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Ausgabe:

1951 Nr. 6

Spalte:

351-352

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Stegemann, Karl

Titel/Untertitel:

Die Zukunft der Menschheit 1951

Rezensent:

Strathmann, Hermann

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Seite 1

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351

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 6

352

Knopf, Rudolf, Lietzmann, Hans,u. HeinrichWeinel:Einführung in

das Neue Testament. Bibelkunde des Neuen Testaments. Geschichte und
Religion des Urchristentums. 5. Aufl. Berlin: Töpelmann 1949. XVI, 444 S.
gr. 8° = Sammlung Töpelmann. Theologie im Abriß Bd. 2. Geb. DM 12.—.
Daß die 5. Auflage dieses Handbuchs nötig wurde, spricht
für seine anerkannte Brauchbarkeit als Einführung in das
Gesamtgebiet der neutestamentlichen Forschung. Um den
Studenten dies Lehrbuch, das im Buchhandel vergriffen war,
schnell wieder zugänglich zu machen, hat der Verlag dankenswerterweise
diese 5. Auflage als Neudruck der 4. Auflage herausgebracht
. Rein äußerlich unterscheidet sich diese Neuauflage
dadurch von den frühereu, daß sie nicht mehr in Fraktur-,
sondern Antiquadruck erscheint. Im ganzen ist dieser Neudruck
aufgelockerter, so daß bei gleichem Text der Umfang
des Buches von 408 Seiten auf 444 Seiten gewachsen ist. Im
Sachregister am Schluß des Bandes und bei den gelegentlichen
Verweisungen ist diese Änderung der Seiteuzahl berücksichtigt,
auch sonst ist das Register vervollständigt worden. Darüber
hinaus ist der Text der gleiche geblieben bis auf einige Änderungen
in der Angabe neuerer Auflagen zitierter Bücher, z. B.
S. 308 Feine, Theologie, 7i936> statt Theologie, 5i93i; oder
auf S. 430 Lietzmann, Geschichte der alten Kirche, 2i937,
statt 1932. Dieser unveränderte Neudruck ist eine Notlösung,
für die eben die dem Verlag dankbar sein werden, die den
„Knopf" in ihrer Bücherei nur ungern vermissen. Aber es bleibt
auch eine Notlösung mit den ihr anhaftenden Mängeln. Und
wie wird die Neuauflage aussehen ? Wird es möglich sein, dies
bewährte Handbuch derart umzuarbeiten, daß es dem heutigen
Stand der Wissenschaft entspricht, ohne daß ein Bruch durch
das Ganze geht zwischen dem ursprünglichen „Knopf" und
den eingearbeiteten neuen Teilen ? Wieweit wird die Neubearbeitung
ein völlig neuer Wurf sein müssen ? Was bleibt
dann von dem einstigen Buch ? Diese Fragen werden ausgesprochen
, gerade weil es sich um ein Lehrbuch handelt, das
wir nicht aus der Handbücherei unserer Studenten schwinden
sehen möchten.

Jena Herbert Preisker

Stegemann, Karl: Die Zukunft der Menschheit. Allgemeinverständliche
Auslegung der Offenbarung des Johannes. Mücke/Hessen: Brunnen-
Verlag 1949. 268 S. 8°. DM4.80.

Die Geschichte der Auslegung der Apokalypse ist eine Leidensgeschichte.
Sie ist durch dieses Buch um einen Beitrag vermehrt worden.

Gewiß, der Verf. ist ganz erfüllt von der inneren Größe dieses einzigartigen
Buches und von dem Eifer des echten Predigers, seine Hörer (oder
Leser) den tiefen Bußernst und die triumphierende Heilszuversicht nacherleben
zu lassen, mit denen der urchristliche Seher seinen Blick über die Zukunft
der Menschheit schweifen läßt. Er tut das in dem zwanglosen Ton etwa
der Bibelstunde, der es erlaubt, biblisch-theologische Bemerkungen, Erinnerungen
des modernen Predigers an allerlei Erlebnisse und aus seiner Lektüre,
Betrachtungen über Erscheinungen der heutigen Zeitgeschichte und predigtähnliche
Partien mit eingefügten Gesangbuchversen aufeinander folgen zu
lassen; der es auch erlaubt, an einzelnen, den Verf. besonders interessierenden
Punkten länger zu verweilen, anderes dagegen nur flüchtig zu berühren, dem
es eben auf eine methodisch durchgeführte, wissenschaftlich fundierte und gedanklich
durchgeklärte Auslegung gar nicht ankommt. Zu einem wirklichen
Verständnis des Buches wird der Leser überhaupt nicht angeleitet
. Der formale Aufbau ist damit noch keineswegs klargemacht, daß
man auf die sieben Siegel, Posaunen und Schalen hinweist (S. 10). Über seinen
in hohem Grade künstlerischen Charakter, über die religionsgeschichtlichen Zusammenhänge
, in denen es steht, über die Herkunft der Motive erhält der Leser
keinerlei Andeutung. Im Gegensatz zu den verschiedenen anderen versuchten
Auslegungsmethoden will der Verf. die „reichsgeschichtliche" Auslegung
Auberlens erneuern. Aber was er darunter versteht, bleibt unklar. Denn er
verliert sich weithin in kirchen- und weltgeschichtliche Deutungen, wozu ihm
seine immer wieder betonte Theorie über die frei zu deutende prophetische
Bildersprache jede erwünschte Freiheit gibt. So handelt es sich bei der 1. Posaune
um die Völkerwanderung (S. 94), bei der 2. um den Islam, bei der 3. um
den Rationalismus, bei der 4. um den Atheismus der französischen Revolution,
bei der 5. um die industrielle Vermassung der materialistischen Zeit. — Die
Weiberhaare der Heuschrecken in 9, 8 deuten auf den Pazifismus hin, ihre
Krönchen auf den Individualismus, ihre Menschengesichter auf die Phrasen des
Humanismus (S. 104). Das alles ist auf die französische Revolution zu beziehen
. Diese Plagen dauern fünf Monate, d. h. in der „prophetischen Bildersprache
" 150 Jahre, also bis 1939, wo sich die widergöttlichen Dämonien der
Heuschrecken in die Panzerwaffen des zweiten Weltkrieges verwandeln
(S. 105f.). — Die Weissagung vom Verschlingen des satanischen Verfolgungsstroms
durch den Mund der Erde 12, 16 ist in der Schlacht von Tours und
Poitiers 732 erfüllt, in der die Franken den Arabersturm zum Stehen brachten.
Von dort sind nach 12, 14 3'/2 Zeiten = 42 Monate = 1260 prophetische
Tage - Jahre zu rechnen bis zur Offenbarung des Antichristen, die also Ende
unseres Jahrunderts zu erwarten ist. Noch in diesem Jahrhundert erwartet
der Verf. den Anbruch des Tausendjährigen Reiches. — Zu 13, 3: „Das an sich

tierische Staatsgebilde" empfing durch Errichtung des christlichen Frankenreiches
eine tödliche Wunde, deren Heilung aber mit der französischen Revolution
einsetzt. — Zu 11,6: Die beiden Propheten sind das AT und NT. „Wo
man diesen beiden Zeugen den Mund verschließen will, wie es in der römischen
Kirche geschah, als man die Bibelgesellschaften für eine Pest erklärte, da verschließt
sich der Himmel. Es fällt weder Tau noch Regen". Siehe die erstorbenen
Kirchen in den romanischen Ländern. — Zu 11, 13: Die 7000 Ertöteten
sind die Vertreter der kritischen Bibelforschung (S. 116). — Der Mond,
auf dem das Weib 12, 1 steht, ist die von Gott gesetzte sittlich-religiöse Welt-
und Lebensordnung (S. 119). — Die große Babel Kap. 17 ist die künftige
„Weltwirtschaftsvereinigung" (S. 180). — Sapienti sat. Der große Heroldsruf
der Apokalypse: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt — aber: Siehe ich
mache alles neu" kommt bei dieser Auslegung, die sich doch wieder um geschichtliche
Einzelidentifikationcn bemüht und sich gerade dadurch das echte
Verständnis verschließt, nie zu ihrem Recht. Aber der Fall ist hoffnungslos.
Ich habe mich bemüht, in einer kleinen Arbeit „Was soll die Offenbarung des
Johannes im Neuen Testament?" (3. Aufl. Gütersloh 1947) den Weg zu zeigen.
Umsonst. Die Leidensgeschichte der „Offenbarung" wird ihren Fortgang
nehmen.

Erlangen H. Strathmann

Stüven, Heinrich: Die Lehrgedichte Jesu, übersetzt und in ihrer poetischen
Urform wieder hergestellt. Eilenburg, Schloßberg 13: Selbstverlag
1949/50. I.TeiI:55S. II. Teil: 50 S. 4°.

„Jesus war ein Dichter und wußte es", das ist die Hauptthese dieses
Buches. Jesu Lehrgedichte sind in einer langen Reihe von Jahren entstanden.
In den synoptischen Sprüchen und Reden wird der schriftliche, poetische Nachlaß
Jesu gesehen. Die einzelnen Gedichte werden nach Sinnzeilen in Übersetzung
abgedruckt. Seinen eigenen Standpunkt nennt der Verf. eine Theologie
der Wahrhaftigkeit. Alles Eschatologische gilt ihm als sekundär und tertiär.
Die Zwei-Quellen-Theorie wird abgelehnt. Die psychologisierende Gesamt-
haltung wird etwa daran deutlich, daß in Matth. 5, 5 das Land der Seele und
in 10, 26 die Seele als Höchstwert gefunden und das Vaterunser als Gebet der
Seele gekennzeichnet wird. So bietet der Verf. die Herrenworte des Matthäus
unter den Gesichtspunkten: vom hohen Lied der wachen Seele 5—7, vom
Reich (im wesentlichen die Gleichnisse) und von den Rufen (Jubelruf, Heilandsruf
, Weheruf). Es folgen die Sprüche aus Markus unter dem Gesichtspunkt
von Saat und Ernte im Reich Gottes und eine Fülle von zusammenhanglosen
Anhängen. Lukas bietet nach ihm „Bilder zur Lehre Jesu von der Seele und
von dem Reich".

Daß die Sprüche Jesu poetische Form tragen, ist nicht erst eine Erfindung
des Verf.s, hat vielmehr insbesondere die formengeschichtliche Forschung
immer wieder hervorgehoben. Die Hauptthese des Verf.s ist aber doch anfechtbar
, weil sie die Bewußtheit der Poesie stark behauptet und das dichterische
Selbstbewußtsein Jesu aus den Analogien moderner Dichter deutlich zu machen
versucht. Die Verwerfung aller Eschatologie ist historisch ganz anfechtbar, die
Umfälschung in das Seelische feiert insbesondere bei der Auslegung der Bergpredigt
Triumphe (Makarios = Seelenhaft!). Bei der gehobenen Prosa der
Gleichnisse und Beispielserzählungen übertreibt der Verf. auch nach Seiten
der Poetisierung. Die Zusammenordnung der Lieder und Sprüche bei Matthäus
ist sachlich irreführend. Bei Markus und Lukas ist der Verf. in seinem eigenen
Unternehmen noch mehr gescheitert, was darin sichtbar wird, daß er fast die
Hälfte der Sprüche in Anhänge verweist. Auf die aramäische Grundlage der
Sprüche geht der Verf. nicht ein. Ein wirklicher Nachweis der poetischen Gestalt
der Herrenworte ist aber nur möglich, wenn ihre aramäische Urgestalt,
soweit es unsere Kenntnis erlaubt, wieder hergestellt wird.

Berlin-Spandau m. Albertz

KIRCHENGESCHICHTE: PROLEGOMENA

UND ALLGEMEINES
Stadelmann, Rudolf (Hrsg.): Große Geschichtsdenker. Ein Zyklus

Tübinger Vorlesungen v. Karl August Fink, Romano Guardini, Otto Herding,
Gerhard Krüger, Walter F. Otto, Karl Schmid, Rudolf Stadelmann, Theodor
Steinbüchel, Josef Vogt, Wilhelm Weischedel. Tübingen u. Stuttgart:
R. Wunderlich 1949. 248 S. 8°. HIw. DM 11.50.

Eine im Winter 1946/47 in der Tübinger Universität gehaltene
Vortragsreihe erscheint hier in Buchform. Sehr gedankenreich
und fein ist der an der Spitze stehende Vortrag
von Walter F.Otto über Herodot undThukydides; er öffnet
dem Leser tiefe Einblicke in das alte Griechentum, seine Geschichtsschreibung
vornehmlich, aber auch seine Mythenbildung
und deren Wert für das geschichtliche Denken. Ein
geradezu erschütterndes Bild von der Geschichtsschreibung
des Tacitus mit ihrer düsteren Grundstimmung und ihrer
völlig unbezwungenen Problematik zeichnet Joseph Vogt, mit
weit ausholender, auf Tacitus hinführender Vorgeschichte. Es
folgt ein guter und selbständiger Aufsatz von Otto Herding
über Augustin. Die vier nächsten Vorträge führen uns in den
Bereich italienischer Denker: Romano Guardini spricht
über das Geschichtsbewußtsein Dantes, Karl August Fink