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Ausgabe:

1951 Nr. 5

Spalte:

311-316

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Schneider, Reinhold

Titel/Untertitel:

Der Dichter vor der heraufziehenden Zeit 1951

Rezensent:

Knevels, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 5

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im Sinne jener Gesetzesgerechtigkeit hergestellt wäre und an
die nur geglaubt werden müßte. Sondern im Glauben geschieht
diese Gerechtigkeit. Und zwar im doppelten Sinn,
nämlich sowohl insofern Gott seine Gerechtigkeit am Menschen
erweist, wie auch insofern der Mensch Gott gerecht wird.
Darum kann Paulus sagen, daß Gott seine Gerechtigkeit erweist
, indem er die Sünde vergibt". Allein am Gotteswort,
diesem einzigen Schatz der Kirche, hängt es, daß die Liturgie
zum Bekenntnis und zur Antwort der Hörenden und auch zur
Anbetung wird, statt zum Mittel ästhetisch - religiöser Erbauung
zu dienen, wie daß die Sakramente das werden, was
sie für den Christen einzig und allein sein dürfen, nämlich Verkündigung
und Empfangen des Wortes Gottes. „Solange es
besonderer Bemühung bedarf, Liturgie und Sakrament zu
beleben, ist unwiderleglich klar, daß der Kirche das Wort
fehlt, mit dem sie steht und fällt."

Ein merkwürdiges Buch, das ich mit gemischten Empfindungen
aus der Hand gelegt habe!

Tübingen O. Wehrung

Küchenhoff, Günter: Naturrecht und Christentum. Düsseldorf: Ba-
stion-Verlag [1948]. 136 S. 8». Kart. DM 3.80.

Diese kleine Schrift gibt einen guten Uberblick über die
römisch-katholische Lehre vom Naturrecht. Das Naturrecht
wird definiert als „ein Recht, welches unabhängig von Zeiten
und Völkern, unabhängig von den kulturellen, wirtschaftlichen
Besonderheiten einer Epoche gilt" (S. 5). „Die Frage nach dem
Naturrecht ist im Grunde die Frage nach dem Wesen des
Rechtes" (S. 5). Es folgt zunächst eine Kritik der positivistischen
Rechtslehre (Recht und Macht) und der historistischen
Rechtslehre (Savigny). Dann versucht der Verf. eine systematische
Begründung des Naturrechts zu geben (Auseinandersetzung
mit dem Neukantianismus). Das Naturrecht wird abgeleitet
aus einer theologischen Anthropologie. „Naturrecht
ist das von Gott mit Schaffung der Menschennatur gegebene
Recht" (S. 47). Konkrete Folgerungen. Erstens: „Recht aus
der Existenz des Menschen" (Ablehnung der Abtreibung, der
Euthanasie, der Sterilisation, naturrechtliche Begründung des
Eigentums). Zweitens: Recht aus der Gemeinschaft des Menschen
(Eherecht, Familienrecht, Eltern- und Kindesrechte).
Der zweite Teil des Buches behandelt das sog. „Liebesrecht".
Es wird definiert als ein „gesteigertes" oder „getauftes"
Naturrecht (S. 86). Praktisch denkt der Verf. dabei nur an den
Einfluß, der vom christlichen Liebesgedanken auf Rechtsinhalt
und Rechtsprechung ausgeht. „Durch das Christentum wird
das Naturrecht an sich entwickelt, wie die Menschennatur
durch das Christentum in ihrem gesamten Seinsgehalt entfaltet
wird". „Es erfährt eine Hinaufsteigerung über seinen
ursprünglichen naturhaften Gehalt hinaus (S. 51). Schwierig
ist offenbar, auch für einen Katholiken, die Frage, wo bei
diesem sog. „Liebesrecht" die Grenze zwischen Rechtsforderung
und Liebespflichten verläuft. Konkrete Folgerungen.
Erstens mit Bezug auf Person- und Familienrecht (im wesentlichen
dasselbe wie beim ungetauften Naturrecht). Zweitens
im Recht der Gemeinschaften (Mitbestimmungsrecht der
Arbeiter an der Betriebsführung und am Betriebsgewinn;
Unterordnung der Eigentumsrechte unter die sozialen Verpflichtungen
, demgemäß eine neue Interpretation des Eigentumsbegriff
es bei sozialischen und Bodenreformfragen (S. 121),
Selbstverwaltung der Verbände). Drittens im öffentlichen
Recht. Hier geht es dem Verf. um die Uberwindung der Omni-
potenz des Staates (Kritik am Hegeischen Staatsbegriff) und
um eine Zuständigkeitsabgrenzung der staatlichen Macht
gegenüber Kirche und Kultur.

Mainz Friedrich Deiekat

LITERATURGESCHICHTE

Schneider, Reinhold: Der Dichter vor der heraufziehenden Zeit. Freiburg
: Herder 1947. 31 S. kl. 8». DM 1.20.

— Der Mensch vor dem Gericht der Geschichte. Baden-Baden: Hans

Bühler jr. 1946. 46 S. 8°. DM 1.20.

— Macht und Gnade. Gestalten, Bilder und Werte in der Geschichte. Wiesbaden
: Insel-Verlag 1946. 330 S. 8'. DM8.50.

— Die Stunde des helligen Franz von Assisi. 2. Aufl. Heideiberg: f. h.

Kerle 1946. 102 S. 8». DM 2.50.

— Vom Tun der Wahrheit. [Nikolaus von Flüe, Ignatius von Loyola, Franz
von Sales.] München: Schnell & Steiner [1948]. 95 S. 8«. Pp. DM 3.60.

— Theresia von Spanien. München: Schnell & Steiner [1946]. 62 S. kl. 8°.
Pp. DM 2.20.

— Gedenkwort zum 20. Juli. Frelburg/Br.: Herder 1947. 28 s. kl. 8».

DM —.80.

Schneider, Reinhold: Gedanken des Friedens. Gesammelte kleine

Schriften. Freiburg/Br.: Herder 1946. VIII, 152 S. 8». DM3.25.

— Weltreich und Gottesreich. Drei Vorträge. München: Schnell & Steiner
[1946J. 143 S. kl. 8". DM4.50.

— Von der Streitmacht des Gebetes. Die Rückkehr zum Rosenkranz. München
: Schnell & Steiner [1946]. 12 S. kl. 8». DM —.20.

— Die Kirche in der Geschichte. Berlin: Christophorus-Verlag [1947], 16 s.
16». DM —.40.

— Das Unzerstörbare. Berlin: Christophorus-Verlag [1947]. 15 S. 10".
DM —.40.

— Die Verwaltung der Macht. Berlin: Christophorus-Verlag [1947]. 16 S.
16». DM —.40.

— Im Antlitz der Not. Bonn: Verlag d.Borromäus-Vereins [1947]. 36 S. 16*.
DM —.60.

— Macht des Geistes. Bonn: Verlag des Borromäus-Vereins [1946]. 21 S.
kl. 8». DM —.70.

— Die neue Ehre. Bonn: Verlag des Borromäus-Vereins [1946]. 24 S. kl. 8».
DM —.70.

— Sein Reich. Bonn: Verlag des Borromäus-Vereins [1946]. 16 S. kl. 8«.
DM —.60.

— Über den Selbstmord. Baden-Baden: Hans Bühler jun. 1947. 40 S. 8».
DM 1.20.

— Und Petrus Stieg aus dem Schiffe. Baden-Baden: Hans Bühler jun.

1946. 143 S. 8». Pp. DM4.80.

— Der Priester im Kirchenjahr der Zeit. Von einem Laien. Freiburg:

Caritasverlag 1946. 147 S. kl. 8°. DM3.90.

— Die Heimkehr des deutschen Geistes. Das Bild Christi in der deutschen
Philosophie des 19. Jahrhunderts. Heidelberg: F. H. Kerle 1946. 63 S. 8".
DM 1.50.

— do.: Baden-Baden: Bühler 1946. 83 S. DM 1.50.

— Der Dichter VOr der Geschichte. Hölderlin / Novalis. 2. Aufl. Heidelberg
: F. H. Kerle 1946. 68 S. 8». DM 1.80.

— Der Mensch und das Leid in der griechischen Tragödie. München:

Schnell & Steiner [1947]. 32 S. kl. 8». Kart. DM 1.80.

— FaUStS Rettung. Berlin: Suhrkamp [1946J. 31 S. kl. 8» = Beiträge zur
Humanität. DM 1.80.

— Macht und Gewissen in Shakespeares Tragödie. Berlin: Suhrkamp

1947. 46 S. 8» = Beiträge zur Humanität. DM2.—.

— Schwermut und Zuversicht. Lenau/Eichendorff. Heidelberg: F. H. Kerle

1948. 81 S. Kart. DM 2.50.

_ Kleists Ende. München: Karl Alber 1946. 32 S. 8». DM 2.—.

_ Erworbenes Erbe. Zum Gedächtnis der Droste. München: Karl Alber

1948. 24 S. 8». Kart. DM 2.—.

— LessingS Drama. München: Karl Alber 1948. 27 S. 8°. DM 1.80.

Die größte Bedeutung hat Reinhold Schneider als Dichter
, aber als Dichter von höchster ethischer Bestimmtheit
und stärkster Kraft der Verkündigung, als Dichter, der in
das Geschehen der Gegenwart eingreift und den Menschen eine
Botschaft bringt. Durch seine Worte, die einen zugleich prophetischen
und seelsorgerlichen Zug hatten, war er in der Zeit
des Nationalsozialismus ein „Helfer Ungezählter inmitten der
Barbarei", wie das Doktordiplom mit Recht sagt. In einer
Zeit, in der „die Geschichte offenbar aus den Ufern getreten"
und das „Menschenantlitz bis zur Unkenntlichkeit entstellt"
war, durfte er die Stimme der „Wahrheit" sein und von der
„letzten Freiheit" sprechen. In Gedichten und in Betrachtungen
(von letzteren mehrere gesammelt in: „Und Petrus
stieg aus dem Schiffe") sprach er unvergeßliche Worte. Viele,
zu denen ich selbst gehörte, warteten sehnsüchtig auf jede
Äußerung von Reinhold Schneider, und ich habe oft die freudige
Bewegtheit gespürt, die durch die Mengen Kirchenbesucher
ging, wenn ich begann, ihnen ein neues Gedicht von
Reinhold Schneider vorzulesen, zur Sinngebung und Zielsetzung
, zur Stärkung und zum Trost. Reinhold Schneider
hat sein Werk nach dem Umbruch fortgesetzt. Vor allem in der
ersten Zeit half er vielen einen Standpunkt zu gewinnen und
Wege zu weisen, etwa im Sinne seiner Worte „An die Jugend"
(u. a. in: „Das Unzerstörbare"), die allerdings auch erkennen
lassen, daß er den jetzt aufgebrochenen Fragen nicht recht
gewachsen ist und zu einfache Lösungen, mau möchte fast
sagen: Formeln bringt: „Der Väter Schuld will Euern Schritt
beschweren. Verzehret sie zu immer höh'rer Glut! In Schmach
und Elend liegt unsterblich Gut, Und einzig Gottes Ehre wird
Euch ehren. Tief in Euch selbst kann sich die Welt bekehren.
Entscheidet Euch zum Tod vor Trug und Blut! Und heiligt
Euch! Es ist kein höh'rer Mut, Als Christi Leben in der Zeit
begehren. Beschützt die Dinge alle! Schaut die Welt mit
gläub'ger Liebe reinen Augen an: Ein tausendfältig Leben
wird Euch lohnen. Den Geist löscht nie! Die größte Gnade
fällt auf Unbefleckte zwischen Schuld und Wahn: Aus tiefem
Dunkel leuchten Eure Kronen".

Zur Aufgabe des Künstlers sagt Reinhold Schneider, das
Gesagte selbst restlos erfüllend, (in: „Der Dichter vor der her-