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Ausgabe:

1949 Nr. 8

Spalte:

480-482

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Zacher, Franz Xaver

Titel/Untertitel:

Heinrich von Hofstätter 1949

Rezensent:

Hermelink, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 8

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lieh den Sohn des Seleucus IV. getroffen hat, auf Onias III.
übertragen worden sei.

Als Niederschlag der jüdisch-alexandrinischen Theologie
— davon handelt das IV. und letzte Kapitel — erweist sich die
Jesaja-Ubersetzung zunächst dadurch, daß ihre Vorstellung
von Jahwe, dem Kyrios, dem entspricht, was Graf Baudissin
in seinem großen Kyrios-Werk als Inhalt der doch irgendwie
mit Alexandrien zusammenhängenden Benennung dieses
Gottes als xtyioe herausgestellt hat, nämlich, daß es sich hier
weniger um den Herrn im Sinne des Gebieters als vielmehr
um den mit seinen Verehrern aufs engste verbundenen und
ihnen zugetanen Herrn handelt, eine Eigenschaft, die das
seinem Gehalt nach dem xvqios verwandte 6 &eds ö alebvios:
„der ewige Gott" vielleicht noch klarer zum Ausdruck bringt.
Die sehr freie Ubersetzung von Jes. 26, 3—4 mit ini aol

flXmoav, xv(>ie, ecos tov aliövos b &edg 6 fieyas: „Auf dich

haben sie gehofft, daß du in Ewigkeit der große Gott bist",
stellt eine schlagende Bestätigung des im Kyrios-Werk,
Band III, S. 701 ausgesprochenen Satzes dar: „Mit alibvios
als Gottesbenennung im Gebrauch des Judentums soll keineswegs
nur die Erhabenheit Gottes über die Zeit ausgedrückt
werden, sondern ebenso und vielleicht noch mehr der Gedanke
, daß Gott für die Seinen immer derselbe gewesen ist
und immer derselbe sein wird, d. h. daß er ihnen . . . immer
geholfen hat und immer helfen wird". Wie in der Vorstellung
von dem eigenen Gott, so zeigt sich der Jesaja-Ubersetzer
auch in der Auffassung von den heidnischen Göttern durch
seine alexandrinisch-jüdische Umgebung beeinflußt. So wird
die Wiedergabe der im hebräischen Text von Jes. 65, 11 genannten
Gottheiten Gad „Glück" und Meni „Zufall" durch
Jaifimv und Tvxq im Hinblick auf den Stadtgott und Schutz-
geist von Alexandrien, den Agathos Daimon, und die, wie
überall in der hellenistischen Welt, so auch in Alexandrien
eifrig verehrte Tyche gewählt worden sein: der Ubersetzer will
diese Gottheiten seiner heidnischen Umgebung brandmarken.
Ähnliches gilt von der Wiedergabe des hebräischen Helal ben-
Schachar „Helal, Sohn der Morgenröte" in Jes. 14, 12 durch
icoaföpos. Denn auch Heosphoros hatte für Alexandrien besondere
Bedeutung, indem er hier, wenn auch nicht eigentlich
als Gott galt, so doch „halb als Staffage und halb als Symbol
der Götterwelt" diente. An manchen Stellen der Jesaja-Ubersetzung
ist, wie es scheint, der Einfluß des damaligen jüdischen
Kultes unverkennbar, so in Jes. 1, 13, wo bei der Aufzählung
der von Jahwe verworfenen kultischen Handlungen und
Bräuche das „Einberufen einer Versammlung" durch fj/iefa
fieydXrj wiedergegeben wird. Da aus späterer Zeit die Benennung
des großen Versöhnungstages von Lev. 16 als „der
große Tag" sicher bezeugt ist, wird man annehmen dürfen,
daß der Ubersetzer an eben diesen Tag gedacht wissen will.
Von großer Wichtigkeit ist, wie sich von selbst verstellt, in
der für unseren Ubersetzer anzunehmenden Zeit, also im
2. Jahrhundert v. Chr., die jüdische Diaspora gewesen, wie er
denn selbst zu ihr gehört hat. So nimmt er des öfteren auf sie
Rücksicht und bringt den Gedanken an sie auch da in die
Ubersetzung hinein, wo der Urtext keinerlei Anlaß dazu gibt.
Ein Beispiel mag das zeigen. Jes. 19, 25 läßt der hebräische
Text Jahwe einen Segen aussprechen über die auf einer Ebene
erscheinenden Völker Ägypten, Assur und Israel: „Gesegnet
mein Volk Ägypten und das Machwerk meiner Hände Assur
und mein Erbe Israel!"; das evkoyqfievot ö kaös fiov o iv Alyin-

Tq> xcü 6 Iv 'Aoovq'iois xai fj kXtjqovofiia fiov IoqtjÄ: „Gesegnet

mein Volk in Ägypten und das unter den Assyrern und mein
Erbe Israel!" meint aber offenbar mit Jahwes Volk in Ägypten
und unter den Assyrern die dort wohnende jüdische
Diaspora.

Diese Beispiele genügen wohl, um zu zeigen, welche Anliegen
Seeligmann in seinem Buch, namentlich in dessen
zweiter Hälfte, verfolgt, und klar zu machen, daß hier die
Jesaja-Ubersetzung der Septuaginta und damit die Septua-
ginta überhaupt in neue Beleuchtung gerückt wird, die in der
Tat viele bisher dunkel gebliebene Erscheinungen zu erhellen
vermag. Leider muß der Referent zum Schluß aber seiner Verpflichtung
zu objektiver Berichterstattung mit dem Hinweis
darauf nachkommen, daß die Freude des Lesers an dem
reichen und reizvollen Inhalt des vorliegenden Buches ein
wenig durch die vielen Druckfehler getrübt wird, die bedauerlicherweise
stehengeblieben sind. Ein Beispiel muß genügen.
S. 41 wird ein Satz aus P. Seidelins Aufsatz über „Der 'Ebed
Jahwe und die Messiasgestalt im Jesajatargum (ZNTW 35,
1936, S. 194—231) mitgeteilt. Er lautet (S. 195): „Die »Exegese«,
die uns in den Targumen begegnet, hat, wie die jüdische Exegese
überhaupt, einen eigentümlich atomisierehden Charakter.
Man nimmt jeden Vers, ja bisweilen nur einen Satzteil, für
sich und exegesiert ihn, ohne sich um den Zusammenhang zu

kümmern". Seine Wiedergabe aber sieht so aus: „Die Exegese,
die uns in dem Targumum begegnet, hat wie die jüdische
Exegese überhaupt einen eigentümlichen atomisierenden Charakter
. Man nimmt jeden Vers, ja bisweilen nur einen Satzteil,
für sich und exegftisiert ihn, ohne sich viel um den Zusammenhang
zu kümmern". Zudem wird im Titel des Aufsatzes das
,,'Ebed Jahwe" mit „Knecht Gottes" vertauscht. Es muß
irgendeine vom Verf. unbeeinflußbare höhere Gewalt sein, die
für derartige Versehen verantwortlich zu machen ist. Daß
Seeligmann zum mindesten bei den Vorarbeiten oder doch
den Vorerwägungen für das Buch höherer Gewalt schlimmer
Art ausgeliefert war, deutet der erste Satz des Vorworts au,
der so lautet: „Die Grundlinien für diese Monographie über
die Septuaginta von Jesaja wurden in Theresienstadt gezeichnet
während der Mai-Tage 1945".

Halle/Saale Otto Eißfeldt

Kopp, Clemens, Studienrat Dr.: Palästina. Skizzen aus Vergangenheit und
Gegenwart. Paderborn: Verlag Bonifacius-Druckerei 1949. 8". 103 S. Kart.
DM 3.90.

In diesem schlichten, aber trotzdem schmucken Bändchen, das der
Reisende bequem in die Tasche stecken kann, gibt der weitgereiste und kundige
Verf. ein fesselndes Bild der Geschichte und der Beschaffenheit des Heiligen
Landes, zugleich mit einer Schilderung seiner eigenen Erlebnisse bei wiederholtem
, zuletzt zehnjährigem Aufenthalt daselbst. Es ist ein ernstes Buch, das
den Leser nicht losläßt. Die Religion steht durchaus im Vordergrund, und mit
besonderer Liebe beschreibt der Verf. die in katholischer Hand befindlichen
Heiligen Stätten, wobei er sich als einen zuverlässigen Kenner der Geschichte
erweist, der historische Zeugnisse von der Überlieferung wohl zu scheiden weiß.
Daß er da, wo sichere Unterlagen fehlen, allgemeine Beobachtungen und sein
„christliches Gefühl" (S. 54) zugunsten der Echtheit sprechen läßt, kann man
ihm nach seiner ganzen Einstellung nicht verdenken, wenn das auch Angehörige
eines anderen Bekenntnisses zwar auch innerlich packen, aber doch
nicht restlos überzeugen wird. Besonders wertvoll ist der Bericht über die
Kriegsjahre von 1939 ab. Vermöge seiner guten Beziehungen zu den Engländern
hat der Verf. mancherlei gesehen und erlebt, als Internierter in Haifa
und Jerusalem, dann erst recht in der Freiheit, was uns hierzulande gar nicht
oder nur ungenau bekannt geworden ist. Sehr anschaulich schildert er, wie es
zu dem Kampf zwischen Arabern und Juden kam, wie dieser geführt wurde,
und wie sich der neue religionslose Staat Israel entwickelte. Er schließt mit dem
Wunsche, daß vor allem Jerusalem mit seinen heiligen Stätten auf friedlichem
Wege dem Christentum erhalten bleiben möge. Allen Freunden Palästinas, insbesondere
denen, die dorthin reisen wollen und auch können, sei das wertvolle
Buch dringend empfohlen.

Dresden Peter T h 0 m s e n

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Zacher, Franz Xaver, Dr.: Heinrich von Hofstätter, utr. iuris Doctor,
Bischof von Passau 1839—1875. Zum Hundertjahrgedächtnis seines Regierungsantritts
bearb. Passau: Egger in Komm. 1940. 006 S., 32 Bilder, 1 Anhang
, gr. 8». DM 12.—.

Die ausführliche, aus reichem Quellenmaterial geschöpfte
Biographie des von seinen katholischen Zeitgenossen wegen
seiner eigenartigen Frömmigkeit, wie wegen seiner sachkundigen
Rechtlichkeit hochgeschätzten Bischofs Heinrich II. von
Passau übermittelt ein lebendiges, bis ins Einzelne gehendes
Bild der katholischen Restauration in der Mitte des vorigen
Jahrhunderts. Nach dem bis zum Staatskonkurs durchgeführten
Rechtsstudium, das mit der Erwerbung des Doktorgrades
endigte, nimmt der junge Kunst- und Alpeufreund faß
Münchener Görreskreis, mit Cl. Brentano, Graf Pocci u. a. befreundet
, als Mitglied der ästhetisch-literarischen „Gesellschaft
für deutsche Altertumskunde zu den drei Schilden" am
anregenden Leben der Münchener Romantik teil, entschließt
sich aber im Alter von 28 Jahren auf einem I4tägigen Aufenthalt
in einer einsamen Alpe von Tirol für den Priesterberuf
. Von seinen Gönnern bis hinauf zum Erzbischof und
König begünstigt, kann er sein Studium in München von der
heimatlichen Wohnung aus ohne Besuch eines Priesterseminars
vollenden (1833) und wird dank seiner juristischen Geschicklichkeit
sofort als Domvikar und „allgemeiner geistlicher Rat"
verwendet. Schon mit 34 Jahren wird er nach gemeinsamem
Vorschlag des Ministers Abel und des päpstlichen Nuntius
durch König Ludwig II. zum Bischof von Passau befördert,
wo er trotz mancherlei Anfeindungen und Kämpfen und trotz
gesundheitlicher Schädigungen durch das neblige Klima der
Dreistromstadt sein Leben lang blieb und ehrenvolle Rufe
nach Regensburg und auf den erzbischöflicheu Sitz in Münch*"
ausschlug.

Sein Leben ist erfüllt vom Recht der Kirche, für das er
kämpft in persönlich anspruchsloser und heiligmäßiger Lebensgestaltung
, wenn es sein muß, gegen die Regierung bis zum