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Ausgabe:

1950 Nr. 9

Spalte:

521-534

Autor/Hrsg.:

Hermelink, Heinrich

Titel/Untertitel:

Catholica und Una Sancta 1950

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 9

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scher Zeit aus Tripolitanien bezeugt ist1, dazu noch der
Sonnengott mit der ungewöhnlichen Bezeichnung „Sonne der
Ewigkeit"2 und schließlich „der ganze Kreis der Göttersöhne
", d. hi der untergeordneten göttlichen Wesen ihrer

') Levi della Vida, Libya 2 (1927), S. 105ff., Nr. 13 (freundlicher
Hinwels von Johannes Friedrich). Auf die Analogie dieser Gottesbezeichnung
zu dem ynsi n:p TpSf von Gen. 14, 19. 22 hat schon

Dussaud aufmerksam gemacht (Syria 8 11927], S. 365). Daß es sich In der
neupunischen Inschrift um einen rein lokalen ..Besitzer des Landes" handeln
sollte, wie der Herausgeber annahm, war von vornherein unwahrscheinlich
und wird es vollends durch den um fast ein Jahrtausend älteren Text von
Karatepe. — Zu vergleichen ist wahrscheinlich auch die aramäische Gottcs-
bezelchnung P"Ofl)P5N in Palmyra: Cantineau, Syria 19 (1938), S. 78f.;
Seyrig, Memorial Lagrange (1940), S. 54; Littmann, Orientalla N. S. 11
0 942), S. 293; Eißfeldt, Oriental. Literaturzeitung 45 (1942), Sp. 432;
Levi della Vida, Journal of Biblicai Literature 63 (1944), S. lff.; Rivista
degll Studi Orientall 21 (1946), S. 247f., der mit Recht für ein hohes Alter
dieser Gottesbezeichnung eintritt.

') Auch in den Fluchformeln der 131-Inschrift und der ersten In-
schritt von Nerab wird der Sonnengott (ohne Zusatz zu seinem Namen) ge-

Sphäre1. Sie als die Schöpfer und Hüter der kosmischen Ordnung
sind dazu berufen, auch das Werk des Königs als einen
Bestandteil dieser Ordnung anzuerkennen und seinen Schutz
gegen jede Störung oder gar Zerstörung durch Menschen zu
übernehmen. Die natürliche und die geschichtliche Welt, jede
durch einen besonderen Kreis von Göttern repräsentiert,
streben letztlich zur Einheit.

nannt; gerade die Sonnengötter pflegen ja überall In besonderem Maße Hüter
des Rechts zu sein. — Die Ubersetzung der bis jetzt meines Wissens nur In
unserem Text belegten Sonderbezeichnung übü «S'Cra mit „Sonnengott
der Ewigkeit" wird trotz der bekannten Unsicherheit hinsichtlich des jeweiligen
Bedeutungsumfangs des Wortes ü'bs dadurch empfohlen, daß im Schlußsatz
dieses Textes (T IV 1—3) dem Namen des Königs ein Bestand Dhpb
„gleich dem Namen der Sonne und des Mondes", also doch wohl „für die Ewigkeit
" gewünscht wird (vgl. oben zu T III 5f.;Psalm72, 5; 89, 37f.). Man denke
auch an den D31^ von Beersaba (Gen. 21, 33); über Ilm R.Kittel,
Die hellenistischen Mysterienreligionen und das Alte Testament (1924), S. 76ff.

') Diese Gattungsbezeichnung findet sich ebenso Psalm 29,1; 89,7;
ähnlich Gen. 6, 2. 4; Hiob 1,6; 2,1; 38,7 und in den Texten von Ugarlt.
Zur sprachlichen Form vgl. Welt des Orients 4 (1949), S. 284.

Cafholica und Una Sancta

Von Heinrich Hernielink, München

Bei allen Gesprächen zwischen Katholiken und Protestanten
kommt man immer wieder auf das Konzil von Trieut
zurück, das von unseren katholischen Gesprächspartnern mit
seinen Feststellungen als ein „Geschenk" empfunden wird,
..das die katholische Kirche der Reformation Luthers verdankt
". So sind die neuerlichen Arbeiten von katholischer
Seite über das Konzil sehr zu begrüßen, die auf Grund der
neuen Edition der Goerresgesellschaft (Diarien durch S. Merkle
Tom. i und ii, 1911; Akten i durch St. Elises Tom. V, 1911;
Briefe i durch G. Buschbell Tom. x, 1916; Traktate durch V.
Schweitzer Tom. xii, 1930) seit der letzten protestantischen
Untersuchung von Hanns Rückert („Die Rechtfertigungslehre
auf ölem Tridentinischen Konzil", 1925) von den katholischen
Geehrten e. Stakemeier und H. Jedin aufgenommen worden
smd. Noch vor Jedins Gesamtdarstellung, deren erster Band
soeben erschienen ist, hat E. Stakemeier nach mehreren Voruntersuchungen
über „Glaube und Rechtfertigung" (1937) und
über den „Kampf um Augustin auf dem Tridentinum" (1937)
eine Arbeit herausgebracht mit dem Thema „Das Konzil von
Trient über die Heilsgewißheit"1, die zur Jubiläumsfeier des
Konzils, das im Dezember 1545 eröffnet wurde und im Dezember
1563 schloß, ausgesprochenermaßen der vorurteilsfreien
und friedlichen Auseinandersetzung zwischen den Konfessionen
dienen soll, unter Berufung auf die von Papst
lJius xii. zum Konzilsjubiläum ausgesprochene Hoffnung, daß
die vom Apostolischen Stuhl Getrennten „sich ein richtiges und
mit der Geschichte übereinstimmendes Urteil über jene bedeutsamen
Ereignisse bilden mögen, deren Gedächtnis jetzt
begangen wird". „Füge es unser Gott, daß sich in unseren
Zeiten verwirkliche, was Du einmal verheißen hast: daß ein
Hirte und eine Herde werde".

Schon in der Studie über „Glaube und Rechtfertigung" im Trienter
Konzil war Stakemeier davon ausgegangen, die Darstellung nach den drei
theologischen Schulen des Thomismus, Skotismus und des Augustinismus aufzuteilen
. In Fortsetzung dieser Methode beginnt er auch die neue Untersuchung
damit, die Stellung der drei theologischen Schulen zur Frage der
Heilsgewißheit festzustellen. Die Thomisten vertraten die Lehre ihres Meisters,
des heiligen Thomas, wie sie von Kardinal Cajetan erklärt worden war. Darnach
kann der Gerechte außer durch eine Privatoffenbarung über seinen
Onadenstand keinerlei Glaubensgewißheit haben. Eine moralische Gewißheit
des Gnadenstandes kennt Thomas und lehrt ausdrücklich, daß diese Gewißheit
einer Steigerung fähig ist bis zu einer gewissen Vollkommenheit der
kindlichen Liebe, die in uns bewirkt werde; aber aus diesen Erfahrungen
darf nach der einhelligen Meinung aller Thomisten die eigentliche Glaubensgewißheit
nicht erschlossen werden. Anders ist die skotistische Stellungnahme
zur Frage der Gnadengewißheit. Der Doctor subtilis folgert sie aus der Wirkung
des Sakraments, bei dessen Empfang der Christ seines Helles sicher sein
darf. Von Gabriel Biel ist dagegen die Gnadengewißheit mit einer Schärfe abgelehnt
worden, die bei äußerer Anlehnung an Thomas weit über diesen hinausgeht
. Doch war der Nominalismus schon in vorkonziliarer Zeit von der erneuerten
Schultheologie zurückgedrängt worden und machte sich auf dem
Konzil kaum bemerkbar. Ein einziger Theologe, der Bischof der Kanarischen

•) Stakemeier, Adolf, Dr. theol.: Das Konzil von Trient über die

HeilsgewiCheit. Heidelberg: Kerle 1947. 223 S. 8». Kart. DM4.40; geb.
DM 5.80.

Inseln Antonius de Cruce, war Nominalist, dessen Anschauungen allgemein
abgelehnt wurden.

Viel bedeutsamer war die Augustinerschule, deren kleine aber geistig
regsame Gruppe von Hieronymus Seripando, dem Augustinergeneral, geführt
wurde. In all seinen Darlegungen über Erbsünde und Rechtfertigung schließt
er sich aufs engste an Augustin an. Auch in der Frage der Heilsgewißheit gibt
er augustinische Gedanken wieder. Zum Olauben müssen Hoffnung und Liebe
hinzutreten; so erst wird er Glaube an Christus, der uns die Beruhigung gibt
im Kampf des Lebens. Die vollkommene Gewißheit unseres Heils gehört der
vollkommenen Gerechtigkeit des anderen Lebens an, wo die Beglerlichkeit gänzlich
überwunden und vernichtet, wo der Kampf dem endlosen Frieden der
Ewigkeit gewichen ist. So steht auch die Augustinerschule der Glaubensgewißheit
der Reformatoren ablehnend gegenüber, zu denen nun übergegangen
wird in Entwicklung der Lehre Luthers und Calvins. Mit Recht wird hier betont
, daß Luthers Stärke „die fast künstlerisch-geniale Intuition" war, mit
der er den Glauben als Ganzes in Ablehnung jedes Synergismus erfaßte. Die
Heilsgewißheit ist eine Pflicht, ja die wichtigste, entscheidende Pflicht unseres
Christenlebens; aber sie ist weit entfernt von jeder pharisäischen Sicherheit.
Sie ist gläubiges Vertrauen, das Gottes Werk in uns schafft. Durch das Wort
der Gnade (was mehr hätte betont werden dürfen) und nicht aus unserem Gefühl
folgt die Sicherheit des Heils als ein Werk des Heiligen Geistes. Die Gewißheit
der Prädestination ist für Luther kein Ausgangspunkt, sondern sie ist
eingeschlossen in der Heilssicheihelt, die der Dens revelatus durch das Wort
in uns schafft, während Calvin von der gloria Dei ausgeht, die im doppelten
Dekret sich auswirkt und die unsere unbedingte Unterordnung unter Seinen
Heilsratschluß erfordert. Rechter Glaube, Gewißheit der Rechtfertigung und
Gewißheit der Vorherbestimmung fallen für ihn zusammen und daraus ergibt
sich die Pfllchtmäßigkeit, an das eigene Heil zu glauben.

Im folgenden Kapitel über die Auffassung des Konzils von der Lehre
Luthers über die Heilsgewißheit wird festgestellt, daß eigentlich nur zwei
Konzilsväter sich der lutherischen Lehre stark genähert haben: Julius Conta-
rini, Bischof von Beiuno, der Neffe des berühmten, schon 1542 verstorbenen
Caspar Contarini, der auf eine Verständigung mit den Protestanten bedacht
war; und Thomas Sanfelice von La Cava, der wie kein anderer die Rechtfertigung
in psychologischer Lebendigkeit und auffallender Übereinstimmung
mit Lutiiers Darstellung des erschrockenen und von Gott im Fiduzialglauben
getrösteten Gewissens beschrieben hat. Contarini hat nach dem 20. Juli 1546
die Konzilsstadt verlassen, in der er sich nicht wohl fühlte; und Sanfelice ist
schon vorher nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem hand- und
glaubensfesten Bischof Grecchetto (Dion. Zannettino von Chiron) am 17. Juli
aus dem Konzil ausgeschlossen worden.

Es werden nun in gründlicher Einzelausführung die Verhandlungen über
die Gnadengewißheit mit den Schicksalen der einzelnen Entwürfe verfolgt,
bis am 15. Oktober 1546 die Theologenberatungen und darnach die Beratungen
der Väter über das neunte Kapitel des Dekretentwurfs vom 5. November 1546
beginnen, und bis zum Kompromiß im Beschluß des 17. Dezember 1546, daß
keine der Schulmeinungen verurteilt werden soll. Trotz Seripandos Unzufriedenheit
mit der Behandlung der Fragen durch die beiden großen Schulen
und ungeachtet eines Vorstoßes seitens der Vertreter des religiösen platoni-
sierenden Humanismus, eine rein schriftgemäße Behandlung der Gnadengewißheit
durchzusetzen, einigten sich die verschiedenen Schulen am 9. Januar
1547. Die skotistische Partei hat einen fast völligen Sieg errungen. Die Thomisten
tun mit, nachdem man ihnen den Satz eingeräumt hat, daß niemand wissen
kann, daß er Gottes Gnade erlangt hat. Das Kompromiß gipfelt in dem Satze:
Niemand kann seiner Begnadigung gewiß sein certitudine fidei, cui non potest
subesse falsum.