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Ausgabe:

1950 Nr. 12

Spalte:

739-740

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Petzelt, Alfred

Titel/Untertitel:

Nicolaus von Cues 1950

Rezensent:

Landgraf, Artur Michael

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 12

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wegen zu verknüpfen (S. 15), weil Luther an beiden Orten ,,Gewohnheit" übersetzt
hat. Dagegen 1. Kor. 15, 57 und 2. Kor. 2, 14 (beide Male „den Sieg geben
") stehen einander schon ferner (S. 232). Daß 2. Kor. 3, 18 gerade nicht
die Bedeutung „spiegeln" vorliegt und insofern der ganze auf dieser Übersetzung
aufgebaute Abschnitt „Die Spiegelung" (S. 38ff.) exegetisch in der
Luft hängt, wäre aus dem Theol. Wort. III S. 693f. zu ersehen gewesen. Was
mit dem „Wohlgefallen" Luk. 2, 14 genieint ist, kann auf S. 56 nicht deutlich
weiden. Zu unscharf und auch für den Laienleser mißverständlich ist die Bemerkung
zu Matth. 12, 24.26, es sei eine bedeutsame Eigenart des biblischen
Sprachgebrauchs, daß er von dem Wort „Teufel" die Mehrzahl bilde (S. 213,
238; das Probetestament hat Luthers Übersetzung „die Teufel" durch „die
bösen Geister" abgelöst). Zum Erstaunlichsten in dieser Beziehung gehört es,
daß der Verf. sich durch Luthers Übersetzung „über dir" in Ps. 91, 11; Matth.
4, 6 hat dazu verleiten lassen, hier die Anschauung von einem „Darüberstehen
", einer „Überschau", „Überlegenheit" vorzufinden und dies mit dem
Hölderlin-Wort „Der Baum und das Kind sucht, was über ihm ist" zu verknüpfen
(S. 113, 119, 184), während doch deutlich „für dich" (Menge), „deinet-
halben" (Zürcherbibel) gemeint ist.

So ist der Eindruck, den man, wenigstens als Exeget, von
dieser Schrift erhält, nicht einheitlich. Gern wird man anerkennen
, daß viele sehr feinsinnige Deutungen geboten werden.
Aber gegen die Art der Auslegung sind vielerorts bei Einzelheiten
, aber auch grundsätzlich die erwähnten Bedenken anzumelden
.

Bern Wilhelm Michaelis

Feine, Paul: Theologie des Neuen Testaments. 8., durchges. Aufl. 1. Lfg.

Berlin: Evang. Verlagsanstalt (Lizenzausgabe des J. C. Hinrichs Verlag,
Leipzig) 1950. XII, 144 S. gr. 8°. DM 5.25.

Auf die 6., überarbeitete Auflage dieses Buches (1934, besprochen
ThLZ 1935, 19), die 1936 einen Neudruck erfuhr,
folgt jetzt eine 8., durchgesehene Auflage. Der Betreuer hat
gewechselt, für E. Stauffcr ist K.Aland eingetreten. Uber die
leitenden Gesichtspunkte unterrichtet das Vorwort. Die Literaturangaben
wurden vervollständigt, die Zitate überprüft,
Fehler beseitigt. Doch auch sachliche Änderungen, teilweise
bedeutsamer Art, sind vorgenommen worden. Sie verheißen
Größeres, und das für kommende Auflagen erstrebte Ziel ist,
den im letzten Menschenalter in mannigfacher Hinsicht veränderten
Problemstellungen sowie den seither erzielten Fortschritten
der ntl.-theologischen Arbeit in vollem Umfang
Rechnung zu tragen.

Angesichts solcher Absicht, kann mau fragen, ob ein Buch
wie das von Feine eine ernstliche Bearbeitung von fremder
Hand überhaupt verträgt. Mau könnte meinen, daß derartige
Werke ihre Zeit gehabt, ihren Beruf erfüllt haben, und daß sie
heute durch andere Arbeiten, die aus der Problemlage der Gegenwart
heraus geboren sind, ersetzt werden sollten. Wer entscheidende
Fragen, wie sie dieses Jahrhundert gebracht hat,
als berechtigt anerkennt und wirklich Ernst mit ihnen macht,
muß sich notgedrungen von Feine entfernen. Dieser würde
niemals zugeben, daß Bultmanns Theologie des NTs ,,den
Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion zu bilden habe".
Und die Bemühungen der Form- und Traditionsgeschichtler,
die bisher „zwar eine Gegenbehauptung, aber keinen Gegenbeweis
" gefunden haben (S. 5), sind für ihn von jeher nur Versuche
mit unzulänglichen Mitteln gewesen. Von der Religionsgeschichte
im Großen gar nicht zu reden.

Doch die Entscheidung ist gefallen. Sie läßt sich aus den
herrschenden Bedürfnissen verstehen und vertreten. F.s Buch
mit seinem reichen Inhalt wird viel begehrt und das läßt den
Wunsch begreiflich erscheinen, ihm zu längerer Lebensdauer
zu verhelfen, indem man seineu Inhalt in Beziehung zur Gegenwart
bringt. Inwieweit das gelingen wird, kann erst die
vollendete Neugestaltung erweisen. Auf sie hat eine Besprechung
, die diesen Namen verdient, zu warten.

Göttingen Walter Bauer '

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Nicolaus von Cues. — Texte seiner philosophischen Schriften nach

der Ausgabe von Paris 1514, sowie nach der Drucklegung von Basel 1565.
Hrsg. v. Prof. Dr. Alfred Petzelt. Bd. I. Stuttgart: Kohlhammer [1949].
XXXVIII, 369 S. gr. 8°. Kart. DM 21.—.

Dieser erste Band der philosophischen Schriften des Cusa-
nus, dessen Textausgabe getreu nach den im Titel genannten
Drucken Dr. phil. M. Busse im wesentlichen hergestellt hat,
umfaßt: De docta ignorantia, De coniecturis, De Deo abscou-
dito, De quaerendo Deum, De filiationc Dei, De dato Patris
luminum, De Genesi, Apologia doctae iguorantiae, Idiota de
sapientia. Zweck derselben ist, den Studierenden zuverlässige
Texte an die Hand zu geben, nachdem die heutigen Bibliothekverhältnisse
die alten Drucke unverhältnismäßig, schwer zugänglich
gemacht haben und nachdem insbesondere die Art
des Nicolaus Cusanus eine lange dauernde Beschäftigung mit
seinen Gedankengängen fordert und so den Eigenbesitz der
notwendigen Texte wünschenswert macht. Besondere Anerkennung
verdient die Sorgfalt in der Textgestaltuug, die
jederzeit mühelos die Unterschiede zwischen den beiden
wiedergegebenen Drucken erkennen läßt.

A. Petzelt bemüht sich in einer Einführung die Ge-
dankengröße der Docta ignorantia und der coincidentia oppo-
sitoruin nahe zu bringen, sowie die Rechtfertigung der beiden
Sätze und den inneren Zusammenhang derselben aufzuweisen.
Man muß gestehen, daß dieser Versuch von achtuugsgebieten-
der Größe ist. Doch sei hier einmal grundsätzlich darauf hingewiesen
, daß Nicolaus Cusanus trotz aller Selbständigkeit ein
Kind seiner Zeit ist und darum auch aus dem Denken seiner
Zeit heraus verstanden werden muß. Es gälte darum, endlich
einmal den Lehrgehalt der spätscholastischen Philosophie und
insbesondere derjenigen Schule, aus der er hervorgegangen ist,
zu heben und von dort aus dann in das Lehrgebäude des Cusanus
einzudringen. Jede andere Methode bringt die Gefahr mit
sich, heutige Denkgrößeu in illegitimer Weise zu verwerten.

Hier sei nur darauf verwiesen, daß schon dem 12. Jahrhundert der Gedanke
der Docta ignorantia durchaus nicht unbekannt war. Gilbert Porreta
schreibt in seinem Paulinenkommentar zu Rom. 8, 28: Ideoque, si quid contra
quod oramus acciderit, patienter ferendo hoc potius oportuisse quod Dei, non
quod nostra voluntas habuerit, non dubitemus. Propter quod etiam Dominus,
cum humanam in se voluntatem transformans dixisset: transeat a me calix
iste, continue subiecit: verumptamen non quod ego volo, sed quod tu. Illam
autem unam, de qua propheta ait: unam petii a Domino etc., securi quidem
petimus. Verumptamen, quoniam ipsa est pax, que exuperat omnem sensum,
etiain ipsam petendo, quod oremus, sicut oportet, neseimus. [Am Rand:
Augustinus] Nam esse quidem, quod querimus, seimus, sed quäle sit, nondum
novimus. Que, ut ita dicatur, docta ignorantia, per spiritum, qui adiuvat
infirmitatem nostram, in nobis est. (Leipzig, Universitätsbibliothek, Cod. lat.
427 fol. 17v.)

Bamberg A. M. Landgraf

Vir Dei Benedictus. Eine Festgabe zum 1400. Todestag des heiligen Benedikt
. Dargeboten von Mönchen der Beuroner Kongregation. Hrsg. v. Abtpräses
Dr. Raphael Molitor, OSB. Münster: Aschendorff 1947. 339 S.,
1 Titelb. gr. 8°. Kart. DM 15.— ; geb. DM 17.50.

Das sehr geschmackvoll ausgestattete Buch umfaßt
14 Beiträge, in denen Mönche der Beuroner Kongregation
ihren Heiligen feiern. Ich verzeichne kurz Titel und Verfasser
der Aufsätze: 1. Vir Dei Benedictus (Molitor). 2. Laudes
Creatori nostro (Engberding). 3. S. Benedikt der Beter (Rebstock
). 4. Der Benediktinerorden in der Gegenwart (Hil-
pisch). 5. Anfänge des Benediktinertums (Molitor). 6. Der
Bauplan der Benediktinerregel (Buddenborg). 7. Die Regula
Benedicti als Quelle der Regula Magistri (Frank). 8. Die erste
Regula-Ausgabe der Bursfelder Kongregation und ihre Lesung
in der Prim (Volk). 9. Die Vision des heiligen Benedikt (Schaut).
10. Neue Parallelen zur Regel Benedikts aus Cyprian (Eizeu-
höfer). 11. Die Verehrung des hl. Benedikt im Mailändischen
(Heimmg). 12. Das innere Leben des Zönobiten nach Joh.
Cassiau und die Regel des hl. Benedikt (Rothenhäuslcr) .13. Die
vom Missale Romanum abweichenden Lesetexte für die Meßfeiern
nach dem Cod. Vat. Lat. 6082 (Dold). 14. Die ältesten
Zeugnisse für das Fest des hl. Benedikt am 21. März (Frank).
Wie schon die Ubersicht zeigt, empfängt der Leser eine Fülle
von Belehrung mönchs-, rechts-, liturgiegeschichtlicher, auch
religionspsychologischer Art. Die sauber gearbeiteten Auf-
Sätze beleuchten zugleich den im gegenwärtigen Benediktiner-
tum herrschenden Geist. Es ist bei den behandelten Gegenständen
nicht zu verlangen, daß viel wirkliches Neuland erschlossen
wird. Doch darf ich auf die interessanten Beiträge 4
und 9 hinweisen, zugleich diejenigen, die einein breitereu
Interesse begegnen dürften.

Jena Karl Heussi

St. Benedikt und unsere Zeit. Die Benediktus-Akademie der kath.theol.
Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 3. Dezember 1947
anläßlich des Benediktusjubiläums 547—1947. Hrsg. v. Prof. Dr. theol.
Ludwig Lenhart. Mainz: Kirchheim 11948]. 45 S., 4 Taf. 8°. DM 2.70.
Dies kleine Heft enthält Reden und Ansprachen, die bei
der durch zwei Ehrenpromotionen ausgezeichneten „großen
Benediktus-Akademie" der katholisch-theologischen Fakultät
Mainz anläßlich des 1400. Todestages des hl. Benedikt von
Nursia gehalten wurden. Wir treten beim Lesen sofort in eine
kulturgesättigte Atmosphäre. Den Hauptbeitrag der Sammlung
bildet die Rede des Abtes von Maria-Laach, Basilius
Ebel, über den hl. Benedikt und unsere Zeit. Sie skizziert sehr
ansprechend die Umwelt, das Charakterbild und die Schöpfung