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Ausgabe:

1951 Nr. 12

Spalte:

735-736

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Montoya, Diego Ruiz de

Titel/Untertitel:

De Ignorantia 1951

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Seite 1

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735

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 12

736

nicht näher untersucht. Originalität und Bedeutung des
Gropperschen Entwurfes werden dabei leicht überschätzt.

Die zweite Hälfte des Buches, die der kirchlichen und
kirchenpolitischen Wirksamkeit Groppers bei den Religionsgesprächen
, im Erzstift Köln und im Zusammenhang mit dem
Konzil von Triest gewidmet ist, soll zeigen, wie der grundsätzliche
Standpunkt Groppers sich praktisch ausgewirkt hat.
Dabei bleibt das Verhältnis zwischen Gropper und Hermann
von Wied undeutlich, die Begegnung mit Butzer, die Zusammenarbeit
und die Auseinandersetzung mit ihm kommen
nicht zu ihrem Recht. In die Entstehung des Regensburger
Buches neues Licht zu tragen, wie er sich vornimmt, ist dem
Verf. nicht gelungen. Einige wichtige Abschnitte im Leben
Groppers werden nur gestreift, ohne daß die bisherigen Forschungsergebnisse
einwandfrei vorgebracht wären.

Uber W. van Guliks Biographie Groppers (Erl. u. Erg-
zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes), Freiburg 1906,
führt diese Arbeit weit hinaus. Sie beruht teilweise auf ur-
benutzten Archivalien und zeigt selbständiges Bemühen um
den Gegenstand, aber der Verf. ist nicht kritisch genug und
läßt seine Hauptthesen zu ungesichert stehen. Dennoch hat
die Arbeit ihren Wert, einmal durch ihre genauen bibliographischen
Angaben, zum anderen indem sie das Lebenswerk
Groppers als Vorbereitung der kirchlichen Reform hervorgehoben
und auf entscheidende Punkte in der Kontroverstheologie
jener Zeit erneut hingewiesen hat.

Münster/Westfalen R. Stuppericli

Bucer, Martin: Trait6 de 1'AmOUr du Prochain. Traduction, introduction
et notes par Henri Strohl. Paris: Presses Universitaires de France 1949.
75 S. gr. 8° = Cahiers de la Revue d'histoire et de Philosophie religieuses
publi6s par la Faculte de Theologie Protestante de l'Universite de Strasbourg
Nr. 32. fr. 150.—.

Seit den dreißiger Jahren hat H. Strohl, jetzt Ehrendekan
der Evangel.-theologischen Fakultät Straßburg, sein Interesse
für den Theologen Martin Butzer bekundet. Seine Untersuchungen
, die vor allem den Beziehungen Butzers zum Humanismus
galten, aber auch Butzers Deutung derTheologie Luthers
zum Gegenstand hatten, waren in der Revue d'histoire und
in deren Beiheften erschienen. Im Hinblick auf das Butzer-
Gedeukjahr 1951 hat Strohl wieder einen Beitrag geliefert, der
für die gegenwärtige Butzer-Arbeit in Straßburg kennzeichnend
und maßgebend geworden ist.

Es handelt sich im vorliegenden Heft um den Nachdruck
einer Schrift Butzers „Das ym selbs niemant, sonder anderen
leben soll. Und wie der Mensch da hyn kummen mög", zu
Straßburg 1523 erschienen. Der Unterschied zum Erstdruck
besteht lediglich darin, daß der deutsche Text in Antiqua statt
in Fraktur gesetzt ist und dementsprechend statt ß ein sz
gesetzt uud die Umlaute durch ae, oe und ue wiedergegeben
sind, was bei Butzer störend wirkt. Sonst wird auch der Spiegel
der einzelnen Seite genau eingehalten. Dazu liefert der Herausgeber
eine eigene französische Ubersetzung, die mit einigen
knappen Anmerkungen versehen wird. Die Einleitung ist kurz
und beschränkt sich auf das Notwendigste: die Entstehungszeit
der Schrift und den Vergleich mit der gleichzeitig verfaßten
„Summary der predig zu Weißenburg gethan", wobei diese
Schrift als die reichere bezeichnet wird. Zugleich werden die
Verbindungslinien zu Butzers späteren Anschauungen von
Gemeinde und Gemeindedienst gezogen.

Daß diese seltene Schrift wieder nachgedruckt ist, ist erfreulich
. Sie wird bei vielen Lesern vermutlich den Wunsch
wachrufen," Butzer als Theologen näher kennen zu lernen.

Münster/Westfalen R. Stupperich

Montoya, Diego Ruiz de, S. J.: De Ignorantia.(Commentario a 1.2 q. 76.)
Ed. por R. S. de Lamadridfy R. Criado, S. J. Granada: Facultad
Teolögica Granadina [1945]. 117^. gr. 8° = Del „Archivo Teolögico Grana-
dino" Vol. 8 [1945]. Pägs. 125—237.

Es handelt sich um den Kommentar zur quaestio 76 der
Prima Secundae des Thomas von Aquin, welchen der Jesuit
Ruiz de Montoya 1596—1599 in Cordoba gab. Und zwar gehört
unser Kommentar zu dem größeren Kommentarwerk des Ruiz,
welches dem Abschnitt De peccatis der Summa des Thomas
gewidmet ist (MS 489 in Salamanca). Die qu. 76 handelt de
ignorantia, d. h. über die Bedeutung der ignorantia für die Beurteilung
von Sünde und Schuld.

Wir haben hier einen Jesuiten-Kommentar zu einem Teil
der Ethik des Aquinaten, der angesichts der Dominikaner-
Kommentare sein Interesse hat. Man muß ihn dort einreihen,
wo Martin Grabmann (Festschrift für Fritz Tillmann 1949,

S. 65 und 81) auf die Wirkung des moraltheologischen Schrifttums
des Aquinaten aufmerksam macht und als ersten gedruckten
Kommentar zur Prima Secundae den des deutschen
Dominikaners Konrad Koellin nennt (Köln 1512).

Bad Liebenzell Leonhard Fendt

Franz von Sales: Auf heiligen Bergen. Worte der Seelenführung aus den
geistlichen Briefen. Ausgewählt u. übers, von Franz Zimmer. Mainz:
Matthias-Grünewald-Verlag 1946. VIII, 80 S. kl. 8°. Geb. DM 2.—.

Es ist gewiß wertvoll, die etwas unbekannten und in
ihren Quellen dem religiösen Leser etwas abliegenden Gedanken
Franz v. Sales' über die Gottesliebe nahezubringen.
Als die Haupttugend entfaltet sie sich in den Gaben und
Tugenden des Friedens, des freudigen Opfers für Gott und
die anderen, der Sanftmut, Demut und Geduld. Im innigen
Ton des Seelenführers sucht Franz die einzelne Seele für sie
zu erwärmen. Er tut dies in einer Sprache, die mit ihrer
weichen, oft allzu persönlichen Eindringlichkeit an die im
Jesuitismus geschulte Frömmigkeit erinnert. Zu bedauern ist,
daß der Herausgeber und Ubersetzer die Quelle selbst nicht
angibt und dadurch eine Aufgabe versäumt, Franz von Sales
selbst zu erschließen. Enthält doch der Traite' de l'amour de
Dieu mehr noch als seine Introduction ä la vie devote eine Fülle
dieser Gedanken. Daß die Einleitung des Herausgebers dem
Text inhaltlich durchaus nicht angepaßt erscheint, darf nebenbei
bemerkt werden, ebenso ist die Vorsicht geboten, daß wir
in ihm nicht den ganzen Franz finden, hat er doch als Gegenreformator
auch Worte und Taten gefunden, die sich schlecht
mit diesem Büchlein vereinbaren lassen.

Königswinter A. Harne 1

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Zahn-Harnack, Agnes von: Adolf von Hamack. 2., verb. Aufl. Berlin:
de Gruyter 1951. XIII, 453 S., 1 Titelb. 8°. Lw. DM 16.80.

Im Jahr 1936 erschien, damals ein politisches Wagnis des
kleinen Verlages Hans Bott in Berlin-Tempelhof, die Biographie
Adolf v. Harnacks von der Hand seiner Tochter Frau
Agnes v. Zahn-Harnack. Zum Harnack-Gedenkjahr 1951
konnte jetzt dieses Buch nach 15 Jahren erneut herauskommen
, auch diesmal ein verlegerisches Wagnis, aber mehr
in wirtschaftlicher Hinsicht. Wir wissen dem Verlag W. de
Gruyter dafür Dank, in dessen Abteilung Töpehnann einst
soviele Bücher Harnacks erschienen sind. Die neue Auflage
ist durch einen kurzen Abschnitt über Harnacks Gattin
vermehrt, im übrigen aber unverändert, jedenfalls ist mir
nicht aufgefallen, wo am Text und an den Anmerkungen Kürzungen
eingetreten wären, wie die Vorrede angibt. Fortgefallen
sind die vier Photoreproduktionen, die Harnack als
Kind, im Kreis seiner Leipziger Freunde (dies eine kleine
theologiegeschichtliche Kostbarkeit), um die Jahrhundertwende
und, besonders ergreifend, im Jahr seines Todes wiedergaben
. An ihre Stelle ist ein Titelbild ohne Jahresangabe getreten
, das etwa den 65 jährigen darstellen dürfte.

Die Verfasserin hat das Wiedererscheinen des Buches
nicht mehr erlebt, es jedoch für den Neudruck noch vollkommen
selbst vorbereitet, wie die noch von ihr stammende
Vorrede besagt. In einem Zusatz erklären ihre beiden Kinder,
daß das Erscheinen der zweiten Auflage der sehnlichste Wunsch
ihrer Mutter gewesen sei. Dürfen wir uns mit ihnen der post-
humen Erfüllung dieses Wunsches freuen ? Ist das Buch, das
1936 in einem für die damals Lebenden bösen Sinne unzeitgemäß
war, heute zeitgemäßer geworden ? Es kann nicht
zweifelhaft sein, wie die Antwort auszufallen hat und daß wir
der Verfasserin danken müssen, wenn sie um der Sache
willen ihrem Werk zu neuem Dasein verhelfen wollte. Wer dies
Lebensbild erneut auf sich wirken läßt, sieht sich alsbald davon
überzeugt, daß hier ein Mann wieder zu uns spricht, der
für die heutige Zeit die besten aufbauenden Kräfte beizusteuern
vermag. Das gilt für die ganze Breite unserer Zustände
in politischer, kultureller und religiöser Hinsicht. Denn nicht
nur ist Harnacks Persönlichkeit reich genug gewesen, um in
alle diese Gebiete hineinzuwirken: es will uns vielmehr geradezu
scheinen, als sei die eigentliche Zeit für eine Wirkung Har-
nackscher Gedanken erst jetzt gekommen. Sein Eintreten für
die Weimarer Republik gegen die Rechtsparteien, für Ebert
und Marx gegen Hindenburg muß heute in einem andern
Lichte erscheinen, als es 1925 unserm deutschen Bürgertum
sich darstellte, von 1936 ganz zu schweigen, wo man derartige