Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1950 Nr. 7

Spalte:

421

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Weatherhead, Leslie Dixon

Titel/Untertitel:

Erlebtes Palästina 1950

Rezensent:

Galling, Kurt

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

421

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 7

422

gelegentlich, zum Teil nach Zitierung in katholischen Werken. — Der auf S. 94
erwähnte Bonnet soll Bousset sein.

Das eigenartige und trotz reichlich eingestreuter theologischer Vokabeln
auch für den katholischen Laien flüssig zu lesende Buch wird zweifellos seine
dankbaren Leser finden. Als bemerkenswerten Beitrag für Bibeldeutung im
katholischen Lager wird auch der Nichtkatholik es zu werten wissen.

Kiel H. W. Hertzberg

Wealherhead, Leslie: Erlebtes Palästina. München: Methodistenkirche
In Bayern [Anker-Verlag] 1947. VII, 149 S., 8 Taf. 8°. DM 7.50.

Das zuerst in England, dann 1939 bei L. Klotz erschienene Büchlein ist
In neuer Auflage von der Methodistenkirche in Bayern herausgebracht worden.
Der Verf. ist ein Methodisten-Missionar, der u. a. in Indien gewirkt hat. Es
handelt sich bei diesem „erlebten Palästina" um eines der meist gut gemeinten,
infolge mangelnder Sachkenntnis ins Romantische tendierenden Palästinabücher
, die auf einen Autotrip zurückgehen. Zwei Beispiele: Vom Felsendom
heißt es: „Das Gebäude ist sehr schön. Die Architektur ist von außen und auch
"n Inneren sehr reizvoll und es sind einige schön gemalte Glasfenster zu
sehen ... (Nach Hinweis auf den Felsen:) Ich glaube nicht, daß Sie lange im
Dom verweilen würden. Für den Christen gibt es hier nur noch Gespenster
der Vergangenheit". — „Von Nazareth aus konnte Jesus das Meer sehen. Es
'st nur 24 km entfernt, und obgleich nichts davon überliefert ist, können wir
w°hl annehmen, daß er oft am Strande gewesen ist und gebadet hat. Der Gedanke
, daß der Knabe Jesus wahrscheinlich das Baden im Meer geliebt hat,
gab mir ein Glücksgefühl, als es mir auf den Hügeln um Nazareth aufging."

Nicht minder problematisch ist die „biblische Meditation", die sich durch
das Ganze zieht. Ein Beispiel: „Was ist wirklich in Kana geschehen? Ich
mochte von einem Wunder sprechen, aber wenn wir zu großen Wert darauf
legten, würden wir versäumen, was uns Kana zu sagen hat: daß nämlich, wie
es in der Form der kirchlichen Trauung zum Ausdruck kommt, Religion keineswegs
irdische Freuden ausschließt und irdisches Glück. . . . Sofern diese nicht
ein verborgenes Übel enthalten oder zuviel Zeit und Kraft von uns fordern,
!st ihnen göttliche Zustimmung gewiß." Aber auch die moralische Aufrüstung
wird mitgeliefert: (Das Wunder von Kana ist nicht zu entscheiden.)„Aber eins
weiß ich: Er kann die trüben Wasser unserer Entmutigung und Erniedrigung
in den Wein des Lebens verwandeln." Ich möchte meinen, diese Zitate langen
a"s, das Buch zu kennzeichnen, der Rezensent kann jedenfalls sagen: „Mir
langfs".

Mainz Kurt Galling

Humbert, Paul, Prof.: La „Terou'a". Analyse d'un rite biblique. Neu
chatel: Secretariat de l'universiti 1946. 49 S. gr. 8°= Recueil de travaux
publie par la Faculte des Lettres 23. Bd. Schw. Fr. 5.—.
. Humbert bemüht sich, in sauberer Exegese der in Betracht
kommenden Stellen das, was sich über den Ritus und
die Form (menschlicher Laut! Instrumentalbegleitung ?) der
terou'a sagen läßt, aufzuhellen. Die terou'a spielt im Kampf,
beim Thronbesteigungsfest Jahwes und am Hofe eine Rolle.
■Ute Texte weisen nach H. auf einen Ritus „proprement et
origmellement israelite er yahviste". Der ursprünglich roya-
jistische und kriegerische „Ruf" ist später auch in der Liturgie
heimisch geworden und hat dort eine Spiritualisierung erfahren
Man darf den sorgfältigen Untersuchungen, deren Wert
vor allem in der statistischen Erfassung liegt, voll und ganz
zustimmen.

Mainz Kurt Galling

NEUES TESTAMENT

Stauffer, Etheibert, Prof.: Die Theologie des Neuen Testaments. 4.,verb.

Aufl. Gütersloh: Bertelsmann [1948]. XV, 361 S., 111 Abb. auf 32 Taf.
gr. 8°. Hlw. DM 17.—.

Die neutestamentliche Wissenschaft hat in den beiden
Jahrzehnten zwischen den beiden Weltkriegen eine entscheidende
Wandlung durchgemacht. Die formgeschichtliche Forschung
deckte die Verwurzelung der evangelischen Uberlieferung
in der mündlichen Uberlieferung der urchristlichen
Gemeinden und das Bestimmtsein eines großen Teiles der urchristlichen
Verkündigung durch die grundlegenden Glaubensüberzeugungen
der Gemeinde auf; der Auf weis der weiten Verbreitung
der vorchristlichen Gnosis (zum Teil veranlaßt durch
die Ubersetzungen mandäischer Texte durch M. Lidzbarski)
ermöglichte die Entdeckung der gnostischen Denkvoraussetzungen
in einer Reihe von Ausprägungen der urchristlichen
Gedankenwelt; die Zugänglichmachung der rabbinischeu Literatur
und die bessere Kenntnis des Spätjudentums überhaupt
erlaubte eine schärfere Bestimmung des religionsgeschicht-
lichen Ortes der Predigt Jesu und der polemischen Seiten eines
erheblichen Teiles der urchristlichen Literatur; die neu aufgebrochene
Einsicht in die theologische Aufgabe der Exegese
führte zu einer Vertiefung der exegetischen Arbeit und zu

einer Besinnung auf den sachlichen Gehalt der einzelnen
Schriften und ihren Zusammenhang miteinander. Von dieser
ganzen Entwicklung legten die Lehrbücher der Neutestament-
lichen Theologie, die in jener Zeit zur Verfügung standen,
keinerlei Zeugnis ab. Weinel (4. Aufl. 1928) war auf dem
Standpunkt der älteren liberalen Theologie stehen geblieben
und bot zwar eine sorgfältige kritische Darbietung der Quellen,
entbehrte aber jeder religionsgeschichtlichen Differenzierung
und theologischen Fragestellung; Feine (7. Aufl. 1936) ließ
jedes Verständnis für geschichtliche Problematik vermissen
und bot nicht mehr als eine biblizistische Zusammenstellung
apologetischen Charakters; Büchseis Grundriß vollends
(2. Aufl. 1937) konnte angesichts seiner Dürftigkeit nicht einmal
als Einführung für Anfänger genügen. Und außerhalb des
deutschen Sprachgebiets existierte überhaupt kerne neuere zusammenfassende
Darstellung der gesamten neutestamentlichen
Gedankenwelt. So ist es leicht verständlich, daß das 1941 zuerst
erschienene Lehrbuch von E. Stauffer zu einem starken
buchhändlerischen Erfolg wurde: 1945 druckte der Verlag der
Ökumene in Genf das Buch ohne Tafelanhang zur Verteilung
an deutsche Kriegsgefangene nach1; 1946 erschien dann in
Stuttgart eine kaum veränderte dritte Auflage, und nun liegt
die 1948 erschienene vierte Auflage vor2. Auch diese Auflage
ist gegenüber der ersten Auflage nur unwesentlich verändert;
außer wenigen Literaturergänzungen sind mir an Neufassungen
nur die Ausführungen über Petrus in der Urgemeinde (S. 16)
und über Taufe und Abendmahl (S. 140, 142) aufgefallen. Die
Seitenzahlen des Texttciles konnten denn auch in allen Auflagen
gleich gehalten werden (234 S.), während die Anmerkungen
in den späteren Auflagen an Umfang ein wenig gewachsen
sind; die Anhänge, Tafeln und deren Beschreibung blieben
unverändert. Mit dem Erscheinen der ersten Auflage während
des Krieges dürfte es zusammenhängen, daß das Buch in
dieser Zeitschrift bisher noch nicht besprochen worden ist,
und daß auch sonst nur wenige ausführlichere Besprechungen
vorliegen3; doch ist Stauf fers Arbeit auch im Ausland von verschiedenen
Seiten warm begrüßt worden4. So dürfte es an der
Zeit sein, daß das Buch auch an dieser Stelle gewürdigt wird,
wobei auf die geringfügigen Unterschiede der verschiedenen
Auflagen nicht weiter eingeganzen zu werden braucht.

Das neue Lehrbuch unterscheidet sich nach Anlage und
Inhalt aufs stärkste von seinen Vorgängern. St. will Leitfaden
und Arbeitsbuch verbinden und führt darum im Textteil nur
verhältnismäßig wenige Belegstellen an, bietet dagegen in den
zahlreichen Anmerkungen eine Fülle weiterer Belege, doch
fast ausschließlich nur in Form von Stellenangaben; auch die
nicht sehr umfangreichen Literaturzusammenstellungen vor
den einzelnen Paragraphen werden in den Anmerkungen ergänzt
. Sieben Beilagen enthalten Listen oder Tabellen zu literarischen
Vergleichen; die Tafeln bieten Belege aus der Reli-
gionsgeschichte und altchristlichen Kunst. Der eigentliche
Text zerfällt in drei ungleiche Teile. Auf engstem Raum wird
zunächst „der Werdegang der urchristlichen Theologie" entwickelt
, der von der Vorgeschichte im Spätjudentum bis zu
Ignatius führt. Dem folgt als Hauptteil die Darstellung der
„christozentrischen Geschichtstheologie des Neuen Testaments
", die den gesamten Lehrgehalt des NT in sachlicher
Gliederung darbietet; den Abschluß bildet eine kurze Erörterung
der „Glaubensformeln der Urkirche", die die Voraussetzungen
der altkirchlichen Bekenntnisse im Urchristentum
aufzuzeigen sich bemüht. Schon aus dieser Ubersicht läßt
sich erkennen, daß St. den Stoff nicht in geschichtlicher Abfolge
der sich entwickelnden Lehrformen, sondern fast ausschließlich
nach sachlichen Prinzipien geordnet darstellt. Das
dabei verwendete Ordnungsprinzip wird freilich nicht den loci

') Stauffer, Etheibert, Prof.: Die Theologie des Neuen Testaments
. Genf: Oikumene Verlag (Abt. f. Wiederaufbau u. kirchl. Hilfsaktionen
des ökumenischen Rates der Kirchen) 1945. VII, 348 S. gr. 8°.

2) Stauffer, Etheibert, Prof.: Die Theologie des Neuen Testaments
. 4., verb. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer [19481. 367 S. m. III Abb. auf
32 Taf. gr. 8°. DM 15.—.

Dieser Besprechung ist die Bertelsmannsche Ausgabe zugrunde gelegt, die
auf dem Titelblatt als 4., im Vorwort als 4. und 5. Aufl. bezeichnet Ist.

') Ich verweise auf die grundsätzlich zustimmenden Urteile von J. Jeremias
, Ztschr. f. Kirchengesch. 3. F. 12, 1942, 375ff. und H. van Bakel,
Nieuw Theol.Tijdschr. 31, 1942, 273ff. und auf die Ablehnung durch E.Fuchs,
Verkünd. u. Forsch. 1942/46, 1946/47, I68ff.; P. Gaechter, Ztschr. f.
kath. Theol. 1948, 101 ff.; O.Michel, Dt. Theol. 9, 1942, 20ff.

4) Vgl. etwa O. Cullmann, Christus und die Zeit, 1946, 21, Anm. 9;
P.-H. Menoud, Rev. de theol. et de philos., N. S. 34, 1946, 149f.; A. N. Wilder
, New Testament Theology in Transition (in „The Bible Today and To-
morrow", ed. H. Willoughby), 1947, 419ff.