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Ausgabe: | 1949 Nr. 11 |
Spalte: | 695-696 |
Kategorie: | Christliche Kunst und Literatur |
Autor/Hrsg.: | Küppers, Erica |
Titel/Untertitel: | Die Stimme des Christen im deutschen Gedicht 1933 - 1945 1949 |
Rezensent: | Knevels, Wilhelm |
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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 11
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Lehraxiom entwickeln können, ohne nach der Verwurzelung
in der Schrift zu fragen. Ebensowenig erscheint es uns in der
Schrift begründet, wenn die Ubernatur, die Gnade als reines
Accidens verstanden wird. Dies ist mit darin begründet, daß
nach der ontischen Struktur der Gnade gefragt wird, während
für den evangelischen Christen die entscheidende Frage in dem
,,por me" der Gnade liegt, von dem wir bei solchem Reden nie
werden absehen können. Die Auslegung des Teiles ,,Gratia
non destruit naturam" im ersten grundlegenden Teil bereits
vorbereitet, scheint uns dem paulinischen Reden von der
xmvii x^ioie nicht gerecht zu werden.
Der überall spürbare Gegensatz erscheint zutiefst in der
Fragestellung verwurzelt. Sie ist für den evangelischen wie für
den katholischen Christen daraus erwachsen, daß es beiden
aufgegeben ist, ihr Verhältnis zur Welt zu klären. Besteht für
den evangelischen Christen diese Frage aber zuletzt in der Aufgabe
, sich in dieser Welt als Bürger einer anderen Welt zu erweisen
, so sucht der katholische Christ die Synthese, die ihn
einen „christlichen Humanismus" als erstrebenswertes Ideal
der Zukunft zu verwirklichen suchen läßt.
Sahms über Schwarzenbek H. W. Bartsch
Micklem, Nathaniel: The Labyrinth. A Philosophical Poem. London:
Oxford University Press 1945. V, 43 S. kl. 8° Kart. 4 s.
Ein christliches Glaubensbekenntnis in dichterischer
Form. In spenserischen Rhythmen setzt sich der Principal von
Mansfield College in Oxford mit dem ihm aus seiner klassischen
englischenTradition vorgegebenen Piatonismus einerseits und
der modernen Skepsis anderseits auseinander. Durch das Labyrinth
des Zweifels und der Bestürzung will dieses poetische
Parergon mit Hilfe einer philosophia perennis und der christlichen
Tradition den Leitfaden zeigen. Vernunft und Glaube
werdsn nicht als Gegensätze verstanden, sondern als sich
gegenseitig ergänzende Teile eines Ganzen, des Lebens im
Licht der Gottesliebe.
Tübingen Schrey
MODERNE DICHTUNG
Denkhaus, Lotte: Rudolf Alexander Schröder. Stuttgart: j.G.Oncken
Verlag [1947]. 47 S. kl. 8°= Gottsucher in der Dichtung. Kart. DM2.—.
Die Bremer Pfarrfrau, die sich mit ihren geistlichen Gedichten
(„Wir sind Gäste", Berlin 1940) einen guten Namen
erworben hat, gibt in dieser Schrift eine für das Verständnis
weitester Kreise bestimmte Lebensdarstellung des Dichters,
besonders ausführlich und liebevoll seine Bremer Jugendzeit
(unter starker Benutzung der Erinnerungen „Aus Kindheit
und Jugend") schildernd und das Ganze dieser Lebens- und
Werkgeschichte von seiner Rückwendung zum biblischen
Gottes- und Christusglauben her deutend. Unter diesem Gesichtspunkt
wird der Gedichtband „Mitte des Lebens" zum
Schlüssel des Gesamtwerkes. Die Verfasserin bemüht sich
ernstlich, auch die wissenschaftlich-humanistische Leistung
Schröders, vor allem seine gesammelten Reden und Aufsätze
sowie seine Homerübersetzung, nach ihrem Gewicht zu würdigen
. Freilich zeigt sich an ihrem Versuch, wie schwer es ist,
den vielseitigen Reichtum dieses Lebenswerkes in ein knappes
Gesamtbild zu fassen. Uns scheint, als sei die „christliche"
Interpretation an einigen Punkten zu direkt und zu doktrinal,
als daß sie die eigenste Substanz Schröders ganz zu treffen
vermöchte. — Wir kennen nicht den Plan der Reihe „Gottsucher
in der Dichtung", dem diese Schrift sich einfügt. Doch
mag schon der Titel einige Zweifel an der Probehaltigkeit des
Planes wecken, — Zweifel, die durch das vorliegende Büchlein
, trotz der verehrenden Liebe zum Gegenstand, aus der
es geschrieben ist, nicht zerstreut werden.
Rostock M. Doerne
Küppers, Erica: Die Stimme des Christen im deutschen Gedicht der vergangenen
12 Jahre 1933—1945. Bielefeld: Bechauf [1948]. 46 S. kl. 8°.
Pp. DM2.60.
Ein Zeugnis von einem ganz innerlichen Geschehen: Wie
war denen, die als Christen diese 12 Jahre erlebten, zumute,
was hat sie bewegt, womit stärkten sie sich ? Erica Küppers
hat Verse ausgewählt, die von Hand zu Hand gingen, und hat
durch die Zusammenstellung und durch den verbindenden
Text eine kleine intime Glaubens- und Lebenslehre gegeben:
„Nichts gilt mehr als sein Ruf." „Wo die Not am größten war, war das
Heil gewaltig." ,,So wird Dein Volk sich aus den Völkern bilden." „Der aus
dem Abgrund heimgekehrt ins Licht, er siegt in dir." „Es wird das Wahnreich
über Nacht zerstieben und furchtbar treffen uns des Richters Frage, ob Stund
um Stunde wir sein Reich erstritten." „Ist dies Fanal Dein Ruf, so schmilz uns
um!" „Doch wenn der Welt verwirkte Tempel fallen, so müssen Herzen sich
zu Tempeln weihn." „Allenthalben das F.ntbehrte wird dir mystisch zugelegt."
„Gott. . . stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod, und vergibt ihnen
beiden." „Engel, wie jauchzt die Zeit, die dich wiederfand." Am wenigsten
befriedigt, was über die Gefallenen gesagt ist: „Fühlt es das Weltherz denn
nicht, wenn soviel Liebeskraft stirbt?" —■ „Vergiß mir nicht die Toten! Sie
haben viel ertragen, mehr noch als auszusagen ihr herber Mund verschließt." —
„Die uns genommen werden so jung, so fromm, so rein, verlassen diese Erden
der Mühen und Beschwerden und tauschen Bessres ein." Usw. Das „Gefallen
fürs Vaterland" bedarf christlicherseits einer ganz anderen Bewältigung und
Deutung.
Dem Zweck des Büchleins entsprechend konnte nicht in
erster Linie auf künstlerische Gestaltung und dichterischen
Wert gesellen werden. Doch sind die besten Gedichte der
großen deutschen christlichen Lyriker — die diese Zeit ja
überhaupt erst hat erstehen lassen! — vertreten. Was zu
ihrem Werk zu sagen ist, kann nicht anhand dieser Auswahl
geschehen. Reinhold Schneider ist der größte! Einige recht
tiefe Verse Unbekannter lesen wir bei Erica Küppers mit Ehrfurcht
. Leider ist auch manches Kitschige aufgenommen.
Strophen wie: „O Mond und Stern, die ihr am Himmel
leuchtet, ihr zieht gelassen in Vollkommenheit. Wißt ihr den
Gram, der uns die Wimper feuchtet ? Berührt euch dieser
fernen Erde Leid?" (S. 23) — setzen den Gesamteindruck des
Büchleins herab. In einer (hoffentlich baldigen) Neuauflage
möge die Verfasserin das Minderwertige weglassen, die Zeitgedichte
von den „zeitlosen" strenger scheiden und die im
Druck erschienenen Gedichtbände der Dichter, von denen Gedichte
gebracht sind, angeben.
Berlin Wilhelm Knevels
Schröder, Rudolf Alexander: Verstehest du auch, was du liesest? Rede
gehalten am 3. Mai 1947 in Hamburg bei der Entgegennahme des Lessingpreises
der Hansestadt Hamburg. Hamburg: Dr. F. Hauswedell Co. 1948.
34 S. 8°. Kart. DM 1.50.
Was mit Ehren „christlicher Humanismus" evangelischer
Prägung heißen darf, davon gibt diese Hamburger Lessingpreis
rede R. A. Schröders gültiges Zeugnis. Die schöne Würdigung
, die Senator Landahl dem Dichter und Denker Schröder
als „lebendigem Beispiel für den verwirklichten Humanismus
" zu Beginn des Festaktes widmete, wird durch das Selbstzeugnis
des Preisträgers nicht nur bestätigt, sondern in der
Bestimmtheit des Inhalts noch eindrücklich überboten. Es ist
kennzeichnend für diesen großen evangelischen Humanisten,
daß er seiner Rede bei dieser „weltlichen" Gelegenheit ein
Bibelwort zugrunde legt (Act 8, 30.31a), und nicht minder
kennzeichnend, wie er das hier angerührte „Grundproblem
alles geistigen Verkehrs zwischen Menschen" zunächst ganz allgemein
-menschlich entwickelt, um von dem Resultat dieser
Überlegungen aus seine Hörer eben in diesem „weltlichen"
Raum dann nachdrücklich vor die Gottesfrage und die Gotteswirklichkeit
zu stellen. Die Gottesfrage drängt sich ihm auf
aus der „Perspektive der Lehrer" („Schritt für Schritt, Lehrer
hinter Lehrer bis — ja bis zu einem, der doch wohl einmal der
allererste gewesen sein muß, der, in dem alles Lesen und Verstehen
wie in einer Spitze zusammenlaufen würde, der erste,-
oder wie man will, der letzte. Also der Erste und der Letzte,
das A und das O" 24 f.). Noch tiefer in die Sphäre der Existenz
hinein führen die Probleme, die der sprachliche Doppelsinn
des „Lesens" vor uns aufrollt: Lesen bedeutet auch Ernten,
es gibt Gesetze der Aussaat, in denen wir als die Verantwortlichen
stehen, aber nicht so, daß wir über Ernte und Auslese
verfügen, — an dieser Stelle begegnet uns wieder der „Erste
und Letzte", der „Verborgene" (29). Es ist des Dichters letzte
Weisheit, die ein langes und reiches Leben ihn lehrte, daß „ein
jeder Mensch der Offenbarung bedürfe, die seines Fußes
Leuchte und ein Licht auf seinem Wege sei. . . Nur das geoffenbarte
, nicht das begreifbare . . . Wort zeigt uns Suchende»
und Fragenden Weg und Ziel, nur in ihm tritt der Verborgene
aus .seiner Verborgenheit heraus" (33). Eines hofft er in diesem
Leben gelernt zu haben: „das immer größere Staunen vor de«1
Wunder Welt und Mensch, und das immer festere Vertraue»
zu dem verborgenen Gott, der dies Wunder in väterlichen
Händen hält" (34). — So weit ist der innere Raum dieses Glaubens
, daß er auch Lessings vielumstrittene Entscheidung i»r
das „Suchen nach Wahrheit" gegenüber dem Wahrheitsbesitz
als die dem Menschen geziemende Haltung sich bejahend aneignen
kann, und so unbegrenzt ist sein Vertrauen, daß er „keinem
Atheisten seinen Atheismus ernsthaft glauben" mag (*5/J
Wir würden diese Hamburger Rede mit manchen anderen
öffentlichen Äußerungen des Dichters, z. B. mit seinem
Vortrag anläßlich der Verleihung des Tübinger D. tne<^e
(„Dichten und Trachten") gern in einem neuen Sanmiclbana
vereinigt sehen. Erst in diesem größereu Zusammenhang wi
sich die Fülle und Tiefe der Weisheit ganz auftun, die <lie.se>
verehrungswürdigen Diener des Wortes, unserem bedürftig
Geschlechte zugute, geschenkt worden ist.
Rostock M. Doerne