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Ausgabe:

1950 Nr. 10

Spalte:

607-608

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Harms, Klaus

Titel/Untertitel:

Die falschen Propheten 1950

Rezensent:

Jannasch, Wilhelm

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Seite 1

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607

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 10

608

so daß er als „begnadeter Trotzer" und „Gottes Bote Sein
Urteil über die Weltgeschichte kundtut" und mit dem sieghaften
Hymnus des 3. Kapitels schließen kann.

Gegen diese Sicht ist nichts einzuwenden; im Gegenteil,
es ist gut und recht, das Buch so zu sehen und es damit für
die Verkündigung fruchtbar zu machen. Allerdings macht W.
es seinen Lesern nicht leicht. Der Stil ist eigenwillig und oft
geschraubt, die Sätze mitunter lang (S. 12/13 findet sich ein
Satz von fast 14 Reihen) und vollgestopft mit theologisch zugespitzten
Formulierungen und fremdsprachigen Einsätzen.
Manche Sätze muß man dreimal durchlesen, bis man sie versteht
, und von einem flüssigen Lesen kann keine Rede sein.
Als hinderlich für das letztere habe ich auch die Manier des
Großschreibens aller Worte empfunden, die etwas mit Gott zu
tun haben (S. 19: „Existieren für Ilm Selber eigentlich Sein
Recht und Sein Gebot"!); unsere Bibeln und Gesangbücher
tun das nicht, warum denn der Ausleger ? Als Uberschrift des
Abschnittes 1, 5—n ist das Wort Godegisil gewählt; was das
ist, erfährt der Leser nicht, und nicht jeder bringt das Wissen
und die Kombinationsgabe auf, es zu verstehen. Immerhin
zeigt die ganze Arbeit, daß der Verf. auch im außerfachlichen
Schrifttum in erstaunlicher Weise zu Hause ist, wie das Buch
überhaupt den Leser in die großen geistigen, theologischen und
kirchlichen Zusammenhänge hineinstellt.

Eine eigene Ubersetzung wird der Auslegung beigefügt.
W. sagt selbst von ihr: „Die folgenden Ubertragungsversuche
wollen nicht das hebräische Versmaß wiedergeben, sondern
lediglich in der Art und Weise unserer deutschen Sprache auf
die Poesie Habakuks aufmerksam machen" (S. 9). Die Ubersetzung
ist von einer eigenartigen Komprimiertheit, die das
Prophetische des Stiles zum Bewußtsein bringt, andererseits
aber oft auf Kosten der deutschen Sprache geht. Eigengeprägte
Worte kommen vor und haben gewiß ihr Recht; aber daß
„Wuchtung" für massa sich einbürgere, wird man nicht
wünschen!

Von Einzelheiten: Sind Jesaja und Jeremia „eigentlich
doch wohl hauptberufliche Priester" ? (S. 8). Daß Lüthis Haba-
kukauslegung dem Verf. nicht zu Gesicht gekommen ist, ist
schade.

Kiel H. W. Hertzberg

Harms, Klaus: Die falschen Propheten. Eine biblische Untersuchung.
Güttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1947. 59 S. gr. 8°. DM 2.80.

Das Vorwort der Arbeit ist vom Sonntag Laetare 1945
aus einem französischen Kriegsgefangenenlager datiert, wo
der Verf., zum Lagerpfarrer bestellt, in einem kleinen Einzelzimmer
seine Vorstudien — lediglich auf Grund der Lutherbibel
— hat machen und seine Ergebnisse hat niederschreiben
können. Für die merkwürdige und reiche Geschichte der
Kirche in der Kriegsgefangenschaft oder im Interniertenlager,
zugleich für die Tatsache und die Möglichkeiten theologischer
Arbeit unter der Voraussetzung des Fehlens unserer normalen
Hilfsmittel, wird die Schrift von Harms immer ein wichtiges
und dankenswertes Dokument bleiben. In der gegenwärtigen
Lage der Kirche könnte ich sie mir als gutes Hilfsmittel denken
für die gemeinsame Arbeit in häuslichen Bibelkreisen oder
auch in einer kleinen aktiven Bibelstundengemeinde; denn die
Frage nach dem Ursprung und Wesen des falschen Propheten-
tums, von der der Verf. ausgeht, führt tatsächlich in die Tiefe
des Alten Testaments und ist zugleich geeignet, den unauflöslichen
inneren Zusammenhang des Neuen Testamentes mit
dem Alten zu verdeutlichen (obwohl mir das eine Kapitel
über falsches Prophetentum im Neuen Testament zu sehr nur
Anhang zu sein scheüit und m. E. mit Unrecht auf neue Gesichtspunkte
verzichtet). Gewundert hat es mich, daß der
Verf. ein so entscheidendes Stück wie Jer. 23, gff. nicht
stärker ausgeschöpft hat. Wichtige Erkenntnisse der ersten
Kapitel hätten von da aus weitergeführt werden können, und
die Gefahr, der der Verf. im Fortgang seiner Arbeit nicht ganz
entgeht, bei dem Verhältnis der falschen und der rechten Propheten
einer Schwarzweißmalerei im Sinne der Chronik zu
verfallen, wäre dann vielleicht gebannt worden.

Aber es ist wohl nicht recht, bei der Anzeige einer unter
so beengten Verhältnissen entstandenen Arbeit mit dem Verf.
über Einzelheiten zu streiten. Sehe ich aufs Ganze, so könnte
ich ihn nur bitten, sein fruchtbares Thema nicht liegen zu
lassen, sondern es im Interesse der theologischen Besinnung
und der bibellesenden Gemeinde noch einmal anzupacken,
nun unter Ausnutzung all der Möglichkeiten, die die theologische
Arbeit „in Freiheit" uns bietet. Er wird vermutlich in
noch ganz anderer Weise, als der Rezensent beim Lesen und
Durchdenken seiner Schrift, die Erfahrung machen dürfen,
was es für uns bedeutet, daß wir in der Regel unsere Theologie
nicht in der Vereinzelung und nur mit dem Luthertext treiben

müssen, sondern daß wir in der großen Arbeitsgemeinschaft
mit denen stehen, die vor uns und neben uns geforscht und
geirrt, aber doch auch gehört und gesehen haben.

Mainz Willi. Jannasch

KIRCHENGE SCHICHTE: ALLGEMEINES

[Peeters:] Mflanges Paul Peeters. I, II. Bruxelies: Societe des Bolian-
distes 1949—1950. 508 S., 3Taf.; 500 S., 4 Taf. = Analecta Bollandiana
Tomes LXVII et LXV1II. Belg. Fr. 450.—; $ 10.—.

An dieser schönen und reichhaltigen Festschrift für den
8ojährigen unermüdlichen Forscher Paul Peeters haben sich
66 hervorragende Gelehrte verschiedener Länder beteiligt und
in ihren Beiträgen ihre ehrfurchtsvolle Dankbarkeit für den
Gefeierten bekundet. Da ihre Ausführungen vielfach neue
Wege und neue Erkenntnisse zeigen, sollen sie im Folgenden,
in Gruppen zusammengefaßt, gekennzeichnet werden.

1. Bibel. Vincent, Leon-Hughes: L'auteldesholocaustes
et le caractere du temple d'Ezechiel (I 17—20, Tafel) erklärt
neu die vielumstrittene Beschreibung dieses Brandopferaltars
bei Ezech. 43, 13—17, wobei er sich an Albrights Hinweis auf
Assyrien anschließt und die einzelnen Bezeichnungen verständlich
macht.

2. Geschichte. Dvornik, Fraucois: Photius et la reor-
ganisation de l'acaderuie patriarcale (II 108—126) unterscheidet
die Akademie der Wissenschaften von der theologischen
Schule. Diese hat lange Zeit eine bescheidene Rolle
neben Alexandreia und Nisibis gespielt. Im 7. Jahrhundert erscheint
Stephanos von Byzanz als oikumenikos didaskalos und
etwas später Georgios Choiroboskos mit der gleichen Bezeichnung
. Die Bilderstreitigkeiten fügten der Schule großen Schaden
zu. Photius hat dann nach dem Konzil vom Jahre 780 die
Schule erneuert und in der Apostelkirche einen Ort für das
höhere Studium geschaffen. Leib, Bernhard: Jean Doukas,
Cesar et moine. Son jeu politique ä Byzance de 1067 a 1081
(I 163—180) gibt ein anschauliches Bild der Wirren in der
zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Higgins, Martin, J.: Note
011 the Emperor Maurice's military Administration (I 444—446)
zeigt, daß unter Maurikios die militärische Rechtsprechung in
Armenia IV dem magister militum per Orientem übertragen
wurde, und daß die Soldaten sich selbst ausstatten mußten.
Lemerle, Paul: Recherches sur les institutions judiciaires a
l'epoque des Paleologues (II 318—333) schildert den Einfluß,
den das Tribunal des Patriarchats ausgeübt hat, vor allem
nach F. Miklosich und J. Müllers Aktensammlung, deren
Mängel er wohl kennt. Auf Grund von Einzelentscheidungen
werden Grundsätze, Gesetze und Kanones gebildet, nach denen
man entschied.

3. Kirchengeschichte. Ryckmans, Gonzague: La
mention de Jesus dans les inscriptions arabes preislamiques
(I 63—73) erklärt zu der Behauptung von F. V. Winnett 1941,
daß ,,yt'" (nabatäisch yt'w) in vorchristlicher Zeit kein
Gottesname war. Die Prüfung der Inschriften ergibt, daß im
besten Falle damit eine astrale Gottheit gemeint sein kaiin.
Zeiller, Jacques: Legalite et arbitraire dans les persecutions
contre les chretiens (I 49—81) beweist au dem Bericht des
Eusebios über Lyon im Jahre 117, daß der römische Beamte
genau nach den Grundsätzen Trajaus verfuhr, obwohl die
Volksleidenschaft mit ihrem Haß zur Beschleunigung und
Ausweitung beigetragen hat. Lebreton, Jules: La source et le
caractere de la niystique d'Origene (I 55—62) fhidet die Quelle
der Mystik des Origenes in den Passionen der Märtyrer, in
denen sich die innige Verbindung mit Christus vollzieht.
Origenes erlebte dies in seiner Jugend, also ist seine Mystik
kein Ergebnis der Spekulation wie bei Plotinos. Nautin,
Pierre: Deux iuterpolations orthodoxes dans une lettre d'Arius
(I 131—141) weist zwei solcher Einschübe in dem Briefe des
Arius an Eusebios von Nikomedien (bei Epiphanios, Panarion,
und Theodoretos, Hist. eccl.) nach. Lefort, Louis-Theophile:
Du uouveau „De virginitate" attribue ä S.Athanase (I 177—
bis 182) zeigt, daß bei Hieronymus, De viris illustr. 87 „plu-
riini (libri)" auf das vorhergehende „de virginitate" bezogen
werden kann, was koptische Schriften, vor allem Fragmente
des Schenute in cod. Paris. Copte 130, 2 fol. 85 f. mit ihren
Angaben von mehreren Schriften des Athanasios über diesen
Gegenstand beweisen. Richard, Marcel: Saint Basile et la
mission du diacre Sabinus (I 178—202) beweißt, daß Sabiuus
zu der Unterschrift des Briefes „Confidimus" von Athanasios
veranlaßt und an Basileios von Kaisareia in Sachen des
Meletios gesandt worden ist. Altaner, Berthold: Augustinus
und die neutestamentlichen Apokryphen, Sibyllmen und Sex-
tussprüche (I 236—248) zeigt, daß Augustinus folgende Schriften
genau gekannt hat; das lateinische Protevangelium Jacobi,