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Ausgabe:

1949 Nr. 8

Spalte:

483-484

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Petersen, Boy S.

Titel/Untertitel:

Vom Suchen und Heimfinden 1949

Rezensent:

Hermelink, Heinrich

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Seite 1

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483

Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 8

484

die eine Persönlichkeit war viel, über die andere nur wenig zu
sagen je nach ihrer Eigenart und ihrem Lebens- und Wirkungskreis
. Es gibt Menschen, die weithin wirken können, und solche,
deren Tätigkeit sich mehr in der stillen Verborgenheit abspielt.
Damit ist über den Wert des einzelnen Menschen gar nichts
ausgesagt, so daß man niemals den einen gegen den anderen
ausspielen kann und sich vor einem vorschnellen Urteil wahrlich
hüten muß. Es ist der Vorzug des Forckschen Buches, daß
es nirgends idealisiert und große Worte gebraucht, daß es
keine Heldenverehrung treibt, noch auch dazu ermuntert,
sondern Tatsachen schlicht — und darum um so wirksamer
und erschütternder — bietet. Wir sehen nicht nur in viel Not
und Leid hinein, sondern in manch schweren Kampf um Klarheit
darüber: was muß ich tun ? was ist Gottes Wille mit mir ?
Wir sehen Menschen irren und sich zurechtfinden und wir
merken in alledem das Wirken dessen, der der Herr ist und
bleibt. Indem alles auf ihn und nicht auf die Leistung des Menschen
bezogen wird, erweist sich das Buch als ein im besten
Sinne christliches Buch.

Es mag zu seinem rechten Verständnis daran erinnert
werden, daß im „Dritten Reich" alles, was nicht bekannt werden
sollte, geflissentlich und mit Gewaltanwendung totgeschwiegen
wurde. Weh dem, der es wagte, etwas über die wirklichen
Verhältnisse in den Gefängnissen und Konzentrationslagern
zu sagen. (Darüber etwas zu schreiben, war ja vollends
unmöglich.) So ist das Leiden und Sterben manches dieser
Blutzeugen völlig im Dunkel geblieben. Alle Bemühungen,
darüber etwas zu erfahren, blieben vergeblich, da ja die
meisten ihrer Leidensgenosen mit ihnen gelitten haben und
gestorben sind.

Das Buch verdient weiteste Verbreitung und Beachtung,
weil es lebendige Kirchengeschichte unserer Zeit echt darstellt
. Kein Pfarrer und Lehrer sollte daran vorübergehen, der
sich der Jugend verpflichtet weiß. Wichtiger und wirksamer,
als die Beschäftigung mit oft unsicheren und nicht genau zu
klärenden Dingen aus grauer Vergangenheit oder gar mit
Legenden alter und neuer Zeit ist die Mitteilung dieser Tatsachen
und das Hören darauf. Daraus werden Alte und Junge
Verpflichtung und Aufgabe für ihr Leben empfangen. Wie der
Titel des Buches besagt: ,, . . .und folget ihrem Glauben
nach!"

Wir sind Werner Schmauch dankbar, daß er mit seinem
Heft in die gleiche Richtung weist, wenn er die für unsere
Ev. Kirche brennende Frage „Reaktion oder Bekennende
Kirche" aufgreift und in ihrer Beantwortung eine kurze, aber
klare und ausgezeichnete Erklärung der sechs Barmer Sätze
für unsere gegenwärtige kirchliche Lage gibt. Er sagt uns —
das deutet ja schon der Titel des Heftes an — allerhand bittere,
aber notwendige Wahrheiten, die viele nicht gerne hören werden
, die wir aber hören müssen, wollen wir nicht einfach
unsere Pflicht versäumen, die Dinge nüchtern so zu sehen, wie
sie sind, und an den Aufgaben zu arbeiten, die die drängendsten
und wichtigsten sind. Es ist wohl kein Zufall, daß ein
schlesischer Flüchtlingspfarrer das Heft geschrieben hat, dem
in dem Kampf und der Begnaduug seiner schlesischen Kirche
in besonderer Weise aufging, worum es wirklich geht. (Wir
verdanken ihm auch eine ausgezeichnete, tiefgründige Darstellung
der „Flüchtlingsfrage als theologisches Problem".
Abgedruckt im „Amtsblatt der Bekennenden Kirche Nassau-
Hessen, Jahrgang 1949. Nr. 3.) S. zeigt, wie es zu dem geistigen
und geistlichen Zusammenbruch unseres Volkes kam und wo
allein der Weg aus ihm heraus zu suchen und zu finden ist.
Die überaus ernsten und bis zum Letzten vordringenden Darlegungen
verdienen die aufmerksame Beachtung aller derer,
die es mit ihrem Christenstand ernst nehmen.

Frankfurt a. M. Willi. Fresenius

KIRCHENKUNDE

Petersen, Boy Sönke: Vom Suchen und Heimfinden. Der Aufbruch des

Geistes zur Una Sancta Catholica. Warendorf: Schneiische Buchhdig. 1947.
106 S. 8°= Die religiöse Entscheidung. Bücher kath. Selbstbesinnung.
DM 2.—.

Der Wert dieser für die Heimkehr der Seele zur katholischen
Kirche werbenden Schrift besteht darin, daß „das Erwachen
der Kirche in den Seelen" geschildert wird. In einem
Rundgang durch Europa werden die prominenten Konvertiten
des letzten Menschenalters vorgeführt, um zur Nachfolge
anzureizen. Aus Deutschland sind es: Julius Langbehn,
Momme Nissen, Reinh. Joh. Sorge, Gertrud Le Fort, Ruth
Schaumann, Gottfr. Hasenkamp, Theodor Haecker,
Karl Thieme, Erik Peterson. Dazu kommen als solche, die
nicht aus dem Protestantismus, sondern aus sonstigem Weltirrtum
die gnadenvolle Heimkehr zur römischen Kirche gefunden
haben, noch Reinhold Schneider und Peter Wust.
Es folgen als Beispiele für die „Anima naturaliter christiana"
Franz Werfel, der in den letzten Tagen seines Lebens „die
Schwelle zur Kirche überschritten haben soll". Ausführlich
wird dann besprochen der österreichische Philosoph Ferdinand
Ebner, der in schwerem Leiden „der Wirklichkeit
Christi entgegengegangen" ist. Es folgen die Skandinavier
Jens Johannes Jörgensen, Sigrid Undset und „der Sucher
August Strindberg", der wie Werfel ganz am Schluß seines
Lebens jedenfalls nahe dran war, „den Sprung ins Absolute
zu wagen".

Bei der Ubersicht über die Konvertiten in England wird
von der Oxfordbewegung und John Henry Newman ausgegangen
. Rob. Hugh Benson, der Sohn eines Erzbischofs
von Canterbury, und Ronald A. Knox, ebenfalls der Sohn
eines Bischofs aus Manchester, der Studentenseelsorger in
Oxford wurde, kommen zur Sprache. Sodann Sheila Keye-
Smith, die realistische Heimatschriftstellerin aus Sussex und
der Lyriker Alfred Noges, der Kulturhistoriker und Ge-
schichtsphilosop Christopher Dawson und der bekannte
Publizist G. K. Chesterton stehen zusammen, um Zeugnis
zu geben von dem „katholischen Menschen, der nicht imstande
ist, die glatte Fortschrittsideologie dieser Welt mitzumachen
". In Frankreich vollzog sich um die Jahrhundertwende
in Friedrich Ozanam und Emest Hello der entscheidende
, allgemeine Durchbruch zum Katholizismus. In
Paul Claudel, Jacques Maritain, Charles Peguy, L€on
Bloy, Henri Gheon, Georges Bernanos, Francis Jammes,
Louis Le Cardonnel, Joris Karl Huysmans, Francois
Mauriac, Ernest Psichari, Gabriel Marcel begegnet uns
die geistige Welt des „Renouveau catholique". Zuletzt wird
noch hingewiesen auf Henry B ergson, den ersten Lehrer Maritains
und Psicharis, der wie Werfel in den letzten
Tagen seines Lebens noch aus dem Judentum zur katholischen
Kirche übertrat. In Italien galten als Bahnbrecher eines neuen
universalen katholischen Denkens vor allem Giulio "Salva-
dori und Agostino Gemelli, die beide bei der Neugrüudung
der katholischen Herz-Jesu-Universität in Mailand durch
Papst Pius XI. mitbeteiligt sind. Ferner werden besprochen
Giovanni Papini und Domenico Giuliotti.

„Ein Wandern zum Katholizismus hin hat die Geister
erfaßt." Zum Schluß wird noch auf die Päpste hingewiesen,
die mit den Sozialenzykliken „Rerum novarum" (Leo XIII )
und „Quadragesimo anno" (Pius XI.) die Verwerfung des
liberalistischen Kapitalismus ausgesprochen haben. So kommt
mau zur „Wiedervereinigung im Glauben", wie sie das wesentliche
Anliegen ist „jener von dem englischen protestantischen
Geistlichen Paul 1908 eingeführten und im Jahre 1909 auch
von Papst Pius X. für den katholischen Erdkreis empfohlenen
Weltgebetsoktav für die Wiedervereinigung im Glauben". (Es
empfiehlt sich für den Herrn Verfasser, die Geschichte dieser
bis auf Th. Chalmers und die „Allianz" von 1846 zurückgehende
„Weltgebetsoktav" genauer zu studieren. Sie ist
durch anglokatholische Machenschaften romanisiert und die
Beteiligung an ihr den Protestanten unmöglich gemacht worden
, wie denn auch das Losungsbüchlein der Brüdergemeinde
nicht mehr auf sie hinweist.)

Mit einem Zitat von As müssen wird zum Schluß ge'
zeigt, wie „der Heilige Geist am Werke ist, das Angesicht def
Erde zu erneuern", und an der „Rückkehr zur Einheit in1
Glauben" zu arbeiten. Das Ganze ist gewidmet „Meinen Ge'
fährten vom Camp 186 (Berechurch-Hall/Essex)", wie denn
das Büchlein entstanden ist aus einem Vortrag, der dort ari
Pfingsten 1946 gehalten worden ist. Aus der Ausweglosigkeit
des Kriegserlebens soll hier das Ziel gezeigt werden, auf das
die Zeichen der Zeit hinweisen. Daß es in der katholischen
Kirche der Gegenwart starke Kreise gibt, denen der papa'
listisch-mariologische Kurs, nach dem das Schiff der Kirche
gesteuert wird, unheimlich zu werden beginnt, ist dem Herrn
Verfasser in den Jahren der Gefangenschaft nicht bewußt ge'
worden.

München Heinrich Hermelink

Die Kirche in derWelt. Ein Loseblatt-Lexikon. Wegweisung für die katW
lische Arbeit am Menschen der Gegenwart. 1. u. 2. Liefg. Münster: Asche"'
dorff 1947. VIII, 304 S. 8«. Suskriptionspreis je Liefg. DM4.—.

Es handelt sich hier um ein zweifellos großzügiges Unter'
nehmen, das in der Form einer allmählich entstehenden bzv^
„immer zu erweiternden" „Enzyklopädie" Gedanken un
Weisungen für die gesamte Gegenwartskultur im Sinne <je
katholischen Kirche entwickelt. Der Plan entstammt noch tl<-
Anregung des Kardinals von Galen, dessen Andenken 0 •
Werk auch gewidmet ist. Der Verewigte hatte es freilich W