Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1951 Nr. 5

Spalte:

296-297

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Quatember, Friedrich

Titel/Untertitel:

Die christliche Lebenshaltung des Klemens von Alexandrien nach seinem Pädagogus 1951

Rezensent:

Völker, Walther

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

295

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 5

296

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwörterbuch zur Auseinandersetzung
des Christentums mit der antiken Welt. In Verbindung mit
Franz Joseph Dölgerf,und Hans Lietzmann t und unter besond. Mitwirk
, von Jan Hendrik Waszink und Leopold Wenger hrsg. von Theodor
Klauser. Lietg. 8: Babylon (Forts.) — Bauen. Stuttgart: Hiersemann 1950.
Sp. 1119—1278. 4».

Lang erwartet, ist nach mehr als fünfjähriger Pause eine
neue Lieferung des RAC erschienen, mit der der erste Band
schließt. Die ersten sechs Lieferungen dieses noch von Franz
Joseph Dölger angeregten und von Hans Lietzmann geförderten
Werkes waren in den Jahren 1941—1943 erschienen.
Der fertige Satz der siebenten Lieferung verbrannte im Sommer
1944 nl Leipzig, konnte aber noch im Januar 1945 neu erscheinen
. Diese achte Lieferung entspricht jetzt in Anlage,
Ausführung und Qualität durchaus den bisherigen, und mau
kann dem Herausgeber, dem Verlag und allen Mitarbeitern
nur für die Energie danken, mit der sie die Arbeit wieder in
Gang gebracht haben. Auch die vergriffenen älteren Lieferungen
sind wieder erhältlich, und „es besteht die Hoffnung,
daß die dem Herausgeber durch Frz. Jos. Dölgers Testament
zugefallene Zeitschrift .Antike und Christentum' bald wieder
erscheinen und zu einem Archiv ausgebaut werden kann, das
Vorstudien und Nachträge zu den Artikeln des .Reallexiktons'
aufnimmt". Es sieht also wirklich so aus, als wenn das Stadium
der Ankündigungen und Vertröstungen, an das wir in
den letzten Jahren bei so vielen wissenschaftlichen Unternehmungen
leider gewöhnt worden sind, hier endlich überwunden
und ein rüstiger Fortgang der Arbeit gewährleistet
wäre.

Die Schlußlieferung des ersten Bandes bringt nun auch das „Vorwort"
zum ganzen Werk, und es wird den Lesern unserer Zeitschrift willkommen sein,
nach den Worten des Herausgebers sich Zweck und Eigenart des Unternehmens
nochmals vergegenwärtigen zu lassen. „Das .Reallexikon für Antike und
Christentum'," hieß es schon in der ersten Zielsetzung vor 10 Jahren, „ist gedacht
als Hilfsmittel für das Studium der Beziehungen zwischen der Antike
und dem frühen Christentum. Es will allen jenen dienen, die wissen wollen, wie
sich die antike Welt mit dem Christentum und wie sich das junge Christentum
mit der antiken Welt abgefunden hat. Um es anders auszudrücken: das Lexikon
möchte zeigen, wie weit die Kontinuität zwischen der vorchristlichen und der
christlichen Periode des Altertums geht und inwiefern von einem Einschnitt
und von neuen Formen zu sprechen ist". Die Grenzen sind dabei in geographischer
und chronologischer Hinsicht nicht pedantisch gezogen (das sechste nachchristliche
Jahrhundert gilt im allgemeinen als untere Grenze), und stofflich
ist grundsätzlich alles berücksichtigt, „was überhaupt zum menschlichen
Leben gehört". Denn das Lexikon will „seine Aufmerksamkeit nicht etwa nur
der literarischen Diskussion zwischen Trägern der antiken Kultur und Vertretern
des alten Christentums widmen, sondern es will im umfassendsten
Sinne das Verhältnis ins Auge fassen, das die heidnische Welt gegenüber der
Erscheinung des Christentums und das die alte Christenheit gegenüber dem
Gesamtkomplex der antiken Kultur eingenommen hat". Der Anschein abschließender
Bearbeitung wird bewußt vermieden; dafür ist die Zeit noch
nicht gekommen. Werturteile werden nicht abgegeben, und im allgemeinen
muß es genügen, „zu jedem Stichwort eine möglichst vollständige und kritisch
gesichtete Materialsammlung vorzulegen".

Von dem Reichtum und der Vielseitigkeit des Werkes
legt die vorliegende Lieferung erneut Zeugnis ab. Neben geographischen
und biographischen Stichwörtern (Babylon, Bar-
desanes, Basilides, Basilius) stehen die religiösen und philosophischen
, die literarischen und begriffsgeschichtlichen
(Bakchos, Baptistes, Barbelo-Gnostiker, Barlaam und Joa-
saph, Barmherzigkeit, Barnabas, Bauen), und die mannigfaltigsten
Vorstellungen und Dinge werden berücksichtigt, wenn
sie kultur- und geistesgeschichtlich nur irgend bedeutsam erscheinen
(Bad, Bär, Balsam, Barbar, Barfüßigkeit, Basilisk).
Besonders fallen diesmal drei kunstgeschichtlich-archäologische
Beiträge ins Auge, zum Teil durch Grundrisse und Zeichnungen
erläutert (Baldachin, Baptisterium, Basilika). Manche
Artikel wie z. B. „Barlaam und Joasaph" (Heinr. Bacht) liest
man mit Genuß; andere sind nur stoffliche Zusammenfassungen
, aber alle sind zu brauchen und bieten wertvolles, kritisch
geordnetes Material mit Quellenbelegen und Nachweis der
Literatur. Dem Umfang nach ist die Behandlung zum Teil erstaunlich
ungleich. Ein Muster, wie die Arbeit zu leisten wäre,
gibt für mein Empfinden etwa der Artikel „Basilius von Caesarea
" von G. B ardy. Er hält den besonderen Zweck des Lexikons
streng im Auge und bespricht nach kurzer Angabe der
wichtigsten Lebensdaten nacheinander Basilius in seinem Verhalten
zur Rhetorik, zur klassischen Literatur und zur antiken
Philosopie — alles in allem mit Literaturangaben noch nicht
zwei Seiten im Umfang, in denen doch kaum etwas Wesentliches
zu vermissen ist. Dagegen trägt beispielsweise der Aufsatz
über die Barbelo-Gnostiker (L. Cerfaux) mehr oder
weniger alles zusammen, was man in einem ausführlichen theologischen
Wörterbuch über die Lehre und Entwicklung dieser
kaum greifbaren Sekte suchen mag. Und der — an sich vorzügliche
— Artikel über Barnabas (J. Schmid) umfaßt fünf
Seiten und berichtet u. a. ausführlich über ein „Baruabas-
evangelium", das im 14. Jahrhundert von einem zum Islam
abgefallenen Italiener in italienischer Sprache verfaßt worden
ist. So interessant und zweifellos wenig bekannt solche Dinge
auch sein mögen — man fragt sich doch, was sie für die Frage
von Antike und Christentum ausgeben sollen und ob die Redaktion
hier im Interesse des Gesamtplans nicht doch gut
getan hätte, etwas weniger großzügig zu sein. — Im Ganzen
zeigt sich ein außerordentlich starkes Uberwiegen der katholischen
Forscher. Das ist aber nicht etwa die Folge einer
entsprechenden Auswahl; sondern hier spiegelt sich nur der
gegenwärtige Zustand der kirchen- und religionsgeschichtlichen
Forschung wieder — ganz besonders im Bereich des
Altertums.

Zu einzelnen Artikeln seien der Reihenfolge nach einige kurze Hinweise
und Ergänzungen gestattet. — Unter dem Stichwort „Bad" (J. Jüth-
ner) wäre ein Hinweis auf die Sperrung der Bäder für die Christen durch das
Opfergebot der maximinischen Verfolgung am Platze gewesen. Vgl. auch
schon den Brief der Lyoner Gemeinde bei Euseb. H. E. V 1,5. — Die Ausführungen
zu „Baptistes" stehen unter der Nötigung, das, was der sachkundige
Verf. (J. Thomas) über Täufertum und täuferische Sekten zu sagen wünscht,
unter einen Begriff zu subsunimieren, der in Wirklichkeit nur als spezieller Beiname
Johannes „des Täufers" überliefert ist. Indem dieser von W. Bauer und
A. Oepke klar betonte Tatbestand künstlich verschleiert und durch willkürliche
Definitionen ersetzt wird, wird die Darstellung unklar. —■ In einem wertvollen
Artikel über „Bardesanes" wendet sich L. Cerfaux m. E. mit Unrecht
gegen die angebliche Unterschätzung der katholischen Kirchlichkeit im östlichen
Syrien bei Lietzmann, Harnack und besonders W.Bauer.—
J. Schmid dürfte zuzustimmen sein, wenn er im Barnabasbrief die Spuren
hellenistischer und palästinensischer jüdischer Überlieferung findet, sonst aber
„kaum eine Idee, die als Schöpfung griechischen Geistes gelten muß, die er
nicht durch das Judentum vermittelt bekommen haben kann". — Eine in jeder
Hinsicht vorzügliche kritische Materialsammlung bietet der Artikel über die
Basilika, in dem E. Langlotz den heidnischen und W. Deichmann den
christlichen Teil bearbeitet haben. In der Ableitung der christlichen Basilika
gehen beide Autoren auseinander. Langlotz möchte den kaiserlichen Thronsaal
als „das bewußte Vorbild der Basilika" ansehen und beruft sich hierfür
auf eine Ausdeutung des Wortes bei Isidor v. Sevilla, die doch viel zu spät ist,
um irgendetwas zu beweisen. Deichmann entscheidet sich für die antike
Profanbasilika als Vorbild (die im Abendland auch von anderen orientalischen
Religionen übernommen worden ist). M. E. kann die erste Ableitung nur dann
überhaupt in Betracht gezogen werden, wenn man die konstantinischen Kirchenbauten
wirklich „als den Anfang der christlichen Basiliken und aller christlichen
Monumentalkunst überhaupt" betrachtet. Das tut allerdings auch Deichmann
, aber ich zweifle sehr daran, ob die allgemeinen kirchengeschichtlichen
Erwägungen, die er vorsichtig geltend macht, wirklich zwingend sind. Hier
wäre ein Verhör oder mindestens ein Hinweis auf die Quellen erwünscht gewesen
, die von christlichen Kultbauten der vorkonstantinischen Zeit berichten
und die sich nicht alle auf „Hauskirchen" und unansehnliche Gebäude beziehen
können (zusammengestellt z.B. bei Harnack, Mission und Ausbreitung,
S. 611 ff., wo allerdings einige Texte in übertragenem Sinne zu deuten sein
dürften); vgl. besonders die Polemik des Porphyrios bei Macarius Magnes
IV 21: df.Xä xai ol Xptortavo't (iifiov/ievot ras xaTaaxeväs ttöv vaföv
fieytatovi oixovs olxodofiovaiv, eis ovs ovvioines ti'/fivxat, xaixoi ftrj-
ievöi KotXvovxoi iv tals olxitus tovro nQcnttiv. . . - Der Artikel „Bauen"
(Theoph. Schneider, H. Schelkle) bringt eine Übersicht über die Verwendung
der einschlägigen Begriffe in übertragener Bedeutung, die in dem
griechisch-römischen Heidentum selten, In der Kirche um so häufiger begegnet
und zum Teil mit den kosmogonischen Vorstellungen des alten Orients zusammenhängt
. Es fehlt eine Bezugnahme auf Gal. 2, 9. Interessant ist die Feststellung
, daß das Bild „in den echten, frühen Märtyrerakten nicht vorzukommen
scheint". Bei der vermeintlichen Ausnahme Pass. Perp. 1 handelt es
sich in Wirklichkeit nur um eine Einleitung, die Tertullian verfaßt hat. Für
die Kirche als avfißoXov des Himmels vgl. Method. Symp. V 8. —
Druckfehler: Sp. 1180 letzte Zeile I. „Hystaspes"; Sp. 1219Z. II I. „Glaukias" j
In den Abschnittsüberschriften des übersetzten Beitrags „Basilius" sollten die
Artikel nicht eingespart sein.

Heidelberg H. v. Campenhausen

Quatember, Friedrich, s. j.: Die christliche Lebenshaltung des Klemens
von Alexandrien nach seinem Pädagogus. Mit einer kritischen

Voruntersuchung über die Person des Klemens und sein Werk, den Pädagogus
. Wien: Herder 1946. XII, 163 S. gr. 8». Kart. S.9.20.

Vorliegende Arbeit, eine der theologischen Fakultät der
Gregoriana zu Rom im Jahre 1942 vorgelegte Promotionsschrift
, ist zwar fleißig und gründlich, verrät gute Quellen-