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Ausgabe:

1950

Spalte:

753

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Schmitz, Joseph

Titel/Untertitel:

Von christlicher Witwenschaft 1950

Rezensent:

Hupfeld, Renatus

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 12

Hase, Hans Christoph von: Vom Amt des Dienstes in der Kirche Christi.

Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1948]. 52 S. 8°= Evang. Schriftendienst

H-2. Hrsg. Dr. Günther Siegel. DM2.10.

Diese Schrift, zum hundertjährigen Gedächtnis J. H.
» Icherns 1948 verfaßt, ist selbst ein Aufruf zur Rückkehr
zu christlicher Diakonie, die die Hungrigen zu speisen, die
backten zu kleiden, die Gäste zu beherbergen, die Kranken
und die Gefangenen zu besuchen hat. Die theologische, aber
nicht etwa theoretische, sondern praktische, äußerst wirksame
Voraussetzung ist, daß die Gemeinde selbst diesen neben
aem Wortdienst stehenden Tatdienst wahrzunehmen hat, und
zwar in unmittelbarer Liebe von Person zu Person. Eine Fülle
oeherzenswerter Ratschläge werden vor uns ausgebreitet, die
diese Schrift für jeden Mitarbeiter in der Gemeinde, aber auch
lur den Pastor selbst recht wertvoll machen. Niemand darf
sich durch die Erkenntnis, welchen Abstand die Wirklichkeit
von dem als biblisch erkannten Notwendigen hat, abhalten
lassen, zu praktizieren, was hier vorgetragen wird.

Erfurt H.Benckert

Schmitz, Joseph: Von christlicher Witwenschaft. Münster: Regensberg
1947. 96 S. 8». Kart. DM3.40.

Der Gedanke, angesichts der vielen Kriegswitwen heute ein Büchlein zu
schreiben, das ihnen Trost und Ausrichtung geben soll, Ist zweifellos gut. Es
mag auch sein, daß das vorliegende Schriftchen seinen Zweck bei manchen in
'ester katholisch-kirchlicher Tradition lebenden Witwen erfüllt. Es wertet in
weitem Maße das, was in der Schrift, was auch bei den Kirchenvätern und
späteren asketischen Schriftstellern über die Witwen gesagt wird, aus und gibt
3m Schluß den Witwen eine Reihe von besonders für sie bestimmten Gebeten
in die Hand als Stütze und Kraftquelle für das in diesem Büchlein ihnen besonders
anempfohlene fromme Leben.

Indessen, tiefer angesehen, ist es ein recht fragwürdiges Büchlein. Der
Verf. entwickelt eine Art von Musterbild einer „frommen Witwe", das in einer
eigenartigen sentimental-erbaulichen Weise ausgemalt wird. Dadurch, daß vor
allem solche Witwen, die den Weg gleichsam einer wiedergewonnenen Jungfräulichkeit
gehen, als Musterbeispiele verwendet werden, wobei Maria, die
beides war, Semper virgo und doch Witwe, sich für diese Einstellung besonders
als Maßstab eignet, kommt in das ganze Bild der Witwe ein eigenartig unwirklicher
Einschlag hinein. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß
selbstverständlich auch an Witwen gedacht ist, die in selbständiger Berufsarbeit
und auch in der Kindererziehung einen fest umgrenzten irdischen
Arbeitskreis bewältigen müssen: auch sie werden in weitem Umfang auf den
Weg vor allem gesteigerter Andachtsübungen gewiesen. Dabei ist es merkwürdig
, wie wenig offenbar der Katholik imstande ist, gerade, was Maria an-
'angt, die biblische Wirklichkeit zu sehen. Seine Phantasie malt breit das Zusammenleben
von Maria und Jesus aus, wobei es an allen möglichen Postu-
iaten: so muß es gewesen sein, das wird sie getan haben, nicht fehlt. Das
wirklich Nachweisbare aber wird übergangen. Sie war ja eben grade nicht
die Seele der kleinen Frauengemeinschaft Luk. 8, 1. Daß zwischen ihr und
Jesus auch Spannungen bestanden (Joh. 2, 1 ff.), daß Jesus jede Einmischung
von ihrer Seite zurückgewiesen hat (Mc. 3, 31—35), das wird verdeckt. Zum
Schluß möchte ich noch betonen, daß auch einige gute Winke gegeben werden.
Zu ihnen möchte ich besonders den kleinen Abschnitt S. 35ff. über den Dienst
der Witwe am Nächsten rechnen, wo z. B. der Witwe die Aufgabe der mütterlichen
Betreuung berufstätiger Frauen ans Herz gelegt wird.

Heidelberg R. Hupfeld

K u h a u p t, Hermann: Abba Vater — Christliche Lehre vom Gebet. Freiburg
: Verlag Herder I1948J. 248 S. 8°. Kart. DM7.—.

Mühle, Hans: Tägliche Kraft durchs Vater Unser. Berlin: Ev. Verlagsanstalt
G.m.b.H. [1948]. 104 S. 8°. Kart. DM 2.50.

Es erscheinen immer mehr Arbeiten über das Gebet. Es
wäre nicht richtig, anzunehmen, daß die Bemühung um das
Gebet eine Art Flucht aus dem tätigen christlichen Einsatz
sei. Gewiß wird es Christen geben, die den Widerstand der
Welt zum Anlaß nehmen, um in die Liturgie und das Gebet
zu fliehen. Grundsätzlich gilt jedoch, daß die Hinwendung
zum rechten Gebet die Rückkehr zu den Quellen bedeutet.

Ohne diese Rückkehr aber ist ein christliches Leben in dieser
Welt weder denkbar noch möglich.

Die beiden vorliegenden Arbeiten sind einander völlig ungleich
. Die eine von einem römisch-katholischen Theologen,
die andere von einem evangelischen „Laien"; die eine theologisch
-theoretisch, die andere praktisch. Dennoch ist beiden das
ernste Bemühen um das rechte christliche Gebet gemeinsam.

Kuhaupt versucht eine umfassende Metaphysik und
Theologie des Gebetes zu entfalten. Beten heißt: In Liebe mit
Gott sprechen. Die Besonderheit des christlichen Gebets besteht
darin, daß wir das Wort der Liebe zu Gott ,,in Christus"
mitsprechen dürfen. Entsprechend dem thomistischen Grundsatz
, daß die Gnade die Natur vollende, wird zuerst das Wesen
des Gebets überhaupt, dann werden die Gestalten des Gebets,
nämlich das Lob-, Dank-, Bitt- und Sühnegebet dargestellt.
Parallel dazu erarbeitet der zweite Teil das Wesen des christlichen
Gebets und seine Gestalten: das christliche Lob-, Dank-,
Bitt- und Sühnegebet. Zum Schluß müssen auch das Gebet
zu Maria und den Heiligen als christliche Möglichkeit erwiesen
werden.

Der Verf. kommt zu theologischen Feststellungen, die auch für eine
evangelische Lehre vom Gebet beachtlich sind. Schon die Darlegungen, daß
das Sein des Menschen „Antwort-Sein" (S. 79) ist, und daß der Mensch nie
mehr Mensch ist, als wenn er betet (S. 77), ist eine Aussage der theologischen
Anthropologie, die sich aus Rom. 1 als richtig erweisen läßt. Ebenso müssen
wir seine Lehre beachten, daß das innergöttliche trinitarische Leben das Urbild
des Oebets und das Vorbild allen Betens sonst (S. 92) ist. Desgleichen entspricht
es unserer christologischen Erkenntnis, wenn der Verf. „in Christus
das ewige Urbild des Gebets" (S. 97) sieht. Wie Christus selbst das Geheimnis
des Christen ist, so ist Er, der selber Gebet ist, auch das Geheimnis unseres
Betens. Wenn es auch umöglich scheint, zunächst vom allgemeinen Gebet
überhaupt und dann vom christlichen Gebet als dem höchsten Sonderfall des
allgemeinen Gebets zu reden, weil Gott uns allein an und in Christus offenbart
, was rechtes Beten Ist, so können wir dennoch mit großer Zustimmung
lesen, was der Verf. über das „Gebet durch Christus im Heiligen Geiste zum
Vater" schreibt. Trotz der anderen Philosophie (Metaphysik!) liegt hier in
Wirklichkeit wohl auch für den Verf. der Ursprung aller Erkenntnis vom Gebet
: „Das Leben Christi ist wesenhaft Gebet, Wort der Liebe, im Heiligen Qeiste
hingesprochen an den Vater. So Ist auch das Leben des Christen, soweit er
in Christus ist, wesenhaft Gebet, Wort der Liebe, durch Christus Im Heiligen
Geiste mit hingesprochen an den Vater . . . Das Gebet durch Christus im
Heiligen Geiste zum Vater ist also der bewußte Vollzug christlicher Existenz
und ist darum das christliche Gebet schlechthin" (S. 169). Daß wir auf diese
Weise „in das innergöttliche Leben" (S. 177) aufgenommen werden, werden
wir auch vor allem auf Grund von Joh. 17 lehren müssen.

Ganz anders das Buch von Mühle, das den Menschen von
heute locken will, es wieder ernstlich mit dem Vaterunser zu
versuchen, um Kraft für das tägliche Leben zu gewinnen.

Es ist ein sehr persönliches Zeugnis, das auch eigene Gedichte enthält
und von Träumen und Erlebnissen anschaulich berichtet. Unter Anführung
von Beispielen und Anekdoten will es eine praktische Hilfe sein, daß ein jeder
in seinem Beruf als Hausvater oder als Hausmutter die rechte Zeit für das
Beten des Vater Unsers findet. Besonders ernst der Hinweis darauf, daß „alle
Gebete, die wir sonst sprechen, zugleich an unserer rein subjektiven Ausrichtung
leiden". „Dagegen wächst, je länger wir das Vater Unser beten, immer
mehr das Objektive, das Göttliche vor unserem inneren Auge" (S. 9). Die Auslegung
der sieben Bitten wünschten wir uns ein wenig exakter. Es könnte der
Anschein entstehen, als ginge es im Vater Unser mehr um unser Tun als um
Gottes Handeln. In der ersten Bitte bitten wir doch darum, daß Gott Seinen
Namen verherrlicht, in der zweiten Bitte, daß Er Sein Reich herbeiführe, daß
Er Seinen Heilswillen tue. Es müßte auch ganz klar gesagt werden, daß das
Gebet niemals ein Mittel zum Zweck sein kann.

Dennoch wird das Heft seinen Dienst tun können und
manchen Menschen auf den Weg bringen, wüeder das Vater
Unser mit der gesamten Christenheit auch in seinem Kämmerlein
ernsthaft zu beten und sein Leben danach auszurichten.

Erfurt H.Benckert

VON PERSONEN

Zum 70. Geburtstag von Johannes Leipoldt

am 20. Dezember 1950

überreichte der Dekan der Theologischen Fakultät Leipzig im Namen der
Fachkollegen die nachstehende Adresse:

Zur Vollendung Ihres siebzigsten Lebensjahres bringen Ihnen die unterzeichneten
Kollegen, Schüler und Freunde warme und herzliche Glück- und
Segenswünsche dar. Für viele nah und fern wird der festliche 20. Dezember,
wie zweifelllos auch für Sie selbst, ein Markstein dankbarer Rückschau sein.
Eine reiche Lebensarbeit gibt dazu gutes Recht.

Die bewährte Losung echter Geschichtsforschung „Ad fontes" hat für
Sie von Anfang an festgestanden. Eine ungewöhnliche Sprachbegabung ermöglichte
es Ihnen, neben den klassischen auch mehrere orientalische Sprachen
sich anzueignen. Ihre erste Liebe galt der ägyptischen Kirche. Als Herausgeber
der Vita und der Werke des Abtes Schenute von Atripe sowie der versehentlich
unter seine Werke geratenen sahldischen Auszüge aus dem achten Buche der
Apostolischen Konstitutionen haben Sie sich schon in jungen Jahren ein bleibendes
Denkmal gesetzt. In Ihren monographischen Arbeiten über jenen
strengen koptischen Archimandriten und Didymos den Blinden von Alexan-
dreia bewährten Sie Ihre reizvolle Kunst anschaulicher Charakterschilderung.