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Ausgabe:

1949 Nr. 6

Spalte:

345-346

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Spanneut, Michel

Titel/Untertitel:

Recherches sur les écrits d'Eustathe d'Antioche 1949

Rezensent:

Altaner, Berthold

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345

Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 6

346

Verhältnis der alttestamentlichen Offenbarung zur Offenbarung
in Christus theologisch bestimmt haben", und nach
der dahinter liegenden Bestimmung von Gesetz und Evangelium
. So nah vom Neuen Testament gewonnen, muß das Ergebnis
im Vergleich dann auch „für die gegenwärtigen dogmatischen
Fragen" fruchtbar werden. Unter diesem Gesichtspunkt
werden Barnabasbrief, I. Klemensbrief, Ignatios, Her-
rnas und Didache der Reihe nach verhört. Die Antwort auf
eine so gestellte Frage muß ziemlich negativ ausfallen. Die
.,heilgeschichtliche Dialektik von Gesetzesoffenbarung und
Heilsbotschaft" wird bei den Apostolischen Vätern nirgends
voll erkannt, die einmalige Stellung der alttestamentlichen
Offenbarung im Zusammenhang der wirklichen Geschichte
ist nicht erfaßt, der Weg zum Judaismus wie zur Gnosis steht
gleichermaßen offen — unbeschadet der starken Verschiedenheit
, die die einzelnen Schriften in der Beurteilung des Alten
Testaments aufweisen. Diese sind im allgemeinen ja bekannt
und werden in der Studie noch einmal dargelegt und in z. T.
umständlicher Einzelexegese begründet und entwickelt. (Beachtlich
ist, daß Hermas dabei in die nächste Nachbarschaft
des Barnabasbriefes gerückt wird.)

Für den Historiker, auch und gerade für den theologisch
interessierten Kirchenhistoriker, ist das Ergebnis in dieser Gestalt
trotzdem etwas enttäuschend. Für ihn ist aus der Arbeit
nicht viel Neues zu lernen. Das liegt nicht an den Quellen,
für die das Problem des Alten Testaments in der Tat von
größter Bedeutung ist, sondern an der Art der an sie herangetragenen
Frage, die auf die Eigentümlichkeit der damaligen
geistesgeschichtlichen Situation nur wenig Rücksicht nimmt,
und vor allem an der weitgehenden Ignorierung der historischen
Vorfragen und philologischen Einzelheiten, soweit sie
das verhandelte theologische Problem nicht unmittelbar berühren
. Die Untersuchung entwickelt weder die sprachlich-
lexikographischen noch die begriffsgeschichtlichen Voraussetzungen
, sie achtet nicht darauf, wie zitiert und ausgelegt
wird, sie prüft weder den Geschichte- noch den Kanonsbegriff
«n Zusammenhang, und wenn sie auf strittige Auslegungs-
rragen eingeht — das Heß sich besonders bei Ignatios nicht
Vermeiden —, so kommt sie auf diese Weise kaum je zu neuen,
selbständigen Erkenntnissen. Ein Stellenregister fehlt ganz.
Gewiß kann der Verf. dagegen einwenden, es habe eben nicht
ui seiner Absicht gelegen, auf Spezialfragen dieser Art einzugehen
, und das Recht, die Quellen nur unter bestimmten,
^esentlich erscheinenden Gesichtspunkten zu befragen, kann
ihm gewiß nicht verwehrt werden. Aber ich glaube doch, die
eigentümliche Fruchtbarkeit, die die historische Arbeit auch
*ür die Systematik gewinnt, hängt nicht zuletzt daran, daß
nian ganz bei dem Besonderen und Eigentümlichen der vergangenen
Geschichte und ihren einmaligen Schwierigkeiten
einsetzt und die großen theologischen Fragen aus dem feinen
wurzelwerk der alten Texte sich frei nach ihren eigenen Gesetzen
sich entfalten läßt, daß man also die Fragen erst ein-
mal so hört, wie sie sich damals stellten, ehe man eine Antwort
findet, die heute noch wesentlich sein kann.

Heidelberg H.v. Campenhausen

SPanneut, Michel, LIcencie es lettres, Docteur en theologie: Recherches Sur
'eS Ecrlts d'Eustathe d'Antioche avec une Gditlon nouvelle des fragments
dogmatiques et exegetiques. Lille: Facultes Catholiques, Economat, Boulevard
Vauban 60, 1948. 154 S. — Memoircs et Travaux p.p. des professeurs
d« Facultes Catholiques de Lille, fasc. 55.
, . Da die neueste dogmengeschichtliche Forschung den theologischen
Anschauungen des Eustathius von Antiochien
größere Aufmerksamkeit schenkt, ist es zu begrüßen, daß
^■ Richard, der erfolgreiche Forscher griechisch-patristischer
ijCnriften des 4.—0. Jahrhunderts, einem seiner Schüler die ereilte
Durchforschung des eustathianischen Nachlasses als
putgabe gestellt hat. Zuletzt hat F. Cavallera in der Appendix
*» seiner Edition der unechten Schrift des Eustathius: Ho
, .u** in Lazarum Mariam et Martham (Paris 1905) die bis da-
n bekannten Fragmente des Autors gesammelt. Seitdem ist
us bislang nur unvollständig bekannten Florilegien und Kauen
ziemlich viel neues Material hinzugekommen.
, Der Verf. zeigt gute methodische Schulung und geht mit
"esonnener Kritik ans Werk. Im ersten Teil (S. 18—55) läßt
1 28 Autoren (von Hieronymus bis Michael Glykas im
Jahrhundert) Revue passieren, die uns mehr als 100 Fragente
aus eustathianischen Schriften überliefert haben. 6oFrag-
k en|e sind aus christologischen Florilegien des 5. und 6. Jahr-
zit"> fts 8eschöpft; die meisten hat Theodoret-Gelasius (35)
Bh j ' Facundus von Hermiane bringt fünf Texte. Aus mono-
^nysitischen Florilegien (Florilegium Edessenum anonymum,
verus von Antiochien und Petrus von Kallinikus) liefern

weitere 15 Fragmente. 14 Zitate stammen aus exegetischen
Katenen, Johannes von Damascus steuerte acht Zitate bei,
und schließlich sind 15 Stücke durch dogmatische Florilegien
(saec. 8) und anderen Quellen erhalten. Etwa 20 Fragmente
sind in ihrer Echtheit nicht völlig gesichert.

Das zweite Kapitel (S. 56—91) ist für den Literaturhistoriker
besonders wichtig. Hier wird der Versuch gemacht, eine
kritisch gesicherte Liste der von Eustathius verfaßten selbständigen
Schriften aufzustellen. Angesichts des allzu spärlichen
Materials muß sich Sp. nicht selten mit Hypothesen begnügen
. Mit Recht neigt der Verf. dazu, die Zahl der dem
Eustathius zugeschriebenen Schriften zu reduzieren. Er verfährt
kritisch, hält sich aber von Skepsis frei. S. 95—126 wird
eine kritische Ausgabe aller Fragmente geboten, z. T. unter
Heranziehung neuer Mss. Wenn Sp. keine abschließende Arbeit
leisten konnte, so liegt dies daran, daß eine dringend notwendige
kritische Ausgabe von Theodorets Eranistes auch für
die hier überlieferten zahlreichen Fragmente von großer Bedeutung
sein wird. Die zu erhoffende Edition der Schrift des
antiochenischen Patriarchen Petrus von Kallinikus (578—591)
gegen Damian von Alexandrien muß abgewartet werden, um
die Frage, ob Eustathius eine Schrift gegen Photinus verfaßt
hat, klären zu können, überdies dürfen wir aus unedierten,
zumal syrischen Mss. neues Material erwarten.

Zum Schluß zwei kleine Hinweise. Zur Frage nach der
Datierung der Absetzung des Eustathius ist jetzt H. Chadwick
, JournTheolStud 1948, 27—35 zu verwerten. Zur Beurteilung
der Frage nach dem Verf. des Tractatus contra Ori-
ginem (ed. Morin, Anecdota Maredsolana III 3, 103—122)
konnte Sp. erklärlicherweise meine Bemerkungen in der Theol.
Revue 1943, 147—151, nicht heranziehen. Der Wert der
Dissertation ist durch einen guten Index verborum und
einen zweiten Index rerum erhöht (S. 133—152).

Würzburg Berthold Altaner

Keseling, Paul, Dr.: Christliches Ethos. Des Aurelius Augustinus Buch
„Von den Sitten der katholischen Kirche", übertr. u. erläut. Münster:
Regensberg 1948. 159 S. 8». Kart. DM 4.50.

Im letzten Jahrzehnt zeigt sich das Bestreben, auch die
sog. Jugendschriften Augustins durch Ubersetzung einem
breiteren Kreis zugänglich zu machen. So erschienen u. a. eine
Ubersetzung von Contra Academicos durch K. Emmel (Paderborn
o. J.) und gleich zwei Übertragungen von De ordine, die
eine von Carl Joh. Perl, Paderborn 1940 (in derselben Reihe
auch De musica), die andere von Paul Keseling 1940, unter
dem Titel „Gottes Weltregiment". Keseling hat diese Bemühung
nun mit einer Übertragung von „De moribus eccle-
siae catholicae" fortgesetzt. Von dem zweiten Buch „De moribus
Manichaeorum" bringt er nur eine kurze Inhaltsangabe.
Die Übersetzung liest sich gut und erscheint mir, soweit ich
sie kontrolliert habe, als zuverlässig. Die Anmerkungen nehmen
auf den lateinischen Text Bezug. Sie bringen außerdem
wichtige literarische Nachweise, Hinweise auf Cicero u. ä. Eine
allgemeine Einleitung führt in die Gedankenwelt der Schrift
ein und ordnet sie in die Entwicklung Augustins ein. Sie ist
während des zweiten römischen Aufenthaltes begonnen und
in der ersten nordafrikanischen Zeit vollendet; diese Datierung
dürfte heute allgemein anerkannt sein. Es wäre zu begrüßen,
wenn das von Keseling begonnene Unternehmen fortgesetzt
würde.

Erlangen Walther v. Loewenich

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Metz, Peter: Der Stlfterchor des Naumburger Doms, über die Kunst

und den Menschen des 13. Jahrhunderts. Berlin: Gebr. Mann 1947. 59 S.,
43 Abb. auf 32 Taf. 8» = Kunstwerk und Deutung H. 4. Kart. DM 6.—.
Das Buch stellt Gedankengänge, die der Verf. bereits 1940
in der Zeitschrift für Kunstgeschichte entwickelt hat, in einen
größeren Zusammenhang. Es enthält, von zwei ganz kurzen
Abschnitten über „Geschichte" und „Form" des Denkmals
eingeleitet, eine theologische Deutung des Naumburger Bilderschmucks
, bewußt entgegen bisherigen Erkenntnissen kunsthistorischer
Interpretation. Dabei wird der Begriff des „liturgischen
Menschen" oder „des liturgisch-hierarchisch und blutsmäßig
bestimmten Menschen" als des „mittelalterlichen
Grundtypus bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts" (S. 52)
aufgestellt und die Bedeutung des Liturgischen darin gesehen,
daß durch das „Bild des Lichtes", „unter welchem zuerst und
ursprünglich der Inhalt der Liturgie erfahren wurde", „die
gesamte abendländische Kunst und Kultur geprägt" ist, über
Grünewald, Impressionismus, magischen Expressionismus