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Ausgabe:

1951 Nr. 11

Spalte:

675-677

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Festgabe, Herrn Landesbischof D. Hans Meiser zum 70. Geburtstag dargebracht 1951

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 11

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wer selbst bibliographisch tätig ist, kann ermessen, welche
Mühe und Sorgfalt in dem Buche steckt.

Die Leser dieser Zeitschrift werden sich hauptsächlich für
die Abteilung Theologie und Religionswissenschaft (S. 51—59)
interessieren. Hier werden die allgemeinen theologischen
Bibliographien sowie die Spezialbibliographien zur Bibelwissenschaft
, Kirchen- und Theologiegeschichte, zur Systematischen
Theologie, zur Liturgiewissenschaft, Missions- und
Religionswissenschaft nicht nur titelmäßig erfaßt, sondern
kurz charakterisiert. Nachdrücklich sei aber hingewiesen auf
den Abschnitt Nationale Bibliographien (S. 16—41); denn die
hier genannten, viel zu wenig bekannten Literaturverzeichnisse
(z. B. die deutschen Allgemein-Bibliographien, die Bibliographie
der Zeitschriftenaufsätze und die Bibliographie der
deutschen Hochschulschriften) können besonders dann mit
Erfolg benutzt werden, wenn Fachbibliographien fehlen.

Münster (Westf.) Erwin Steinborn

[Meiser-Festschrlft]: Festgabe Herrn Landesbischof D. Hans Meiser

zum70. Geburtstag dargebracht. München: Evang. Presseverb. f. Bayern
0. J. 156 S. gr. 8° = Veröffentlichungen aus dem Landeskirchlichen Archiv
Nürnberg. DM 3.—

Nach einem poetischen Gruß von Hch. Gürsching enthält
diese Festgabe drei Aufsätze. Zuerst Hch. Gürsching, „Der
Oberkanzler Wolf von Kotteritz und die geistlichen Güter in
den fränkischen Markgrafschaften 1560—1562". Hans von
Küstrin gehört zu den trefflichen Fürsten der Reformationszeit
. Seine weitblickenden Maßnahmen beförderten weithin
das Aufblühen und den Wohlstand seines Landes. Durch die
Heirat seiner Tochter mit dem jungen Markgrafen Georg
Friedrich von Ansbach-Bayreuth bekam er Einblick in die Verhältnisse
der fränkischen Fürstentümer. Er erkannte sofort,
daß hier eine Neugestaltung der Verwaltung Platz greifen und
besonders die Frage der Verwendung der geistlichen Güter geregelt
werden müsse. Noch bestanden ja drei Stifte und Klöster

— Ansbach, Feuchtwangen, Kloster Heilsbronn in ihrer alten
Selbständigkeit, wenn auch oft ihre Kanonikate zur Besoldung
der markgräflichen Räte dienen mußten. Den richtigen Mann
zur Lösung dieser Aufgaben sah er in dem preußischen Rat
Wolf von Kotteritz. Er bewog seinen Schwiegersohn, ihn zum
Oberkanzler zu ernennen. Es war aber ein Mißgriff. Wohl hatte
dieser großzügige Pläne entworfen, aber es fehlte ihm die Gabe,
persönliche und sachliche Schwierigkeiten zu überwinden. Er
wurde nach kurzer Wirksamkeit entlassen, er ging nach Neuburg
. Und doch war sein Wirken nicht umsonst. Er entwarf
den Plan des „evangelischen Territoriums". Um dessen Bestand
überall zu sichern, sollten die geistlichen Güter Verwendung
finden. Nicht eine Einverleibung in das Staatsgut —
die spätere Säkularisierung —, sondern nur eine allerdings vielfach
erweiterte Gestaltung des ursprünglichen Zweckes faßte
er ins Auge. Denn die Sicherung des evangelischeu Territoriums
sollte auf zweierlei Weise erfolgen. Zunächst Festigung des
Innern durch Hebung des geistlichen Standes und Beseitigung
der Notstände durch allerlei Wohlfahrtseinrichtungen, dann
aber auch im äußeren, politischen Bereich. Er faßte das Zusammengehen
der evangelischen Fürsten und ihre gemeinsame
Verteidigung ins Auge, wozu ebenfalls die geistlichen Güter
die Mittel liefern sollten. Immer wieder sind diese Gedanken
von den evangelischen Fürsten aufgegriffen worden, wenn
auch der Mann vergessen war, der sie zuerst klar ausgesprochen
hatte. Ihn der unverdienten Vergessenheit entrissen zu haben,
ist das Verdienst dieses Aufsatzes. In prägnanter Form sind
klar die entscheidenden Punkte zur Darstellung gekommen.
Besonders sei hingewiesen auf die Beilage, die das Programm
Wolfs von Kotteritz kurz aber deutlich zum Ausdruck bringt.

— Der zweite Aufsatz von Simon Matthias, „Die Entstehung
des Zentralbibelvereins in Bayern", führt in die ersten Zeiten
der bayrischen evangelisch-lutherischen Landeskirche. Die
britische Bibelgesellschaft hatte von vornherein die Ausbreitung
ihrer Tätigkeit auf die ganze Welt in Aussicht genommen
. K. Fr. A. Steinkopf wurde beauftragt, in Deutschland
für die Ziele der Gesellschaft tätig zu sein. Noch zur Zeit
des alten Deutschen Reiches trat er in Verkehr mit dem Nürnberger
Kreis von Erweckten und vor allem dem Geistlichen
Schöner an St. Lorenz. Seine Gedanken fanden freudigen
Widerhall. Man begann sofort mit der Herausgabe eines Neuen
Testamentes. Aber dabei blieb es auch. Obwohl sich verschiedene
Kaufleute unter den Nürnberger Freunden der Christentumsgesellschaft
fanden, hatte man sich um die wirtschaftliche
Fundierung sehr wenig bekümmert. Während in Erlangen und
Salzbach die Nachfrage nach Bibelteilen rege war, wurden hier
nur 5000 Stück gedruckt; es kam alles zum Stillstand. Nur ein
Exemplar dieser Ausgabe hat sich in Leipzig ausfindig machen
lassen. Doch gab Steinkopf seine Pläne nicht auf. Als Europa

wenigstens äußerlich einigermaßen zur Ruhe gekommen war,
erschien er wieder (1815) in Bayern. Er wollte das ganze Land
mit einer Reihe von Bibelvereinen überziehen, die dann wieder
eine Zusammenfassung in einer Zentrale finden sollten. Er
dachte an beide Konfessionen. Er wandte sich diesmal auch
an die leitenden Stellen in München. Aber es dauerte sieben
Jahre, bis endlich diese Pläne in der Genehmigung des Zentralbibelvereins
zu einem gewissen Abschluß kamen und in einer
Form, die doch nicht ganz seinen Wünschen entsprach. Der
Zentralbibelverein umfaßt ja nur den evangelischen Teil des
Landes; und dann war „der kgl. privilegierte Verein", die
Tätigkeit der Mitglieder, zwar der staatlichen Aufsicht, wenn
sie sich innerhalb der ihnen gesteckten Aufgabe hielten, entzogen
, aber alles in den Organismus der Landeskirche eingeordnet
. Der Verf. bietet eine Fülle von Aktenstücken mitten
in den Darlegungen. Er hat sie vollkommen zum Abdruck gebracht
mit Anrede und Schluß, nur die Schreibweise hat er
modernisiert. Bei der heutigen, wirtschaftlichen Lage immerhin
auffallend, zumal es sich doch vielfach um obrigkeitlich
vorgeschriebene Formulierungen handelt, wogegen die Beibehaltung
der alten Schreibweise wissenschaftlichen Interessen
hätte dienen können. Aber abgesehen von diesem mehr formalen
Bedenken, wäre es nicht sachdienlicher gewesen, die Beilagen
aus dem Text herauszunehmen und neben einer straffen
Darbietung als besonderen Teil zu bringen ? Allerdings scheint
der Verf. unter einem besonderen Gesichtspunkt zu arbeiten,
er will offenbar dem Praktischen, hier der Gemeinde dienen.
Aber wird man damit der Bedeutung der ganzen Angelegenheit
vollkommen gerecht ? Das rechte Verständnis gewinnt
man ja nur dann, wenn man sie als einen Ausschnitt aus dem
geistigen Ringen jener Tage in Bayern betrachtet. Darin liegt
vor allem ihre Bedeutung. Montgelas hatte zum alten Bayern
weite Gebiete von Franken und Schwaben gefügt. Aber mit
der äußeren Organisation war noch keine Ausgleichung der
verschiedenen geistigen Struktur der einzelnen Landesteile gegeben
. Im Süden der alte autoritäre Staatsgedanke, der sich
natürlich vor allem auch in kirchlichen Fragen äußerte, innere
kirchliche Fragen konnten nur von der kirchlichen Obrigkeit
geregelt werden; im Norden der Geist, der die einzelne Persönlichkeit
vor allem zu Wort und zum Handeln kommen ließ,
der auch in religiöser Hinsicht auf die Betätigung des Einzelnen
drang. Und neben dieser geistigen Verschiedenheit
welch schwere Probleme tauchten doch auf bei der Neugestaltung
des ganzen Staatswesens. Noch rang man schwer mit
der Frage, wie weit das Land an der Regierung des Landes
beteiligt sein sollte; noch mußte man alle Energie aufbieten,
um seine Position gegen die Ansprüche der katholischen Kirche
möglichst zu wahren; noch war man nicht klar, welche Stellung
dem evangelischen Teil einzuräumen sei. Darum war man
ängstlich darauf bedacht, alle ausländischen Einflüsse abzuwehren
, darum kam man der katholischen Kirche in Fragen
der Lehre — man denke an die Stellung gegen die Bibelvereine
— entgegen. Und in diese Zeit kamen nun die Anregungen eines
Mannes, der im Dienst einer auswärtigen Gesellschaft stand,
kamen Pläne, die von römischer Seite unbedingt verworfen
werden mußten. Man versteht, warum soviele Hindernisse sich
der Lösung dieser Frage in den Weg stellten, warum erst, als
durch die Verfassung, Konkordat, Protestantenedikt eine
Rechtsgrundlage geschaffen war, hier eine endgültige Vorbescheidung
und warum sie in dem oben skizzierten Sinne erfolgen
konnte und mußte. Die führenden Männer der evangelischen
Kirche in München waren sich natürlich über diese
Sachlage im klaren; ihr zögerndes Verhalten ist daraus erklärlich
, um so mehr, als sie von den provinzialen Stellen nicht
immer die nötige Unterstützung fanden; aber im Lande war
man darein nicht eingeweiht, darum mußte manche Verfügung
Unwillen und Verbitterung erregen. Der Zwiespalt in der
geistigen Struktur des Landes wurde dadurch vertieft. Allerdings
, das macht auch diese Arbeit wieder klar, es wäre
dringend nötig, daß einmal dies für den evangelischen Teil
jener Zeit nachgeholt würde. Die Arbeiten von Thomasius
setzen später ein, und, wo sie in diese Zeit hineingreifen, bedürfen
sie sehr der Nachprüfung. Er schrieb ja vielfach in der
Erinnerung an persönliches Miterleben. — Die dritte Arbeit
von Helene Burg er, „Zur Vorgeschichte des Gesangbuches
von 1854", ist die kürzeste, aber gerade für die Gegenwart
nicht unwichtigste. Die Urenkelin des Mannes, der am bayrischen
Gesangbuch 1854 entscheidenden Anteil hatte, läßt
uns hier einen aufschlußreichen Blick in die geistigen Kämpfe
tun, die dessen Erscheinen vorhergingen. Das erste bayrische
Gesangbuch 1815 sollte das Einheitsband für die verschiedenen
Gebiete werden, aus denen sich die junge bayrische Landeskirche
zusammensetzte. Aber es war sowieso schon seinem Inhalt
nach nur ein Kompromiß. Noch hingen viele Gemeinden