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Ausgabe:

1951 Nr. 4

Spalte:

243

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Bavink, Bernhard

Titel/Untertitel:

Die Naturwissenschaft auf dem Wege zur Religion 1951

Rezensent:

Mie, Gustav

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243

Theologische Literaturzeitung 1951 Nr. 4

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sucht, vor allem die „Unterwerfung des Menschen unter das
Produkt". In der Tat: Die Wirtschaft wird dem modernen
Menschen zum Selbstzweck, während eine sich selbst erkennende
Wirtschaft kein anderes Ziel haben kann als den
Menschen selbst.

In diesen wesentlichen Hauptzügen muß ich dem Verf.
folgen. Bedenken aber sind anzumelden gegen die These,
nach denen die Ergebnisse des Maschinenwesens Steigerung
der Erzeuguugskraft und der Gütermenge auf der einen und
Verminderung der Arbeit auf der anderen Seite sei. Freilich
ist dies Sinn und Ziel der Rationalisierung in der arbeits-
teilenden Wirtschaft. Aber die Wirtschaftgeschichte bietet ein
anderes Bild: Verf. weist selbst auf die Gütervernichtung hin,
die um der Preisgestaltung und Marktbeherrschung willen
planmäßig betrieben wird. Weit wichtiger aber sind einmal die
Minderung der Qualität, zum anderen die Krisen und die
Kriege, die immer wieder vernichten, was die rationalisierte
Wirtschaft aufspeichert. Krisen und Kriege hat es immer gegeben
, aber ihren katastrophenälmlichen Charakter haben sie
erst im letzten Jahrhundert angenommen.

Es ist leider nicht möglich, im Rahmen einer Besprechung
den Betrachtungen des Verf.s weiter zu folgen. Das Gesagte
wird genügen, um den Reichtum der Gedanken und die hohe
Kunst der Formulierung zu zeigen, in welcher der französische
Genius uns ein Vorbild sein kann.

Berlin R. Quaatz

Ba vi nk, Bernhard: Die Naturwissenschaft auf dem Wege zur Religion.

Leben und Seele, Oott und Willensfreiheit im Lichte der heutigen Physik.
6. Aufl. Oberursel: Kompaß-Verlag 1947. 149 S. kl. 8». DM3.—.

Der Verf. gibt zuerst eine ausführliche Darstellung des
alten mechanistischen Weltbildes der Physik und schildert
dann, wie dieses Weltbild in der heutigen Physik durch ein
anderes Bild, das der Quantenphysik, verdrängt worden ist.
Darauf bespricht er ausführlich das Körper-Seele-Problem
und das Lebens-Problem. Erst nach dieser gründlichen Vorbereitung
kommt er zur Besprechung des Gottesbegriffes.
Gott ist zugleich der Allmächtige und der absolut Heilige,
welcher richtet. Physik treiben heißt im Grunde nichts anderes,
als Gott seine elementaren Wirkungsakte nachzählen. Zum
Schluß bespricht der Verf. dann das Problem der Willensfreiheit
: „Sieht das Ganze, was wir über die Natur einschließlich
des Menschen und seiner seelischen Aktivität wissen, so aus,
daß wir daraus den Schluß ziehen müssen: auch das Handeln
des Menschen läßt sich grundsätzlich in der gleichen Weise berechnen
, wie die Vorgänge in der unbelebten Natur, d. h. die
der Physik und Chemie ?" Diese Frage muß mit Nein beantwortet
werden. So kommt man zu dem Problem des zwischen
dem Willen Gottes und dem geschöpflichen Einzelwillen, sowie
zwischen diesen Einzelwillen untereinander bestehenden
Gegensatzes, dem Problem des „Weltübels". Das Weltübel ist
ebenso universal, wie die Weltschöpfung. Das Christentum
kennt aber einen Weg zur Uberwindung des so entstandenen
Gegensatzes. Dieser Weg ist die sich selber hingebende Liebe.

Freiburg i. Br. Gustav Mie

MISSIONSWISSENSCHAFT

Beckmann, Johannes: Die katholische Kirche im neuen Afrika. Ein-

siedeln/Köln: Benziger 1947. 372 S. 8°. Kart. sfr. 13—, Lw. sfr. 15.80.

Teilkamp, Augustin, Dr. p., SVD: Die Gefahr der Erstickung für die

katholische Weltmission. Münster: Aschendorff 1950. 71 S. gr. 8». =

Missionswiss. Abhandl. u. Texte, hrsg. v. Th.Ohm. Nr. 15. Kart. DM 3.60.
Ecclesia Apostolica. Jahrbuch des Katholischen Akademischen Missionsbundes
1949/50. Schriftleiter: Univ.-Prof. Dr. Thomas Ohm O.S.B. Münster:
Regensberg 1950. 94 S. 8». Kart. DM 2.—.

Beckmanns Buch ist das Ergebnis einer Afrikareise, die
er kurz vor dem zweiten Weltkrieg unternommen hat, und eingehender
Studien, die er in folgenden Jahren, zum Teil in Verbindung
mit seinen missionswissenschaftlichen Vorlesungen
an der Universität Freiburg/Schweiz, allen Problemen gewidmet
hat, die ihm auf afrikanischem Boden begegnet waren.
Eine scharfe Beobachtungsgabe, eine hervorragende Fälligkeit
, die Fülle der Tatsachen und Fragen in ihren wesentlichen
Bezügen zur Arbeit der katholischen Mission zu sehen und
fesselnd darzustellen, sowie sein ausgeprägter Wille zur Wahrhaftigkeit
um der christlichen Verkündigung willen, der Kritik
nicht scheut, sie aber immer in den Dienst des Aufbaus stellt,
haben ein Werk entstehen lassen, das weit über die katholische
Missionswissenschaft und -praxis hinaus von Bedeutung ist.
Daß der Verf. alles, was er in Afrika an Äußerungen und Gestaltungen
natürlichen Lebens vorfindet und der Beachtung,
auch wohl der Verwendung durch die katholischen Missionare
für wichtig hält, von den theologischen Grundlagen der auch
für die Missionsarbeit gültigen Dogmatik aus sieht und beurteilt
, ist nicht nur selbstverständlich, sondern hilft dem
evangelischen Leser, seine eigene Stellungnahme zu ihnen an
konkreten Beispielen und im Blick auf die evangelische Mis-
sionspraxis zu klären. Darüber hinaus wird er gerade in der
Gegenwart, in der Afrika von rasch zunehmender weltpolitischer
und weltwirtschaftlicher Bedeutung ist, Beckmanns
Buch als ein auch in der Gedrängtheit seiner Darstellung
erschöpfendes Kompendium der religiösen und
sozialen, der katholisch-missionarischen Bemühungen in Jahrhunderten
und der aus ihnen gewachsenen kirchlichen Verhältnisse
begrüßen. Ein Vergleich des ersten und dritten Hauptteils
unter den Überschriften „Der Wandel in Afrika" bzw.
„Die Entfaltung der apostolischen Arbeit (auf sozialem, kulturellem
und sittlich-religiösem Gebiet)" führt zu der bedrängenden
Frage: Was wäre aus Afrika geworden, was würde
vollends aus ihm werden, wenn es nicht der christlichen Mission
gelungen wäre und weiterhin gelänge, der Zersetzung, in
die seine mythisch-magische Welt durch den Zusammenstoß
mit der säkularen europäischen Zivilisation gerät, vorbeugend
und neue Grundlagen legend entgegenzuwirken ? Beckmanns
Buch vermittelt nachhaltig den Eindruck, daß sich die katholische
Kirche dieser Frage stellt, daß die Arbeit ihrer Missionsorden
wahrlich nicht ohne Erfolg geblieben und auch für die
Zukunft verheißungsvoll ist. Der Verf. mahnt jedoch auch,
„das Bild der Entwicklung und Entfaltung kirchlichen Lebens
in Afrika nicht einseitig und damit allzu rosig" zu sehen, und
er gibt seiner Mahnung Nachdruck, indem er sein Schltiß-
kapitel der „Auseinandersetzung mit dem Islam" widmet.
Sein letztes Wort lautet: „Aber trotz aller Hemmnisse und
Schwierigkeiten, die Islam, Kolonialpolitik, Colour Bar und
menschliches Unvermögen der Ausbreitung des Glaubens und
der endgültigen Verwurzelung desselben im einheimischen
Volkstum in den Weg legen, darf die Kirche Afrikas vertrauensvoll
in die Zukunft blicken".

Teilkamps Schrift ist ein unüberhörbarer Ruf an die
katholische Kirche, ihre Sorge auf eine jener Schwierigkeiten
zu richten, deren Ursprung nicht auf dem Missionsfelde, sondern
in der sendenden Kirche liegt, die sich aber draußen bedrohlich
auszuwirken beginnt. Er verwendet für sie die Formulierung
: „Die Mission leidet unter ihren Erfolgen I" und
schreibt dazu: „Es kann dazu kommen, daß die Mission gewissermaßen
in ihren eigenen Erfolgen erstickt. Man hat darum
auch von dem .Gesetz der Erstickung' gesprochen, das in der
katholischen Weltmission zur Geltung komme" (S. 10). Die
Tatsachen, die dem zugrunde liegen, sind: ,,a) Die Zahl der
Missionare bleibt hinter der Christenzahl fühlbar zurück,
b) Es tritt darum nach einiger Zeit oft genug eine Verlangsamung
oder gar ein Stillstand im Bekehrungswerk ein. c) Infolge
des Priestermangels läßt manchmal die Erziehung und
Ausbildung der Neuchristen zu wünschen übrig". Tellkamp
begründet diese drei Mängel ausführlich mit statistischen
Einzelheiten. Der Priestermangel macht sich in Indien, in der
Südsee, üi Lateinamerika und auf den Philippinen, am stärksten
aber in Afrika fühlbar. Eindringliche Beispiele beleuchten
die Folgen, die daraus erwachsen. Der Verf. ist geneigt, die
Gründe dafür nicht in einem Versagen der Missionare und ihrer
Methoden zu sehen, sondern in der raschen Entwicklung der
Missionsarbeit mit ihren großen Erfolgen, sowie in einer Personalnot
und einer religiös-sittlichen Krise auf den Missionsfeldern
. Der Hinweis, „daß gerade die besten, blühendsten und
fruchtbarsten Missionen ernsthaft leiden" (S. 50), gibt seinen
„Schlußfolgerungen" besonderes Gewicht. Sie lauten: „X, Mehr
Missionare!; 2. Heranziehung des Laienelementes; 3. Außerordentliche
Seelsorgsmittel". Es ist der Wert seiner Schrift,
daß er darin mit rückhaltloser Offenheit die Nöte aufzeigt, an
denen die katholische Weltmission leidet. Es sind das Nöte,
die auch der evangelischen Weltmission in steigendem Maße
zu schaffen machen. So gelten auch für sie, in entsprechender
Weise abgewandelt, die Schlußsätze des Verf.s: „In der gegenwärtigen
Stunde hilft zunächst nur ein Zweifaches: 1. Die vorhandenen
Priester bis zum Maximum einsetzen, in der Mission
wie in der ganzen Weltkirche, und sich dabei frei macheu von
den einengenden nationalen und andern kleinlichen Schranken,
die die Menschen selber aufgerichtet haben. 2. Alle die andern
angedeuteten Mittel bis zum äußersten in Anwendung bringen,
und auch hier den Eifer und die Großmut an den Tag legen,
die der Herr von seinen echten Jüngern erwarten kann" (S. 71).

Solchen Eifer vermag unter gebildeten Lesern, für die es
bestimmt ist, das Jahrbuch „Ecclesia Apostolica" zu
wecken. Ob sein Titel, den Prof. Olim im Vorwort begründet,