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Ausgabe:

1951 Nr. 8

Spalte:

480

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Jacobs, Paul

Titel/Untertitel:

Reformierte Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen 1951

Rezensent:

Albertz, Martin

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479

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 8

480

zu wünschen, daß sie bei einer Neuauflage wieder eingefügt werden 1 Ich nenne
den Wüstenprediger, den Spaziergänger, einen der beiden Sterndeuter (der aufrecht
stehende bildet den ersten Durchbruch von der Horizontalen zur Vertikalen
in Barlachs Plastik), endlich das Ehrenmal in der Nikolaikirche zu Kiel,
mit der Unterschrift: Min Hart blött vor Gram, awers Du gifst mi Kraft
1914—1918. Eine große Eichenholztafel mit dem Relief der trauernd ihr
Antlitz verhüllenden, aber die Hände zum Gebet hochreißenden Mutter, auf
deren Herz sieben Schwerter zielen; sie ist schlichten Beschauern besonders
eindringlich erschienen. Ich bedaure ihr Fehlen um so mehr, als sie von den
öffentlichen Werken das einzige ist, das durch Kriegseinwirkung vernichtet ist.
— Die Bemerkung bei dem Ehrenmal im Dom zu Güstrow, der großen schwebenden
Bronzegestalt: „Zerstört", kann nachträglich berichtigt werden; das
Original wurde auf Nazibefehl verschrottet, ein gleichzeitig hergestellter Zweitguß
aber ist erhalten geblieben und wird hoffentlich bald wieder den Platz einnehmen
, für den der Künstler dies Werk geschaffen hat. (Verschiedene Abbildungen
sind entbehrlich, so je ein Modell vom Kieler Geistkämpfer und vom
Hamburger Mal.)

Bei den drei Klinkerfiguren am Außenfrieß der Katharinenkirche zu
Lübeck und bei dem Ehrenmal im Dom zu Magdeburg vermißt man ein Lagebild
: Barlach hat seine öffentlichen Werke stets in den Raum hineingeschaffen
und ehrfürchtig die Forderung der Architektur gehört; für das Magdeburger
Mal hat er zudem ausführlich die Komposition begründet, als der Kampf
darum ausgebrochen war (das „Wunder des gotischen Bogens schließt die Wirklichkeit
aus und fordert das Gleichnis"). Für dieses Mal und für das an der
Innenalster zu Hamburg fehlen bei den Abbildungen die Größenangaben.
Endlich bedaure ich, daß der Verlag sich fast durchweg (drei Ausnahmen) auf
Photos beschränkt hat, die er im eigenen Archiv und dem des Barlachhauses
zu Güstrow vorfand. Er hat sich dadurch manche bessere Aufnahme entgehen
lassen und mehrfach Gips gezeigt, wo das Original mehr gewesen wäre.

Diese einschränkenden Bemerkungen sollen den herzlichen
Dank an den Verlag nicht verkürzen, daß er uns den
Lebensbericht dieser seltenen Doppelnatur wieder vorgelegt
hat. Die Erstauflage begrüßte Karl Schettler (1928) mit den
Worten: „Das Buch unterscheidet sich von dem meisten
dessen, was heute geschrieben wird, dadurch, daß kein Wort
literarisch klingt. Alles stammt unmittelbar aus dem wahren
Gefühl und aus einer Vernunft, die schwerer Lebensträume
Herr geworden ist. Wenn das meiste von dem, was heute Bedeutung
hat, längst vergessen ist, wird Barlachs Selbsterzähltes
Leben noch da sein".

Berlin Johannes Schwartzkopff

Kuhn, Rudolf Erwin: Würzburger Madonnen des Barock und Rokoko.

Aschaffenburg: Pattloch 1949. 227 S., 52 Abb. auf Taf., 1 Plan. gr. 8'.
Lw. DM 16.—.

Der Titel dieses Bandes sagt nicht eindeutig, um was es hier
eigentlich geht. K. handelt ausschließlich über die steinernen
Madonnenstatuen von den Hausfassaden der fränkischen Barockstadt
, die es nirgends in Deutschland sonst so zahlreich
und schön gab. „Gab" —, denn am 16. März 1945, Würzburgs
Schreckenstag, fielen sehr viele dieser lieblichen und so volksnahen
Madonnen dem Bombenkrieg zum Opfer. Manche dieser
Statuen hat der Verf., ein Schüler Gerstenbergs, mit eigenen
Händen den Trümmern der Stadt wieder entrissen und auf
Grund der von ihm in früheren Jahren gemachten Aufnahme n
wiederherstellen können. Anderes blieb verloren. So ist es ein
großes Verdienst des Verf.'s, daß er durch die Veröffentlichung
Beiries Bildcrmaterials das vielfach Zerstörte und Beschädigte
der Forschung erhält. Er bemüht sich, das Material mit den
Mitteln der Stilkritik unter die Hauptmeister der Würzburger
Barockplastik und ihre Werkstätten aufzuteilen. Das sind vor
allem die verschiedenen Auveras, Johann Peter Wagner u. a.
In einem zweiten Teil werden die Madonnentypen systematisch
behandelt: „Herzogin von Franken", „Unbefleckte Empfängnis
", „Himmelfahrtsmadonna" usw. Fleißig hat K. alles zusammengetragen
, leider ist das Deutsch seiner Darstellung
recht unzureichend. Ein Beispiel verdient wegen seines unfreiwilligen
Humors zitiert zu werden: „Maria ist hier (d. h. bei
Bossi) nicht mehr die wissende, reife Frau Jacob Auveras,
sondern ein wildes, lebensfrohes Mädchen . . .".

Wenn man das alte Würzburg kannte, und jetzt den Abbildungsteil
unseres Buches mit den zahlreichen Madonnen-
aufuahmen durchblättert, wird einem deutlich, daß diese
Würzburger Hausmadonnen eine Isolierung im Bilde, d. h.
eine Darstellung ohne ihre Umgebung, eigentlich nicht vertragen
. Zur richtigen Entfaltung ihres Wesens kommen sie
erst im Zusammenhang mit dem Ganzen einer Hausfassade,
eines Straßenzuges oder einer Straßenecke. Dieses einzigartige
Ensemble in Würzburg ist nun dahin und kann durch kopierte
oder restaurierte Einzelfiguren nie wieder hergestellt oder ersetzt
werden. Das Buch K.s, so verdienstlich die Materialveröffentlichung
für die Eiuzelforschung sein mag, reißt
schmerzhaft tiefe Wunden auf, die der unselige Krieg auch der
deutschen Kunst geschlagen hat.

Berlin HansMöhle

KIRCHENKUNDE

Jacobs, Paul: Reformierte Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen
in deutscher Übersetzung In Verbindung mit Wilhelm Boudriot,
Klugkist Hesse, Wilhelm Kolfhaus und Ernst Pfisterer bearb. u. hrsg. Neu-
klrchen/Krs. Moers: Buchhandlg. d. Erziehungsvereins [1949J. 304 S. gr. 8°.
DM 12.50.

Es war eine bedeutsame Tat, als 1938 Wilhelm Niesei mit
anderen Mitarbeitern im Auftrage des Reformierten Bundes
und des reformierten Konventes der Bekenntnissynode der
Deutschen Evangelischen Kirche die „Bekenntnisschriften
und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten
Kirche" herausgab. Gegenüber der für Deutschland grundlegenden
Sammlung der „Bekenntnisschriften der reformierten
Kirche" von E. F. Karl Müller, Leipzig, 1903, bestand der
Fortschritt dieser Ausgabe in einem Doppelten. Einmal wurden
zu den Lehrentscheidungen des 16. Jahrhunderts im Auftrage
des reformierten Konvents der Bekenntnissynode die
Düsseldorfer und die doppelten Barmer Thesen als jetzt gültige
Lehrentscheidung mit berücksichtigt. Andererseits fügte die
neue Ausgabe unter dem Gesichtspunkt, daß auch die Ordnung
bekenntnisbestimmt ist, die wichtigsten reformierten Kirchenordnungen
bei: Die Urform der diseipline ecclesiastique von
l559 (während man für die ausführliche Ausgabe von 1666
weiter angewiesen bleibt auf Ernst Mengin, Das Recht der
französisch-reformierten Kirche in Preußen, Berlin, 1929), die
Kirchenordnungen von Genf 1561, der Kurpfalz 1563 und
von Jülich-Berg 1671 sowie die Synodalentsclieidungen von
Emden 1571 und Herborn 1586.

Von vornherein war von dem Reformierten Bund die Notwendigkeit
eingesehen, daß für die Ältesten der Gemeinden
sowie für die Fastoren, denen die nötigen Sprachkenntnisse
fehlen, von den wesentlichen Stücken eine Übersetzung dargeboten
werden möchte. Bei ihr konnten gegenüber der Ausgabe
von Niesei alle Stücke wegfallen, die dort in deutscher
Sprache dargeboten sind: die Kirchenordnung der Kurpfalz
von 1563 mit dem Heidelberger Katechismus, die Niederrheinische
Kirchenordnung und die wenigen modernen Stücke.
Alles übrige ist in der Ausgabe von Jacobs in einer sachgemäßen
Ubersetzung dargeboten. Schon 1942 war das Manu
skript fertig. Es ist dann in den Kriegsläuften, wie Jacobs Vorwort
mitteilt, im Original wie in Duplikaten fast ganz verlorengegangen
. Wer weiß, wie schmerzlich es ist, eine zerstörte Arbeit
noch einmal machen zu müssen, wird es den Verfassern
danken, wenn sie sich der Mühe noch einmal unterzogen haben.
Das Buch wird auch unmittelbar brauchbar für wissenschaftliche
Zwecke durch Register über Bibelstellen, Namen und
Begriffe.

Pfisterer legt den Genfer Katechismus von 1542 und die
Genfer Kirchenordnung von 1561 vor mit zwei Ergänzungen,
die über die Nieseische Ausgäbe hinausgehen, fünf Gebeten,
von denen drei auch in dem von mir gemeinsam mit Krnst
Wolff herausgegebenen Kirchenbuch S. 274, 309, 278 deutsch
veröffentlicht sind, ferner das Konfirmationsformular von
I553/I562- das Niesei in der „Evangelischen Theologie" Jahrgang
1934/35. S. 297ff. herausgegeben hat und das gleichfalls
im Kirchenbuch S. 405—407 abgedruckt ist. Boudriot übersetzt
die coufession de foi und die diseipline ecclesiastique, die
er schon bei Niesei bearbeitet hat. Kolfhaus tritt an die Stelle
des im Kriege gebliebenen Theodor Hesse bei der Übersetzung
des schottischen Bekenntnisses von 1560 und fügt seiner Übersetzung
die sog. confes.sio negativa von 1581 bei, eine scharfe
Ablehnung der päpstlichen Bemühungen um Gegenreformation
in Schottland, die von Jolin Craig verfaßt und von der
schottischen Generalsynode aufgenommen worden ist. Weiter
erscheinen als Ubersetzer die Herausgeber bei der Nieselschen
Ausgabe: Boudriot für das niederländische Bekenntnis von
1561 und die Herborner Generalsynode von 1586, Klugkist
Hesse für die Emdener Beschlüsse von 1571, während das
zweite helvetische Bekenntnis, das bei Niesei von Walter Her-
renbrück bearbeitet ist, von dem Herausgeber selbst verdolmetscht
wurde.

Berlin-Spandau M.Albertz