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Ausgabe:

1949

Spalte:

43-44

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Kunze, Gerhard

Titel/Untertitel:

Evangelischer Kirchenbau vor neuen Aufgaben 1949

Rezensent:

Söhngen, Oskar

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 1

nischen Literatur erhobenen Belegstellen, welche die im Sym-
bolum vorliegenden Begriffe illustrieren, entstanden ist. Auch
wenn man mit der Interpretation der herangezogenen Stellen
nicht immer einverstanden sein wird, ist damit der Forschung
ein großer Dienst erwiesen. Am bedeutendsten sind die Darlegungen
, die sich mit der Geschichte und Verwendung des
Begriffs öfioovoio* bis tief in das 4. Jahrhundert hinein befassen
(S. 178—216). S. 194 nimmt de U. gegen Harnack,
DG II4 233, Stellung, der das öpoovow,- in Rom (Papst Dionysius
I.) als passenden Ausdruck für das lateinische ex unitate
substantiae geprägt sein und über Alexandrien Zum Nizänum
gelangen läßt. Die Hauptthese, die der Verf. nachzuweisen
sich bemüht, ist die, daß das 6/uoovaiog in der patristischen
Zeit seinen Sinn niemals geändert hat. Dieser Begriff sollte
zum Ausdruck bringen, daß der Vater und der Sohn dieselbe
Natur haben; es wurde jedoch nicht direkt und ausdrücklich
gesagt, daß eine numerische Einheit der Substanz für den
Vater und den Sohn gegeben sei. Aus dem Kontext des Sym-
bolums ergebe sich aber, daß durch das öftootows virtuell und
imphz'te das ausgesagt werde, was w'r mit der numerischen
Gleichheit des Wesens, wie es im ersten Satz des Symbolums
ausgesprochen wird (Einmaligkeit, Einfachheit und Unteilbarkeit
der göttlichen Substanz), ausdrücken (S. 215 f.).

Im Schlußkapitel kommt der Verf. u. a. auf die Frage der
Berufung des Konzils zu sprechen (S. 274—279): Kaiser Konstantin
und nicht der Papst hat das Konzil (weder direkt
noch indirekt) zusammengerufen. Es folgt eine Würdigung der
Quellenaussagen über die theologisch-dogmatische Autorität,
die dem nizänischen Glaubensbekenntnis von seiten der
Päpste, der griechischen und lateinischen Kirchenväter und
den nachfolgenden großen Konzilien bis Chalzedon (451) zugeschrieben
wurde. Leider ist dem quellenmäßig gründlich gearbeiteten
Werk kein Personen- oder Stellenindex beigegeben.
Wegen der schier unübersehbaren Fülle der zitierten Autoren
und Quellentexte wäre dies dringend notwendig gewesen.

Die historisch-theologische Wissenschaft wird dem Verf.
für seine neueste köstliche Gabe dankbar sein.

Würzburg Berthold Altaner

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Kunze, Gerhard. Evangelischer Kirchenbau vor neuen Aufgaben.

Bericht über die erste Kirchenbautagung in Hannover. Güttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1947. 79 S. gr. 8»= Veröff. d. evang. Gesellschaft für
Litnrgieforschung, H. 2. DM. 3.50.

Die übersieht über die Themen der Vorträge zeigt, daß
man von allen Seiten her an das Problem des Kirchenbaus
herangegangen ist: Neben der gründlichen historischen Ubersicht
über den protestantischen Kirchenbau in der Vergangenheit
(Uvo Hölscher) stehen die Aufsätze, die einerseits vom
kirchlichen Interesse (Kunze, Strasser, Girkon), andererseits
vom städtebaulichen Interesse aus (Meffert, Langmaack) die
Aufgabe des Neubaus oder Wiederaufbaus der protestantischen
Kirchen ins Auge fassen. Es ist erfreulich zu beobachten
, daß auf der Tagung grundsätzlich alle wichtigen Probleme
diskutiert worden sind, obwohl sich die Teilnehmer
darüber klar sein mußten, daß die Durchführbarkeit aller
Pläne eine Angelegenheit ferner Zukunft sein würde. An wichtigen
Einzelfragen seien erwähnt: Größe und Lage der Neubauten
. Grundrißanordnung. Soll der Kirchbau noch heute
im Stadtbild dominieren ? Wo soll der Altar angeordnet, wie
soll er gestaltet werden ? Welches ist der beste Ort für die
Kanzel ? Neubau oder Wiederaufbau ? — Mannigfache Lösungen
werden diskutiert und angeboten, aus der Schrift, der
Tradition, aus Luther oder aus künstlerischen Erwägungen
begründet. Vieles mutet den Leser allerdings antiquiert" an
und ist vielleicht schon in der Debatte abgelehnt worden —
ich denke vor allem an die Auswertung des alttestamentlichen
Materials und an die ausführliche Heranziehung Luthers zum
Thema des Kirchenbaus. Sehr problematisch erscheint auch
das Urteil des Kirchbaumeisters über den zerstörenden Charakter
der Kritik (S. 53), da ja gerade sie den Weg aus der
Nachahmung der Stile in die Freiheit und innerliche Gebundenheit
freigemacht hat. — Wenn man das Ganze überblickt
, so wird man zu dem Ergebnis kommen, daß derartige
Tagungen um des lebendigen Austausches willen notwendig
und förderlich sind, — es haben bereits weitere Kirchenbau-
tagungen stattgefunden —, daß aber bei der jetzigen Papierknappheit
ein Abdruck sämtlicher, z. T. doch recht augenblicksbedingter
Vorträge nicht zu rechtfertigen ist. Ein ausführlicher
Bericht über das Ergebnis der Diskussionon in einer
der führendeiiKunstzeitschriften hätte vollkommen ausgereicht.

Jena Hanna Jursch

Dllschneider, Otto A., Pfr. Llc, Doz.: Kunstheft der Ausstellung Gestaltetes
Evangelium hrsg. Berlin: Verlag Hausund Schule 1947. 88 S.
mit zahlr. Abb. 8° = Credo. Beiträge aus der christl. Welt, hrsg. v. Otto A.
Dllschneider. Bd. 2. DM. 7.50.

Wer sich der im Ganzen enttäuschenden Zehlendorfer
Ausstellung „Gestaltetes Evangelium" aus dem Sommer 1946
erinnert, wird beim Durchblättern des auf Glanzdruckpapier
in vorbildlicher Ausstattung herausgebrachten Kunstheftes
dankbar feststellen, daß der Herausgeber bei der Auswahl eine
glückliche Hand bewiesen hat. Es sind viele Arbeiten darin
vertreten, denen man gern wiederbegegnet und in denen der in
der Vorrede geforderte Ausgleich zwischen dem Verkündigungsanliegen
und seiner künstlerischen Gestaltung weitgehend
gelungen erscheint. Das gilt vor allem für die kunsthandwerklichen
Arbeiten, etwa für die Paramente von Caritas
Grote und Schwester Regelind Marx oder für die Entwürfe
von Rudi Wagner (besonders gut das Kreuz für die Gencral-
superintendenten). Auch unter den Holzschnitten findet man erfreuliche
Leistungen. Hans Orlowski's von unheimlich visionärer
Sendungsgewalt getriebener Erzengel bezeugt nicht nur
die reife Meisterschaft dieses Künstlers, sondern zeigt auch
die Richtung an, in der die Erneuerung der kirchlichen Kunst
gesucht werden muß. Leider ist Wilhelm Groß, der auf der
Ausstellung einige eindrucksvolle Holzschnitte zeigte, in dem
Katalog nur mit ein paar Plastiken vertreten. Das Problematischste
bleiben die Beispiele aus der Malerei unserer Tage;
sie ist das Gebiet der christlichen Kunst, das sich bisher, gewiß
nicht zufällig, am beharrlichsten einer kultischen Bindung
widersetzt hat. Infolgedessen herrscht der Eindruck einer verwirrenden
Buntheit der Stile und Leistungen vor, die von der
Fidus-Manier bis zum konsequenten Expressionismus reicht.
Die bürgerliche Sentimentalität der Bilder von UrsulaKüken-
thal würde man in dem Katalog gern entbehren, sie kann
keine Verheißung für eine neue christliche Kunst bedeuten.

Berlin Oskar Söhngen

Hasse, Friedrich, Pfarrer: Die Haupt- und Oberpfari klrche zu „Unser
Lieben Frauen" auf dem Markt in Halle an der Saale zsgst. Halle:
Gebauer-Schwetschke Verl. Nachf. Jaeger & Co. [1947). 24 S. m. Abb. 8° —
Schriftenreihe der Bauhütte Roter Turm. Beiträge zur Stadt- und Kulturgeschichte
Halles. H. 3. DM. 2.50.

Die Schriftenreihe, der das Heftchen entstammt, dient
der finanziellen Unterstützung der Wiederherstellungsarbeiten
an beschädigten Hallischen Kunstdenkmälern, die sich die
Bauhütte „Roter Turm" zum Ziel gesetzt hat. Außer der Beigabe
über die Wiederherstellung der Marktkirche (deren Beschädigung
in der Zerstörung des nördlichen Pfeilers am Altarplatz
und des Maßwerkfensters an der Westseite der Kirche,
verschiedenen Mauer- und Dachpartieen bestand) ist der Geschichte
und Bedeutung des Baus behandelnde Hauptteil ein
wenig veränderter Abdruck des schon während des jüngst vergangeneu
Krieges unter dem gleichen Titel erschienenen Heftes
des Verfassers (Verlag Kunst und Kirche, Berlin), übrigens
ohne daß dieser Umstand erwähnt würde. Der reiche und gute
Bildschmuck ist z. T. verändert.

Von den beiden Kirchen, die ursprünglich auf dem Markt
in Halle standen, blieben bei dem unter Kardinal Albrecht
zwischen 1529—1541 aufgeführten Neubau nur die jeweiligen
Türme stehen. Die Gestaltung des Baus geht wahrscheinlich
im wesentlichen auf Caspar Kraft zurück, die des Inneren auf
Nickel Hof mann. An besonderen Schätzen birgt die Kirche das
von Antonius Pauwaert geschnitzte Gestühl, das an der Nord-
und Südwand entlang läuft, das Taufbecken Ludolfs von
Braunschweig (1430) und die Bilder des Flügelaltars, deren
Maler immer noch unbekannt ist, obwohl die Gemälde gut datierbar
sind und zweifellos für die Kirche bestimmt waren.
Zum Schluß wird auf die besondere Bedeutung der Marktkirche
im Zusammenhang mit Luthers letzter Fahrt und die
in ihr aufbewahrte Totenmaske des Reformators verwiesen. —

So richtig der Eindruck ist, daß die Marktkirche in Halle
auch für den Geist ihrer Entstehungszeit bezeichnend ist, so
gern sähe man es, wenn Urteile wie dieses, Luther sei „der
große geistige Urheber" der Kirche, nicht wiederholt würden
(S. 9); solche fast mythologischen Ableitungen — der Bau war
aufgeführt, als die Reformation an der Kirche durchgeführt
wurde — behaupten eine wesentliche Identität zwischen Luther
und dem selbstbewußten Bürgertum an der Wende von Spätmittelalter
und Renaissance, für die allerdings die Hallische
Marktkirche repräsentativer Ausdruck ist.

Halle a. d. S. Ernit Kahler