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Ausgabe:

1949

Spalte:

129-140

Autor/Hrsg.:

Kümmel, Werner Georg

Titel/Untertitel:

Martin Dibelius als Theologe 1949

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jftonatsfdjrift für Das gesamte (Bebtet Der Cljeologie und elioionsöjiffenfcOaft

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR LIC. KURT ALAND, HALLE-BERLIN

NUMMER 3

Spalte

Martin Dibelius als Theologe, von Werner

Kümmel ........................... 129

Das Gespräch:

Zur Kindertaufe. Von Johannes L e i p o 1 d t 139
Der anthropologische Gehalt des evangelischen
Gottesdienstes und der Kirchen-

bau. Von Dedo Müller............. 141

Normen rechter Kirchenordnung

Von Heinrich Rendtorff ........... 145

Adam: Die Tugend der Freiheit (Mulert).. 153

Asmussen: Das Gebet der Diener am göttlichen
Wort (Hupfeld)................. 157

Baden: Das Abenteuer der Wahrheit (Werner
Schultz).......................... 151

Cranach-Sichart: Das verlorene Paradies
(Werner Schultz)...................... 151

Davies: Paul and Rabbinic Judaism
(Jeremias) ........................... 147

Fremgen: Vom gegenwärtigen Menschen
(Blankenheim)........................ 154

Fuehrer: Zu Hause am Krankenbett
(Jannasch)........................... 159

Giesen: Grundsätzliches zur Frage der
Schwangerschaftsunterbrechung (Brix) .. 159

Gutersohn: Evangelium und Bildung (Werner
Schultz).......................... 151

— Weltanschauung oder christlicher Glaube
(Werner Schultz) ..................... 151

74. JAHRGANG

Spalte

Hellpach: Oesinnung, Gewissen und Gesittung
der Wissenschaftlichkeit als positive
Werte im öffentlichen Leben (Werner
Schultz).............................. 151

Hylander: Universalismus und Föderalismus
(Werner Schultz)................. 151

Lang: Umkämpftes Christentum (Werner
Schultz).............................. 151

Müller: Weg zum Lebenserfolg (Jannasch) 158

Pauli: Das Wesen der Religion (R. Hermann) 150

Pauquet: Vom Wort zur Tat (Werner
Schultz).............................. 151

Schiel: Die Sieben Siegel (Fendt) ....... 156

Schniewind: Das biblische Wort von der
Bekehrung (Fischer)................... 147

Schoeler: Die Geistwerdung des Lebens
(Werner Schultz) ..................... 151

Schreiner: Vom Recht der Kirche(Ehlers) 154

Schrenk: Im Wellenschlag der Zeit (Werner
Schultz).............................. 151

Schütz: Europa — eine Frage an die Theologen
(Werner Schultz)................ 151

Spaemann:Die Stadt des lebendigen Gottes
(Werner Schultz).....1................ 151

— Worauf es jetzt ankommt... (Werner
Schultz).............................. 151

MÄRZ 1949

Spalte

Taube: Von den Zeichen der Zeit (Werner
Schultz).............................. 151

Vold: Det Hellige Kall og den Hellige
Lidenskap (Fendt)..................... 160

Zähmt: Der Mensch an der Grenze (Werner
Schultz).............................. 151

Berichte und Mitteilungen:

Eine neue Ausgabe altchristlicher Texte 159

Aus dem Arbeitsprogramm des Institutes

für Reformationsforschung, München ... 164

Von Personen:

In memoriam Julius Schniewind (Heinzelmann
) ............................... 165

Bibliographie Julius Schniewind (Kähler) 166
In memoriam Johannes Behm (Doehring) 168

Bibliographie Johannes Behm.......... 169

Bibliographie Gerhard Kittel (Friedrich/
Reyher) ............................. 171

Zeitschriftenschau:

Kirchen- und Dogmengeschichte. Forts.
(Steinborn) .......................... 175

Bibliographie:

Englische theologische Bücher 1939—1945.
Systematische und Praktische Theologie.
Schluß (Steinborn) ................... 183

Zum vorliegenden Heft............... 191

Martin Dibelius als Theologe

Von Werner Georg Kümmel, Zürich

Als Martin Dibelius am 11. November 1947 dem schweren
Leiden erlag, das er sich in den Aufregungen und Entbehrungen
der letzten Kriegszeit zugezogen hatte, verlor die theologische
Wissenschaft und die evangelische Kirche Deutschlands einen
ihrer einflußreichsten und bedeutendsten Männer. Weit über
die Grenzen Deutschlands hinaus war der Name des Erforschers
des Urchristentums bekannt geworden, und in Deutschland
war die literarische und persönliche Mitarbeit des vielseitigen
Theologen im Leben von Kirche, Universität und
Öffentlichkeit weithin geschätzt und erwünscht. Freilich hatte
sich der überzeugte Demokrat in den Zeiten des dritten Reiches
völlig auf die wissenschaftliche Tätigkeit zurückziehen müssen,
was seinem ins Weite strebenden Wesen so gar nicht entsprach.
Doch hat er sofort nach dem Zusammenbruch beim Neubau
der Heidelberger Universität und in der beginnenden politischen
Aufbauarbeit wieder eine führende Rolle gespielt. Umso
schwerer traf alle, die von dem Forscher wie von dem aufrechten
Universitätslehrer noch viel erwarteten, sein allzu
früher Tod. im Rückblick auf das reiche Lebenswerk des Verstorbenen
werden wir am besten die Aufgabe erkennen, die er
lösen durfte, und was er uns zu weiterer Lösung hinterlassen
mußte.

Martin Dibelius wurde am 14. September 1883 in Dresden
als Sohn des damaligen Pfarrers an der Annenkirche und
späteren Oberhofpredigers Franz Dibelius geboren. Im Hause
eines konservativen, aber sehr weltoffenen Vaters wuchs er.
Wie er selber berichtet1, wie selbstverständlich üi dem Vorsatz
auf, einmal Theologie zu studieren, während der Gedanke akademischer
Tätigkeit erst im Laufe des Studiums Gestalt an-

') Die Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen 5,
'929, l ff.

129

nahm. Nach einem aus gesundheitlichen Gründen in Neu-
chätel verbrachten ersten Semester studierte D. Theologie und
Philosophie in Leipzig, Tübingen und Berlin, erwarb 1905 in
Tübingen den philosophischen Doktor, 1908 den Berliner Li-
zentiat. Trotz des Widerstandes von Bernhard Weiß habilitierte
er sich 1910 in Berlin für neutestameutliche Wissenschaft
und wurde 1915 als Nachfolger von Joh. Weiß auf den Heidelberger
Lehrstuhl für NT berufen. Dieser Universität ist D.
treu geblieben, auch als ihn 1928 ein Ruf nach Bonn und T947
den schon schwer Kranken ein Ruf nach Berlin erreichte. Obwohl
er aus seiner politischen Gesinnung nie ein Hehl gemacht
hat und darum vielerlei Verdächtigungen und Zurücksetzungen
auf sich nehmen mußte, ist ihm sein Lehramt nie entzogen
worden, und so hoffte er, ,,eine Neubelebung des alten Geistes
der Universität noch als Professor zu erleben", wie er 1946 in
einer zu amtlichen Zwecken abgefaßten Lebensbeschreibung
äußerte. Aber schon im Jahre 1944 hatte den bis dahin immer
Gesunden eine Lungenerkrankung befallen, von deren Folgen
sich der beim Einmarsch der Amerikaner zu vielerlei öffentlichen
Diensten Herangezogene nicht wieder ganz erholte, so
daß er nur mit großer Energie seine Vorlesungstätigkeit fortsetzen
konnte. Der Versuch, dem aufs schwerste Gefährdeten
einen längeren Heilaufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen,
scheiterte an dem Unverständnis der zuständigen Stellen. Als
D. im Januar 1947 mit anderen Dozenten der Heidelberger Universität
auf Einladung der Zürcher Universität für kurze Zeit
in Zürich weilte, konnte man auf eine völlige Genesung des
Rekonvaleszenten hoffen, und D. war voller literarischer Pläne.
Aber das heimtückische Leiden brach bald in verschlimmerter
Form wieder aus, und so erlöstederTod einen völligEntkräfteten.

Die treibenden Interessen, die das wissenschaftliche
Schaffen von Martin Dibelius beherrschten, zeigten sich schon

130

U:B.TÜ3,
2QMAI 1949