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Ausgabe:

1950 Nr. 8

Spalte:

489-490

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Devreesse, Robert

Titel/Untertitel:

Le patriarcat d'Antioche 1950

Rezensent:

Thomsen, Peter

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 8

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Heilung alles Menschenwesen nicht zu versäumen" (S. 201). Aber auf der
anderen Seite bleibt es doch, mit Karl Müller zu reden, „bedeutsam genug,
daß schon auf dieser ersten Synode in solchem Maß Unwahrhaftigkeit und
Fügsamkeit ihr Wesen getrieben haben" (KCl I, l3 S. 408). — Übrigens glaubt
V'erf. nicht an ein zweites Zusammentreten des Konzils im Jahre 327 und hält
eine römische — ich würde sagen: abendländische — Herkunft des iuoovaios
'ür wahrscheinlich.

H v. ^C^r k'ar und bestimmt ist wieder das Bild des öffentlichen
Lebens gezeichnet, wie es sich im Zeichen der konstantmischen
Staats- und Kirchenpolitik weiter entwickelte. Eine
gewisse Stabilisierung, auch gegen die äußeren Feinde, ist erreicht
; auf verschiedenen Gebieten, z. B. des Münzwesens,
kommt es zu beachtlichen Fortschritten. Aber die „Verstaatlichung
der Gesellschaft" und die Bürokratisierung und Militarisierung
des Staates schreiten fort. Der Verfall der bürgerlichen
Freiheit und des kommunalen Lebens, die beginnende
Feudalisierung der oberen und das Hörigwerden der unteren
Stände ist auf die Dauer nicht aufzuhalten, und die Korruption
der Verwaltung wurde durch die anders gemeinten Maßnahmen
K.s womöglich noch gesteigert. „Wir sind versucht
zu fragen, ob ein Reich in so trostloser Verfassung . . . überhaupt
verdient, gerettet zu werden" (S. 123). Die Kirche wird
mit dieser Ordnung der Dinge zunächst fest verbunden, ja
gerade sie wird zu einem tragenden Pfeiler des kaiserlichen
Absolutismus. Nur so viel wird man sagen können, daß der
.,rohe Materialismus" in der Öffentlichkeit durch ihre Herrschaft
gebrochen ist und manche Härten des sozialen Lebens,
wie K.s Gesetzgebung zeigt, durch ihren Einfluß gemildert
Werden. Wir hätten hier gerne noch einige grundsätzliche Ausführungen
über die Bedeutung der religiösen Unabhängigkeit
und der Askese gehört, die in den Stürmen der folgenden Jahrhunderte
eine entscheidende Kraft wurden.

Abschließend hebt der Verf. die Bedeutung hervor, die
die Reichskirche gegenüber dem Germanentum gewinnt. In
der Germanenpolitik sind die Leistungen K.s, wie gegen
Stauffenberg betont wird, zwar nicht zu überschätzen; erst
Theodosius, „der Freund der Goten und des Friedens" ist nach
dieser Seite hin der „Vollender des koustantinischen Werks".
Aber weltgeschichtlich gesehen hat K. doch zuerst „die von
unten aufsteigenden Mächte zum Zuge gebracht und in Verbindung
gesetzt, das Christentum und das Germanentum",
und die Fortführung der antiken Tradition in einem christlichen
Europa ruht so „ganz wesentlich auf der Tat K.s, des
großen Brückenbauers der Weltgeschichte".

Heidelberg H. v. Campenhausen

Devreesse, Robert: Le Patriarcat d'Antiochedepuis lapaix de l'eglise

jusqu'ä la Conquete arabe. Paris: Librairie Lecoffre J. Gabalda et Cie.
'945. XX, 340 S., 11 Kt. = Etudes Palestiniennes et Oricntales. Fr. 900.—.

Mit diesem ansehnlichen und inhaltreichen Werke beginnt
der Verf. eine Reihe von Büchern, in denen die Geschichte
der byzantinischen Patriarchate behandelt werden
soll. Seit etwa 20 Jahren hat er sich darum bemüht, die einzelnen
Vorgänge in der Zeit von Konstantinos d. Gr. bis zur
arabischen Eroberung zu klären, und dabei erfahren, daß die
schriftlich erhaltene Überlieferung nicht genügt, sondern durch
die Ergebnisse der archäologischen Forschung ergänzt werden
muß. So ist es ihm, dem genauen Kenner aller dieser Dinge,
gelungen, in fesselnder Sprache das darzustellen, was sich
über die Kirche von Antiocheia, ihr Werden und ihre Entwicklung
sagen läßt. Im Vorwort zieht er die großen Linien
der Entwicklung, die von vornherein durch die mit Konstantinos
begonnene Einstellung der Kaiser zur Kirche, durch das
in Athanasios zum besonderen Ausdruck gelangende Übergewicht
Ägyptens verhängnisvoll beeinflußt war und dann
durch die Angriffe der Perser und Araber in schlimmster Weise

beeinträchtigt wurde.

Auf Grund seiner umfassenden Kenntnisse schildert der
Verf. die Wirren der arianischen Kämpfe und die in ihnen
hauptsächlich beteiligten Persönlichkeiten, die Konzilien und
Synoden, widmet dann Antiocheia selbst mit seinen christlichen
Denkmälern, seiner eigenartigen Bevölkerung, seinen
Patriarcheu und seiner kirchlichen Organisation das Kap. VIII
und fügt daran die Teilnehmerlisten der einzelnen Konzilien.
Damit ist eine sichere Grundlage für die Verbesserung des vielfach
veralteten le Quien geschaffen. Mit Kap. X beginnt
die Einzelbeschreibung der Provinzen von Isaurieu-Kilikien
bis Mesopotamien, veranschaulicht durch die Karten, die auch
die wichtigsten Römerstraßeu enthalten. In den Bistümern
w-erden alle bekannt gewordenen christlichen Inschriften und
Denkmäler sorgsam verzeichnet. (Die wichtigsten Angaben
für die Hagiologie hat Fr. Halkin in den Mölanges Paul
Peeters zusammengestellt. Besondere Beachtung verdient
auch die neue Datierung des Laterculus Veronensis S. 47

Anin. 1.) Auf den Seiten 241—282 bietet der Verf. das Wesentliche
einer Abhandlung über Araber-Perser und Araber-
Römer, Lachmiden und Ghassaniden, in Vivre et Penser 2
(1942), S. 261—307, und damit ein eindrucksvolles Bild der
verwirrenden Gestaltungen und Kämpfe im Osten des römischen
Reiches. Schließlich wird die Notitia Antiochena eingehend
behandelt, wobei die Forschungen von E. Honig-
maun (Byzant. Ztschr. 25, 1925, S. 60—88) dankbar verwertet
werden, nicht aber seine geschichtliche Einordnung der
Notitia (S. 312 „C'est un faux compose au IXe siecle . . .").
Den Schluß bilden sehr dankenswerte Listen der datierten
Inschriften, Indices der kirchlichen Ortschaften, der Patriarchen
, Metropoliten und Bischöfe sowie ein allgemeiner Index.
Aufrichtige Bewunderung wird jeder Benutzer des Werkes der
gewissenhaften und mühsamen Arbeit des Verf.s spenden und
ihm für reiche, zuverlässige Belehrung danken. Das Buch ist
von einem so hohen Standpunkt geschrieben, daß sich gegen
die Ergebnisse, auch im einzelnen, kaum etwas einwenden
läßt. Hoffen wir nur, daß Palästina, das leider hier nur nebenbei
behandelt wurde, in einem der folgenden Bände ausführlich
geschildert wird.

Folgende kleine Versehen möchte ich nur anmerkeji, jedoch nicht in der
Absicht, damit den Wert des Werkes irgendwie antasten zu wollen. S. 2 Z. 3
v. u. fehlt in „rapporte" ein p. S. 79 Z. 4 v. u. fehlt in „Ulis" ein 1. S. 109 Z. 7
v. u. lies „triclinia" für „trielinia". S. 166 Z. 2 v. u. lies „278" für „78". S. 178
Z. 13 v. U. lies „418" für „478". S. 221 Z. 3 v. u. lies „Riv(ista)" für „Rev(ue)".
S. 225 Z. 8 v.u. lies „illustrandas" für „illustrandos". S. 226 Z. 13 v.u. lies
„BCH 24 (1900)" für „BCH 1897". S. 227 Z. 19 v.u. lies „iptxov/ov" für
„rttmoyxov". S. 230 Z. 3. v. u. muß „RB. 1933, p. 247" hinter „inscriptions"
gesetzt werden. S. 235 Z. 15 v. u. lies „2160" für „2159"; Z. 4 v. u. faßt
PRENTICE 1908 S. 296 als Siglum für „a/irjV. S. 236 Z. 11/12 v. o. die hier
angezogene Inschrift ist keinesfalls christlich. S. 238 Z. 1 v.u. lies „2502"
für „2505". S. 242 Z. 11 v. U. lies „Sextus Rufus Festus" für „Sextus Rufus" ;
Z. 8 v. u. und S. 292 Anm. 2 lies „Johannes Laurentii Lydus" für „Lydus".
S. 243 Z. 1 v. u. lies „S. 381 Nr. 297" für „281". S. 244 Z. 2 v. u. lies „LXXIX"
für „LXXX". S. 301 Z. 8 v. u. lies „96" für „6". S. 322b Z. 23 v. u. ergänze
„43 n. 2". S. 331 b Z. 6 v. u. ergänze vor „115" noch „19". S. 337b Z. 22 v. o.
ergänze „30, 245" vor „246". S. 338a Z. 23 v. u. ergänze „246" nach „29, 34".
S. 339b Z. 20 v.o. lies „32—4" für „32—3; Z. 22 fehlt „Saraceni 246".
S. 340a Z. 19 v.o. fehlt „Th£andrites 44; b Z. 4 v.u. fehlt „Zeus 43"; Z. 5
v.u. fehlt „Zekike 245" und „Zenobie 245". Zum Teil sind diese Versehen
durch das Papier veranlaßt, dessen Beschaffenheit wenig der Bedeutung des
Werkes entspricht. Die Umschrift der Namen ist nicht immer befriedigend.
Wer soll S. 183 in Etherius einen At&fpioe, S. 195 und 199 in Christophe einen
Christophoros erkennen? S. 183 Z. 9 v.u. durfte bei „Rev. archeol. 1897"
die Bandzahl 30 nicht fehlen, wie es sich überhaupt empfiehlt, bei Zeitschriften
nicht nur den Jahrgang, sondern auch die Bandzahl anzugeben, da die Zählung
durch den Krieg oft genug in Unordnung geraten ist.

Dresden Peter Thomsen

Kornemann, Ernst: Weltgeschichte des Mittelmeer-Raumes. Von

Philipp II. von Makedonien bis Muhammed. 2 Bde. Hrsg. von Prof. Dr.

Hermann Bengtson. Bd. II. Von Augustus bis zum Sieg der Araber.

München: Biederstein Verlag 1949. VIII, 563 S., 6 Abb., 4 Kt. im Text,

16 Kt. auf Beihl. gr. 8°. Lw. DM32.—.

Der zweite Band von Kornemanns letztem großen Werk
ist um so interessanter, als er einen Bogen über eine Epoche
spannt, die sonst meist nicht zusammenhängend geschildert
wird. Wir haben die römische, die byzantinische Geschichte
für sieh dargestellt bekommen, und dann wieder die des Araber-
tums. Hier sehen wir eines aus dem andern folgen, sich entwickeln
, ausbreiten und verfallen. Zuletzt wird noch em kurzer
Überblick bis zu Friedrich II. von Hohenstaufen hin gegeben:
zu dem Manne, in dem sich cäsarische und deutsche, hellenische
und orientalische Uberlieferung noch einmal unvergeßlich
verkörpert hat; das Werk schließt mit einer Malmung an
Europa, „die Mutter so vieler Welten, dem von der Unvernunft
seiner Kinder das Grab geschaufelt wird, anstatt ihm
in einer neuen Gemeinschaft eine andere und bessere Zukunft
zu geben". Wirklich kann man aus einem Werk wie diesem,
wo mau die Wellen der Völker sich berühren und sich mischen
sieht, verstehen lernen, daß es Wahn und Vorurteil ist, wenn
irgendein Volk, und sei es das mächtigste, allein aus sich bestehen
will. Andererseits aber auch, daß es im Leben der
Menschen wie der Völker die starken Individualitäten sind,
nicht die mit verwischten Zügen, durch die eine Weltkultur
reich und eigentümlich wird.

Es ist ungewöhnlich fesselnd, den Verf. die Geschichte der
„zwei Schwestern", Hellas und Persien, von denen er im ersten
Baude zu erzählen anfing, durch alle Abwandlungen verfolgen
zu sehen. Das Hellenische, nachdem es in Athen, und dann im
Weltreich Alexanders die bestimmende Macht geworden war,
durchdringt das Römertum, setzt sich mit ihm auseinander,
wird durch einen Augustus zurückgedrängt, durch einen