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Ausgabe:

1951

Spalte:

34

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Reformation old and new 1951

Rezensent:

Schrey, Heinz-Horst

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Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 1

gewonnen, aber erstaunlich früh liegen die Grundlagen von
Rankes Geschichtsauffassung fest. An Hand der von ihm besorgten
Ausgabe der von B. Hoeft gesammelten Rankebriefe
geht H. Herzfeld dem Verhältnis von ,.Politik und Geschichte
bei Leopold von Ranke im Zeitraum von 1848 bis
j 871" nach; der altkonservative Charakter seines Denkens und
die darin gegebene Zurückhaltung gegenüber Bismarcks Politik
kommt deutlich zum Ausdruck mit ausdrücklicher Korrektur
der hier allzu sehr harmonisierenden Auffassung von
M. Lenz. Historiographischen Charakter trägt auch der kurze
Beitrag von W. Kaegi über Burckhardt und Drwysen. Sie
haben nur im Wintersemester 1839/40 in unmittelbarer Beziehung
gestanden, als Burckhardt bei Droysen Kolleg hörte,
dessen starker Eindruck aus der heute noch erhaltenen sehr
sorgfältigen Nachschrift und aus brieflichen Äußerungen erhellt
. Die Berufung Droysens nach Kiel hat die Verbindung
gelöst, und sie ist auch später nicht wieder aufgenommen
worden, vielmehr hat sich Burckhardt durch den immer
schroffer hervortretenden politischen Charakter der Droyseu-
schen Geschichtsschreibung abgestoßen gefühlt; zu einer Auseinandersetzung
mit Droysens Historik ist es nicht gekommen.

Mit einer erneuten Untersuchung der,,Wende der deutsch"
englischen Beziehungen" greift O. Becker eine Frage auf, um
deren Beantwortung sich auch Ritter bemüht hat. Er steht
dem Grundgedanken einer deutsch-englischen Verständigung
positiver gegenüber, als es einst Ritter in der „Legende" getan
hat, hält die Möglichkeit einer Entente für durchaus gegeben
. Daß sie nicht zustande gekommen ist, legt er ausschließlich
der falschen Taktik der deutschen Diplomatie zur
Last, die stur aufs Ganze, ein Verteidigungsbündnis zwischen
England und dem Dreibund, ausging und darüber es unterließ
, die vorhandenen Ausätze zu lokal begrenzten Abkommen,
für die namentlich in Ostasien Gelegenheit war, zu pflegen.
Ich stimme Becker vollkommen zu, daß das Verfahren der
deutschen Regierung, unter der icli freilich Bülow und Holstein
für viel verhängnisvoller halte als das (S. 400 beschuldigte
) persönliche Regiment, grundfalsch war, aber es scheint
mir keineswegs so sicher, gerade auf Grund der englischen
Quellen, daß England für eine Entente größeren Ausmaßes
zu haben gewesen wäre. Die Wende der deutsch-englischen
Beziehungen vor dem zweiten Weltkrieg stellt auf Grund der
bereits reichlich vorliegenden Quellen der inzwischen leider
verstorbene R. Stadel mann unter dem Titel ,, Deutschland
und England am Vorabend des zweiten Weltkriegs" dar. Erschütternd
wird deutlich, wje sehr sich die englische Regierung
seit 1935 bemüht hat, den berechtigten Lebensinteresseu
Deutschlands entgegenzukommen und wie wenig Hitler bereit
war, irgendwelche Bindungen einzugehen, bis er sich spätestens
im Herbst 1937 entschloß, unter allen Umständen „den
Weg der Gewalt" zu gehen.

Den Abschluß bildet eine ,,historisch-politische Studie"
des Herausgebers R. Nürnberger über „Wesen und Wandel
des Föderalismus im modernen Staatsleben". Er geht aus von
Frankreich als dem für die neuere europäische Staateu-
geschichte charakteristischen geschlossenen Einheitsstaat,
demgegenüber das Deutsche Reich seit dem Spätmittelalter
die Grenzen moderner Großstaatsbildung auf föderativer
Grundlage erkennen lasse. Nur die Schweiz hat es zu einer
lebensfähigen föderativen Gestaltung gebracht, für die freilich
die Neutralitätspolitik ein Gebot der Selbsterhaltung gewesen
ist. Erst die „Supergroßinächte" der neuesten Zeit, für die
bei ihrer räumlichen Ausdehnung und in der Regel auch bei
ihrer völkischen Zusammensetzung die Form des modernen
Einheitsstaats nicht mehr genügt, haben dem Föderalismus
zu einer neuen Bedeutung verholfen. Ihre Bildung beginnt
auf dein kolonialen Boden Nordamerikas mit dem föderalistischen
Staatsbau der USA; ein Gegenstück dazu ist die lang
same Umbildung des britischen Weltreichs in ein lockeres Verhältnis
gleichberechtigter Glieder im British commonwealth
<>t nations; das letzte Beispiel gibt die föderalistische Verfassung
der UdSSR. Nürnberger schließt mit dem Ausblick
auf die Ansätze zu einer föderalistischen Weltorganisation in
unsern Tagen.

(' u'h ist L's eiu Gunter Strauß, den Schüler und Freunde
Ff «it1 1 711111 6o- Geburtstag gebunden haben. Wenn die
da 1 k trotztlem als eine Einheit wirkt, so verdankt sie
Hol. , ?,eu.<ler überall erkennbaren persönlichen oder sach-
nL?2,"""« zum Jubilar und seinen Studien der hohen
sr ! . Beitr"ge, die überall ein Stück lebendiger For-

sc Zn'kw! Wxlre,in so viek'» Festschriften mehr oder minder
^SSrSSebr^SrÜChte VOD anrterswo veröffentlichte"

Berlln-Schlachtensee' Krjtz Hartun,

Camfield, F. w., M. A., d. d.: Reformation old and new. (A Tribute to
Karl Barth) ed. London: Lutterworth Press [1947]. 220 S. 8°. Lw. 18 s.
Diese Sammlung von theologischen Aufsätzen ist eine
Festgabe zu Karl Barths 60. Geburtstag. Wie das Vorwort
sagt, stammen die Beiträge von Verfassern aus verschiedenen
kirchlichen Gruppen, die es ablehnen, sich als „Barthianer"
bezeichnen zu lassen; sie sind sich dagegen bewußt, von Barths
theologischer Lehre Anregung und Bereicherung empfangen
zu haben und sie sind der Ansicht, daß seine Theologie nur
dazu beitragen kann, der Kirche Klarheit zu schenken bei
ihrer Aufgabe, das ewige Evangelium der Welt zu predigen.

Der Band zerfällt in zwei Teile, deren erster, 100 Seiten
umfassend, die Entwicklung und den gegenwärtigen Stand
der Theologie Barths darstellt. Der Herausgeber faßt in drei
Kapiteln den Inhalt der bisher erschienenen Bände der Bardischen
Dogmatik zusammen und zollt ihr das höchstmögliche
Lob. „Gott erklärt, daß er selbst die Wahrheit und die Gerechtigkeit
für den Menschen ist. Die Theologie kann diese
Erklärung nur in Begriffen deuten, die unserem Verstehen
zugänglich sind. Es kann bezweifelt werden, ob dies je mit
größerer Gründlichkeit und Konsequenz getan wurde als im
Werk Karl Barths" (100). Die Autoren der theologischen Aufsätze
sind sich darin einig, daß das Anliegen der Reformation
der Rückgang auf die Quelle der Kirche, das Wort Gottes war
und daß dieser Ausgangspunkt auch heute allein für die Erneuerung
der Kirche maßgebend sein kann. G. Hendry weist
darauf hin, daß die Kirche heute eine theologische Auslegung
der Bibel weitgehend Karl Barth verdankt, von dessen Römerbrief
, aber auch seiner weiteren exegetischen Arbeit man als
von einer „rediscovery of the Bible" sprechen darf. D.T. Jen-
kins betont, daß Barth die Theologie aus einem falschen, ge-
lneindefernen Akademismus herausgerissen und ihr ihre eigentliche
Aufgabe, nämlich die Erbauung der Gemeinde im wesen-
haften Sinn zurückgegeben hat. W. A. Whitehouse versucht
in seinein Beitrag The State and Divine Law eine Neuinterpretation
dessen, was mit „Naturrecht" gemeint ist; es
gibt eine positive Beziehung der politischen Gerechtigkeit zur
Erlösungsordnung, weil Christus das Haupt ist, durch das der
Vater alle Dinge regiert. Im ganzen ist der Band ein erfreuliches
Zeichen dafür, daß die Stimme Barths auch in der englischen
Theologie gehört wird und sich dort neben der ungebrochenen
Herrschaft des katholisierendeiiKircheuverständ-
tiisses und der natürlichen Theologie doch das Anliegen der
Reformation und einer Theologie des Wortes als Bausteinen
einer ökumenischen Theologie durchzusetzen beginnt.

Tübingen H. H. Sclirey

ALTES TESTAMENT

Schacffer, Claude l-'.-A.: Ugaritica II. Nouvelles etudes relatives aux
decouvertes de Ras Sliamra. Paris: Oeuthner 1949. XV, 320 S. m. 131 Abb.,
45 Tat. 4°— Institut Francall d' Archeologie de Beyrouth. Bibliotheque
archcologique et liistorique. Tome XL.V1I. Mission de Ras Sliamra Tome V.
Hlw. ffr. 3000.—.

Dieses prächtig ausgestattete und außer den 45 Tafeln
noch 131, großenteils ganzseitige, vorzüglich ausgeführte Zeichnungen
aufweisende Werk zerfällt in die folgenden vier Kapitel
: I (S. 1—48) Die goldene Schüssel und die goldene Schale
aus Ras Schamra. Neue Materialien zum Studium der syrischen
Kunst des 2. Jahrtausends v. Chr.; II (S. 49—120) Träger
von Halsringen (torques); III (S. 121—130) Die große Stele
des Ba'al mit dem Blitz aus Ras Schamra; IV (S. 131—302)
Korpus der Keramik von Ras Schamra. Erster Teil. Unter Mitarbeit
von Georges dienet. Sach- und Namen-Indices (S. 303
bis 308), Listen der Textzeichnuugeu (S. 309—314) und der
Tafel-Abbildungen (S. 315—318) und Inhaltsverzeichnis (S. 319
bis 320) beschließen den Band und erleichtern die Auswertung
des in seinen vier Kapiteln ausgebreiteten reichen Materials.

Von diesen vier Kapiteln ist das vierte, die Katalogisierung
einer stattlichen Anzahl von Keramik-Gegenständen aus
der obersten Schicht von Ras Schamra einschließlich von
Min et el-Beda (Ugarit Recent 1600—1200 v. Chr.) mit ihren
Unterteilen e (1600—1450), 2 (1450—1365) und 3 (1365—1200),
aus der zweitobersten (Ugarit Moyen 2100—1600) mit ihren
Unterteilen 1 (2100—1900), 2 (1900—1750) und 3 (1750—1600)
sowie aus dem dritten und letzten Unterteil (2300—2100) der
drittobersteu Schicht (Ugarit Ancien) rein archäologischer
Art, während die drei anderen neben archäologisch-kuust-
historischer und prähistorischer Betrachtungsweise auch reli-
gionsgeschichtlichen Überlegungen ansehnlichen Raum gewähren
. So ist es im Hinblick auf die Aufgabe der ThLZ he-