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Ausgabe:

1950 Nr. 6

Spalte:

354

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Bernardus Claraevallensis, Von Kreuzzug

Titel/Untertitel:

Krieg und den Juden 1950

Rezensent:

Kähler, Ernst

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Seite 1

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353

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 6

354

<jie Minister gestanden hätte, ergibt sich aus der Tatsache,
daß das Testament die Forderung des Gehorsams gegenüber
ften Ministern im Vergleich zur Regel nicht abschwächt sondern
noch verschärft.

Ausgesprochenes Sondergut des Testaments, dessentwegen
es in der strengen Richtung des Ordens so hohe Geltung
hatte, sind die Verbote, bei der Kurie um Privilegien nachzusuchen
und Regel oder Testament zu glossieren. Der Verf.
interpretiert nun das theoretische Privilegienverbot von dem
praktischen Verhalten her, das Franz gegenüber dem Privi-
'egienproblem an den Tag legte. Hier zeigt sich nun allerdings,
flaß Franziskus wiederholt von der Kurie Privilegien erbeten
hat und für den Orden annahm, wie z. B. das Privileg der
Laienpredigt, das kanonische Probejahr für Novizen usw., daß
aber andere Privilegien nicht seinem Wunsche entsprachen.
*o gelang es ihm z. B., ein Privileg widerrufen zu lassen, das
den Bruder Philippus Longus als den „zelator dominarum
pauperum" ermächtigte, die Widersacher der Armen Frauen
fu exkommunizieren. Daher will der Verf. das Privilegienverbot
des Testamentes so verstanden wissen, „daß Franziskus
solche Privilegien, die seine Ideale förderten oder ihnen nützten
, bejaht hat, daß er aber entschieden solche Privilegien ablehnt
, die dem ursprünglichen Geist der Armut und Demut,
In dem seine Brüder allen untertänig sein sollten, widersprechen
".

,v . Hier erhebt sich die Frage, ob es richtig ist, in solcher
Weise zu versuchen, Franziskus mit sich selbst zu harmonisieren
. Hat dieser nicht in seinem Glossenverbot selber davor
gewarnt, den schlichten, direkten Sinn seiner Worte einzuschränken
? Kann man sein Privilegienverbot nicht verstehen
als eine Reaktion gegen eine Entwicklung, die er selber zum
Mal mit gefördert hatte, als ein radikales Bekenntnis zur
christlichen Bruderschaft nicht als einer Rechts-, sondern als
einer Liebesgemeinschaft ? Andererseits zeigt freilich die vorliegende
Untersuchung, daß gerade auch das Testament in
manchen Punkten (Häuser- und Kirchenbau, Radikalisierung
O h "orsams usw.) der Entwicklung der Bruderschaft zum
irrten, d. h. einer auch rechtlich verankerten Institution, Rechnung
trägt. Vielleicht wird man der Denkweise des Franziskus
am ehesten gerecht, wenn man die Gegensätze als solche
tcl,pn läßt. Deuten sie doch in der edlen und reinen Gestalt
aes Heiligen, für dessen Erkenntnis der Verf. einen so wichtigen
anfht§ liefert, auf jene in unserem menschlichen Dasein un-
ur. 1 1 sPannung hin zwischen der Forderung des Geistes
u den Bedingungen ihrer Realisierung.

Köln-Müngersdorf Karl Dietrich Erdmann

V 'n den Oudenrijn, Marcus Antonius, Dr.,O.P.: Der Traktat Jalags
arakkinoutheanc hoguojn. Von den Tugenden der Seele. Ein armenisches
Exzerpt aus der Prima Secundae der Summa Theologica des Hl.
Thomas von Aquin (1337) mit Einleit., lateinischer Übersetz, u. Glossar
•W* Freiburg'Schwelz: Libr. de l'Univ. in Komm. 1942. 154 S. gr. 8"
— CoIIectanea Friburgensia. Veröff. d. Universität Freiburg (Schweiz),
N- F. Fase. XXIX.
. . Während wir schon vor längerer Zeit mit einer aramäischen
Übersetzung der Tertia Pars des heiligen Thomas von
Aquin mit Einschluß der Ouästionen 1— 68 des Supplements
bWMri?* ?.e,nacht worden sind, legt hier der Verf. einen Trak-
t De Virtutibus vor, den fr. Johannes Anglus de Swine-
iorcl 1337 verfaßt und fr. Yakobos Thargmann O.Pr. ins
™en»sche übersetzt hat. Ms. or. Quart. 304 der Preußischen
tat • liothek in Berlin, die älteste Handschrift des Trak-
, i.ls* v°n Fra Dominikos geschrieben. Er besteht aus
3 Kapiteln, von denen die ersten fünf sich stark an die
anl 1 3 virtutum et vitiorum des Guillelmus Peralda O.Pr.
an« 1 t UI1(i mir in einem Fall ein stillschweigendes Zitat
IUP* 1- 5? art- 4 ad 2m bringen. Von Kap. 6 an
rtas Werk mit der Prima Secundae (beginnend mit q. 49)
bei TinSam in der Forni. <laß J'e ein Kapitel einer Quästion
im l las entspricht mit Ausnahme von Kap. 8, das q. 51
q 5* exzerpiert, und von Kap. 22 und 23, die beide der
üb , 10 6-7 entn°mmen sind. Die Kapitelüberschriften, die
• rif?cns nicht den heutigen der Summa entsprechen, werden
nn dem ersten Artikel der betreffenden Quästion ent-
loininen, auch wenn sie dem tatsächlichen Inhalt des Kapitels
weniger gerecht werden. Mit Ausnahme von q. 54 sind alle
yuastionen zwischen q. 49 und 67 berücksichtigt, wohl aber
u • a"e Artikel, und auch sonst wird manchmal nur ein
'leines Bruchstück, eine obiectio oder ein Zitat benützt ohne
eiziehung des corpus articuli. Historische Ausführungen oder
"t^6" UDcr abweichende Lehnneinungen werden zumeist
erdrückt. Kürzungen machen den inneren Zusammenhang
manchmal so schwer erfaßbar, daß man ihn nur dann verteilen
kann, wenn man den ganzen Wortlaut der Summa
theologica beizieht. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren
, als sei das Werk ursprünglich als Zitatensammlung
für Zwecke des mündlichen Unterrichtes entstanden.

Das vorliegende Werk gibt in seinem Hauptteil den
armenischen Text mit einer Rückübersetzung ins Lateinische
und schließlich, was von großem Wert ist, ein armenisch-
lateinisches Glossar, das willkommenen Einblick in die scholastische
Terminologie der Armenier bietet.

Bamberg A.M.Landgraf

[Bernhard von Clairvaux:i Von Kreuzzug, Krieg und den Juden.

Zwei Briefe des Bernhard von Clairvaux lateinisch und deutsch. Übers, von
Otto Frhr. von Taube. München: Chr. Kaiser 1948. 34 S. kl. 8*= „Traktate
vom wirklichen Leben", hrsg. v. G. Hildmann Nr. 21.

Mit diesem Heftchen ist auf einen der wenigen erkennbaren
Augenblicke der Kirchengeschichte der Finger gelegt,
in denen legitime christliche Predigt gegenüber einem kräftigen
Zeitirrtum wirksam geworden ist: Bernhard von Clairvaux'
Einspruch gegen die Progromhetze des Mönches Rudolf aus
dem Jahre 1146, ausgesprochen in einem Brief an die Öffentlichkeit
der Rheinlande und einem weiteren an den damaligen
Mainzer Erzbischof (Migne, Bd. 182, ep. 363 u. 365). Statt an
den fernen Muselmanen glaubte man sich an den näheren
Feinden des Kreuzes Christi vergreifen zu können, als die
Kunde von der erneuten Bedrohung der heiligen Stätten in das
Abendland drang. Dagegen griff Bernhard mit dem Hinweis
ein, daß ein Angriff auf die Juden Angriff auf die Träger von
Gottes Gericht und Verheißung im ausgezeichneten Sinne bedeute
. Um dieses Nachweises willen, den für die Gegenwart
ja vor allem Karl Barth geführt hat, gab Otto von Taube beide
Briefe neu heraus, druckte ihren lateinischen Text ab und gab
ihnen ein Vorwort sowie eine eigene, würdige Ubersetzung bei.

Nicht verstanden ist dabei die zweite Hälfte des Satzes: Convertentur
tarnen ad vesperam, et in tempore erit respectus eorum (I, 7; S. 20); es handelt
sich bei dem ganzen Satz um ein kombiniertes Schriftwort (Ps. 58 [59], 15 und
Sap. 3, 6), dessen zweites Glied etwa wiederzugeben wäre: ,und zu seiner Zeit
wird Gott sie anschauen'. Leider bewährt sich das Versprechen des Vorwortes,
einen gegenüber Migne gereinigten Text vorzulegen nur zum kleineren Teil;
die Mehrzahl der Abweichungen ist ungerechtfertigt: am Ende von I, 1 (S. 8)
muß es heißen: In quo propter nos Vita nostra abdormlvit in morte; das
fehlende nos ließ auch die Übersetzung falsch geraten. Warum in I, 4 (S. 12)
statt adversus adversum gelesen werden müßte, ist nicht einzusehen; beides
ist möglich. Geradezu eine dogmatische Korrektur Ist die Umwandlung des
expeteret (a. a. O.) in expectet: mit Sicherheit hat der überlieferte Text recht
darin, daß hier gestanden hat, Gott erbitte unsere Hilfe und nicht, daß er sie
nur erwarte. Bernhard ist sich der Stärke dieses Ausdrucks völlig bewußt, wie
die Wendung zeigt: Necessitatem se habere aut facit, aut simulat . . . Ebenso
ist die Form accingemini für accingimini falsch, cessat für cesset (beides I, 5
S. 14) nicht minder. Auch die Verwandlung des conl. audivimus ... ut ferveat
zelus Dei in einen Indikativ (I, 6, S. 18) ist nicht notwendig.

Halle/S. Ernst Kähler

KIRCHENRECHT

Nnttarp, Hermann, Prof. D. Dr.: Gottesurteile. Eine Phase im Rechtsleben
der Völker. Bamberg: Bamberger Verlagshaus Meisenbach & Co. 1949.
302 S. 8° — Kleine Allgemeine Schriften zur Philosophie, Theologie und
Geschichte. Hrsg. v. Prof. Dr. Benedikt Kraft. Geschichtliche Reihe H.4—8.
Kart. DM 5.—.

Die Gottesurteile (GU.), ein Thema von allgemeinster Bedeutung
und seit langem eine crux der rechtsgeschichtlichen
Forschung, bedürften dringend einer Behandlung auf breitester
Grundlage unter Heranziehung der Nachbarwissenschaften
, vor allem der Religionsgeschichte. Uber den Versuch
H. Nottarps, diese zu geben, ist ein abschließendes Urteil noch
nicht möglich, da der geplante Ergänzungsband, der die literarischen
Nachweise bringen soll, noch nicht erschienen ist. Es
soll daher nur in Kürze folgendes berichtet werden: Das Buch
zerfällt in vier Abschnitte: I. Wesen und Verbreitung, II. „Dynamik
", III. Vollzug und IV. Wiederhall der GU. Rein methodisch
wäre es vielleicht besser gewesen, den Abschnitt I an den
Schluß zu stellen. In der jetzigen Form bietet er mit seiner
losen Gedankenführung kein ganz überzeugendes Bild vom
Wesen der GU. und den Auffassungen des Verf.s. Wichtige
Gesichtspunkte werden nur angedeutet, um später wieder aufgegriffen
zu werden, manche Probleme nur gestreift, so z. B.
die umstrittene Frage nach der (indo-) germanischen oder
orientalischen Herkunft der GU. Die Uberschrift des zweiten
Abschnitts scheint mir nicht ganz glücklich; er gibt im wesentlichen
eine etwas ermüdende Aneinanderreihung historiogra-
phischer Berichte über GU.; von der eigentlichen „Dynamik",