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Ausgabe:

1950 Nr. 6

Spalte:

349-350

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bauer, Walter

Titel/Untertitel:

Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur 1950

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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349

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr. 6

350

die heutige historische Forschung gerade das Eigenartige
am Christentum gegenüber der Umwelt erkennt, ein Ergebnis
solider wissenschaftlicher Arbeit.

Jena Herbert Preisker

Bauer, Walter, Prof. D.: Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den
Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen
Literatur. Vierte, völlig neu bearb. Aufl. I.—3. Lfg. A - ive%io. Berlin:
Töpelmann 1949/50. S. VIII—XIV, 160 Sp. 4°.

Die neue Auflage wird in etwa 10 Lieferungen von je etwa 10 Bogen
Umfang erscheinen. Das ganze Werk wird voraussichtlich 100 Bogen umfassen
. Der Preis einer Lieferung von 10 Bogen beträgt DM 4.—.

Vor den Lesern dieser Zeitschrift ist es nicht nötig, das
■tsauersche Wörterbuch noch vorzustellen und seine Art, Eigenart
und Bedeutung zu kennzeichnen. Wer sich mit dem NT
wissenschaftlich beschäftigt, dem ist das Buch längst unentbehrlich
geworden, und die Nachricht, daß es — in der
alten Anlage und auch im Druckbild fast unverändert — wieder
zu erscheinen beginnt, wird überall begründete und uneingeschränkte
Freude hervorrufen. Aber der Gewinn erweist sich
bei näherem Zusehen noch weit größer, als die bloße Nachricht

■ ?v"neuen Auflage" zunächst zu versprechen schien. Es ist
wirklich eine „völlig neu bearbeitete Auflage". Der Schritt
vom alten Preuschen zur 2. Auflage des „Preuschen-Bauer"

P2 ' Vnd von da zur 3. Auflage (1936) war gewiß groß genug;
aber mir scheint, daß der Zuwachs dieses Mal doch am größten
und jedenfalls am überraschendsten wird. Es ist nur ein
schwaches, äußeres Zeichen dafür, daß der Stoff schon der ersten
Lieferung gegenüber der vorigen Auflage um nicht weniger als
'3 spalten gewachsen ist. Diese Vermehrung geht neben den
erweiterten Literaturangaben zum allergrößten Teil auf neue
iexte und Parallelen, die bisher für das Neue Testament unbekannt
und ungenutzt waren. Ihre Zahl dürfte für das Ge-
SvtWerk m die Tausende, ja in die Zehntausende gehen.
..vas an griechischem Schrifttum seit 1936 veröffentlicht
worden ist", schreibt der Verf. selbst, „habe'ich zu verwerten
gesucht, soweit ich es mir in den stürmischen Zeiten, die hinter
uns liegen, habe verschaffen können. Älteres wurde weitgehend
an den neuesten Ausgaben geprüft. Vor allem jedoch
wa.r e.s mein Bestreben, so viele griechische Texte, als nur immer
möglich, planmäßig im Zusammenhang zu lesen. In erster
^mie hatte ich es dabei auf solche Autoren, Inschriften- und
i'apyrusbände abgesehen, für die es keine oder nur sehr lücken-
naite Sonderindizes gibt. Was mir lehrreich erschien, habe ich
vermerkt, soweit der verfügbare Raum es erlaubte."

Hinter diesen nüchternen Sätzen verbirgt sich die Er-
KOUItaia einer Arbeit, die — als Arbeit eines einzelnen Mannes
. ,ast etwas Rätselhaftes an sich hat. Es handelte sich ja

■ u I1Ur um (*'e Bewältigung eines riesigen Stoffquantums,
yrbunden mit der genauesten Kenntnis des gesamten ur-
cnristlichen Schrifttums, sondern sie erfordert zugleich eine
.. rm der exakten Kombinationsgabe und der wissenschaft-
.'chen Geistesgegenwart, wie sie nur ganz wenigen verliehen
•st, wenn die in Betracht kommenden Paralleltexte als solche
auch sofort erkannt und genutzt werden sollen. Diese Kunst
J8t uni so bewunderungswürdiger, als ihre Leistungen sich hier
nur in der unscheinbaren Form des Lexikonartikels äußern,

.F bewußt so knapp und so sachlich gehalten wird, wie nur
möglich; sie werden den meisten Lesern für gewöhnlich überhaupt
nicht zum Bewußtsein kommen. Bei einem Vergleich
i •.. ,en e'n7-elnen Artikeln der früheren Auflage sieht man
"eilich auf Schritt und Tritt, wie — nicht so sehr Änderungen
als Ergänzungen, Erweiterungen und neue Gesichtspunkte
'unzugewonnen sind, die aus keinem Wörterbuch nach der
sonst geläufigen Praxis „übernommen" werden konnten. Daß
JS dej Auswertung ausländischer Literatur heute keine Vollständigkeit
möglich war, wird vom Verf. betont, und jeder

v'rd das begreifen. Für meine Person muß ich bekennen, daß

en auch bei wiederholten Proben keine Lücke entdeckt habe,
~ "j!1 aus eigenem zu schließen gewußt hätte. Im Wichtigsten,
nämlich in der Vereinigung und Ordnung der Texte, steht der

*erf. ohnedies „auf eigenen Füßen" und bekennt, daß der
ortschritt der neuen Auflage durchaus „das Ergebnis eigenen

öammelns" gewesen ist.

. -^icht ohne Lächeln liest man die bescheidenen Worte,
mit denender Dreiundsiebzigjährige zurückblickend „das Staunen
über den Mut" nicht unterdrücken kann, mit denen er vor
nun bald dreißig Jahren an dieses Buch herangegangen sei, und
auch heute noch eine gewisse „Nachsicht" in Anspruch
nimmt. Kein Wörterbuch ist unsterblich; aber es wird lange
dauern, bis dieses Werk veraltet, und vorläufig gibt es niemanden
, der daraus nicht zu lernen hätte und dem es als Helfer

1 allen philologischen Fragen, die das Neue Testament berühren
, nicht einfach unentbehrlich sein wird. A. Debrunner
verglich bei seiner Anzeige der 3. Auflage in dieser Zeitschrift
(1936, Sp. 311L; vgl. 1937, SP- i6iff.) das Bauersche mit dem
so ganz andersartigen Kitteischen Wörterbuch und meinte,
daß jedes für den Studenten gleich wesentlich sei. Nur soviel,
meinte er zum Schluß, ließe sich vielleicht trotzdem sagen:
„Heute, wo die Griechischkenntnis der Theologen längst nicht
mehr die Sicherheit und den Umfang wie in früherer Zeit erreicht
, empfiehlt es sich jedenfalls für den Studenten, mit der
philologischen Grundlage zu beginnen, d. h. mit dem neuen
Bauer". Die Worte treffen auch jetzt noch, ja jetzt erst recht
zu; und der verhältnismäßig sehr niedrige Preis, zu dem sich
der Verlag in dankenswerter Weise entschlossen hat, macht
es wenigstens einem Teil der Studenten immer noch möglich,
diesen Rat zu befolgen.

Heidelberg H. v. Campenhausen

Nestle, Eberhard, D. t: Novum Testamentum Graece cum apparatu

critico curavit. Novis curis elaboravit D. Erwin Nestle. Stuttgart: Privil.
Württ. Bibelanstalt. 110*, 671 S. kl. 8°. 18. Aufl. 1948. Lw. DM4.—;
19. Aufl. 1949. Lw. DM5.—.

Kurz hintereinander sind 1948 und 1949 die 18. und
19. Auflage der griechischen Ausgabe des „Nestle" erschienen,
ein Beweis dafür, wie dringend das Werk benötigt wird. Denn
1945 erst hatte der Rat der Bibelgesellschaften New York
dankenswerterweise einen fotomechanischen Nachdruck der
17. Auflage in großer Zahl verbreitet, um dem ersten Bedürfnis
abzuhelfen. Und kein Zweifel kann daran bestehen, daß
der Bedarf noch bei weitem nicht befriedigt ist. Denn noch
immer fehlen zahlreiche Exemplare — vor allem in den ostdeutschen
theologischen Fakultäten.—, ebenso wie in den
Pfarrhäusern der „Nestle" vielfach noch schmerzlich vennißt
wird. So sind in schneller Aufeinanderfolge wohl noch mehr
Auflagen — darunter hoffentlich eine der griechisch-lateinischen
Ausgabe — zu erwarten.

Eine Besprechung des „Nestle" ist sehr leicht und sehr
schwer. Sehr leicht insofern, als man immer nur mit neuer
Bewunderung die Tatkraft wie die sorgfältige Arbeit des Herausgebers
feststellen muß, welche den neuen Handschriftenfunden
stets auf der Spur ist und sie für den Ausbau des
Apparates auswertet, ebenso wie das bewunderungswürdig
scharfsinnige Gesamtsystem der Beigaben am unteren und
äußeren Rand der Seiten immer überprüft und fortentwickelt
wird — und das alles von einem einzelnen. Insofern ist eine
Besprechung sehr leicht. Aber da der Bearbeiter mit Recht
mehr erwartet als einen jeweils leicht variierten Lobgesang,
ist eine Besprechung des Nestle eine schwierige Sache, zumal
die Bemerkungen und Vorschläge der Rezensenten bestenfalls
praktischer Art sein können.

Einiges scheint in dieser Richtung möglich und nach den
Erfahrungen des akademischen Unterrichts auch notwendig:
Sehr zu bedauern ist bei den letzten drei Auflagen das Fehlen
der Karten. Wenigstens eine Karte Palästinas zur neutesta-
mentlichen Zeit und eine Karte der Reisen des Apostels Paulus
scheinen mir unbedingt erforderlich (die Karte der Missionsreisen
bedürfte dann gegen früher aber einer Revision in bezug
auf die zweite und dritte Reise. Die Wirksamkeit des Paulus
im eigentlichen Galatien usw. müßte mindestens als Möglichkeit
angedeutet werden: nordgalatische Hypothese!), wenn
sich dadurch auch die Gestehungskosten des Bandes für den
Verlag ohne Zweifel erhöhen. Es gibt, wenigstens von außen
gesehen, jedoch eine leichte Einsparungsmöglichkeit: so wichtig
die lateinische, englische und schwedische Einleitung für
die Verbreitung des Werkes im Ausland sind: der deutsche
Student würde ohne Schmerzen auf sie verzichten können und
für sie den Kartenanhang bzw. zusätzlich eine Ermäßigung
des Preises eintauschen, denn es handelt sich um den Fortfall von
70 Seiten, reichlich einem Zehntel des bisherigen Umfangs.

Schon früher war mehrfach vorgeschlagen worden, im
Apparat den Hinweis auf die Ausgaben von Tischendorf, West-
cott-Hort und Weiß fortzulassen (vgl. Vorwort S. 21). Nestle
hatte sich dazu nicht entschließen können, weil damit die Begründung
für die Gestaltung des Textes im einzelnen fortgefallen
wäre. Das ist einleuchtend, es scheint mir aber doch
einen Weg zu geben, welcher den berechtigten Wünschen des
Herausgebers wie den Erfordernissen des akademischen Unterrichts
Rechnung trägt: Herauslösung der Verweisungen auf
II T W und Zusammenstellung in einem besonderen Verzeichnis
, welches am zweckmäßigsten an das Vorwort angehängt
würde. Das wäre technisch gar nicht so schwierig. Im Normalfall
würde man jeweils mit Versangabe sowie mit dem jeweiligen
textkritischen Zeichen auskommen. Nur in den Fällen,
wo es zu einer Einfügung bzw. Veränderung usw. mehrere