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Ausgabe:

1949 Nr. 11

Spalte:

683-684

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Devreesse, Robert

Titel/Untertitel:

Essai sur Théodore de Mopsueste 1949

Rezensent:

Altaner, Berthold

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683

Theologische Literaturzeitung 1049 Nr. it

684

zu denen ""Q"~r|p'i23D = küsset den Sohn geführt hat, vermeidet
. Dann wird freilich et exultate ei überflüssig, und es
bedeutet eine unnötige Angleichung an die ältere Ubersetzung,
wenn diese Worte beibehalten werden. Das ist eine Nachwirkung
der Gewohnheit, sie ist sachlich zu streichen. Solche
Inkonsequenzen finde ich auch 29, 1 in dem filii Dei aus
O^bsS "03 • Warum nicht CP^N "03 ? un(l was smd ferner

Söhne der Götter ? Ist das ein polytheistischer Rest oder
angelt (cf. 88, 7) membra populi electa vel sacerdotes (81, 6).
Beides ist schwierig, einfacher bleibt filios arietum. Allein
man mag schwanken und wird anderseits den Herausgebern
beipflichten, daß alle Konjekturen subjektive Elemente einschließen
. Entscheidend ist die methodische Bejahung des
Verfahrens, daß zum erstenmal mit der verpflichtenden Kraft
des masorethischen Textes gebrochen wird. Insofern bedeutet
die editio scientifica einen wesentlichen Schritt vorwärts, zumal
offen bekannt wird, daß nicht mehr behauptet werden
will, als die vorgebrachten Gründe zulassen und daß sich der
Exeget neuen Kenntnissen fügt. Das Kapitel über die textkritische
Arbeit kann daher jeder Ausleger mit Interesse lesen
und dem Verf. zustimmen, wenn er abschließend S.60 meint:
ohne jede Vermessenheit darf man behaupten, daß der durch
die textkritische Arbeit gewonnene, der neuen Ubersetzung
zugrunde gelegte Text sowohl dem masorethischen wie dem der
Septuaginta und dem von Hieronymus für das „Psalterium
iuxta Hebraeos" verwendeten überlegen ist.

Freiburg i. Br. A. Allgeier

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Devreesse, Robert: Essai sur Theodore de Mopsveste. Cittä dei Vati-

cano: Biblioteca Apostolica Vaticana 1948. VII, 439 S. = Studi e Testi 141.

Devreesse, der zweite Direktor der Vatikanischen Bibliothek
, ist seit langem als erfolgreicher Forscher auf dem Gebiet
der griechischen Patristik und speziell auch der Katenenlite-
ratur bekannt. Unter seinen zahlreichen Publikationen finden
wir bereits mehrere, die sich mit Theodor von Mopsveste, dem
größten Schrifterklärer der griechischen Kirche, beschäftigen.
Die große Papst Pius XII. gewidmete Monographie, die
Devreesse jetzt vorlegt, beansprucht besondere Beachtung und
wird mit Recht wegen ihrer wichtigen neuen Resultate Aufsehen
erregen. Denn der Verf. liefert eine quellenmäßig gut
fundierte Ehrenrettung des bislang als Vater des Nestorianis-
mus und Pelagianismus verfehmten Autors, der schließlich
vom 5. Allgemeinen Konzil von Konstantinopel (553) mit den
Dreikapiteln verurteilt wurde.

Wie ist ein solcher Wandel in der Beurteilung Theodors,
dessen Theologie von der höchsten kirchlichen Instanz als
häretisch verurteilt zu sein schien, möglich ? Die Ursache für
diese geradezu als revolutionär zu bezeichnende Neuorientierung
der Forschung leuchtet ohne weiteres ein. Die rastlos
vorwärtsschreitende Wissenschaft brachte in den letzten
Jahren eine wesentliche Vermehrung seines Schrifttums, das
wegen der 553 ausgesprochenen Verurteilung seiner angeblichen
Lehre für uns zum allergrößten Teil verschollen war.
J932/33 publizierte A. Mingana die in syrischer Ubersetzung
erhaltenen katechetischen Reden. 1933 edierte K. Staab aus
Katenen wesentliche Stücke seiner Kommentare zu den großen
Paulinen. Aus denselben Quellen schöpfend, schenkte uns
Devreesse 1939 große Teile seines Psalmenkommentars (vollständig
für die Pss. 32—80), und 1940 trat J.-M. Vostö mit
einer kritischen Ausgabe der syrischen Version seines Kommentars
zum Johannesevangelium hervor. Schließlich legt
Devreesse in dem vorliegenden Werk eine umfassende Sammlung
der griechischen Origiualfragmente desselben Kommentars
(S. 305—419) und außerdem weniger umfangreiche Texte
aus dem Genesiskommentar vor (S. 6—25). Kleinere Textpublikationen
aus jüngster Zeit sind hier übergangen.

Schon 1934 hat E. Amann, Revue de Science religieuse
1934, 161—190 und neuestens im Dictionnaire de Theologie
Catholique (sub voce Theodore) und dann ebenso M. Richard,
Melanges de Science Religieuse 1945, 21—29 den Standpunkt
vertreten, daß Theodor nicht nestoriauischer Anschauungen
beschuldigt werden dürfte. In den ersten drei Kapiteln erhalten
wir von D. zunächst eine kritisch gesicherte Übersicht
über das gesamte literarische Schaffen Theodors (S. 2—52).
Anschließend wird unter Ausschöpfung seiner Kommentare
zu den Psalmen und den Kleinen Propheten seine exegetische
Arbeitsweise (Sprachkenntnisse, Methode der Auslegung, mes-
sianische Beweise) untersucht (S. 53—93)- Uberraschend viel
Neues bringt dann die kurze Darstellung seiner theologischen
Anschauungen auf Grund der erschlossenen Quellen (Trinität,

Inkarnation, Taufe, Eucharistie, Buße, Lehre von der Gnade
und Kirche) (S. 94—124). Das Ergebnis dieser Zusammenstellung
der Theologumena Theodors ist das oben schon angedeutete
: ihm kann weder zum Vorwurf gemacht werden, daß
er, wie seit Marius Mercator immer wieder behauptet wurde,
pelagianisch gedacht habe, noch daß er ein Vorläufer des
Nestorius gewesen sei. In Christus unterscheidet er zwei Naturen
, die in einer einzigen Person geeint sind. Die Anklagen,
wie sie durch belastende Texte am umfassendsten im Constitutum
des Papstes Vigilius und bei den Verhandlungen des
5. Konzils geboten werden, beweisen, wie wir bald hören werden
, angesichts seiner jetzt klar erkennbaren Theologie nichts.
Aufgefallen ist mir, daß Devreesse gar nicht Stellung genommen
hat zu den gegen Amann gerichteten Darlegungen
von M. Jugie, Echos d'Orient 1935, 262—271 und De Vries,
Orientalia Christiana Periodica 1941, 91—148. Offenbar hielt
er die Einwendungen der genannten Gelehrten für belanglos.

Überdies zeigt der Verf., daß auch noch andere gegen
Theodor gewöhnlich vorgebrachte Anklagen nicht berechtigt
sind, so daß er das Hohe Lied oder die Katholischen Briefe
aus der Hl. Schrift ausgeschlossen habe (vgl. S. 36, 41 f.;
Amann, Dict. de Theol. Cath. 15, 246). Aus den Quellenbelegen
, die D. vorkgt, geht mit Evidenz hervor, daß Theodor
Gedankengängen, die zum modernen Rationalismus führen,
gänzlich fern steht. Fälschlich hat dies zuletzt noch L. Patter-
son, Theodore of Mopsv. and Modern Thaught 1926 behauptet.

Die folgenden Kapitel 4—10 (S. 125—285) bringen eine
quellenmäßige Geschichte des mit Rabbula von Edessa (432)
und dem Schreiben armenischer Bischöfe an Proklus von Konstantinopel
(435) beginnenden Kampfes gegen Theodor und
der nicht mehr aufhörenden Anklagen, Theodor habe nesto-
rianische Gedanken vertreten und sei als einer der Väter des
Nestoriariismus anzusehen. Wir werden im einzelnen darüber
unterrichtet, wie und mit welchem Material Cyrill von Alexandrien
, Marius Mercator, Eutyches, die Monophysiten (Timotheus
Älurus, Severus von Antiochien u. a.), die skythischen
Mönche (Johannes Maxentius, Dionysius Exiguus, Innozenz
von Maronia), Kaiser Justinian, Papst Vigilius und schließlich
das Konzil von 553 gearbeitet haben, um die „Häresien" des
Theodor nachzuweisen. Der letzte Abschnitt verfolgt den Dreikapitelstreit
bis auf Gregor den Gr., Kolumban und den Nachklang
im Liber Diurnus und zeigt, wie das Gedankengut Theodors
in der persischen Kirche (Schule von Nisibis) tradiert
wurde.

Die entscheidende Ursache und Erklärung, warum Theodor
ein so unverdientes Schicksal widerfahren ist, liegt klar
zutage. Sein großes Werk De incarnatione wurde schon zu
seinen Lebzeiten im Sinne des Nestorianismus interpoliert.
Er selbst mußte sich bereits gegen diese Verfälschung seiner
Theologie zur Wehr setzen (vgl. Facundus von Hermiane bei
ML 67, 769C—770B). Diese relativ wenigen in seine Schrift
eingeschmuggelten, verstümmelten oder aus dem Zusammenhang
gerissenen Texte, die im Laufe der Zeit vermehrt wurden,
lagen den durch 120 Jahre sich hinziehenden Polemiken zugrunde
und bildeten auch die Grundlage der Verurteilung
Theodors durch das Konzil von 553 (vgl. S. 44—48; M.Richard,
Musdon 1943, 55—75)- Mit Recht betont der Verf. zum Schluß,
daß es heute niemand wagen dürfe, die Bedeutung des Ori-
genes und seiner Theologie nur nach dem Edikt Justinians
gegen Origenes zu beurteilen. Ebenso müsse auch Theodor
auf Grund der eruierten Tatsachen Gerechtigkeit widerfahren,
und niemand habe das Recht, ihm Irrtümer zu unterstellen,
die er niemals vertreten hat (S. 285).

Würzburg Berthold Altaner

Vööbus, a., Prof. Dr. theol.: Einiges über die karitative Tätigkeit des

syrischen MÖnchtums. Ein Beitrag zur Oeschichte der Liebestatigkelt
im Orient. Pinneberg 1947. 27 S. 8°= Contributions of Baltic University
Nr. 51.

Seinem Aufsatz über die Messalianer läßt der baltische
Kirchenhistoriker an gleicher Stelle einen zweiten über die
soziale Bedeutung des syrischen MÖnchtums folgen, der als
Vorstudie zu einer größeren Untersuchung gemeint ist und der
sich wie sein Vorgänger durch umfassende Kenntnis auch entlegener
Texte auszeichnet. Im Verfolgen eines einzelnen Zuges
wird nicht nur das Bild des orientalischen MÖnchtums bereichert
, sondern dessen Funktion in Kirche und Volksleben
in ein neues Licht gestellt.

Es entspricht der Bedeutung der (tfuttla gerade im syrischen MW""
tum, wenn als Gegenstück dazu die Pflicht der Gastfreundschaft hier einen besonderen
Rang gewinnt, und es ist sehr lehrreich zu sehen, wie diese Tugen
im Laufe der Zeit ausgestaltet wurde, bis sie zu einem der konstituierenden Prinzipien
der Klostergründung ward. Trifft es zu — und der Verf. weiß Gründe