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Ausgabe:

1950 Nr. 8

Spalte:

457-468

Autor/Hrsg.:

Leisegang, Hans

Titel/Untertitel:

Deutsche Nietzsche-Literatur 1945-1950 1950

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Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 8

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Die Person Gottes, der da redet, und das Wort zeigen an, daß
wir solche Kreaturen sind, mit denen Gott bis in Ewigkeit
und unsterblicher Weise reden wolle"1.

Hier wird am Grenzbegriff der Unsterblichkeit deutlich
gemacht, wie sich die Kontinuität der menschlichen Person
selbst durch den Tod hindurch hält; aber höchst charakte-
nstischerweise weicht diese Bestimmung der Kontinuität
grundsatzlich ab von der Blickweise des Ontologismus, der
jene Kontinuität durch eine unzerstörbare „unsterbliche"
oeelensubstanz garantiert und gegeben sieht; höchst charak-
Wnstischerweise besteht jene Kontinuität vielmehr in der
beschichte mit Gott, die um Gottes Treue willen niemals
mehr abreißen kann. Solange ich diese Treue glaubend im
u8e behalte und nicht auf dem ontischen proprium meiner
1? s*ene> 'st meine Kontinuität auf der Horizontalen ge-
SJj?1" Und daß es eine Kontinuität der Kirchengeschichte
gibt — von den Patriarchen und Propheten an bis zu der Gemeinde
des Jüngsten Tages — liegt einmal darin, daß Gott
■•ist der er ist", d. h. daß er treu war, treu ist und treu sein
^ird; und es liegt ferner daran, daß es immer eine glaubende
gemeinde gegeben hat und geben wird (was selbst wieder in
der Verheißung gründet, daß die Pforten des Hades die Gemeinde
— und d.h. zugleich: ihren Glauben — nicht überwältigen
dürfen).

Die Bestimmtheit der Person durch die Gemeinschaft mit
yott, durch das alienum der justitia Dei, kann also keinesfalls
eine Aufhebung der menschlichen Person bedeuten. Das

') WA 43, 481, 32.

haben wir nunmehr festgestellt, indem wir die verschiedenen
Gefährdungen des Personseins prüften, wie sie durch das „Sein
in der Relation" gegeben zu sein schienen. Folglich wird man
auch dem katholischen Argument nicht beipflichten dürfen,
daß die menschliche Person, wenn sie gewahrt bleiben solle,
auch als Träger von ontischen Eigenschaften, z. B. als Träger
eines infundierten habitus angesehen werden müsse, daß sie
also ein eigenständiges proprium besitzen müsse und daß sie
nicht nur als „Sein in der Relation" verstanden werden dürfe.
Die reformatorische Lehre vom Menschen besteht vielmehr
darauf, daß Gott, der die gottmenschliche Gemeinschaft
gründet, auch deren Subjekt bleibt, d. h. daß seine Gnade,
die den Menschen beruft, auch wirklich seine Gnade bleibt,
und daß sie nicht in Form einer Infusio zum habitus des Menschen
wird — wie das die katholische Theologie von dem weitaus
größten Bereiche der Gnade, (nämlich von der gratia creata)
behauptet. Ehe wir nunmehr diese Wandlung der Gnade von
einer Eigenschaft Gottes in eine Eigenschaft des Menschen in
der katholischen Theologie prüfen, mußten wir die eigene Position
befestigen: Wir mußten erstens feststellen, wieso beim refor-
matorischeii Personbegriff wirklich das alienum Gottes gewahrt
bleibt und jene Wandlung in das proprium des Menschen
hinein also nicht stattfindet; und wir mußten zweitens feststellen
, wieso von diesem alienum her wirklich der Personcharakter
des Menschen gewahrt bleibt und warum wir also
dem Katholizismus nicht werden zugestehen dürfen, daß er
sich im Namen dieser Person (d. h. im Namen der humanitas!)
gegen ihre angebliche „punktuelle Verflüchtigung von Seiten
der Reformatoren" wehrt.

Deutsche Nietzsche-Literatur 1945 —1950

Von Hans Leisegang, Berlin

XT. Die große Zahl der Veröffentlichungen über Friedrich
Nietzsche1 deutet darauf hin, daß das Interesse an Nietzsche
ein zeitbedingtes ist. Die Motive, die so viele dazu getrieben
haben, gerade jetzt über Nietzsche zu schreiben, süid sehr verschiedene
.

') In den seit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches vergangenen
Jahren sind folgende Bücher und Schriften über Friedrich Nietzsche In deutscher
Sprache erschienen:

•Algermissen, Konrad, Prof. Dr.: Nietzsche und das Dritte Reich.

Celle: Giesel 1946. 32 S. 8°. DM 1.20.
•Barthel, Ernst: Nietzsche als Verführer. Baden-Baden: Bühler jr. 1947.

188 S. 8°. DM 3.80.
*Flake, Otto: Nietzsche. Rückblick auf eine Philosophie. Baden-Baden:

Keppler. 1. Aufl. 1946.2., verm. Aufl. 1947. 195 S. 8°. Pp. DM6.—.
•Fremgen, Leo: Und dann Zarathustra? Ein Buch für einen und alle.

Gütersloh: Bertelsmann 1949. 320 S. 8°. Hlw. DM 12.—.
Götz, Karl August: Nietzsche als Ausnahme. Zur Zerstörung des Willens

zur Macht. Freiburg: Verl. Karl Alber [1949]. XI, 219 S. gr. 8°. DM6.60;

Lw. DM 8.60.

'Hof miller, Josef: Friedrich Nietzsche. Hamburg-Bergedorf.-Stromver-

lag [1947J. 72 s. 8°. DM 3.—.
Jünger, Friedrich Georg: Nietzsche. Frankfurt: Klostermann 1949. 172 s.

8°. DM5.50; Hlw. DM7.50.
•Lange-Eichbautn, Wilhelm, Dr.: Nietzsche. Krankheit und Wirkung.

Hamburg: Lettenhauer 1947. 96 s. 8°. DM5.— . 11.—15. Tsd. m. zahlr.

Verbessergn. 1948. 99 s. 8°. DM 3.—.

•Mann, Thomas: Nietzsches Philosophie im Lichte unserer Erfahrung.

Vortrag. Berlin: Suhrkamp-Verl. 1948. 52 S. 8°. DM3.60.

Martin, Alfred v.: Geistige Wegbereiter des deutschen Zusammenbruchs
. «Hegel, Nietzsche, Spengler». Recklinghausen: Bitter & Co. 1948.
47 S. 8°= Die Grundlagen H. 3. DM 2.—.

— Burckhardt und Nietzsche philosophieren über Geschichte. Krefeld:

Scherpe-Verlag 1948. 69 S. 8°. DM 1.50.

•Müller, Georg: Nietzsche und die deutsche Katastrophe. Gütersloh:

Bertelsmann 11946]. 43 S. kl. 8°. Kart. DM—.90.
•Noll, Balduin: Zeitalter der Feste. Nietzsches Idee einer Weltkultur der

Zukunft. Bonn: Bouvier & Co. 1947. VII, 119 S. 8°. DM5.50.

— Der philosophische Mensch in der Entscheidung unserer Zeit.

Meisenheim am Glan: Westkulturverlag 1948. 144 s. 8°. Pp. DM5.60.

•Pfeil, Hans: Friedrich Nietzsche und die Religion. Regensburg: Habbel

1949. 212 s. 8°. Hlw. DM6.50.

•Reyburn, h.a., Prof., Hinderks, H. E., Dozent, u. Taylor, j. G„
Dozent: Friedrich Nietzsche. Ein Menschenleben und seine Philosophie.
Kempen: Thomas-Verl. [1947]. 444 S. gr. 8°. Hlw. DM 13.50.

Schlechta, Karl. Der junge Nietzsche und das klassische Altertum.

(Vortrag.) Mainz: Kupferberg 1948. 27 S. 8°= Universitas Moguntina
H. 1. DM 1.50.

Die einen drängte es, an den Gedanken Nietzsches und
ihrer Wirkung eine Kritik zu üben, die ihnen in den Jahren der
nationalsozialistischen Herrschaft öffentlich zu äußern nicht
gestattet war. Sie zerfallen in zwei Gruppen: in die Kritiker,
die das Christentum gegen die Angriffe Nietzsches und seiner
Anhänger verteidigen, und die Schriftsteller, die in Nietzsche

Schoeck, Helmut: Nietzsches Philosophie des „Menschlich-Allzu-
menschlichen". Kritische Darstellung der Aphorismen-Welt der mittleren
Schaffenszeit als Versuch einer Neuorientierung des Gesamtbildes»
Tübingen: Mohr 1948. X, 128 S. gr. 8°. DM8.40.

»Scholz, Heinrich, Prof.: Begegnung mit Nietzsche. Tübingen: Furche-
Verl. 1948. 40 S. 8°. Kart. DM 1.50.

Schülke, Horst: Nietzsches gottlose Frömmigkeit. Hamburg: Reich &
Heidrich 1946. 72 S. 8°. DM 2.50.

»Steinbüchel, Theodor: Nietzsche. Eine christliche Besinnung. Stuttgart
: Deutsche Verlagsanstalt [19461. 41 S. 8°= Der Deutschenspiegel.
Schriften zur Erkenntnis und Erneuerung Bd. 10. Kart. DM 1.80.

Thirring, Hans: Anti-NietZSChe, Anti-Spengler. Gesammelte Aufsätze
und Reden zur demokratischen Erziehung. Wien: Verl. d. Ringbuchhandlg.
A. Sexl 1947. 159 S. 8°. S 16.50; Hlw. S 24.50.

»Wenzl, Aloys: Nietzsche. Versuchung und Verhängnis. 1 .Aufl. Bonn: Oötz
Schwippert 1947. 40 S. 8°= Die Grundlagen H. 2. DM 2.—. — 2. Aufl.
Recklinghausen: Bitter & Co. 1948. 36 S. 8° = Die Grundlagen H. 2.
DM 1.20.

Weymann-Weyhe, Walt.: Die Entscheidung des Menschen. Nietzsche
als geschichtliche Wirklichkeit. Freiburg: Herder 1948. 203 S. 8°. DM
6.— ; Hlw. DM 8.—.

»Zickendraht, Karl, Lic. theoi.: Sieben Thesen wider den Nietzsche-
Geist. Basel: Reinhardt 1945. 51 S. 8°. sfr2.—.

Eine neue Auflage erhielten die vor 1945 erschienenen Bücher:

»Gutersohn.u.: Friedrich Nietzsche und der moderne Mensch. 2. Aufl.
St. Gallen: Schweizerischer CVJM-Verlag 1945. 64 S. kl. 8°. [1. Aufl.
1944.] sfr 1.90; geb. sfr3.10.

»Jaspers, Karl: Nietzsche. Einführung in das Verständnis seines Philosophierens
. 2., unveränd. Aufl. Berlin: de Gruyter 1947. 487 S. 8°.
[1. Aufl. 1935.] Pp. DM 18.—.

— Nietzsche und das Christentum. Hameln: Verl. d. Bücherstube Fritz
Seifert [1946]. 87 S. 8°. [Vortrag gehalten 1938.] Pp. DM 4.20.

»Martin, Alfred v.: Nietzsche und Burckhardt. Zwei geistige Welten im
Dialog. 4. Aufl. München: Erasmus-Verlag (Ernst Reinhardt Bücherreihe)
1947. 300 S. gr. 8°. [1. Aufl. 1940.] DM9.— ; geb. DM 10.—.

Salin, Edgar: Jacob Burckhardt und Nietzsche. 2.,erw. Aufl. Heidelberg
: L. Schneider 1948. 264 S. gr. 8°. Hlw. DM 8.50.

»Siegmund, Georg: Nietzsche der „Atheist" und „Antichrist". 4.Aufl.
Paderborn: Schöningh 1946. 196 S. kl. 8°. [l.Aufl. 1936.] DM 4.80.

»Wolff, Paul: Nietzsche und das christliche Ethos. 2. Aufl. Regensburg:
Josef Habbel 1946. 190 S. 8°. [1. Aufl. 1940 ] Hlw. DM 4.—.