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Ausgabe:

1949

Spalte:

350-352

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Wenzl, Aloys

Titel/Untertitel:

Philosophie der Freiheit 1949

Rezensent:

Lange, Heinrich

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349

Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 6

Einige sehr interessante kartographische Darstellungen zeigen
die Ausbreitung und Verteilung der westfälischen Sakralbauten
in ihren verschiedenen Typen und Zeiträumen.

Soest Pau' Glrkon

Böhmer, Günter: Eugene Delacroix. München-Pasing: Filser-VIg. [1946].
12 S., 32 Tat. 8'= Meisterwerke der Kunst Bd. 3.

Delacroix bedeutet die Blüte der französischen Romantik
in der bildenden Kunst, obwohl er zeitlich tief in die
Epoche der Spätromantik hineinragt (wie ja.überhaupt die
französische Romantik sozusagen „verspätet" hinter der deutschen
kam!). Die Unterschiede zur deutschen romantischen
Bewegung kann man an ihm ausgezeichnet ablesen. Seine
Sujets sind stets elementar und vital in Ausdruck und Gebärde
, ob er nun Tiere, historische Szenen, heilige Personen,
Akte oder Landschaften darstellt. Insbesondere ist er ein
temperamentvoller, sehr theatralischer Historienmaler. Als
solcher entdeckte er den Zauber des Vorderen Orients, den er
als Reisender kennenlernte. Seine Orientauffassung — stark
von Nordafrika her bestimmt — ist charakteristisch für das
19. Jahrhundert und für die Spätromantik. Geschichtliches
und ethnologisches Interesse formen neben dem koloristischen
sein Orientmilieu. Hier liegen unzweifelhaft auch seine Grenzen
. Innerhalb dieser Grenzen bewegt sich der religiöse Maler
Delacroix, der mit gleicher Leidenschaft das Gemetzel von
Chios, die Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer und
den Raub der Rebekka, Heliodors Flucht aus dem Tempel
und einen arabischen Pferdestall, Sardanapals Tod und
Christus auf dem See Genezareth gestaltet: Leibermassen in
meist aufgeregter Bewegung, die der Künstler genial und
souverän steuert.

Es wird dem Heutigen nicht leicht fallen, sich gerade mit
Delacroix als Interpreten heiliger Geschichte abzufinden, weil
er in der Problemlosigkeit eines Bloß-Historischen und seiner
koloristischen Artistik steckenbleibt, und weil ihm die nivellierende
und neutralisierende Harmonie von Handelnden,
Staffage und Komposition mehr gilt als die Verdeutlichung
der spezifisch religiösen Vorgänge, weil er mit der Bändigung
seiner zuckenden Leiber mehr beschäftigt ist als mit der Enthüllung
und Deutung innerer Erregungszustände. Das besagt
an sich natürlich nichts gegen Delacroix und gegen seine
kunstgeschichtliche Bedeutung. Merkwürdig berührt und
nachdenklich stimmt jedoch die Tatsache, daß dieser große
und seiner Zeit viel sagende Künstler neuerdings wieder auf
Interesse stößt, was mehrfache Publikationen bestätigen.
Sollte es eine Reaktionserscheinung auf extreme Kunstdogmatismen
sein ?

. Man wird sich jedenfalls der strotzenden Lebenskraft
seiner Bilder freuen, auch wenn sie uns innerlich heute wenig
ansprechen. Den Theologen werden etliche biblische und
kirchengeschichtliche Gegenstände interessieren. Günter Böhmer
besorgte eine hübsche kleine Ausgabe, die er mit einer
Reschickt einführenden Einleitung versah, welche unsere
Distanz zu dem Meister und seinem Werk freilich auch nicht
zu verringern vermag. Die Reproduktionen zeigen erträgliche
{Jachkriegsnualität. Die Auswahl der Bilder gibt eine gute
Übersicht über die Art des Gesamtwerkes.

Marburg/Lahn K. Goldammer

Keppler, Friedrich: Die Marienkirche in Reutlingen. Bedeutung, Geschichte
, Kunstwerke, hrsg. Reutlingen: Oryphius-Verlag! 1947] .99 S. m.
Textabb., 50 Abb. auf Taf. 8». Hlw. DM 3.60.

Das kleine, mit 50 schönen Abbildungen ausgestattete,
auch typographisch sorgsam gestaltete Büchlein vereint vier
Vorträge, die 1943 zum festlichen Gedächtnis der vor 600 Jähen
vollendeten Marienkirche in Reutlingen gehalten wurden,
^er Stuttgarter Stadtpfarrer Gustav Bosscrt handelt in einem
Knappen historischen Uberblick, zu dem auch ein Kapitel
Uber die mittelalterliche Frömmigkeit in Reutlingen gehört,
"Oer die Entstehung der Marienkirche bis 1341. Der Stuttgarter
Oberkirchenrat Georg Kopp betrachtet den Bau selbst
und seine Kunstwerke. Der Reutlinger Dekan i. R. Dr. Hermann
ötroie gibt einen Abriß über Geschichte und Gestalt der
«larienkirche während der Reformationszeit, in der die statt-
gwe Marienkapelle Pfarrkirche Reutlingens wurde. Dekan
.r- Julius Rauscher in Heilbronn malt in anschaulichen Beichten
aus den sechs Jubiläumsjahren 1343, 1443, 1543 • • •
ln Bild von sechs Jahrhunderten Reutlinger Kirchenseschichte
. 172 zum Teil sehr inhaltsreiche Anmerkungen und
Literaturhinwei.se bilden den Abschluß und zeugen bemerkenswert
deutlich von der historischen Gewissenhaftigkeit, mit der
jjg vortragenden in den Quellen und späteren Abhandlungen
Ketorscl.it haben. So ist aus diesen vier Festvorträgen eine für
Qen Kirchen- und Kunsthistoriker sowie für alle heimatgeschichtlich
Interessierte sehr brauchbare Monographie eines
stattlichen Kirchenbaus der südwestdeutschen Gotik geworden
. Wenn dieser Bau, der bei der Zerstörung ganzer Teile
der Stadt durch Luftangriffe nahezu völlig erhalten blieb,
auch nicht zu den wegweisenden gotischen Dokumenten
Deutschlands gehört — Straßburg war das unerreichte Vorbild
—, so gehen seine kunstgeschichtliche Bedeutung und
seine Schönheit doch über nur lokalgeschichtliches Interesse
hinaus. In der Reformationszeit ist er auch kirchenhistorisch
beachtlich. So lohnt sich die Lektüre des Buches, obwohl es
keine wesentlichen neuen Forschungsergebnisse gibt. Das Dargebotene
aber ist durchaus verläßlich. Der fromme Geist der
württembergischen Väter durchweht auch die geschichtlichen
Darstellungen; ihre schlicht erbaulichen Formulierungen, die
oft nicht ganz zum sachlichen Stil der Tatsachenberichte zu
stimmen scheinen, wollen aus ihrem Vortragscharakter verstanden
sein. So betrachtet zeugen sie von der guten inneren
und äußeren Haltung, dem tapferen Bekennermut der schwäbischen
evangelischen Kirche in den Zeiten der beginnenden
deutschen Katastrophe.

Berlin Hans Möhle

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Nink, Caspar, Prof. Dr.: Philosophische Gotteslehre. München u.

Kempten: Kösel-Verlag 1948. 266 S. 8«. Kart. DM9.—.

Im Kontingenten sind Potentialität und Aktualität,
Wesen und Dasein, Essenz und Existenz nicht notwendig,
sondern nur tatsächlich und zufällig miteinander verbunden.
Alles Kontingente weist daher über sich hinaus auf ein ihm
Transzendentes als auf seine Bedingung oder seinen Grund,
in dem die Verbindung eine notwendige ist, also auf ein ens
a se, d. h. auf Gott. Dieser bekannte Hergang des kosmo-
logischen Gottesbeweises bildet Ausgangspunkt und Leitmotiv
der ganzen Darlegung. Kant hat bereits gezeigt, daß auch der
kosmologische Beweis sich im Letzten auf den ontologischen
gründet, wie er vor allem von Anselm, dann in etwas anderer
Variation von Cartesius gefaßt wurde; denn daß in Gott die
Essenz notwendig zur Existenz gehört, wird in allen Gottesbeweisen
vorausgesetzt. Gegen und für die religionsphilosophische
Position des Verf.s ist darum so viel zu sagen wie
gegen und für den ontologischen Beweis seit Jahrhunderten
immer wieder gesagt wurde, von Kant, von Hegel, von
Schopenhauer und vielen anderen.

Nun versucht allerdings der Verf. nicht nur mit dem
Werkzeug der scholastischen Philosophie, sondern auch mit
den Mitteln der modernen und modernsten Denker zu operieren
. Er ist zu Hause in der Transzendentalphilosopnie
ebenso wie in der Phänomenologie und in der Existenzphilosophie
, und er weiß die Kategorien dieser Denksysteme auch
geschickt und scharfsinnig zu gebrauchen. Trotzdem bleibt
die Scholastik der eigentliche Kern, und aus den Fenstern
der scheinbar so neuartigen Fassade sehen uns doch immer nur
wieder die altvertrauten Gesichter des Stagiriten und des
Aquinaten an. Jede besondere Philosophie hat auch ihren besonderen
Gegenstand. Der Gegenstand der aristotelischscholastischen
Philosophie war das mit Gott identisch gesetzte
Begriffsgebilde des ens a se. Die Wege der jüngeren
Philosophie hingegen führen in ganz andere Richtungen, und
es ist darum kaum möglich, mit den Mitteln von heute zu den
Ergebnissen von gestern zu kommen. Wenn man das versucht,
muß man notwendig die Mittel von heute vergewaltigen, d. h.
ihrem Wesen widersprechend verwenden. „Prima philoso-
phia tota ordinatur ad Dei cognitionem sicut ad ultimum
finem" (Tomas). So optimistisch ist die Philosophie unserer
Tage nicht, und von ihrem Pessimismus wird auch ihre Struktur
bestimmt, die sie a priori ungeeignet erscheinen läßt, in
fröhlicher Zuversicht den Höhenflug von der Erde zum Himmel
zu wagen. Sie merkt nicht nur die Diskrepanz von potentia
und actus im Endlichen, sondern steht auch der Intaktheit
sowohl des ontologischen wie des logischen Weltgefüges mit
äußerster Skepsis gegenüber. Und so Kann für jeden, der wirklich
in ihren Kategorien denkt, ein Buch wie das vorliegende
bestenfalls den Reiz einer wehmütigen Reminiszenz haben.
..Die Botschaft hör ich wohl . . ."

Berlin Erwin Reisner

Wenzl, Aloys, Prof.: Philosophie der Freiheit. München-Pasing: Fllser-
Vlg. 1947. VIII, 256 S. 8».

Es ist nicht leicht, das Buch: Philosophie der Freiheit
von Aloys Wenzl kritisch zu beurteilen. Dies hängt damit zusammen
, daß es zum Lebenswerk eines wahrhaft religiösen
Menschen gehört, und als solches Werk schon allgemeine