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Ausgabe:

1950 Nr. 9

Spalte:

547

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Miller, Athanasius

Titel/Untertitel:

Die Psalmen 1950

Rezensent:

Allgeier, Arthur

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547

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 9

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Nebiim. S. 60: Der Ort des Arnos heißt Tequoah. S. 65: „Die
prophetischen Scharen und Schulen waren die geistige Heimat,
ans der die meisten der großen Propheten stammen". S. 61:
Ahab wird ins 8. Jahrhundert gesetzt. S. 103: Die Verbrennung
der Handschrift des Jeremia vollzieht sich in der
Zeit nach der ersten Golah. S. 108: Zur Zeit von Jer. 26
,.lebte noch der fromme Josias". S. 126: Als Jahr der ersten
Golah erscheint 596 (S. 159: 597). Diese Häufung kann man
kaum als Versehen bezeichnen. So legt man das Buch, dessen
Gedankengang man sich nicht ungern anvertrauen möchte,
doch mit sehr zwiespältigen Empfindungen aus der Hand.
Kiel H. W. Hertzberg

Wagenhäuser, p. Erhard, oesa.: Singet dem Herrn ein neues Lied.

Hilfsbüchlein zum neuen lateinischen Psalterium. Regensburg: Gregorius-
Verlag 1949. 169 S. kl. 8°. Pp. DM3.50.
Miller, Athanasius, OSB.: Die Psalmen nach dem neuen im Auftrag von
Papst Pius XII. hergestellten lateinischen Wortlaut. Lateinisch und deutsch
mit kurzer Erklärung. —■ Mit den Cantica des Römischen Breviers und einem
Anhang. 15. Aufl. Freiburg: Herder [1949]. XIV, 544 S. kl. 8°= Ecclesia
Orans. Zur Einführung in den Geist der Liturgie, begründet von Dr. Ildefons
Herwegen f. weitergeführt v. Basilius Ebel. Lw. DM 12.50.

1. Aus diesem Hilfsbüchlein würde der einfache Psalmenleser
, der sich auf das Lateinische beschränkt und sich auch
da mit dem Wortverständnis wesentlich zufrieden gibt, mehr
Nutzen schöpfen, wenn die Wörter am Ende aus praktischen
Gründen noch einmal alphabetisch geordnet zu einem Glossar
vereinigt worden wären. Der Verf. steigt freilich tief herunter,
wenn er es für notwendig findet, bei Psalm 94, 1 zu acclamare
zurufen, zu petra Fels, zu 4 obdurare verhärten u. a. zuzufügen
und bei Psalm 86, 3 die Quantität anzumerken accen-
sere. Man fragt, warum nicht bei Psalm 86, 4 viritim; 138, 11
caligo; 80, 4 bücina. Psalm 2, n obsequim praestare bedeutet
nicht: willfährig sein, sich fügen, sondern: huldigen und 118, 16
dilatare nicht das Herz weit machen, d. h. Freude, Mut und
Kraft verleihen, sondern: ausweiten, d. h. die Enge aufheben,
befreien. Auch die neue Ubersetzung beansprucht nicht, in
allem vollkommen zu sein, weil keine Ubersetzung diesen Anspruch
zu erfüllen vermag.

2. Auf die Ubersetzung des neuen Sekretärs der Bibelkommission
warten die katholischen Theologen schon seit
Jahren, weil die deutsche Bearbeitung der Psalmen des Breviers
in der Ecclesia orans von 1920 sich in weiten Kreisen
vorteilhaft eingeführt und in drei Jahren nicht weniger als
zehn Auflagen erfahren hat. Schon damals, wo die Vulgata
zugrunde gelegt werden mußte, versuchte der Verf. an vielen
Stellen eine Verbesserung nach dem hebräischen Grundtext,
was allerdings dem Werk stellenweise einen uneinheitlichen
Charakter verlieh. Der Zwang ist jetzt, nachdem das Psalterium
Planum erschienen ist, weggefallen, und die Absicht, den
Psalter möglichst in der ursprünglichen Fassung wiederzugeben
, ist durch die Neuordnung vom 25. März 1945 wesentlich
erleichtert worden. Die Ubersetzung will nicht sowohl die
Pianische Version verdeutschen, als wie bisher dem Originaltext
folgen; nur unter wesentlicher Berücksichtigung der
nevien Ubersetzung. So erklären sich die wiederholten Bemerkungen
, daß die hebräische Fassung so oder so laute, daß
andere anders übersetzen usw. Stark unterscheidet sich:

2, 11 Servite Domino in timore et exsultate ei;

cum tremore praestate obsequim illi
wird wohl das Versehen doppelt kontaminiert:

In Ehrfurcht dient dem Herrn und huldigt ihm,

und unter Zittern seid ihm Untertan.
Bei Psalm 4, 9 vermißt man den entscheidenden Nachdruck
darauf, daß der Beter, sobald er sich hinlegt, in Frieden
einschlafen kann:

In pace, simul ac decubui, obdormisco.

So leg ich mich in Frieden nieder, schlaf in Ruh'.
Vortrefflich sind die einführenden Worte über das Psal-
menbeten, worunter die Bemerkungen über die Fluchpsalmen
besonderer Beachtung wert sind. Neben A. Beas Behandlung
des Problems in der lichtvollen Einführung in den neuen Psalter
wird der Belehrung und Erbauung suchende Betrachter
aus dieser Einleitung Nutzen und Anregung gewinnen.

Freiburg/Br. A. Allgeier

Ney rand, Josephus, S. j.: Grammaticae Aramaicae Biblicae Compen-

dium. (Ad usum privatum) tertio edidit L. Semkowski, S.J. Rom: Ponti-
ficium Institutum Blblicum 1948. 32 S. gr. 8°. L 300.—.

Ein praktisches Hilfsbüchlein zur ersten Einführung ins
Biblisch-Aramäische, das in stetem Vergleiche mit dem Hebräischen
und Syrischen betrachtet wird: ein Umstand, den der

Theologe gewiß ebenso dankbar begrüßen wird wie die Ubersichtstabellen
der Flexion und den beigegebenen Abdruck der
biblisch-aramäischen Stellen der Heiligen Schrift und das Verzeichnis
einschlägigen Schrifttums. Angesichts der immer noch
schwierigen Beschaffung anderer Lehrbücher ist das Büchlein
hochwillkommen und wird auch bei uns nützliche Verwendung
finden können.

Hamburg Bertold Spul er

NEUES TESTAMENT

Heiler, Friedrich, [Prof. D. Dr. DD.]: Der Vater des katholischen Modernismus
Alfred Loisy. (1857—1940.) München: Federmann (bisher Erasmus
-Verlag) 1947. 252 S., 1 Titelb. gr. 8°= Ernst Reinhardt Bücherreihe.
Pp. DM 18.—.

Alfred Loisy starb kurz vor dem Einmarsch der deutschen
Truppen in Paris am i. Juni 1940 im Anbruch einer Katastrophe
, die er in seinem Älterswerk La crise morale du temps
present et l'education humaine (1937) als „die große Krise der
europäischen Kultur" kommen sah, „die nach seiner Auffassung
durch die dogmatischen Systeme der christlichen Kirchen
einerseits und die verschiedenen totalitären politischen
Systeme . . . andererseits hervorgerufen wurde" (S. 172).
L'Osservatore Romano lieferte am 29. 6. 1940, Nr. 149, S. 3
den dazu passenden Nekrolog (S. 207—209). Dessen letzte
Sätze lauten:

„Als einziges Licht für die Draußenstehenden bleibt die große, lichtvolle,
unendliche Barmherzigkeit, die der Mensch mit seinem eigenen Licht nicht ermessen
kann und die, während sie ihm verbietet zu verdammen, ihm erlaubt
zu hoffen nach der von St. Paulus formulierten Regel: Charitas omnia sperat.

Angesicht zu Angesicht mit dieser göttlichen Barmherzigkeit könnte
Alfred Loisy sich selber wiedergefunden haben, wie er als Jüngling im großen
Seminar zu Chälons war, als ein glühender Mystiker, ein Verehrer der Eucharistie
und der heiligen Jungfrau, ein Verehrer des großen Mystikers von Assisi!
Im Lichte des Ewigen wird er dann das entdeckt haben, was die Wissenschaft
ihm so viele Jahre verweigert hat; und auch dieses arbeitsame, abgekämpfte,
abgequälte Wesen wird in Gott zuletzt seinen Frieden gefunden haben."

Heiler hat diese Biographie des großen Forschers wohl
nicht zuletzt auch deshalb geschrieben, damit wir aus Loisys
eigenem Munde noch einmal vernehmen, wie konsequente
Wissenschaft beglücken kann und dem Frieden gibt, der vielleicht
nichts mehr für eine von ihm als imperialistisch verstandene
Kirche, aber nicht wenig für die mit einem geheimnisvollen
Urgründe verbundene Menschheit zu hoffen wagt,
weil er weiß, was frei macht. Loisy hat wohl hart gekämpft,
aber die Exkommunikation (1908) war für den loyalen Abbe
eine Befreiung. Er war weder „abgekämpft", als er starb, noch
„abgequält". Das erlebten die Teilnehmer des anläßlich seines
70. Geburtstags 1927 in Paris abgehaltenen Kongresses für
Geschichte des Christentums (S. 199—205). Der „Vater des
französischen Modernismus" (so nannte ihn Sabatier) war sowohl
über den Modernismus als über die Kirche hinausgewachsen
. Das Christentum wurde ihm ähnlich wie Ernst
Troeltsch der Weg zur Religion des Geistes, nachdem ihm,
dem religionsgeschichtlichen Forscher und Erforscher der
naissance du christianisme (1933), die mythologischen und
magischen Elemente seiner Mutterreligion historisch deutlich
geworden waren. Uber Jesus sagt er dort: „Jesus wurde
kurzerhand abgeurteilt, kurzerhand hingerichtet; er starb in
den Qualen, und seine Leiden werden kaum andere Zeugen
gehabt haben als seine Henker" (Heiler, S. 145). Das sind in
der Tat klare Aussagen. Sie sind nicht möglich ohne eine sehr
kritische Analyse der Evangelien und ohne ein historisch-
kritisch gewonnenes Gesamtbild der Entstehung des Christentums
. Der Lehrstuhl, den einst Renan am College de France
innegehabt hatte, ermöglichte Loisy seit 1909 den Abschluß
einer so viele Jahre umfassenden Forscherarbeit, nachdem
seine beiden großen Kommentare, der zum 4. Evanglium und
der Synoptikerkommentar, 1903 und 1907 herausgekommen
waren. Exkommuniziert wurde in Wahrheit nicht der Gelehrte
, sondern seine Methode, die Methode der historischkritischen
Exegese. Loisy selber war nur konsequent. Das forderte
die Konsequenz seines Gegners heraus. Loisy war auch
darin konsequent, daß er, weil er keinen theologischen Maßstab
für den geschichtlichen Entwurf des Christentums finden
konnte, überall dort zum Mittel der Quellenscheidung griff,
wo ihn das Theologische störte, z. B. im Römerbrief. Auch
Heiler gebraucht in diesem Zusammenhang das Wort „Hyper-
kritik". In Wahrheit ist Loisy in einem tieferen Sinne durchaus
im Recht. Gerade er liefert durch seine Konsequenz den
Beweis für die dann durch R. Bultmann gestellte Aufgabe,
die Forderung der Entmythologisierung der neutestament-