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Ausgabe:

1950 Nr. 2

Spalte:

86-87

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Vööbus, Arthur

Titel/Untertitel:

Untersuchungen über die Authentizität einiger asketischer Texte, überliefert unter dem Namen "Ephraem Syrus" 1950

Rezensent:

Rapp, Eugen Ludwig

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 2

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eine Abgabe angedeutet ist. Tatsächlich setzt auch Dam. 12,
9—11 bei den Gemeindeangehörigen eigenen Besitz an Getreide
und Wein zum Verkauf, auch an Sklaven und Sklavinnen
voraus1. Immerhin werden die Gemeindemitglieder
beim Eintritt nach rrD UQd "|"in registriert, und die Warnung
vor Geldbesitz (-pn) und Geschäftsgewinn (jj^a) kehrt

in der Damaskusschrift ständig wieder2.

Mit alledem haben wir die sachlich sowohl wie zeitlich
und örtlich nächste Parallele zur Gütergemeinschaft
der Urgemeinde: In den Summarien Ag. 2, 44t.; 4,32.
34—35, m dem Einzelbericht 4, 36L und in der Erzählung 5,
1—11. Es zeigt sich nun, daß die Erzählung von Ananias
und Sapphira den Sachverhalt richtig wiedergibt: Ananias
hätte den Besitz auch behalten können: Es ist „freiwillige
Gabe". Sein Vergehen ist das vooftoao&ai anb tijs ufir/s; Er
hat, wie es in der Sektenrolle formuliert ist, nicht „nach dem
richtigen Maß in Aufrichtigkeit seines Wandels" die Gabe abgeliefert
.

') Fraglich ist mir, ob man im Zusammenhang mit diesen „freiwilligen
Abgaben" die Stelle Dam. 14, 12 ff. über eine Abgabe von zwei Tagesverdiensten
je Monat als Armenspende zur Verteilung durch die Gemeinde heranziehen
darf.

2) Das Bild wird vervollständigt durch den Hinweis auf die bekannte
Stelle bei Josephus über die Gütergemeinschaft der Essener: vdfioe yat>
Toiig ek TTjn cäyeoiv cloidvtas Srjfievuv i(5 rdy/iart ri/v oiaiav kxX. (Jos.
bell. jud. 118, 3; § 122). Josephus spricht zwar nicht von einer „freiwilligen Abgabe
", sondern sagt vd/xo*, womit hier jedoch nicht die gesetzliche Pflicht,
sondern der „Brauch", die „Ordnung" gemeint ist (vgl. ThWb. z. NT IV, 1043).
So stimmt sein Bericht mit den Bestimmungen der Sektenrolle überein. Sukenik
hat ja gleich bei der ersten Veröffentlichung über die neuen Funde (mVlfl.
nin:3 Jerusalem 1948, S. 16) die Vermutung ausgesprochen, daß es sich
bei dieser Sekte um die Essener handeln könne. Darauf weist schon der Fund-

Der Charakter als n2T3 „freiwillige Gabe" zeigt auch,

daß es sinnvoll war, die Abgabe des Josef Barnabas (Ag. 4,
36f.) als etwas Besonderes in der Uberlieferung festzuhalten.
Vielleicht hat aber daneben auch das verallgemeinernde Sum-
marium 4, 34t. (und 2, 45) ein gewisses Recht insofern, als
solche Vermögensabgabe in der ersten Zeit der Jerusalemer
Urgemeinde von dem Eintretenden jedenfalls erwartet wurde
oder erwartet werden konnte, ebenso wie es in der Sektenrolle
der Fall ist. Sicher ist, daß solche Abgabe nicht als
„Pflicht" gemeint war.

Diese Parallele darf nun nicht zu dem Schluß verführen,
daß die Jerusalemer Urgemeinde in irgendeinem näheren Zusammenhang
mit dieser Sekte der neuen Palästinafunde gestanden
haben könnte oder aus ihr hervorgegangen wäre1.
Dazu sind die Unterschiede viel zu groß2 und einschneidend.
Die Urgemeinde hat sich eigen und heu gebildet. Was aber
die neuen Texte zeigen, das ist, daß es in der unmittelbaren
Umgebung der Urgemeinde bereits Gemeindeformen gab, die
ähnliche Züge aufwiesen, von denen her wohl auch manches
übernommen und nachgebildet wurde.

ort der Handschriften im Vergleich mit der Notiz bei Plinius, Hist.Nat. V 17
hin. Unsere Stelle würde die Vermutung verstärken. Und ich gestehe, daß mir
der Inhalt der bislang veröffentlichten Textproben und andererseits die Analyse
und Interpretation der Damaskusschrift, die ich hoffe an anderer Stelle
vorlegen zu können, diese Vermutung in einer Reihe weiterer Punkte zunehmend
wahrscheinlicher gemacht hat. Aber solange nicht die neuen Texte
vollständig vorgelegt sind, bleibt das naturgemäß vorläufige Vermutung.

') Daß einzelne Mitglieder auch dieser Sekte damals zur Urgemeinde
übertraten, ist natürlich durchaus möglich.

2) Um nur einen Punkt zu nennen, allein schon In der gegensätzlichen
Stellung zum Tempel: Dam. 6, 12 mipan TsK N"U Tlbab ITHS gegenüber
Ag. 2, 46; 3, 1 u. a. Beiegen.

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Sanz, Peter: Griechische literarische Papyri christlichen Inhaltes I.

(Biblica, Väterschriften und Verwandtes.) Baden bei Wien: Rohrer 1946.
137 S. 4°= Mitteilungen aus der Papyrussammhmg d. Nationalbibliothek
in Wien (Papyrus Erzherzog Rainer). Neue Serie. Hrsg. v. d. Generaldirektion
d. Nationalbibliothek. Redigiert von Hans Gerstinger. IV. Folge.
S 14.—.

Wie der Gesamtherausgeber Hans Gerstinger in einer Vorbemerkung
mitteilt, ist der Bearbeiter Peter Sanz im Jahre
x942 gefallen und hat mit der Herausgabe der biblischen und
christlichen Teste aus der Wiener Papyrussammlung nur beginnen
können. Was hier vorgelegt wird, ist demnach nur als
ein Teil des Wiener Bestandes zu betrachten. Es sind
50 Bruchstücke aus AT und NT sowie zehn aus den Schriften
der Väter. Unter den Bibelstücken sei IV genannt, Levit. 8,
14—19, aus dem 6. Jahrhundert; der Text weicht so stark von
LXX ab, daß Sanz an eine andere Ubersetzung denkt. Das
Kleine Fragment XVIII, Ps. 105, 16; 117, 17, 9. Jahrhundert,
stammt von einer Expedition nach Südarabien 1899 und ist
deshalb wichtig. Eine unterägyptische Rezension scheint in
XXII, Ps. 138—139, 6. Jahrhundert, vorzuliegen. Ein Schulheft
mit Psalmstellen, 4.-5. Jahrhundert, haben wir in XXIV
vor uns. XXXVI Joh. 8, 51—53; 9,5—8, 5. Jahrhundert,
bietet tatianischen Text.

Die folgenden Reste patristischer Literatur locken noch
mehr. Die Reihe beginnt mit Origenes, dem Sanz sowohl LI
wie LH mit ausführlicher Begründung zuweist, das erste aus
dem 4. oder 5. Jahrhundert, dem Genesiskommentar, vgl.
Gen. 3, 11—15, das zweite einer Homilie. Es folgt Kyrillos mit
LIII, einem Text, der zu dem Dublin-Pariser Papyruskodex

gehört, einer Schrift Ttcpi tt}s £v TZVEVfian Mai älrf&tiq nonoHvvri-
°ta>s xal Xarpeiae. Von einer Homilie des Johannes Chry-
sostomos in Joh. 29, 2, aus dem 6. Jahrhundert, haben wir in
LIV einen Auszug. Von der Stiftshütte handelt LVI, 5. bis
6- Jahrhundert. Ein theologischer Traktat über Prov. 8, 22ff.,
6- Jahrhundert, folgt unter LVII. Wieder eine Homilie mit
Mt. 25, 40, 6.-7. Jahrhundert, ist LVIII.

Schon die Texte zu bestimmen, stellt auch bei Bibelfragmenten
eine oft langwierige und schwere Arbeit dar, die
wohl nur derjenige ganz zu würdigen weiß, dem sie in vielen
Fällen obgelegen hat. Dazu kommt die Bearbeitung, die Sanz
ausführlich und sorgfältig hinzufügt. Bringt er uns auch keinen
Text von erheblicher Bedeutung, so erfüllt er doch gewissenhaft
die Aufgabe dessen, dem wissenschaftliche Sammlungen
anvertraut sind, nichts gering zu achten, sondern an jedes
Stück allen Fleiß und alles Wissen zu setzen. Solche Arbeiten

haben mehr Wert als die meisten Ausblicke von hoher Warte,
die nur wagen sollte, wer bescheidene Kleinarbeit selbst geleistet
hat. Möge Peter Sanz einen Nachfolger gleichen Sinnes
finden!

Halle/S. W. Schubart

Vööbus, A., Prof. Dr.: Untersuchungen über die Authentizität einiger
asketischer Texte, überliefert unter dem Namen „Ephraem Syrus".

Ein Beitrag zur syrischen Literaturgeschichte. Pinneberg 1947. 39 S. 8° =
Contributions of Baltic University No. 57.

Vööbus, A., Prof. Dr.: A Letter of Ephrem to the Mountalneers.

A literary critical contribution to Syrlac patristic literature. Pinneberg 1947.
12 S. 8°= Contributions of Baltic University No. 25.

I. Der Wert der reichen Literatur, die unter dem Namen
des großen syrischen Kirchenvaters Aphrem auf uns gekommen
ist, ist stark beeinträchtigt durch die Ungewißheit über
den wirklichen Verf. und die Zeit, aus der die betreffende
Schrift überhaupt stammt.

Der Verf. untersucht in der erstgenannten Arbeit gründlich
vier asketische Traktate Aphrems. Für die Echtheit der
beiden ersten, die von Zingerle als „Sermones duo" und von
Rahmani als „Hymni de virginitate" bzw. von Zingerle in
Mon. Syr. I, 4—12 herausgegeben wurden, spricht schon der
Inhalt selbst, denn das Bild, das vom Mönchsleben gegeben
wird, ist das der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Der Verf.
kennt nur das Anachoretentum; von Klöstern ist nirgends die
Rede. Wenn auch schon sonst die Gedankenwelt der beiden
Traktate mit der der als echt erwiesenen Aphremschriften
übereinstimmt, so ist der Echtheitsbeweis vom Idiom und
Wortschatz her besonders überzeugend. An Zitaten gebrauchen
die Traktate nur den Text des Diatessarons. Der abweichende
Text, den der Autor beim Gebrauch des NT selbst
bietet, wird durch syrisches, arabisches, georgisches und koptisches
Material geklärt.

Dieselben Gründe, die die Echtheit der beiden ersten
Texte beweisen, zeigen ebenso zwingend die Unechtheit des
dritten (Zingerle, Mon. Syr. I, 4—12).

Bei der Behandlung des vierten Traktats setzt sich
Vööbus mit dem Herausgeber desselben, A. Haffner (Sitzungs-
ber. d. k. Akad. d. Wissensch, in Wien. Philos.-hist. Kl.
Bd. CXXXV, IX. 1896), auseinander und zeigt im Gegensatz
zu diesem, daß es sich nur um eine wertlose Kompilation der
beiden ersten Traktate handelt.

In der kleinen Untersuchung von Vööbus steckt sehr viel
Arbeit, und wir müssen dem Verf. dankbar sein, daß nun die
Echtheit von zwei weiteren Schriften Aphrems, die inhaltlich