wissenschaftlichen als einen praktisch-kirchlichen Zweck.
Es ist aus dem Bewußtsein der kirchlichen Verantwortung für
die christliche Verkündigung und das christliche Leben in der
heutigen Welt geschrieben. In einer klaren Analyse sucht der
Verf. die gegenwärtige religiöse und kirchliche Lage in der
Welt, natürlich etwas unter dem Gesichtswinkel der anglikanischen
Kirche aus der Geistesgeschichte der letzten
100 Jahre zu entwickeln. Während noch um 1848 die Lage der
Kirche infolge der Erweckung als günstig erscheinen konnte,
steht sie seitdem unter dem immer neu vorgetragenen Angriff
des Säkularismus. ,,Die christliche Religion schwindet langsam
, aber beständig aus dem Bewußtsein der westeuropäischen
Welt." In fünf Wellen sieht der Verf. den Angriff gegen
Christentum und Kirche vorstoßen: 1. in der historisch-
kritischen Schriftforschung, die Jesus nur noch zum Symbol
für die Menschheit gelten läßt oder gar zur Bestreitung seiner
Historizität führt, 2. im Kommunismus mit seiner Bekämpfung
der Religion überhaupt, 3. in der darwinistischen Naturwissenschaft
und dem damit verbundenen wissenschaftlichen
Optimismus, 4. in Anwendung der vergleichenden Religionswissenschaft
auf das Christentum, die zum religiösen Relativismus
führte, und 5. in dem ,,gefährlichsten Angriff", der
Freudschen Psychoanalyse mit ihrer rein subjektiven Ableitung
der Religion und ihrem psychologischen Determinismus
. Man wird gegenüber dieser Auffassung der religiösen
Entwicklung allerdings fragen müssen, ob sie nicht zu oberflächlich
gesehen ist und ob dieser fünffache Angriff sich nicht
zum Teil nur gegen eine veraltete Gestalt des Christentums
gerichtet hat und nicht gegen dieses selbst und darum sogar
eine relative Berechtigung besaß. Gegenüber dem „großen Angriff
" stellt der Verf. nun die Kirche in ihrer Defensive, die er
als „langsam, ungeschickt und zum großen Teil unwirksam'