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Ausgabe:

1951

Spalte:

298-299

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Gregorius van Nyssa, Oratio catechetica 1951

Rezensent:

Völker, Walther

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L'ÜT

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 5

298

und Literaturkenntnis, bietet aber keine nennenswerten Forschungsresultate
.

Der umfängliche Erste Teil: „Die Person des Klemens und
sein Werk, der Pädagogus" (S. 11—50) steht mit dem Anliegen
de:; Verf.s nur hl sehr losem Zusammenhang und stellt unter
Anführung vieler Zitate wie umständlicher Gedankeuführung
fest, daß Clemens ein hochgeschätzter Lehrer gewesen sei, der
wahrscheinlich die Priesterwürde besessen und ausgedehnte
Reisen unternommen habe. Weitere Einzelheiten seines
Lebensganges wie z. B. sein Geburtsort seien dagegen unbekannt
(S. 27). Diese Erkenntnisse hat man seit jeher aus
Strom. 111, if. und Eusebius h. e. VI 11, 6 u. 14, 9 herausgelesen
. Recht spitzfindig und überflüssig muten mich die Erörterungen
auf S. 29ff. an, die dartun sollen, daß Clemens die
Abfassung des Didaskalos überhaupt nie geplant habe. Auf
die Beweisführung will ich hier im Einzelnen nicht eingehen,
aber selbst wenn Verf. recht hätte, so sehe ich nicht ein, wozu
dieser Aufwand von Gelehrsamkeit dienen soll. Jedenfalls hat
Clemens diesen Didaskalos nicht geschrieben, und um den
Paedagogus zu verstehen, ist es überhaupt unnötig, sich mit
diesem imaginären Werke so ausführlich zu beschäftigen.

Der Zweite Teil wird mit einer breiten Untersuchung über
die Quellen des Clemens eröffnet (S. 51— 84). Mit nicht zu
überbietender Langatmigkeit soll zunächst bewiesen werden,
daß die heiligen Schriften inspiriert seien (S. 53—64). Hier
hätte wirklich ein Hinweis auf Prot. 87, 1 f. und Strom. VII
95, 3 sowie auf Tollintons sorgsame Darlegung (besonders II,
S- 193) genügt, zumal diese Tatsache allgemein anerkannt ist.
Nützlicher ist schon der Nachweis, daß Clemens die Profanschriftsteller
nicht unbesehen ausgeschrieben, sondern belangreiche
Änderungen bei der Wiedergabe vorgenommen habe
(besonders S. 76ff.), wenngleich auch hier manches hätte viel
straffer gefaßt werden können.

Erst auf S. 86 beginnt Verf. mit der Behandlung seines
eigentlichen Themas — der zweite Abschnitt des Zweiten
Teiles (S. 85—147) ist hinsichtlich seiner Überschrift identisch
mit dem Buchtitel, was allein schon den Fehler im Aufbau
zeigt. Die Tendenz des Verf.s, das christliche Element in der
Lebenshaltung des Clemens herauszuarbeiten (S. 4, 8 u. ö.),
verdient volle Zustimmung, aber die Art ihrer Durchführung
gibt zu vielen Beanstandungen Anlaß. Begnügt sich doch Verf.
weithin mit dem bloßen Aneinanderreihen von zahlreichen
Belegstellen, ohne selbständige Untersuchungen durchzuführen
und ohne sich mit der einschlägigen Literatur ernsthaft
auseinanderzusetzen. Es geht auch nicht an, den Paed, zu
isolieren, anstatt den Blick von vornherein auf das gesamte
clementinische Schrifttum zu richten, um den Paed, dann in
seiner Eigenart recht erkennen zu können. Zu welchen schlimmen
Verzeichnungen dies führt, zeigen die Darlegungen über
das Leib-Seele-Problem (S. i22ff.), wo allem die wcltoffenen
Züge herausgearbeitet werden, ohne daß auch nur der Versuch
unternommen würde, die aszetische Seite zu würdigen, geschweige
denn das Ineinander beider Einstellungen verständlich
zu machen. Was Verf. bietet, sind im Grunde nur notwendige
Vorarbeiten, er hört auf, wenn die eigentlichen Probleme
auftauchen. Gleich mangelhaft sind seine Darlegungen
über das „Kindsein vor Gott" (S. 95H ), denn sie enthalten
lediglich eine Inhaltsangabe von Paed. I, cap. 5—6. Wie wenig
er es endlich vermag, einen Gegenstand klar und präzis EU bestimmen
, zeigt z. B. ein Satz auf S. 112 über die Sünde zur

Genüge:.....Verlust der Einwohnung des Logos . . ., somit

auch Verlust des ewigen Heiles und Androhung der Höllenstrafen
gehören . . . zum tiefsten Wesen der Sünde". Der
Heilsverlust wäre doch wohl als Folge der Sünde zu werten,
und die Strafandrohung erschiene doch richtiger als Abschreckungsmittel
vor der Sünde, was Verf. auf S. 116
auch anzudeuten scheint.

Fasse ich meinen Eindruck zusammen, so kann ich nur
urteilen, daß dieses Buch keinen Fortschritt in unserer Erkenntnis
der clementinischen Gedankenwelt darstellt. Verf.
verfügt weder über die Gabe, einen Gegenstand wissenschaftlich
förderlich zu bearbeiten, noch über die einer ansprechenden
Darstellung. Das Ausschütten eines reichhaltigen Zettelkastens
und das Ausschreiben großer Partien des Paed, vermag
über diesen Mangel an Gestaltungskraft nicht hinwegzutäuschen
.

Mainz Walther Völker

Lanibot, c, o. s. b.: Sandi Augustini Sermones selecti duodeviginti,

quos ab fidem codicum recensuit, prolegomenis notisque instruxit. Ultra-
iecti, Bruxellis in aedibus Spectrum 1950. 151 S. = Stromata patristica et
mediaevalia edenda enrant Christine Mohrmann et Johannes Quasten 1.

Christine Mohrmann, die erfolgreiche Erforscherin der alt-
ehristlichen Latinität und Dozentin an den Universitäten

Amsterdam und Utrecht, und Johannes Quasten, Professor
für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der katholischen
Universität Washington, zeichnen als Herausgeber einer neuen
Textreihe, die lateinische und griechische Schriften des christlichen
Altertums und Mittelalters in neuer kritischer Bearbeitung
als Grundlage für seminaristische Übungen bringen
wird. Im vorliegenden i. Bändchen bietet der bekannte gelehrte
Mönch der Abtei in Maredsous in Belgien C. Lambot,
der bei seinen handschriftlichen Forschungen in den letzten
20 Jahren etwa 20 unbekannte Predigten Augustins entdeckt
und ediert hat, eine kritische Edition von 18 Sermones
Augustins. Diese wertvolle Gabe dürfen wir als erste Kostprobe
der seit langem vorbereiteten Gesamtausgabe aller Predigten
des Kirchenvaters ansehen.

In das Textbuch, dem eine kurze Praefatio (S. 5—19) mit
einem kurzen Abriß der überlieferungsgeschichte der augusti-
nischen Sermones beigegeben ist, sind nach der Zählung der
Maurineredition folgende Sermones aufgenommen: Nr. 14, 15,
34, 60, 101, 104, 166, 177, 184, 221, 254, 261, 298, 302, 339,
355. 356, 358. Die Auswahl will Proben bringen, die für die
Rhetorik und Sprache Augustins charakteristisch sind und
liefert zugleich auch Texte, welche die inhaltlich verschiedenen
Gruppen der Predigten des großen Bischofs illustrieren.
Wer die in der Revue Ben^dictine erschienenen überlieferungs-
gescbichtlichen Arbeiten und Editionen Lambots kennt, wird
auch in der vorliegenden Textauswahl eine erstklassige Leistung
erwarten und in seiner Erwartung nicht enttäuscht seht.
Die kritische Edition der 18 Sermones vermittelt uns eine
klare Vorstellung darüber, welch gewaltige Fortschritte die zu
erwartende Edition sämtlicher Sermones für die Wissenschaft
bringen wird.

Dem vorliegenden Text der 18 Stücke ist ein aus besten
Texteszeugen auserwählter Variantenapparat beigegeben, der
alles Nebensächliche fortläßt. Schon jetzt können wir feststellen
, wie lückenhaft und verstümmelt vielfach der in der
Maurinerausgabe gebotene Text ist. Ein wesentlich anderes
Gesicht zeigen, um hier nur Wichtiges hervorzuheben, schon
dem Umfang nach, die Sermones Nr. 60, 101, 104, 221, 254,
302 und 339. Wir dürfen hoffen, daß die große kritische Ausgabe
sämtlicher heute bekannten Sermones — es werden etwa
550 sein, während die Maurineredition nur 363 bietet — in absehbarer
Zeit der wissenschaftlichen Forschung von Dom Lambot
zur Verfügung gestellt wird.

Würzburg Berthold AI tan er

Gregorius van Nyssa: Oratio catechetica, ingeleid en vertaaid door

Dr. W. C. van Unnik. Amsterdam: Uitgevers-Maatschappij Holland 1949.

171 S. 8" -= Klassleken der Kerk, Eerste Reeks: De vroege Kerk, deel 4.
Schon seit längerer Zeit kann man beobachten, daß die
patristischen Studien in Frankreich in einem unleugbaren Aufschwung
begriffen sind. Dies bezeugt abgesehen von der
Lebensarbeit eines G. Bardy und dem Erscheinen von Flori-
legien allein schon das Vorhandensein der bedeutsamen Sammlung
„Sources ChreHennes", die meist die Originaltexte verbunden
mit einer französischen Übersetzung und einer ausführlichen
, wertvollen Einleitung bringen. Jetzt tritt auch
Holland mit demi Erscheinen einer Reihe „Klassieken der
Kerk" in diese Arbeit ein, denn deren erster Teil „De vroege
Kerk" wendet sich ausschließlich deti Kirchenvätern zu. Im
Unterschied zum französischen Parallelunteniehmen wird aber
nur eine Ubersetzung geboten, der eine Einführung vorangeht.
Mir liegt zur Besprechung der 4. Band vor, die Übersetzung
von Gregors v. Nyssa Oratio catechetica, die W. C. van Unnik
herausgegeben hat. Den deutschen Leser wird besonders die
ausführliche Einleitung interessieren (S. 5—71), die dem theologisch
wenig oder gar nicht vorgebildeten Leser das Verständnis
der oratio erleichtern will. Sie wird daher keine Förderung
der Forschung selbst erstreben und eine Auseinandersetzung
mit der gelehrten Literatur vermeiden, zumal sie im Winter
1944/45 geschrieben ist, wo sich der Verf. wichtige Neuerscheinungen
gar nicht verschaffen konnte.

Daher sind viele Ausführungen wie z. B. die Charakteristik
der drei Kappadozier (S. 8), die zeitgeschichtliche Skizze
(S. ioff.), die Schilderung von Gregors Leben (S. i3ff.), die
Angaben über Ausgabe, Stil, Ubersetzung (S. i8ff.) und Datierung
der oratio (S. 21 f.) ganz allgemein gehalten und bilden
zu kritischen Bemerkungen kaum Anlaß.

Von Interesse sind allein die Darlegungen in §9: „De
dogmenhistorische betekenis van de Oratio Catechetica" (S.46
bis 71). Hier geht es Verf. um die Beantwortung der Frage, ob
das Dogma der östlichen Kirche wirklich so stark vom Plato-
nismus abhängig sei (S. 47), wie es v. Harnack angenommen
hat. In steter Auseinandersetzung mit ihm entwickelt Verf.
die gegenteilige Ansicht, sieht in der Philosophie nur ein Hilfs-