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Ausgabe:

1951 Nr. 6

Spalte:

349-350

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Jeremias, Joachim

Titel/Untertitel:

Hat die Urkirche die Kindertaufe geübt? 1951

Rezensent:

Oepke, Albrecht

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Seite 1

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349

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 6

350

tumsdämonen" „hieben (S. ,07) - es sei denn, daß man den Terminus »J^Ä^cÄ SS* üSSSASS

„Dämon" in einem ganz verwaschenen Sinn gebrauchen W.Ü Wann * das Theoh ras(um _00 v.££S«<S Frau und Kinder, im Notfall die
Feuer ais Untier mit männlicher ^«^knift -n^sehen werde S. .2, den Säug.ing mitnimmt, so deutet das auf ein

,09f.) - gewisse etruskische Legenden besagen das doch sicher nicht (P ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Heidentum aus geseneni die Kindertaufe

Esl'a'nn nicht ausbleiben, daß mancher manches in dem Buche vermissen recht gut vorstehen Kann. V^My^«*-* ^^{^^

wird, auch recht Bekanntes wie z. B. das günstige Reiheromen II. X 274ff Inwiefern diese schlagenden ^«^^^TnlS-l. sein, sie

das durch Kaihm. fr. 43,62 Pf. neue Beleuchtung erfahren hat (vgl. jetzt noch sollen, vermag ich nicht ^^^^^f p %rag -„wieweit das

das Hipponaxschohon K. Latte, Philologus XCVII 1948, 38f.). Vor allem wäre zugunsten moderner Erwägungen ^^"*°d^^Sk-tl

j —" j „„„ j„ v<-rf über ein ge Christentum von diesem „Aberglauben' (gab es den Dei uer ri™»«

das Ganze noch v el re chha tiger geworden, wenn der Vert. UDer cmuse ~> 7V_ , TT „iKc* „.cfiihrlirh nacheeeangen.

, . „.,.. . / ~ ... „,„,,„„ nonkmnler ausgieb g n cht ?) abrücken mußte, bin ich bereits selbst ausfunrncn nacngct,»"^"-

schmuckende Bildbeigaben hinaus die archäologischen Denkmäler du»i,i«"b , t-iy**=i

herangezogen hätte, vor allem die vielen Amulette mit Inschriften, die den Für die Kinder übertretender Familien ist der latr^rana

damit verbundenen Glauben doch mit besonderer Unmittelbarkeit aus- restlos klar. Schwieriger liegt die Frage für che Hl cnristncny

sprechen (z. B. solche gegen Krankheiten, s. zuletzt S. Eitrem, Harv. Theol. Ehe geborenen Kinder. Auch hier beweisen zwar die Pams"'

Rev. XLIII 1950 173ff) sehen und inscliriftlichen Zeugnisse für die Zeit von etwa

Aber auch so erhalten wir einen weiten Überblick über 85 n.Chr. ab eindeutig die ÖWJr g^«*«*f *

einen nicht zu vernachlässigenden Bezirk des antiken Lebens. ganzen Kirche. Wie aber stand es uder a esten Zeit ^ i-ur die

der sein Interesse für sich hat. aber auch dazu einlädt, dieBe- Beantwortung dieser Frage geht Verf. ^^^^gj

Ziehungen zum modernen Folklore unter Beachtung aller lytentaufe aus. Diese wurde, wie

nötigen Reserven zu kläre». Freuen wir uns also des Gebotenen mssen, auch eine Inschrift in ^%l^fSt^^S^

und hoffen, daß noch viele fleißige Hände zu seiner Vernich- an in Heiligkeit geborenen K11 den 1 icht: ^ol^

rung und Durchdringung beitragfn werden! fö^ÄuÄ^l-nl^ l^e^oViÄ

Bonn Hans Herte auch behauptet hat, nicht beweisen, daß in Korinth die

Kindertaufe ganz unbekannt war. Vom Prosely teil recht aus

IM IT TT IT C T I? ?T AMVNT argumentierend setzt aber Paulus voraus, daß die ,,in Heilig-
LVILU&d 1 ILdl/LLVllLn l d h jetzt. .n christlicher Ehe geborenen Kinder um 54

in Korinth, d. h. wohl in allen seinen Gemeinden, nicht getauft
Jeremias, Joachim, Prof. d. Dr.: Hat die Urkirche die Kindertaufe ge- waren. Die von mir an der Hand der patriotischen Exegese
übt? 2., völlig neu bearb. Aufl. Güttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1949. früher eingehend begründete Deutung der Stelle auf die Misch-
49 S. m. Abb. gr. 8». Kart, dm 2.50. ehenkinder lehnt T. ab mit Berufung auf einen Machtspruch
Bis vor einem Vierteljahrhundert war es ein Axiom histo- Schlatters, wonach ein „ihr" bei Paulus sich immer aufdie
risch-kritischer Forschung, daß die Kindertaufe eine super- Gemeinde als Ganzes bezöge. In der Regel ist das richtig. Ent-
stitiöse Erfindung des 2. Jahrhunderts sei. Diese communis scheidend ist aber der Zusammenhang. In 1. Kor. 6, 7 ist
opinio ist wohl zuerst von Johannes Leipoldt, unter seinem Ein- hoffentlich, in Rom. 14, 1 ist sichtlich nur ein Teil der Beifuß
dann auch bald von dem Verf. der vorliegenden Schrift, meinde angeredet. In 1. Kor. 7, 14 sind es gerade wenn J.
dem Unterzeichneten u. a. in Frage gestellt worden. Joachim recht hat, nur die Eltern, die seit ihrer Bekehrung Kinder beJeremias
griff 1938 mit einer ausführlicheren Schrift ,,Hat die kommen haben. Wieviele mögen das 111 einer Gemeinde von
älteste Christenheit die Kindertaufe geübt? "in die Diskussion höchstens ein paar hundert Seelen bei erst drei- bis Vierern
. Das Gespräch ist nicht mehr zur Ruhe gekommen. Seit- jährigem Bestände (über die Chronologie wollen wir niciit
dem Karl Barth 1943 die „kirchliche" (?) Lehre von der Taufe rechten) sein ? Jedenfalls nur ein kleiner Bruchteil. Der jetzt
proklamierte und dabei die Kindertaufe als unbiblisch, eine gestrichene Absatz auf S. 23L der ersten Auflage scheint mir
Wunde unserer Kirche bezeichnete ist der Gegenstand voll- voll in Kraft zu bleiben. Nur die dort gegebene Losung ist
ends aktuell geworden. Die Schrift von Jeremias, mit das Ge- nicht überzeugend. Dann liegt es aber dem Zusammenhange
haltvollste der einschlägigen Literatur, liegt nun in zweiter, nach näher, an die Mischehenkinder zu denken deren (nicht
auf den neuesten Stand der Diskussion gebrachter, vor allein einmal völlig feststehendes!) Nichtgetauftsein für die allge-
durchrabbinisches und inschriftliches Material vermehrter und meine Sitte nichts beweist. Paulus ist hier nicht einfach nach
teilweise stark umgearbeiteter Auflage vor. Der schon in der dem proselytenrecht zu deuten. Die Taufe hat für ihn eine
ersten Auflage überzeugend erbrachte Nachweis, daß die Ur- Heilsbedeutung, wie sie die Proselytentaufe nicht hat und un-
kirche bereit! die Säuglingstaufe geübt hat, ist so noch erheb- möglich haben kann. Durch christliche Familienbeziehungen
lieh verstärkt worden. Die Arbeit beschränkt sich bewußt ist das persönliche Heil eben nicht gesichert (v. 16). Es ist aber
auf die historische Fragestellung, und es ist ihr besonderes noch alles in Fluß.

Verdienst, zunächst einmal über die von Barth fast ostentativ Die Bedeutung der Frage schrumpft stark zusammen, da
vernachlässigten oder dilettantisch verzeichneten geschieht- auch j den Taufaufschub für christlich geborene Kinder und
liehen Tatbestände volle Klarheit geschaffen zu haben. das Unterbleiben der Taufe mit Rücksicht auf das Säuglings-
Die christliche Taufe ist als Missionstaufe selbstverstand- alter bestimmt ablehnt und weiterhin zu der Annahme ge-
Uch zunächst Erwachsenentaufe und als solche in ihrem Voll- (lrängt wirtj daß der Wendepunkt schon vor 70 erreicht war.
zug auf Erwachsene eingestellt. Das gleiche gilt aber von der Die Begründung dieser These aus Mk. 10, 13—16 Par. ist der
jüdischen Proselytentaufe, deren vorchristlicher Ursprung am stärksten umgearbeitete Teil des Buches, was auf eine ge-
durch neues Material gesichert wird und mit der die christ- wjSM Unsicherheit deuten könnte. Manche bedenkliche Thesen
liehe Taufe genetisch zusammenhängt. Und doch wird die yon früher (mg naidtov = als Kind) sind gefallen, die Forschun-
erstere, wie ebenfalls an der Hand neuen Materials unwider- Cullmanns über die traditionelle Tauffrage nach einem
leglich dargetan wird, beim Ubertritt ganzer Familien auch an „Hindernis" sind eingearbeitet. Nicht alles scheint mir hier,
Kindern, sogar Säuglingen, vollzogen. Danach sind bis auf unbeschadet meiner Zustimmung zum Ergebnis, so eindeutig,
weiteres die Aussagen des Neuen Testamentes über die Taufen wie VerI es ansieht, z. B. die Verknüpfung der Kindersegnung
ganzer „Häuser" zu beurteilen, um so mehr, als schon im imt dem Versöhnungstag und die daraus gezogenen Folge-
Alten Testament die Oikosformeln vor allem auf die Kinder rungen. Aber wie auch imnier — die Taufe auch von Christendeuten
. Die dauernd sich mehrenden Zeugnisse der Kirchen- hindern reicht zweifellos in das apostolische Zeitalter zurück,
väter für die Knidertaufe führen bis ins Jahr 69/70 zurück. Die aite Kirchengeschichte hat für Taufaufschub bei Kindern
Katakombeninschriften, jetzt in Text und Faksimile abge- sowohl wie bei Erwachsenen aus den ersten beiden Jahrhun-
druckt, bezeugen seit dem Anfang des 3. Jahrhunderts Not- Herten keinerlei Beleg und weiß nichts von zweierlei Christen,
taufen an Kleinkindern selbst heidnischer Eltem, ohne etwas getauften und ungetauften. Wie anders ist es im Judentum!
von einer Neuerung anzudeuten. Hiernach ist die Beweiskette ^ ^ ^ Barth zu reden, bei der Kindertaufe der
tur die Taufe von Kindern beim Ubertritt der Eltern gc alulere Partner" zum Schaden der Sache ausgeschlossen?
schlössen. Rechtverstanden keineswegs! Das führt jedoch auf tiefere
Eine leise Differenz zwischen dem Verf. und mir glaube ich ouren Fragen die auf archäologischem Wege nicht mehr entschieden
Präzisierung meiner Auffassung beseitigen zu können. Wenn ich auch1 Meli - werden kö,men Hier muß biblisch-theologisch und systema-
nistische Analogien heranzog, so wollte ich die einzigartige genetische und uDe weitergearbeitet werden Aber das eindrucksvollste Ar-
ragende sachliche Bedeutung der Proselytentaufe nicht bestreiten, vielmehr nur ument der Kindertaufgegner, die Kindertaufe sei ein Abfall
die allgemein antike Familiensolidarität und die Einschätzung des Kindes, apostolischen Christentum, verliert nach den überragend
speziell in religiösem Zusammenhang, illustrieren. J. erwähnt das alles ja auch, sachkundigen und klaren Ausführungen unseres Verf.s jede
nur ohne Belege (S. 23. 28. 20). Daß die Antike auf das spätere Christentum Berechtigung und sollte nicht mehr vorgebracht werden,
auch im aufklärerischen Sinne gewirkt hat (S. 35: Gregor von Nazianzl), ist . • Albrecht Oepke
mir bekannt. Das macht es aber noch nicht notwendig, alle in die entgegen- Leipzig