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Ausgabe:

1950 Nr. 2

Spalte:

91

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Nicolaus de Cusa, Über den Ursprung 1950

Rezensent:

Landgraf, Artur Michael

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91

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 2

92

einem Bedürfnis entsprochen hat, dürfte schon der Umstand
beweisen, daß die zuerst veröffentlichten handlichen Bändchen
bereits in zweiter Auflage erscheinen müssen. Jeweils
wird eine Einleitung gegeben, die nicht nur eine Geschichte
des berührten Problems und der Stellungnahme des Nikolaus
dazu bringt, sondern auch das Werk des Nikolaus selber analysiert
. Daran reiht sich die Ubersetzung, die sich an die ge-
diegendsten Druckausgaben und, wo nötig, auch an die Handschriften
hält, die genau vermerkt werden. Die Anmerkungen
sind stets mit großer Sorgfalt gestaltet. Sie bemühen sich
nicht bloß, die Zitate zu verifizieren, sondern auch, dem Leser
das Verständnis des Textes zu erleichtern. Nach einer Literaturverweisung
kommt jeweils ein Glossar der wichtigsten lateinischen
Termini.

Mit staunenswerter Geduld und Akribie ausgearbeitet sind
die Bände für den Forscher wertvolles Material, zugleich aber
auch für den Anfänger auf dem Gebiet der Geistesgeschichte
durchaus verständlich. Wegen dieser Vorzüge dürfte den vorliegenden
Ubersetzungen ein dauernder Wert zuzusprechen
sein.

Bamberg A.M.Landgraf

Nikolaus von Cues: Über den Ursprung. De principio. Deutsch mit

Einführung von Maria Feigel. Vorwort und Erläuterungen von Josef Koch.

Heidelberg: Kerle [1949]. 116 S. 8°= Schriften des Nikolaus von Cues, im

Auftrage der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hrsg. von Ernst

Hoffmann. Lw. DA1 4.80.

Hier haben wir das erste Heft einer Schriftenreihe, welche
die bei Felix Meiner in Leipzig erscheinenden philosophischen
Cusanusschriften nach der theologischen Seite ergänzen soll.
Es enthält das Werk De principio, das in der Mitte zwischen
den Arbeiten des Brixener und denjenigen des römischen Aufenthaltes
entstanden ist. Es ist wohl am 9. Juni 1459 geschrieben
worden und richtet sich mit Wahrscheinlichkeit an
Pier Balbo aus Pisa, den späteren Bischof von Tropea. Es handelt
von Christus dem Ursprung und soll das Geheimnis des
Gottessohnes dem Verständnis näher bringen. Dabei wird insbesondere
auf platonische Ideen und hier auf des Neuplato-
nikers Prokies Kommentar zu Parmonides zurückgegriffen, der
dem Kardinal in der Ubersetzung Moerbekes zu Händen war.

Die Gestaltung der hier vorliegenden Ausgabe von De
principio entspricht im Aufbau derjenigen der Werke der
philosophischen Reihe. Nach einem Einblick in die Geschichte
der Entstehung des Traktates werden wir in einer
vorzüglichen Analyse in den Inhalt desselben eingeführt. Daran
reiht sich eine Ubersetzung des Textes, der der Vatikanischen
Handschrift entnommen ist. Es zeigt sich dabei vor allem das
Bestreben, den Gedanken eines jeden Satzes genau zu verdeutschen
. Mit welcher Sorgfalt bei dieser Edition vorgegangen
wurde, zeigen die Anmerkungen, die von der Meisterhand
J. Kochs stammen. Den Abschluß bildet ein Wortverzeichnis,
das gegenüber denjenigen der philosophischen Reihe den Vorzug
aufweist, daß die deutschen und nicht die lateinischen
Termini alphabetisch aufgeführt werden, was den Gebrauch
des Werkes und jede Nachprüfung gewaltig erleichtert.
Bamberg A.M.Landgraf

KIRCHENKUNDE

Kologriwof, iwan von, Prof. Dr.: Von Hellas zum Mönchtum. Leben

und Denken Konstantin Leontjews (1831—1891). Regensburg: Gregorius-
Verlag [1948]. 300 S. 8°. Geb. DM 9.—.

Das vorliegende Buch ist die erste in Deutschland erschienene
größere Arbeit über Konstantin Leontjew. Da es
dem Verf. daran lag, vor allem die innere Entwickelung und
das religiöse Denken dieser eigengewachsenen, keiner der
großen geistigen Bewegungen seiner Zeit voll zuzurechnenden
Gestalt zu schildern, erscheint der Haupttitel des Buches auch
gerechtfertigt.

, Fraglos war es ein ungewöhnlicher Weg, der den Mediziner
Leontjew ins literarische und politische Leben und zuletzt
noch nach ruhelosem Umherirren ins Kloster führte.
Der Verf. will diesen Weg mit dem Augustins in Parallele
setzen, obgleich ihre Verschiedenheit deutlich genug ist. Was
Leontjew in Griechenland erlebt, ist in keiner Weise so klar
und durchschlagend, daß es den Vergleich mit Augustin aushält
. Immerhin ist die innere Motivierung bei ihm, wenn man
nicht gar von einer Wandlung sprechen will, sehr bemerkenswert
. Trotz der starken Beeinflussung durch die europäische
Bildung ist Leontjew eine durch und durch russische Erscheinung
. Gerade darum ist auch seine Trennung von den bewußten
Vertretern des russischen Gedankens seiner Zeit zu beachten.
Der Grund dafür liegt in seinem religiösen Weg.

Wie so mancher Vertreter des russischen Geisteslebens
vor ihm (von Gogol bis Wladimir Ssolowjow) sucht Leontjew
seinen inneren Halt im bekannten Kloster Optina pustyn.
Durch Kliment Söderholm, den Pastorensohn aus Petersburg,
der dort die Kutte genommen hatte, ist Leontjew nicht weniger
stark bestimmt worden als durch den berühmten Starez
Amwrossij. Nach einem Zeugnis Jurij Ssamarins ist Kliment
Söderholm in kirchlichen Kreisen Moskaus sehr geschätzt worden
. Ob sein „nicht voll-orthodoxes" Christentum, wie der
Verf. meint, für Leontjew eine Brücke zum Erfassen der
Kirchenielire gewesen ist, bleibt eine Frage.

Als Schriftsteller ist Leontjew ein Einsamer geblieben,
den die bürgerliche Welt nicht anerkannt hat. Aufgemerkt hat
sie aber, als Leontjew sich gegen die Prediger eines neuen
Christentum, gegen Tolstoj und Dostojewskij wandte. In
dieser Auseinandersetzung fand er Gesinnungsgenossen. Die
damals von Leontjew geäußerte Kritik, die vor allem Dosto-
jewskijs ethisch bestimmte Auffassung des Christentums als
unrussisch und „protestantisierend" ablehnt, wird bis heute
von russischer Seite geteilt. Mit Recht stellt der Verf. diesen
Tatbestand heraus, der in Deutschland noch immer nicht gewürdigt
ist. Dostojewskij ist in seinem tiefsten Anliegen dem
russischen Volk fremd geblieben und darf auch nicht als der
Exponent des russischen Christentums angesehen werden. Dagegen
ist Leontjews eigene Auffassung stark ästhetisch bestimmt
und läßt gerade die ethische Ausprägung entbehren.
Seine Anschauungen sind nicht völlig einheitlich zum Ausdruck
gekommen. So sehr er sich von Dostojewskij abgrenzt,
mußte er sich auch von Wladimir Ssolowjow scheiden. Weil
er aber ein Anliegen der russischen Kirche des 19. Jahrhunderts
vertritt, muß er neben Dostojewskij und Ssolowjow erst recht
gehört werden. So wenig anziehend Leontjew als Persönlichkeit
ist, seine Gedanken sind es wert, mehr Beachtung zu
finden, als sie bisher gefunden haben. Leontjew gehört nicht
zu den großen religiösen Denkern Rußlands, aber man hat ihn
zu den klügsten Männern seiner Zeit gerechnet. Seme geradezu
prophetische Schau dessen, was in Rußland kommen mußte,
vermittelt einen starken Eindruck von seinem Danken und
Wesen.

Der Verf. hat eine notwendige Arbeit geleistet und eine
klaffende Lücke geschlossen. Diese Arbeit ist besonders dankenswert
, weil die Werke Leontjews immer schwerer erreichbar
werden. Den Charakter Leontjews wiederzugeben, ist dem
Verf. voll gelungen, wenn ihm auch bisweilen ein latinisierender
Zug unterlaufen ist.

Münster Robert Stupperich

Nygren, Anders, Prof.: Die Aufgaben des Luthertums in der heutigen

Welt. Berlin: Verlag Haus und Schule 1947. 28 S. kl. 8°. DM 1.20.

In der durch den Charakter eines Vortrags gegebenen
Kürze stellt Nygren das „eigentliche Luthertum", das Zeugnis
Luthers von der Tat Gottes in Jesus Christus, dar und gibt
damit eine vorzügliche Zusammenfassung der von ihm geübten
theologischen Forschung, in der er den inneren Zusammenhang
zwischen der Botschaft von der Rechtfertigung
aus Gnaden allein durch den Glauben mit der eschatologischeu
Lehre von dem neuen Aon inmitten dieser Welt aufweist.
Dieses „Luthertum" zu erneuern und in Verkündigung und
Dienst zu entfalten, sind die „Aufgaben des Luthertums in
der heutigen Welt". Die Gegenwart sei für solchen Ruf und
solchen Dienst bereit, da der Entwicklungsoptimismus, das
Hauptmerkmal der „säkularisierten" Zeit, zu Ende sei.

Ebenso großartig wie die mit unmittelbarer Kraft dargestellte
Grundlage des Luthertums ist die Kritik an der Entwicklung
des „Luthertums", das Nygren in seiner orthodoxen,
pietistischen, radikalistischen, romantischen Gestalt zum „Säkularismus
" rechnet. So verheißungsvoll solche Einsicht für
den Dienst Nygrens innerhalb des Weltluthertums sein mag,
so bleibt doch nicht nur für die Geschichtsforschung, sondern
auch für den verantwortlichen Dienst innerhalb der Kirche
die Frage, wo in der Reformation die Einbruchstellen lagen
für den „Säkularismus", und ob wir im kirchlichen Dienst
nicht immer mit einer solchen Säkularisierungstendenz — auch
der Kirche selber! — zu rechnen haben, Fragen, die Nygrens ,
hoffnungsfrohen Aufruf zu einem ernsten Bußruf an das
Luthertum selber machen.

Neuendettelsau Georg Merz

[Böhm, Hans, Propst Dr.]: Die Kirche zwischen Ost und West. Beitrag

der Ökumenischen Studiengemeinschaft Berlin/Brandenburg zur Weltkirchenkonferenz
in Amsterdam 1948. Berlin: Christlicher Zeitschriftenverlag
[1948]. 115 S. 8°= Ökumenische Reihe H. 6. Kart. DM3.75.
Der Sammelband stellt neben dem 6. Band des im Furche-
| Verlag erschienenen Amsterdamer Sammelwerkes einen zwei-