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Ausgabe: | 1950 |
Spalte: | 641-646 |
Autor/Hrsg.: | Frick, Heinrich |
Titel/Untertitel: | Die aktuelle Aufgabe der Religionsphänomenologie 1950 |
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Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. KURT ALAND, HALLE-BERLIN
NUMMER II FÜNFUNDSIEBZIGSTER JAHRGANG NOVEMBER 1950
Spalte
Die aktuelle Aufgabe der Religions-
Phänomenologie. Von Heinrich Frick 641
Beiträge zum katholischen Lutherbild.
Von Heinrich Bornkamin............. 645
Der unbekannte Pestalozzi. Von Emst
Otto................................ 651
Karl Barths Geschichte der evangelischen
Theologie im 19. Jahrhundert.
Von Martin Schmidt................. 653
Balthasar: Prometheus (W. Schultz)..... 669
Barth: Die protestantische Theologie im
19- Jahrhundert (M. Schmidt).......... 653
Bonhoeffer: Ethik. Zsgest. u. hrsg. von
E. Bethge (Jannasch).................. 677
Bosch, Hieronymus. [Werke.] Text von
Jean Leymarie (Wessel) ............... 672
Dessauer: Mensch und Kosmos (Oloede) .. 673
Erben: Picasso und die Schwermut (Strasser) 672
Oerke: Der Trierer Agricius-Sarkophag
(A.M.Schneider)...................... 671
Haug: Die Wirklichkeit des Heiligen Geistes
— heute! (Hupfeid)................... 682
Spalte
Hermelink: Katholizismus und Protestantismus
im Gespräch zwischen den Konfessionen
um die Una Sancta (Fendt) .... 680
Hessen: Luther in katholischer Sicht.
2. Aufl. (H. Bornkamm)................ 645
Horstmeier: Albert Schweitzer (Mulert) .. 668
Jelke: Die Religion (Redeker)............ 674
Kierkegaard: Tagebücher. Ausgew. und
übers, von E. Feuersenger (Gloege)...... 676
Kraemer: Die christliche Botschaft in einer
nichtchristlichen Welt (Knak)........... 685
— The Christian Message in a Non-Christian
World (Knak)........................ 685
Lind: Albert Schweitzer zum 75. Geburtstage
(Mulert)......................... 668
Lortz: Die Reformation als religiöses Anliegen
heute (H. Bornkamm)............ 645
Maiworm: Die Familie Jesu (Jeremias) ... 668
Menoud: Le sort des trepasses d'apres le
Nouveau Testament (Stählin) .......... 665
Müller-Oangloff: Vorläufer des Antichrist
(Buhre).............................. 674
Pantschowskl: Der „Widerspruch" zwischen
Religion und Ethik (Noack)....... 680
Spalte
Schaaf: Über Wissen und Selbstbewußtsein
(Redeker)............................ 677
Schernpp: Evangelische Selbstprüfung
(Burgwitz)........................... 683
Seaver: Albert Schweitzer als Mensch und
als Denker (Mulert).................... 668
Strathmann: Das Neue Testament
(Preisker)............................ 668
Stückelberger: Christliches Handeln
(Dilschneider) ........................ 679
Vogels: Novum Testamentum Graece et
Latine. Pars altera: Epistulae et Apocalyp-
sis. Editio tertia (Nestle)............... 665
Berichte und Mitteilungen:
Alttestamentliches aus dem Briefarchiv
von Mari (Schmökel) ................. 689
Bausteine und Vorarbeiten zur Fortführung
und Neuaufstellung Gregorys Oesamtliste
griechischer Handschriften des
Neuen Testamentes (Maldfeld).......... 690
Zeitschriftenschau:
Altes Testament VI (Steinborn)......... 695
Die aktuelle Aufgabe der Religionsphänomenologie
Von Heinrich Frick, Marburg/Lahn
Um in Kürze zu einem konkreten Ergebnis zu kommen,
erlaube ich mir, weniger eine These als vielmehr eine Fragestellung
herauszuarbeiten. Ich bediene mich deshalb eüies
Schemas, und zwar der bekannten mathematischen Logik:
*• Voraussetzung, 2. Behauptung, 3. Beweis.
i. Zunächst die Voraussetzung: Selbstverständlich
sind deren so viele, daß nach Zahl und Gehalt diese Voraussetzungen
mehrere Sondererörterungen verlangen würden.
Ich beschränke mich auf ein Beispiel. In seinem bedeutenden
Werk „Anatomy of peace" hat Emery Heaves (deutsch im Ver-
pg Rowohlt) den scharfen Satz an die Spitze gestellt, daß die
heutige Menschheit hinsichtlich des Friedensproblems in einem
Ptoleinäischen Weltbild stecke, während es in Wirklichkeit
höchste Zeit geworden sei, eine kopeniikanische Wendung zu
vollziehen. Genau dasselbe ist richtig für unsere Religionswissenschaft
.
Jeder von uns, besonders wir Theologen, stehen in Gefahr,
«B einem ptolemäischen Bild von Religion stecken zu bleiben.
■Aber die Zeit ist gekommen, die kopeniikanische Wendung
vorzunehmen, einen neuen Horizont ms Auge zu fassen. Was
soll das heißen ? Nun, wir haben bisher wesentlich Religionswissenschaft
in einer betont neutralen Haltung getrieben.
Natürlich ist es wahr, daß die Wissenschaft objektiv sein
muß. Der Wille zur Objektivität ist die Erkennungsmarke
°-es Wissenschaftlers.
Aber es erhebt sich die Frage, ob die Aufgabe damit erfüllt
ist. Sind etwa Objektivität und Neutralität identisch ?
Ist diese Gleichsetzung nicht eüie ganz große ethische Gefahr
und eben deshalb auch Gefahr für den Geist der Wissenschaft
selbst ? Wir wissen aus dem Dritten Reich, wie bequem es sein
kann, eine falsche Neutralität mit Berufung auf Objektivität
2u entschuldigen. Bleibt also nicht doch ein ungelöster Rest ?
Und ist nicht vielleicht dieser Rest gerade das, worauf es
heute ankommt? Heute, d.h. in einer Generation, in welcher
über die ganze Erde hin, durch die gesamte Menschheit eigentlich
nur noch drei Hauptformen von religiöser Entscheidung
A..t spjte die radikale Gottlosigkeit
und mehr als das, die öffentliche Religionsbekänipfung. Zum
zweiten im begreiflichen Gegensatz dazu eine Fülle sich auf
sich selbst besinnender, dabei auf sich selbst zurückziehender
o rganisierter Religionen, die die Eülbuße an offentlichem
Einfluß kompensieren möchten durch gesteigerte Intensität
nach innen — kämpfende Minoritäten. Schließlich an dritter
Stelle eine ziffernmäßig nicht faßbare, immer schwankende,
sehr große Anzahl von Menschen in allen Schichten und Völkern
, die unentschieden hin- und hergerissen wird zwischen
traditionellen Ehrfurchtsgefühleii einerseits — und anderseits
Religionsentwöhnuiig, Religionsabsterben, Religionsbekämpfung
, genährt durch Hunger, durch Katastrophen aller
Art, nicht zuletzt durch die an sich sympathische, aber gefährliche
Neigung zum Radikalismus, wofür z.B. in Westdeutschland
der heute grassierende Skeptizismus der Jugend eine Vorstufe
bilden kann. Angesichts dieser Voraussetzungen erhebt
sich in allem Ernst die Frage, ob die eingangs skizzierte „Neutralität
" wissenschaftlicher Haltung weiterhin ausreicht, insbesondere
auch, ob sie noch in der traditionellen Form sittlich
gerechtfertigt ist.
Es folgt 2. die Behauptung. Es kommt heute wesentlich
darauf au, einzusehen, daß die entscheidende Diskussion planetarisch
, also nicht mehr auf einen Kulturkreis oder auf ein
einzelnes Religionsgebiet begrenzt ist (formale Ausweitung
des Blickes), und ferner, daß inhaltlich der Kernpunkt in
der Entscheidungsfrage überall derselbe geworden ist, nämlich
die Auseinandersetzung mit dem spezifischen Kulturelement
der „Moderne".
Was soll das heißen ? Die erste wichtige Einsicht scheint
mir die planetarische Weite, also die geographische Einschränkung
der Problematik zu sein. Im Grunde geht es heute
über den ganzen Erdball hin um genau die gleiche Kernfrage.
Das ist historisch gesehen ein Novum. Denn bisher ist die
Kultur- und Religionsgeschichte der Menschheit in einer Mehrzahl
geographischer Bezirke vor sich gegangen. Im Kern war
jeder Bezirk autark oder wollte es wenigstens sein. Gewiß gab
ncn nur uocii arei "f^^Srftel&e «SUkele Gottlosigkeit | es Fäden zwischen China und Indien, zwischen Indien und
relevant sind. Aur der eint." °
641 642
U:S.TüB.
25 JAN. 1951