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Ausgabe:

1950 Nr. 8

Spalte:

477-482

Autor/Hrsg.:

Rost, Leonhard

Titel/Untertitel:

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften 1950

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 8

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vom Kreuz. Diese Offenbarung ist Geschichte insofern sie Im
Leben der verschiedenen Verfasser des NT wiederholt wird:
Sie nehmen wie Christus das Kreuz auf und sind so seine
Zeugen; der Botschaft geben sie dabei jeweils eine neue Form
entsprechend dem kulturellen Hintergrund, aus dem sie stammen
. Eine existentiale Auslegung des NT.
8-t. Proksch, Theologie des Alten Testaments. 1. und 2. Lieferung.

Gütersloh: Bertelsmann 1949. 384 S.

P. bringt das alttestamentliche Material zunächst in geschichtlicher
Form zur Darstellung (hiervon ist bisher der
Hauptteil erschienen), dem die theologische Darstellung folgen
soll. ,,Alle Theologie ist Christologie" (S. i). Die geschichtliche
Betrachtungsweise ist durch den Begriff einer ,,Geschichtstheologie
" gekennzeichnet: Der gekommene Christus
ist das Ziel des AT, der wiederkommende das des NT. Beide
Testamente sind durch „Kausalität" und „Analogie" miteinander
verbunden. „Die gesamte in Christus gipfelnde Glaubenswelt
ist aus demselben Geist geboren ..." (S. 15).
85- Snaith, n. h.: The distinctive ideas of the Old Testament. London

1944. Philadephia: Westminster 1946. 251 S.

Bei der Untersuchung von AT-Begriffen wie Heiligkeit,
Gerechtigkeit, Bund usw. betont S. den hebräischen Charakter

der biblischen Sprache und des biblischen Denkens. Er ist mit
andern der Meinung, daß der spätere griechische Einfluß dem
Wesen des christlichen Glaubens schädlich war.

86. Stauffer, e.: Die Theologie des Neuen Testaments. Stuttgart u.
Berlin: Kohlhammcr. 2. Aufl. 1949. 357 S. (1. Aufl. 1941.)

St. ist der Meinung, daß man die Geschichte des Urchristentums
nicht als einen „epigenetischen Prozeß" beschreiben
dürfe, da „die christologischen Sätze und Formeln
der Urkirche nach ihrem entscheidenden Inhalt ... in der
Selbstinterpretation Jesu Christi" „präformiert" gewesen
seien (S. 231 f.). Von hier aus entwickelt St. eine christozen-
trische, heilgeschichtliche NT-Theologie, in der er den Einfluß
der AT-Apokalyptik für entscheidend hält.

87. Vriezen, Th.: Hoofdlijnen der theologie van het Oude Testament.
Wageningen: H. Veeninan & Zonen 1949. 302 S.

Nachdem V. zunächst auf die Fragen: Die christliche
Kirche und das AT, das AT als Wort Gottes u. a. eingeht,
charakterisiert er die Botschaft der Bibel (AT und NT) als
die Offenbarung der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen,
die ein Geschenk Gottes ist. Unter diesem Aspekt werden die
verschiedenen Teile der alttestameutlichen Theologie zur Darstellung
gebracht.

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften

12. Bemerkungen zum neuen Habakkuktext

Von Leonhard Rost, Berlin

Jiie mit Spannung erwartete Veröffentlichung der Jesaja-
"andschrift und der Habakkukrolle aus dem Besitz des syrischen
Markusklosters durch Miliar Burrows, John C. Trever
u"dWilliam H. Brownlee1 ermöglicht eine gründliche Beschäftigung
mit diesen Texten. Für die Jesajarolle liegen bereits
eine ganze Reihe von textvergleiclienden Studien und
sonstigen Untersuchungen vor2, für die Habakkukrolle nur
eine Transliteration des ersten Kapitels und eine Ubersetzung
Ganzen3. So ist es vor allem notwendig, einiges über die
habakkukrolle zu sagen. Daß sie in 13 Spalten, von denen
16 letzte nur noch vier Zeilen enthält, geschrieben ist und besonders
am unteren Rand gelitten hat und viele Lakunen
aurch Wurmfraß enthält, ist bekannt. Sie bietet den Text
TTh abakkuk von cp. 1, 2—2, 20, also mit Ausnahme der
Überschrift die beiden ersten Kapitel, aufgeteilt in einzelne
. .atze oder auch in Stücke, die über den Umfang eines Verses
Jiinausgelien mit zwischeneingeschobenem "rajs, was man
kaum als Kommentar, sondern als Erläuterung oder Auslegung
•TO Sinne einer Aktualisierung des Habakkuktextes verstehen
muß4. So interessant diese aktualisierende Exegese ist — man
vergleiche dazu die Meinung des Gelehrten Andre Dupont-
Sornmer5 —, so soll doch hier nur auf den Habakkuktext
selbst eingegangen werden. Rechnet man die Uberschrift 1, 1
und das ganze Kapitel 3 ab, die beide in der Rolle fehlen, sind
nur etwas über 71% des Textes erhalten. Uber 28% sind dem
Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, vor allem dadurch, daß der
untere Rand der Rolle weithin vernichtet ist. Das Fehlen des
dritten Kapitels könnte die Frage aufwerfen, ob es damals
noch nicht zum Buch gehört hat, oder ob es als Gebet nicht
in die Auslegung hat einbezogen werden sollen und deshalb
absichtlich weggelassen worden ist. Meiner Ansicht nach hat
die zweite Möglichkeit mehr Wahrscheinlichkeit für sich. Für
die Uberschrift ist am Anfang nicht genügend Raum vorhan-

') The Dead Sea Scrolls of St. Mark's Monastery. Volume I: The Isaiah
Manuscript and the Habakkuk Commentary. Edited for the Trustees by Miliar
Burrows with the assistence of John C. Trever and William H. Brownlee.
Published by The American Schools of Oriental Research. New Häven 1950.
XXXIII Seiten + 61 Tafeln mit gegenüberstehender Transliteration.

*) Vgl. z. B. BASOR 112; 113, S. 24ff. Ferner Johannes Herrmanns Vortrag
auf dem Theologentag 1950 in Marburg und Sukeniks Ausführungen in
rnn23 TftXBS I und II. Siehe auch ThLZ74 (1949), 91 ff., 221 ff.

') Nur kurz soll auf den Deutungsversuch der aktualisierenden Auslegung
durch M. Andre Dupont-Sommer vor der Academie des Inscriptions et Belles-
Lettres zu Paris am 26.5. 1950 hingewiesen werden, über den ich mich dank
der Hilfsbereitschaft eines Kollegen aus dem Manchester Guardian vom 27. 5.
1950 unterrichten konnte. Er setzt die Abfassung in das Jahr 41 v. Chr., sieht
die Eroberung Jerusalems durch Pompeius und die folgenden Wirren erwähnt
und nimmt an, daß die Rollen zwischen 66 und 70 n. Chr. verborgen worden
seien. Vgl. jetzt R. Dupont-Sommer, Observations sur le Commentaire d'
Habacuc decouvert pres de la Mer Morte. Paris 1950.

') Vergleichbar ist etwa die Bearbeitung von Nah. 1, 2—9 In Jer. 49.

") Siehe Anm. 3.

den, auch nicht, wenn man sie auf ein bloßes pi^n
beschränkt. Daß die Prophetie unter Habakkuks Namen umlief
, ist aus VII, 1 ersichtlich, wo sein Name in der Auslegung
erwähnt wird. Und nun der Text selbst! Wie in der Jesaja-
handschrift finden sich mehr matres lectioni als im mt; aber
es tritt fast nur i auf und zudem fast nur in Wörtern mit
langem Vokal: fcWbd) 1. 2. 6. 13. 17; 2, 3. 4. 5bis. 6; ^«d i, 9
(mt nbs)- 10; 2' 5 bis- 8. 17. 20 (dazu die einzige Ausnahme
in kurzer Silbe obl3 in 2, 6); Q"p8 1- 7', 1, 8; iniD

1, 11; imbab i. ynnb r- I7: myav» 2, 1; mmbn

2, 2; a-Qi sin 2, 3; nbsns »"d rmör 2- 4; ■atir 2, 8.
17; rrrap 2, 10; nra 2, 12; trentbn 2, i3; u^ 2, 3
(mt rran); tpp'n 2, 7; rwprona 2> 7 (mt ^ptyna);
Toyii 2,13; nrnsh 2,15; rweia 2-l8'- th:t> 2,18. wie in

der Jesajahandschrift wird 13 — mit einer Ausnahme in der
Auslegung IVa 2 —mit schließendem ^. also 503 gesclirieben:
1, 6. 16; 2, 3bis. 5. 11. 14. i8bis. Infigiertes 5* zeigt sich in
der Schreibung mjnjgp 1, 6, der in der Auslegung tfwrrng
IIa 13. III 9. IV 5. VI 10. IX 7 und einmal OPtron I11 5
gegen sonstiges q^j zur Seite treten. Auch das aus der
Jesajarolle bekannte j-j am Suffix der 2. m.s. begegnet hier:

ro^t^ra 2, 7; narva 2, 10; pdtüdd 2, 10; ro^b? 2, 16;

n3*nH3 2, 16; ebenso tritt fj in der 2. m.s. Perf. auf:

nrr>m 2, 7 (mt rnvn); nrnbua 2- 8; pray* 2, 10;

nr^aia 2, 16. Dagegen fehlt das n am Schluß des Suff. 2.
und 3. PI. und'selbst in dem einzigen Fall, in dem mt pI72na
hat, bietet die neue Handschrift nr"Q i> 16. Und wenn eben
auf der einen Seite eine Reihe von Piene-Schreibungen herausgestellt
werden konnten, so zeigt sich auf der anderen Seite,
daß die neue Handschrift au nicht wenigen Stellen defektive
Schreibungenhat, wo sich im mt die Piene-Schreibung findet.
So fehlt der "Vokalbuchstabe i in b?2rP *» *7i der Vokalbuchstabe
1 in t32m *. 13; tauay 2,6; «^yi 2, 13 (mt

«ipjvq) und rj^n 2, 15. Eigenartig ist der Ausfall des ^ vor
Suffix der 3. m.s. wie in naiS TIE"131 1, 8; 2, 5 bis;

"bv2 2> 6> während Tbl?1 in üblicher Weise geschrieben ist.
Das -[ locale fehlt bei Qifp 1,9; für HOPflH des mt lesen wir
1. 14 TDPIXV Umgekehrt stellt 2, 8 nribwi-

Die bisher behandelten Varianten zeigen eine ziemliche
Regellosigkeit und Willkür in der Setzung der Vokalbuch-
staben i und 1 und der Anfügung eines n als Zeichen einer
vokalischen Endung. Interessant sind m. E. dabei die
Fälle, in denen das Suffix der 3. Pers. sing, defective geschrieben
i.st, da damit bei maskulinen Substantiven die Suffix-
form am Plural mit der am Singular graphisch zusammenfällt
. Das n als Zeichen einer vokalischen Endung könnte an

') Ohne die Parallelen könnte es auch als aufgefaßt werden.

. 1

2) So emendiert BHKS.