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Ausgabe:

1951

Spalte:

48

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Krabbel, Gerta

Titel/Untertitel:

Caritas Pirckheimer 1951

Rezensent:

Tiling, Magdalene

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kircheugeschiehtlichen Darstellung, nach der aus der Mission
des Demetrios nichts geworden sei, zeigt Benz in der Darstellung
der weiteren Schicksale des Demetrios, daß dessen
Mission nicht ganz ergebnislos war. In diesem Zusammenhang
gibt Benz einen nur in der Turcograecia des Martin Crusius abgedruckten
griechischen Brief des Demetrios an Melanchthon
(15. 10. 1559) in deutscher Übersetzung wieder. Benz macht
in seinen Ausführungen über Demetrios deutlich, welche Bedeutung
der Serbe in der Fühlungnahme der Reformatoren
mit der byzantinischen Kirche gespielt hat. Es handelt sich um
die ersten reformatorischen Versuche in Siebenbürgen, um den
Kreis um Hans von Ungnad und Trubar, der durch Übersetzung
reformatorischer Schriften ins Slowenische und Kroatische zur
Durchführung der Reformation unter den südslawischen Stämmen
beizutragen versuchte, und um die Versuche der Tübinger
Theologen, mit dem byzantinischen Patriarchen in ein theologisches
Gespräch zu kommen. In den Dokumenten aller dieser Aktionen
wird der Name des Demetrios genannt. In einem vierten
Beitrag untersucht Benz die griechische Übersetzung der Confes-
sio Augustana von 15 59, als deren Verfasser fanTitel PaulDolscius
aus Halle a 'S. bezeichnet wird. Dolscius war bei Abfassung der
Übersetzung weder Arzt noch Konsul in Halle, wie Benz (S. 96
und 365, 5) behauptet, sondern er war zu dieser Zeit Rektor
des Halleschen Gymnasiums (Dreyhaupt II, S. 607. F.A.Eckstein
: Beiträge zur Gesch. der Halleschen Schulen. Progr. d.
Lat. Hauptschule. Halle 1850). Bemerkenswert ist zunächst
die Vorrede des Dolscius, die nur der Übersetzung in der Erstausgabe
bei Joh. Oporinus in Basel 1559 vorausgeschickt ist.
Hier sieht Dolscius in der humanistischen Bildung einen unveräußerlichen
Bestand rechter Wortverkündigung und reiner
Lehre. Der Übersetzung selbst liegt weithin der Text der
ältesten Variata von 1531 zugrunde. An wichtigen Stellen ist
sie überarbeitet und erweitert, und zwar so, daß der Text mit
keiner der späteren Überarbeitungen Melauchthous übereinstimmt
, sondern für die griechische Ubersetzung sich als eine
selbständige einzigartige Neubearbeitung erweist. An einigen
Stellen ist außerdem der deutsche Text der CA. herangezogen
worden und wieder an einigen Stellen finden sich Formulierungen
im griechischen Text, die über den bearbeiteten lateinischen
und deutschen Text weit hinausgehen. Benz macht abschließend
in einer eingehenden Untersuchung deutlich, daß
nicht Dolscius, sondern Melanchthon der Verfasser der Übersetzung
der CA. sein muß.

Der fünfte Beitrag: „Caspar Peucers slawische Beziehungen
. Uber das Verhältnis der Böhmischen Brüder zur Witten-
berger Reformation", führt ebenfalls in den geistigen Bereich
Melanchthons. Caspar Peucer, der Schwiegersohn Melanchthons
, wohnte mit ihm in demselben Haus und besaß als geborener
Wende die Fähigkeit, sich mit den slawischen Gästen
Melanchthons notfalls auf Wendisch zu verständigen. Peucer
war nach Melanchthons Tod der wichtigste Verbindungsmann
in der Begegnung der Böhmischen Brüder in der Wittenberger
Fakultät.

Diese Beiträge geben eine wertvolle Ergänzung des Lebens
und Wirkens Melanchthons, die bisher in den Melanchthon -
Biographien, zuletzt bei G. Ellinger (1902) völlig unberücksichtigt
geblieben sind. Zugleich sind sie eine wichtige Vorarbeit
zu einer neuen Melanchthonbiographie. Es wäre daher
wünschenswert gewesen, wenn Benz seine früher veröffentlichten
Aufsätze zu einer solchen Darstellung verarbeitet
hätte, in der Melanchthon in seiner ökumenischen Bedeutung
noch deutlicher geworden wäre, als dies in einzelnen Beiträgen
möglich ist.

In den weiteren Aufsätzen: „Haus von U"ngnad und die
Reformation unter den Südslawen -. „Der älteste cyrillische
Druck aus Hans von Ungnads Druckerei in Urach" und als
bisher nicht veröffentlichter Beitrag: „Der Briefwechsel zwischen
Hans von Ungnad und Landgraf Pinlipp von Hessen, die
slawische Druckerei in Urach betreffend (Neue Funde zur Geschichte
der Anfänge des südslawischen reformatorischen
Schrifttums)" will Benz die ökumenische und missionarische
Bedeutung der Wittenberger Reformation in Südosteuropa
deutlich macheu. Zugleich aber sind seine Ausführungen der
Versuch, eine Reihe „Geschichtslegendeu", die die Auswirkungen
des ökumenischen und missionarisch cn Charakters der
Reformation auf dem Boden der östlich-orthodoxen Kirchen
bestreiten, richtigzustellen. Der Verf. zeigt, daß der Plan einer
slawischen Bibelübersetzung als ein ökumenisches Werk von
weitester Ausdehnung geplant war, eine Tatsache, die bisher
in der Forschung verkannt worden ist. Mit dem Gedanken der
Ausbreitung der Reformation verband sich die Idee einer Türkenmission
. Dabei wird das im 16. Jahrhundert seltene Ereignis
deutlich, daß evangelische Stände und Städte Deutschlands
sich zu gemeinsamer ökumenischer und missionarischer

Arbeit verbinden: Benz hat im Preußischen Staatsarchiv zu
Marburg unter dem Briefwechsel des Hans von Ungnad mit
dem Landgraf Philipp von Hessen, aus dem er erstmalig hierauf
bezügliche Briefe der Jahre 1561—1565 veröffentlicht,
einen Probezettel des cyrillischen Alphabets gefunden. Er würdigt
ihn in seiner Bedeutung als frühesten Druck der Ungnad-
Trubarschen Druckerei in Urach und macht ihn unter den beigefügten
Bildtafeln seines Buches zugänglich. Die übrigen
Bildtafeln zeigen das Titelblatt und r. Kapitel der griechischen
Ubersetzung der CA., glagolitische Drucke aus der Uracher
Druckerei, Bildnisse von Hans von Ungnad, Matthias Flacius,
Salomou Schweigger, deutscher Gesandtschaftsprediger in
Konstautinopel, und von seinem Vorgänger Stephan Gerlach
d. Ältere. Sehr wertvoll ist das Literaturverzeichnis, das, soweit
ich sehe, die wesentlichen Werke und Schriften, besonders
auch entlegene Werke enthält. Ein Register erleichtert die Benutzung
des Buches. Die Geschichtswissenschaft wird Benz
für die sie fördernde Erkenntnisse dankbar sein.
Einige Hinweise für eine etwaige zweite Auflage:

S. 34,37: für Jacobus ist eine einheitliche Schreibweise: Jacobus oder
.lakobus erwünscht. — Im Literaturverzeichnis ist eine genaue Angabe folgender
Werke erforderlich: J. Camerarius: De Melanchthonis ortu totius vitae
curiculo et morte . . . narratio. Jahr? — Joh. Chr. v. Dreyhaupt: Pagus Nele-
tici et Nudzici . . . oder ausführt, diplomatisch-hist. Beschr. des zum ehemaligen
Primat u. Ertz-Stift ... 2. 1755 (übrigens nicht Saalekreis sondern
Saalkreis). — Druckfehler: S. 62 Z. 9 „eingeleitet"; S. 64 Z. 20 „Detr
Satzungen".

Berlin Walter Delhis

Krabbel, Gerta, Dr.: Caritas Pirckheimer. Ein Lebensbild aus der Zeit der
Reformation. 3. 11. 4. Aufl. Münster: Aschendorff 1947. VIII, 240 S. 8°.
Kart. DM6.—.

Ein auf eingehendem Quellenstudium beruhendes, mit
liebevoller Vertiefung in die Gestalt der Caritas Pirckheimer
geschriebenes Buch. Die Verfasserin läßt weitgehend die
Quellen selbst — Briefe und Berichte der Zeit — sprechen.
Caritas Pirckheimer ist die Schwester des aus dem deutschen
Humanismus bekannten Willibald Pirckheimer, Äbtissin des
Klaren-Klosters in Nürnberg, eine der bedeutendsten Frauen-
gestalten der Reformationszeit. Der Hauptteil des Buches
schildert den tapferen Kampf der Äbtissin um die Erhaltung
des Klosters in einer Zeit, wo alle übrigen Klöster in Nürnberg
auf Verlangen des Rates aufgelöst wurden. Von größtem
Interesse für jeden kirchengeschichtlich bewanderten Leser
ist es, daß Caritas allem Drängen des Rates gegenüber, sich
der Reformation anzuschließen, immer wieder darauf hinweist,
daß sie alle in ihrem Kloster Tag und Nacht das Evangeliuni
deutsch und lateinisch läsen und daß sie allein um Jesu Christi
willen die Seligkeit zu erlangen trachten — nicht um ihrer
Werke willen. Innige Christusverbundenheit erfüllt das Herz
dieser Frau. Wenn sie allen GewaltmaBflfthmcn zum Trotz mit
ihren Schwestern ihrer Kirche und dem Klosterleben treu
bleibt, so geschieht es, weil sie einerseits warten wollen, wie
die Gesamtkirche entscheidet, andrerseits ihr Gott gegebenes
Gelübde nicht brechen wollen. Melanchthon ist es, der bei
einem Besuch in Nürnberg dem ungebührlichen Drängen des
Rats ein Ende macht und der Äbtissin versichert, daß sie auch
im Kloster selig werden könnten, sofern sie ihr Vertrauen nicht
auf ihr Gelübde setzen. — Es ist für evangelische und katholische
Christen ein nachdenkliches Buch, cfaß man nicht ohne
innere Ergriffenheit aus der Hand legt.

Berlin Mgd. von TiIing

Luther, Maitin: Der neue Glaube. — Der Kampf um die reine Lehre.

Berlin: Evau:;. Verlagsanstalt (Lizenzausgabe Leopold Klotz, Ootlia)
1949 11. 19r>0j. 280 u. 319 S. kl. 8°= Luther Deutsch. Die Werke Martin
Luthers in neuer Auswahl für die Gegenwart hrsg. v. Kurt Aland. Bd. .'1 u. 4.
HIw. DM6.80 u. DM7.—.

Die neue Luther-Ausgabe, die 1948 mit einem Bande
Tischreden begann (vgl. ThLZ 1949, Sp. 546ff.), schreitet mit
den beiden Bänden 3 und 4 rüstig voran. Der erstere stellt
unter dem Titel „Der neue Glaube" die beiden Schriften zusammen
, die Luther selber als seine besten beurteilte, den
Großen Katechismus und De servo arbitrio, diese mit dem
Titel „Vom unfreien Willen". Der Große Katechismus ist ohne
Kürzungen wiedergegeben, mit der großen Vorrede von 1530.
Die Gestaltung des Textes für den Leser der Gegenwart trifft
nach meinem Urteil im ganzen das Richtige. - Bei De servo
arbitrio hat Aland nicht die Ubersetzung von Justus Jonas
wiedergegeben oder bearbeitet, sondern eine eigene geliefert,
die der Otto Scheels in der Braunschweiger Ausgabe nahesteht
(vgl. Alands eigene Erklärungen S. 265f.), aber bei allem
Anschluß an sie noch besser deutsch ist. Diese Schrift wird