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Ausgabe:

1951 Nr. 5

Spalte:

281-285

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Rowley, Harold H.

Titel/Untertitel:

From Joseph to Joshua 1951

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 5

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gar keine Bedeutung zukommt gegenüber dene» zur Romantik
und in die Lebensphilosphie hinein ? Ich erinnere daran, daß
der Hamannbiograph Carl Hermann Gildemeister zugleich der
Biograph Gottfried Menkens war (Leben und Wirken des Dr.
Gottfried Menke«.. Breme« 1860) und daß Menken zu den begeistertsten
Verehrern des Magus zählte1. Wir wünschen uns
dringend eine Fortsetzung der theologischen Hamannfor-

') Rudolf Unger, Hamann und die Aufklärung. Halle/Saale M925,
S. 953.

schung auf den Wegen, die Fritz Blanke und Fritz Lieb gebahnt
haben, und vermerken mit Dank, daß eine der ersten
theologischen Schriften, die nach 1945 in Deutschland erschienen
sind, eine Hama««studie war (Helmuth Schreiner,
Die Menschwerdung Gottes in der Theologie Johann Georg
Hamanns. Tübingen-Stuttgart [1946]).

Zwei seltsame Fehler müssen angemerkt werden: S. 405 wird Matth.
22, 30 im Wortlaut als „apokryphes Herrenwort bei Justinus" angeführt und
S. 409 ebenso I. Kor. 15, 24—26 aus — Irenaus, beidemal unter Verweis auf
Erwin Preuschen, Antllegomena. Oießen '1905 (Nadler S. 495f.).

ALTES TESTAMENT

Rowley, H. H.: From Joseph lo Joshua. Biblical Traditions in the Light
of Archaeology. London: Oxford University Press 1950. XII, 200 S. 8« =
The Schweich Lectures of the British Academy 1948.

Die drei Vorlesungen, die von Rowley 1948 in der Reihe
der berühmten ,, Schweich Lectures" gehalten worden sind und
hier — unter Beifügung einer ausführlichen Bibliographie und
reichhaltiger Indizes — mit einer Fülle von Anmerkungen ausgestattet
wiedergegeben werden, führen zunächst die für den
Zeitraum ,.Von Joseph zu Josua" vorliegenden außerbiblischen
Quellen (The Extra-Biblical Evidence), dann die ihn angehenden
biblischen Nachrichten (The Biblical Traditions) vor und
geben schließlich von ihm eine auf diesem Material beruhende
zusammenfassende Darstellung (Synthesis). Dabei läßt der
Verf. alle für die mannigfachen hier auftauchenden Probleme
vorgeschlagenen Lösungsversuche ausführlich zu Wort kommen
, auch auf die — nach einer Bemerkung im Vorwort ihm
durchaus ins Bewußtsein getretene Gefahr hin, — daß damit
die Darstellung seiner eigenen Auffassung in ihrer Straffheit
und Uberzeugungskraft geschädigt wird und der Leser vielleicht
gar in die Gefahr gerät, den Überblick über den
chaotisch erscheinenden Tatbestand zu verlieren. Das Buch
mutet also dem Leser allerlei zu, und er muß schon auf der
Hut sein, wenn er den Ariadnefaden, der ihn durch den Wirrwarr
der von den verschiedensten Seiten auf die vielen sich
hier erhebenden Fragen gegebenen Antworten und ihrer Begründungen
zu der dem Verf. vorschwebenden Synthese hindurchführen
kann, fest in der Hand behalten will. Aber diese
Mühe wird dadurch reichlich belohnt, daß das Studium des
Buches den Leser gründlich mit den für die Zeit „Von Joseph
zu Josua" zur Verfügung stehenden Quellen und den ihnen
entnommenen und entnehmbaren Argumenten vertraut macht
und es ihm so ermöglicht, sich selbst ein Urteil über den Tatbestand
zu bilden, sei es, daß dieses mit dem des Verf.s übereinstimmt
, sei es, daß es von ihm abweicht und durch die Auseinandersetzung
mit ihm an Bestimmtheit noch gewinnt.

Die erste Vorlesung (S. 1—56) erörtert nach einem Uberblick
über die während des letzten Halbjahrhunderts auf die
um „F.isodus und Exodus" kreisenden Fragen gegebenen Antworten
zunächst die dem Befund der Ausgrabung von Jericho
entnommenen sehr verschiedenartigen Argumente und kommt
dabei zu dem Ergebnis, daß dieser Befund vieldeutig ist und
so kein sicheres Fundament für die Lösung der hier in Betracht
kommenden Probleme bietet. Bei anderen palästinischen
Stätten steht es mit dem Ausgrabungsbefund kaum
besser. Dagegen gibt die Erwähnung Israels auf der Mer-
neptah-Stele insofern einen festen Anhaltspunkt, als sie für
deren Zeit, also etwa für 1230 v. Chr., die Anwesenheit von
Israeliten in Palästina sicher bezeugt. Weiter findet die Angabe
von Ex. 1, 11, daß die Israeliten zum Bau der Städte
Pithom und Ramses herangezogen worden seien, in der Tatsache
eme Stütze, daß Ramses II. an diesen Städten gebaut
hat; dieser Pharao wird also als der Pharao der Bedrückung
anzusprechen sein. Während sich die Meinung, die aus dem
M- Jahrhundert v. Chr. stammenden ugaritischen Texte enthielten
Zeugnisse dafür, daß damals die israelitischen Stämme
Ascher und Sebulon in Palästina gesessen hätten, als Irrtum
herausgestellt hat und von den meisten wieder aufgegeben
worden ist, werde das Vorkommen von 'Asaru in ägyptischen
Texten doch nach wie vor so zu deuten sein, daß der israelitische
Stamm Ascher gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr.
in Palästina ansässig war. Der Versuch, Josua und Benjamin
in den Amarna-Briefen bezeugt zu finden, ist aufzugeben.
Eher ließe sich das, was diese über Labajas Beziehungen zu
Sichern zu sagen wissen, mit der Erzählung von Simeons und
Levis Unternehmen gegen Sichern (Gen.34) in Zusammenhang
bringen. Das"*gilt !ganz abgesehen davon, ob habiru der
Amarna-Briefe und 'mim der biblischen Uberlieferung sprachlich
identisch smd oder nicht. Sollten aber die beiden Bezeichnungen
sprachlich identisch sein und dann die sie tragenden
Größen irgendwie zusammengehören, so würde das eher gegen
die Ansetzung des Auszuges der Israeliten aus Ägypten im 15.
Jahrhundert sprechen als für sie, ,,da in den biblischen Quellen
der Ausdruck .Hebräer' nicht von den unter Mose und Josua in
Palästina eindringenden Israeliten gebraucht wird, sondern
von denen, die vor ihrem übertritt nach Ägypten in Palästina
waren" (S. 56). Josuas Angriff auf Palästina darf also keinesfalls
mit den von den Amarna-Briefen bezeugten Ereignissen
gleichgesetzt werden.

Die zweite Vorlesung (S. 57—108) hat es zunächst mit den
vom Alten Testament für Israels Anfänge gebotenen chronologischen
Angaben, wie vor allem 1. Reg. 6, 1 (Exodus
480 Jahre vor dem Bau des Salomonischen Tempels, also
1447 v. Chr.) und Ex. 12, 40 (Hinabzug nach Ägypten
430 Jahre vor dem Exodus, also 1877 v. Chr., was für den Auszug
Abrahams aus Harran 2092 v. Chr. ergeben würde), und
den der Erzählunj, Gen. 14 für die Ansetzung Abrahams etwa
abzugewinnenden Argumenten zu tun. Die Erörterung kommt
zu dem Ergebnis, daß Gen. 14, soweit diese Erzählung überhaupt
derartig ausgewertet werden kann, für Abrahams Auszug
aus Harran das 17. Jahrhundert wahrscheinlich macht,
also ein Datum, das mit den Angaben von 1. Reg. 6, 1 und
Ex. 12, 40 schlechterdings unvereinbar ist. Diese beiden Angaben
, die anderen alttestamentlichen Nachrichten, vor allem
solchen genealogischer Art, widersprechen, sind Produkte
künstlicher Konstruktionen und als solche unzuverlässig. „Die
Chronologie von Ex. 12, 40 und 1. Reg. 6, 1 stößtauf mancherlei
Schwierigkeiten . . . Die unbedingte Annahme dieser Chronologie
, die Jakobs Zug nach Ägypten 1877 v. Chr. ansetzt
und Abraham der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts v. Chr.
zuweist, ist so unwahrscheinlich, daß sie heute nur weuig
ernsthafte Verteidiger finden wird; sie würde bedeuten die
völlige Loslösung Abrahams von jeder Verbindung mit Ham-
murabi und die Preisgabe viel zahlreicherer biblischer Belege
als die beiden Verse, von denen sie abhängt" (S. 99L). Juda
ist mit verwandten Gruppen vor der Eroberung Mittelpalästmas
durch Josua aus der Gegend von Kadesch, also von
Süden aus, in Palästina eingedrungen, und geraume Zeit, fast
zwei Jahrhunderte später, sind die aus Ägypten ausgebrochenen
Israeliten von dort nach Kadesch gezogen, von dem sie
wußten, daß es eine Jahwe geweihte Stätte war. So erklärt
sich der Ex. 3, 18; 5, 3; 8, 23 von den Israeliten geäußerte
Wunsch, sich ein drei Tagemärschen entsprechendes Stück in
die Wüste zu begeben, um ihrem Gott zu opfern: als Opferstätte
ist an eben dieses Kadesch gedacht. In seiner uns überlieferten
Form erzählt der Pentateuch freilich, daß die Israeliten
aus Ägypten gleich zum Sinai oder Horeb gezogen
seien und sich dann erst nach Kadesch begeben hätten, um
hier 38 Jahre zu verweilen (5. Mose 1, 46; 2, 14). Aber das erklärt
sich daraus, daß hier zwei Erzählungen über die auf den
Ausbruch aus Ägypten folgenden Erlebnisse der Israeliten
kombiniert sind. „Nach der einen zogen sie gleich nach Kadesch
, opferten dort Jahwe und empfingen seine Satzungen.
Sie blieben dort 38 Jahr und zogen dann nach Norden in das
von Juda in Anspruch genommene Gebiet. Nach der anderen
zogen sie zum heiligen Berg Sinai oder Horeb, wo sie die göttlichen
Gebote empfingen, und mußten zwei Jahre in der Wüste
umherwandern" (S. 106). Das Ganze, zu dem hier die beiden
Traditionen zusammengewoben smd, ist unhistorisch, aber den
beiden Traditionen selbst liegt ein historisches Geschehen zugrunde
. Es fragt sich nur, welche Gruppe von Mose aus
Ägypten herausgeführt worden ist; weiter, wie sich die Überlieferungen
von dem Eindringen bestimmter Gruppen aus
Kadesch in den Süden Palästmas und von dem zersplitterten
Vorgehen einzelner Stämme und Stämmegruppen überhaupt
mit der Vorstellung vertragen, daß alle Stämme gemeinsam
in der Höhe von Jericho den Jordan überschritten und von
da aus das Westjordanland besetzt hätten; sodann, wie bei
Einschränkung dieser Vorstellung auf das Vorgehen einer bestimmten
Gruppe sich dieses Vorgehen zeitlich und sachlich